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Haftet bei Verurteilung der Verurteilte für die Kosten?

Verfasst: Dienstag 21. November 2017, 03:40
von suppenhuhn89
1. Thema :
Erläuterung:
Ein, der eigenen Aussage nach, erfahrener Polizist, meinte mir gegenüber, dass bei Zahlungsunfähigkeit eines rechtskräftig verurteilten Betrügers, der Kläger auf den Anwalts- und Prozesskosten sitzen bleibt...
Zur Info: Bei der Klage handelt es sich hier nicht um die von der Staatsanwaltschaft vor dem Strafgericht erhobene, sondern um eine von einem als privatperson Geschädigten erhobene Schadensersatzklage vor einem Zivilgericht....
Der Verstand will das nicht recht glauben. Aber die Erfahrung lehrt sich auf alle Eventualitäten einzustellen...

PS: Nach Auskunft des Rechtspflegers, können Geschädigte Ihre Schadensersatzansprüche (in diesem Fall vermögensrechtliche) nur in einem gesonderten Zivilverfahren geltend machen...Kann ich nicht nachvollziehen...Wofür gibt es denn sonst Nebenklage und Ädhäsionsverfahren?

Re: Haftet bei Verurteilung der Verurteilte für die Kosten?

Verfasst: Dienstag 21. November 2017, 07:56
von thh
suppenhuhn89 hat geschrieben:1. Thema :
Erläuterung:
Ein, der eigenen Aussage nach, erfahrener Polizist, meinte mir gegenüber, dass bei Zahlungsunfähigkeit eines rechtskräftig verurteilten Betrügers, der Kläger auf den Anwalts- und Prozesskosten sitzen bleibt...
Wer sonst sollte diese Kosten denn tragen?
suppenhuhn89 hat geschrieben:PS: Nach Auskunft des Rechtspflegers, können Geschädigte Ihre Schadensersatzansprüche (in diesem Fall vermögensrechtliche) nur in einem gesonderten Zivilverfahren geltend machen...Kann ich nicht nachvollziehen...Wofür gibt es denn sonst Nebenklage und Ädhäsionsverfahren?
Eine gute Frage.

Re: Haftet bei Verurteilung der Verurteilte für die Kosten?

Verfasst: Dienstag 21. November 2017, 13:05
von suppenhuhn89
thh hat geschrieben:
suppenhuhn89 hat geschrieben:1. Thema :
Erläuterung:
Ein, der eigenen Aussage nach, erfahrener Polizist, meinte mir gegenüber, dass bei Zahlungsunfähigkeit eines rechtskräftig verurteilten Betrügers, der Kläger auf den Anwalts- und Prozesskosten sitzen bleibt...
Wer sonst sollte diese Kosten denn tragen?
suppenhuhn89 hat geschrieben:PS: Nach Auskunft des Rechtspflegers, können Geschädigte Ihre Schadensersatzansprüche (in diesem Fall vermögensrechtliche) nur in einem gesonderten Zivilverfahren geltend machen...Kann ich nicht nachvollziehen...Wofür gibt es denn sonst Nebenklage und Ädhäsionsverfahren?
Eine gute Frage.
Na der Verurteilte und nicht der Kläger. Der Verurteilte muss dafür aufkommen und sich Arbeit suchen, um die Prozesskosten in Raten abzubezahlen.
Selbst in einer JVA wird man arbeiten und auch ein wenig Geld dafür bekommen.

Re: Haftet bei Verurteilung der Verurteilte für die Kosten?

Verfasst: Dienstag 21. November 2017, 13:46
von Gelöschter Nutzer
Na der Verurteilte und nicht der Kläger. Der Verurteilte muss dafür aufkommen und sich Arbeit suchen, um die Prozesskosten in Raten abzubezahlen.
Selbst in einer JVA wird man arbeiten und auch ein wenig Geld dafür bekommen.
Ja nu, prinzipiell wird das so sein, da die Arbeitskraft der meisten Menschen aber keine gigantischen Summen erwirtschaftet und jedem ein zwar geringer, aber Niedriglöhne großteils abdeckender, Selbstbehalt zusteht, wird das keine Lösung sein auch nur einigermaßen umfangreiche Vermögensschaden zu begleichen.

