immer locker bleiben hat geschrieben:thh hat geschrieben:Wer mit staatlichen Zwangsmitteln ins Leben der Menschen eindringt und dort Informationen erhebt, der muss diese Menschen dann davor schützen, dass diese Informationen unbegrenzt gestreut werden - und das geht nur mit den Mitteln des Strafrechts.
Wer anderen einen Vorwurf macht, muss damit leben können, dass dieser Vorwurf öffentlich wird.
Auch den Zusammenhang verstehe ich nicht. Zeugen machen anderen keinen Vorwurf - Beschuldigte auch nicht. Und selbst bei Anzeigeerstattern ist ja nicht nur deren Anzeige betroffen.
immer locker bleiben hat geschrieben:Und der von Dir genannte Schutz von Zeugen und zwangsweise beschafften Informationen ist ja noch nicht mal das betroffene Schutzgut.
Richtig. - Ich hatte in meinem Beitrag zwei Gedanken verbunden: die Begründung für die Norm in ihrer derzeitigen Fassung, und den Grund für meine Auffassung, dass es einer Erweiterung des strafrechtlichen Schutzes bedarf.
immer locker bleiben hat geschrieben:der Journalist J sitzt in einem durch einen Möchtegerndiktator geführten Land am Rande der europäischen Union in Untersuchungshaft, ein Jahr lang zunächst ganz ohne Anklageschrift oder ähnliches, aber mit dem Vorwurf, ein Terrorist zu sein. Das Medieninteresse in In- und Ausland ist immenz, es wird praktisch täglich irgend etwas aus dem Leben des J und zum angeblichen Terrorismus berichtet. Schließlich wird ihm nach über einem Jahr eine völlig lächerliche Anklageschrift bekannt gegeben, in der ausschließlich haltlose Vorwürfe erhoben werden. Zugleich wird ihm gesagt, dass er diese Anklageschrift auf keinen Fall veröffentlichen darf, damit seine Richter nicht vor der Verhandlung beeinflusst werden.
Auch in dieser Konstellation verstehe ich das Problem nicht. (1) Ob die Vorwürfe "haltlos" sind, wird sich kaum je aus der Anklageschrift allein ergeben; so geschickt wird man insbesondere in einer Möchtegerndiktatur ja schon noch sein, die Anklage schlüssig klingen zu lassen. Die Haltlosigkeit ergibt sich dann aus den Akten - oder der Hauptverhandlung. (2) Gesetzt den Fall, die Anklageschrift an sich erwiese sich als haltlos: was ist damit gewonnen, wenn sie vor der Hauptverhandlung veröffentlicht wird? Die Haltlosigkeit der Vorwürfe erweist dich dann eben ein paar Wochen später. Nach einem Jahr kommt's darauf vermutlich nicht besonders an ... (3) Gesetzt den Fall, es eile: § 353d StGB verbietet nur die Veröffentlichung im Wortlaut. Mit den haltlosen Vorwürfen dürfte der Journalist sich also durchaus öffentlichen auseinandersetzen.
immer locker bleiben hat geschrieben:Ich bleibe dabei, die Norm ist schikanöser Unfug.
Und ich bleibe dabei: es gibt nicht nur kein nachvollziehbares berechtigtes Interesse des Angeklagten an der Veröffentlichung der Anklageschrift vor der Hauptverhandlung, es gibt auch gute Gründe, die dagegen sprechen.