Re: Frau Storch, der Tweet und das NetzDG im Lichte von Art.
Verfasst: Montag 8. Januar 2018, 13:09
Wieso jetzt genau? Zeigt das nicht viel mehr, dass das System funktioniert?
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Sehe ich ähnlich: Es hätte ein PR-Supergau werden können, aber Maas gibt sich zumindest in der Öffentlichkeit einsichtig, das stärkt das System eher. Anders wäre es, wenn die Löschung wegen banaler bzw. evident rechtmäßiger Äußerungen erfolgt worden wäre.famulus hat geschrieben:Wieso jetzt genau? Zeigt das nicht viel mehr, dass das System funktioniert?
Es ist wahrlich eine spannende Frage. Aber wenn wir das Internet gegen Papier austauschen, würde man wohl ohne zu überlegen auf ein aktives Tun kommen. Zum Beispiel: Die Tageszeitung veröffentlicht den Leserbrief von Frau Storch. Aber ich mag Einräumen, dass es hier diskutabel ist, weil die Nachricht unkontrolliert direkt erscheint. Bei der Garantenpflicht habe ich dann aber wirklich wenig Probleme. Wenn ich die Möglichkeit der Meinungsäußerung eröffne, dann habe ich die Pflicht der Überwachung. Ergibt sich imo auch direkt (bzw. aus dem Umkehrschluss) aus § 10 TMG.Quantensprung hat geschrieben:famulus hat geschrieben:
@Ara, bzgl. deiner Ausführungen zur möglichen Beihilfe-Strafbarkeit:
Ich würde in deinem Beispiel klar von einem Unterlassen, nicht von einem Tun ausgehen - und eine Garantenpflicht halte ich für sehr diskutabel, aber sie ist zumindest für mich nicht so eindeutig, wie von dir dargestellt.
Kritische Rückfrage zum Verständnis Trifft diese Überwachungspflicht dann den Betreiber der Plattform oder den einzelnen Mitarbeiter (um dessen Strafbarkeit es ja geht)?Ara hat geschrieben:Es ist wahrlich eine spannende Frage. Aber wenn wir das Internet gegen Papier austauschen, würde man wohl ohne zu überlegen auf ein aktives Tun kommen. Zum Beispiel: Die Tageszeitung veröffentlicht den Leserbrief von Frau Storch. Aber ich mag Einräumen, dass es hier diskutabel ist, weil die Nachricht unkontrolliert direkt erscheint. Bei der Garantenpflicht habe ich dann aber wirklich wenig Probleme. Wenn ich die Möglichkeit der Meinungsäußerung eröffne, dann habe ich die Pflicht der Überwachung. Ergibt sich imo auch direkt (bzw. aus dem Umkehrschluss) aus § 10 TMG.Quantensprung hat geschrieben:famulus hat geschrieben:
@Ara, bzgl. deiner Ausführungen zur möglichen Beihilfe-Strafbarkeit:
Ich würde in deinem Beispiel klar von einem Unterlassen, nicht von einem Tun ausgehen - und eine Garantenpflicht halte ich für sehr diskutabel, aber sie ist zumindest für mich nicht so eindeutig, wie von dir dargestellt.
Aus einer Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drs. 14/6098, S. 37:Bei der Garantenpflicht habe ich dann aber wirklich wenig Probleme. Wenn ich die Möglichkeit der Meinungsäußerung eröffne, dann habe ich die Pflicht der Überwachung. Ergibt sich imo auch direkt (bzw. aus dem Umkehrschluss) aus § 10 TMG.
Bezieht sich zwar auf das alte TDG, die Vorschriften entsprechen sich aber weitestgehend. Ich will allerdings nicht ausschließen, dass es seit Bestehen des TMG Richtungsänderungen im Medienrecht gegeben haben mag - deswegen mal anders gefragt: Siehst Du vergleichbare Fälle, in denen eine Garantepflicht unstrittig besteht?Die §§ 9 bis 11 TDG zielen nicht darauf ab, Garantenstellungen (§ 13 StGB, § 8 OWiG) zu begründen.
Grundsätzlich den Betreiber, der diese Überwachungspflicht vertraglich auf den Arbeitnehmer überträgt. So wie einem Sicherheitsmann in einem Atomkraftwerk auch eine Garantenpflicht zum Schutze trifft, auch wenn die Schutzpflicht eigentlich primär dem Akw-Betreiber auferlegt ist.Trente Steele82 hat geschrieben:Kritische Rückfrage zum Verständnis Trifft diese Überwachungspflicht dann den Betreiber der Plattform oder den einzelnen Mitarbeiter (um dessen Strafbarkeit es ja geht)?Ara hat geschrieben:Es ist wahrlich eine spannende Frage. Aber wenn wir das Internet gegen Papier austauschen, würde man wohl ohne zu überlegen auf ein aktives Tun kommen. Zum Beispiel: Die Tageszeitung veröffentlicht den Leserbrief von Frau Storch. Aber ich mag Einräumen, dass es hier diskutabel ist, weil die Nachricht unkontrolliert direkt erscheint. Bei der Garantenpflicht habe ich dann aber wirklich wenig Probleme. Wenn ich die Möglichkeit der Meinungsäußerung eröffne, dann habe ich die Pflicht der Überwachung. Ergibt sich imo auch direkt (bzw. aus dem Umkehrschluss) aus § 10 TMG.Quantensprung hat geschrieben:famulus hat geschrieben:
@Ara, bzgl. deiner Ausführungen zur möglichen Beihilfe-Strafbarkeit:
Ich würde in deinem Beispiel klar von einem Unterlassen, nicht von einem Tun ausgehen - und eine Garantenpflicht halte ich für sehr diskutabel, aber sie ist zumindest für mich nicht so eindeutig, wie von dir dargestellt.