Re: Haftet bei Verurteilung der Verurteilte für die Kosten?

Verfasst: Dienstag 21. November 2017, 13:52
von immer locker bleiben
suppenhuhn89 hat geschrieben:Na der Verurteilte und nicht der Kläger. Der Verurteilte muss dafür aufkommen und sich Arbeit suchen, um die Prozesskosten in Raten abzubezahlen.
Selbst in einer JVA wird man arbeiten und auch ein wenig Geld dafür bekommen.
Selbst wenn wir einen deliktischen Anspruch unterstellen, der von der Restschuldbefreiung ausgenommen wäre, gäbe es da immernoch den Pfändungsschutz ...

Re: Haftet bei Verurteilung der Verurteilte für die Kosten?

Verfasst: Dienstag 21. November 2017, 14:17
von Ara
Schuldenturm!

Re: Haftet bei Verurteilung der Verurteilte für die Kosten?

Verfasst: Dienstag 21. November 2017, 16:10
von thh
suppenhuhn89 hat geschrieben:
thh hat geschrieben:
suppenhuhn89 hat geschrieben:1. Thema :
Erläuterung:
Ein, der eigenen Aussage nach, erfahrener Polizist, meinte mir gegenüber, dass bei Zahlungsunfähigkeit eines rechtskräftig verurteilten Betrügers, der Kläger auf den Anwalts- und Prozesskosten sitzen bleibt...
Wer sonst sollte diese Kosten denn tragen?
Na der Verurteilte und nicht der Kläger.
Der ist ja nun zahlungsunfähig. Wer zahlungsunfähig ist, kann nicht zahlen, sonst wäre er nicht zahlungsunfähig.
suppenhuhn89 hat geschrieben:Der Verurteilte muss dafür aufkommen und sich Arbeit suchen, um die Prozesskosten in Raten abzubezahlen.
Freilich muss der Verurteilte für die Kosten aufkommen, und natürlich muss er sich Arbeit suchen. Wenn er das aber nicht tut, oder nichts findet, dann bleibt er zahlungsunfähig.

(Und wer wegen Betrugs zu einer Haftstrafe verurteilt wird, pflegt nicht selten Schulden in einer Höhe zu haben, die er in seinem Leben nicht mehr abtragen können wird.)

Oder andersherum, um die Sache von vorne anzugehen:

Wer als Kläger einen anderen (hier: einen Betrüger auf Schadensersatz) verklagt, der muss seinen eigenen Anwalt natürlich zuerst einmal selbst bezahlen. Außerdem muss er die Prozesskosten (einschließlich aller Kosten für Zeugen und Sachverständige!) vorschießen. Ist er bedürftig, erhält er ggf. Prozesskostenhilfe.

Gewinnt der Kläger den Prozess, dann muss der Beklagte ihm den eingeklagten Betrag (Schadensersatz) bezahlen und die Prozesskosten und die Anwaltskosten des Klägers. Tut er das nicht freiwillig, dann muss der Kläger für die Zwangsvollstreckung sorgen. Auch das kostet wieder Geld - bei jedem Versuch. Auch diese Kosten muss der Beklagte erstatten. Aber, und das ist eben ein großes "aber": das kann der Beklagte nur, wenn er das Geld hat, oder es irgendwann einmal bekommt. Hat er kein Geld, kann er auch nicht zahlen, und wenn er kein Geld hat (jedenfalls nicht über der Pfändungsfreigrenze), dann kann man bei ihm auch nicht vollstrecken.

Deshalb muss man sich vorher (!) überlegen, ob es sich lohnt, zu klagen. Sonst hat man am Ende gewonnen, bekommt aber kein Geld, sondern muss weitere Kosten bezahlen.

(Übrigens gibt's hier grundsätzlich keine Rechtsberatung ...)

Re: Haftet bei Verurteilung der Verurteilte für die Kosten?

Verfasst: Dienstag 21. November 2017, 16:38
von immer locker bleiben
Oder anders gewendet: das Insolvenzrisiko seiner Schuldner muss jeder Gläubiger selbst tragen. Ist halt "allgemeines Lebensrisiko."

Re: Haftet bei Verurteilung der Verurteilte für die Kosten?

Verfasst: Dienstag 21. November 2017, 19:06
von joee78
suppenhuhn89 hat geschrieben:Na der Verurteilte und nicht der Kläger. Der Verurteilte muss dafür aufkommen und sich Arbeit suchen, um die Prozesskosten in Raten abzubezahlen.
Selbst in einer JVA wird man arbeiten und auch ein wenig Geld dafür bekommen.
In Deutschland "muss" niemand irgendwas:

Art 12 GG

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.


Das einzige, was ein Schuldner muss, ist die Vermögensauskunft abgeben, § 802c ZPO.

Re: Haftet bei Verurteilung der Verurteilte für die Kosten?

Verfasst: Dienstag 21. November 2017, 19:21
von Tobias__21
joee78 hat geschrieben:
suppenhuhn89 hat geschrieben:Na der Verurteilte und nicht der Kläger. Der Verurteilte muss dafür aufkommen und sich Arbeit suchen, um die Prozesskosten in Raten abzubezahlen.
Selbst in einer JVA wird man arbeiten und auch ein wenig Geld dafür bekommen.
In Deutschland "muss" niemand irgendwas:

Art 12 GG

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.


Das einzige, was ein Schuldner muss, ist die Vermögensauskunft abgeben, § 802c ZPO.
Wie war das doch gleich im Unterhaltsrecht mit der Arbeitssuche und § 170 StGB? ;)

Re: Haftet bei Verurteilung der Verurteilte für die Kosten?

Verfasst: Dienstag 21. November 2017, 19:22
von thh
Tobias__21 hat geschrieben:Wie war das doch gleich im Unterhaltsrecht mit der Arbeitssuche und § 170 StGB? ;)
Und im SGB II mit den Mitwirkungspflichten?

Re: Haftet bei Verurteilung der Verurteilte für die Kosten?

Verfasst: Dienstag 21. November 2017, 19:32
von joee78
Folge?

Unterhaltsrecht: Ansetzung eines "fiktiven" Einkommens, ggf. Verurteilung.

Sozialhilferecht: Ggf. Kürzung des ALG II-Anspruchs bis hin zu Essensgutscheinen.

Wie gesagt, in unserem Land kann niemand zu einer Arbeit gezwungen werden, um seine Schulden zu bezahlen.

Re: Haftet bei Verurteilung der Verurteilte für die Kosten?

Verfasst: Dienstag 21. November 2017, 19:59
von Tibor
joee78 hat geschrieben:
suppenhuhn89 hat geschrieben:Na der Verurteilte und nicht der Kläger. Der Verurteilte muss dafür aufkommen und sich Arbeit suchen, um die Prozesskosten in Raten abzubezahlen.
Selbst in einer JVA wird man arbeiten und auch ein wenig Geld dafür bekommen.
In Deutschland "muss" niemand irgendwas:

....
§ 41 StVollzG ist bekannt?

Re: Haftet bei Verurteilung der Verurteilte für die Kosten?

Verfasst: Dienstag 21. November 2017, 20:16
von joee78
joee78 hat geschrieben:(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.[/i]

Re: Haftet bei Verurteilung der Verurteilte für die Kosten?

Verfasst: Dienstag 21. November 2017, 23:34
von suppenhuhn89
Vielen Dank für die Darlegungen.
Habe bewusst versucht die Fragestellung so allgemein wie möglich zu formulieren, damit dieses Thema nicht mit den Worten "Rechtsberatung wird nicht gegeben" geschlossen wird.