Es gibt halt die Rechtsprechung zu Hostingprovidern und Forenbetreibern. Zum Beispiel: KG Berlin, Beschluss vom 25.08.2014, 4 Ws 71/14. Die man mE hier auch auf Twitter und FB übertragen kann.Quantensprung hat geschrieben:Aus einer Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drs. 14/6098, S. 37:Bei der Garantenpflicht habe ich dann aber wirklich wenig Probleme. Wenn ich die Möglichkeit der Meinungsäußerung eröffne, dann habe ich die Pflicht der Überwachung. Ergibt sich imo auch direkt (bzw. aus dem Umkehrschluss) aus § 10 TMG.Bezieht sich zwar auf das alte TDG, die Vorschriften entsprechen sich aber weitestgehend. Ich will allerdings nicht ausschließen, dass es seit Bestehen des TMG Richtungsänderungen im Medienrecht gegeben haben mag - deswegen mal anders gefragt: Siehst Du vergleichbare Fälle, in denen eine Garantepflicht unstrittig besteht?Die §§ 9 bis 11 TDG zielen nicht darauf ab, Garantenstellungen (§ 13 StGB, § 8 OWiG) zu begründen.
Habe das zuvor überlesen, aber wo siehst du ein positives Tun des konkreten Mitarbeiters, um dessen Strafbarkeit es alleine geht?Ara hat geschrieben:Es ist wahrlich eine spannende Frage. Aber wenn wir das Internet gegen Papier austauschen, würde man wohl ohne zu überlegen auf ein aktives Tun kommen. Zum Beispiel: Die Tageszeitung veröffentlicht den Leserbrief von Frau Storch. Aber ich mag Einräumen, dass es hier diskutabel ist, weil die Nachricht unkontrolliert direkt erscheint.Quantensprung hat geschrieben:famulus hat geschrieben:
@Ara, bzgl. deiner Ausführungen zur möglichen Beihilfe-Strafbarkeit:
Ich würde in deinem Beispiel klar von einem Unterlassen, nicht von einem Tun ausgehen - und eine Garantenpflicht halte ich für sehr diskutabel, aber sie ist zumindest für mich nicht so eindeutig, wie von dir dargestellt.
Wie gesagt das ist doch eine reine Wertungsfrage, wo man den Schwerpunkt sieht, ob im aktiven Tun oder im Unterlassen. Der Mitarbeiter weiß ganz genau, dass wenn er das Ticket schließt ohne den Beitrag zu sperren, dass es anschließend direkt automatisch von der Webseite ausgeliefert wird beim nächsten Aufruf. Die Veröffentlichung des Beitrages mit dem nächsten Abruf kann ihm daher genauso zugerechnet werden, wie dem Beitragsersteller selbst. Du würdest ja auch nicht auf die Idee kommen nem Mörder die tödliche Kugel nicht zuzurechnen, nur weil er die Waffe nicht selbst gebaut hat.Suchender_ hat geschrieben:Habe das zuvor überlesen, aber wo siehst du ein positives Tun des konkreten Mitarbeiters, um dessen Strafbarkeit es alleine geht?Ara hat geschrieben:Es ist wahrlich eine spannende Frage. Aber wenn wir das Internet gegen Papier austauschen, würde man wohl ohne zu überlegen auf ein aktives Tun kommen. Zum Beispiel: Die Tageszeitung veröffentlicht den Leserbrief von Frau Storch. Aber ich mag Einräumen, dass es hier diskutabel ist, weil die Nachricht unkontrolliert direkt erscheint.Quantensprung hat geschrieben:famulus hat geschrieben:
@Ara, bzgl. deiner Ausführungen zur möglichen Beihilfe-Strafbarkeit:
Ich würde in deinem Beispiel klar von einem Unterlassen, nicht von einem Tun ausgehen - und eine Garantenpflicht halte ich für sehr diskutabel, aber sie ist zumindest für mich nicht so eindeutig, wie von dir dargestellt.
Der Mitarbeiter, der den Beitrag liest bzw. zuvor gemeldet bekommt, wird ja nur irgendein beliebiges "Community-Team-Mitglied" sein (also ein "Moderator"), aber sicher nichts mit dem Programmieren der Website oder deren inhaltlicher Gestaltung zutun haben. Das "Veröffentlichen" des "Leserbriefs" erfolgt hingegen allein durch Twitter (bzw. durch dessen Programmierer/evtl. den Vorstand/das technische Team), diese Handlung kannst du aber dem "Moderator" nicht zurechnen.
Und du erkennst in seinem Tweet eine schützenswürdige Meinungsäußerung?Herr Anwalt hat geschrieben:https://twitter.com/kahrs/status/901856505057685504?lang=de (Verwaister Link automatisch entfernt)
Kahrs (SPD) sitzt im Bundestag.
Wird wohl bald Post von Twitter bekommen.