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Re: Karriereaussichten als Staatsanwalt und Richter

Verfasst: Mittwoch 18. April 2018, 20:13
von sai
Quantensprung hat geschrieben:
Wie gesagt, er beruht auf einem falschen Verständnis von Karriere (nämlich Karriere = Beförderungen) in der Justiz.
Ich würde den Begriff Karriere zwar ebenfalls nicht so eindimensional verstehen, frage mich aber doch, woher dein Selbstbewusstsein stammt, dass dein Verständnis von Karriere das richtige Verständnis ist?
Ich habe mein Verständnis von Karriere hier doch nirgendwo benannt?

Re: Karriereaussichten als Staatsanwalt und Richter

Verfasst: Mittwoch 18. April 2018, 20:20
von Gelöschter Nutzer
In negativer Weise schon - Karriere besteht für dich jedenfalls nicht nur aus Beförderungen. Gleichzeitig hast Du eben dieses beförderungsfixierte Karriereverständnis als falsch und Quatsch bezeichnet. ;)

Re: Karriereaussichten als Staatsanwalt und Richter

Verfasst: Mittwoch 18. April 2018, 21:18
von sai
Quantensprung hat geschrieben:In negativer Weise schon - Karriere besteht für dich jedenfalls nicht nur aus Beförderungen. Gleichzeitig hast Du eben dieses beförderungsfixierte Karriereverständnis als falsch und Quatsch bezeichnet. ;)
Nicht (nur) für mich, sondern insbesondere für den (Besoldungs-)Gesetzgeber. Das ist ja gerade der Unterschied. Schon der Gesetzgeber geht durch die Ausgestaltung der R1-Besoldung davon aus, dass Karriere in der Justiz anders verläuft als insbesondere in der Verwaltung, aber natürlich auch in der Privatwirtschaft. Der Gesetzgeber hat den Beruf des Richters so ausgestaltet, dass Karriere nicht vertikal, sondern auch horizontal verlaufen kann und nicht zwangsläufig mit mehr Geld und einem höheren Amt verbunden sein muss. Und das, so meine ich, muss mir als Richter doch klar sein, bevor ich mich für den Beruf entscheide.

Re: Karriereaussichten als Staatsanwalt und Richter

Verfasst: Mittwoch 18. April 2018, 21:43
von Liz
Tibor hat geschrieben:@Sai: Bei Carlos dem Fuchs dürften halt die Trauben (Justiz) generell sauer sein. Hatte er nicht zu Beginn eine Wohnzimmerkanzlei gegründet? Und in welchem Verhältnis R2 : R1 Stellen vorhanden sind, ergibt sich aus dem Stellenplan der Haushaltsgesetze. Am Landgericht qua Kammerorganisation dürften auf 2x R1 im Schnitt 1x R2 entfallen. Man darf halt nicht nur das Dorfamtsgericht in den Blick nehmen.
Es dürfte allerdings bedeutend mehr R1-Stellen am AG als am LG geben, d. h. das Verhältnis dürfte in der ordentlichen Gerichtsbarkeit eher 1 : 5-10 sein; das Stellenverhältnis bei der StA dürfte ähnlich sein. D. h. R2 dürfte jedenfalls in der ordentlichen Gerichtsbarkeit auch nach Abzug aller "karriereunwilliger" Kollegen kein Selbstläufer sein.

Re: Karriereaussichten als Staatsanwalt und Richter

Verfasst: Mittwoch 18. April 2018, 21:57
von sai
Liz hat geschrieben:
Tibor hat geschrieben:@Sai: Bei Carlos dem Fuchs dürften halt die Trauben (Justiz) generell sauer sein. Hatte er nicht zu Beginn eine Wohnzimmerkanzlei gegründet? Und in welchem Verhältnis R2 : R1 Stellen vorhanden sind, ergibt sich aus dem Stellenplan der Haushaltsgesetze. Am Landgericht qua Kammerorganisation dürften auf 2x R1 im Schnitt 1x R2 entfallen. Man darf halt nicht nur das Dorfamtsgericht in den Blick nehmen.
Es dürfte allerdings bedeutend mehr R1-Stellen am AG als am LG geben, d. h. das Verhältnis dürfte in der ordentlichen Gerichtsbarkeit eher 1 : 5-10 sein; das Stellenverhältnis bei der StA dürfte ähnlich sein. D. h. R2 dürfte jedenfalls in der ordentlichen Gerichtsbarkeit auch nach Abzug aller "karriereunwilliger" Kollegen kein Selbstläufer sein.
Aber auch das ist völlig in Ordnung. Wenn Beförderungen der Bestenauslese dienen, gibt es eben Beste und Ausgelesene...

Re: Karriereaussichten als Staatsanwalt und Richter

Verfasst: Mittwoch 18. April 2018, 22:08
von Gelöschter Nutzer
Aber auch das ist völlig in Ordnung. Wenn Beförderungen der Bestenauslese dienen, gibt es eben Beste und Ausgelesene...
Nicht eher Beste und Nicht-Ausgelesene?

Re: Karriereaussichten als Staatsanwalt und Richter

Verfasst: Mittwoch 18. April 2018, 22:10
von Tibor
Liz hat geschrieben: Es dürfte allerdings bedeutend mehr R1-Stellen am AG als am LG geben, d. h. das Verhältnis dürfte in der ordentlichen Gerichtsbarkeit eher 1 : 5-10 sein; das Stellenverhältnis bei der StA dürfte ähnlich sein. D. h. R2 dürfte jedenfalls in der ordentlichen Gerichtsbarkeit auch nach Abzug aller "karriereunwilliger" Kollegen kein Selbstläufer sein.
Dein Gefühl trügt: In Berlin gibt es lt Stellenplänen zum Haushaltsgesetz in der ordentlichen Gerichtsbarkeit (Fachgerichte hab ich jetzt nicht ausgewertet) insgesamt folgende Stellen*: 1.005 x R1 und 424 x R2-R8, also AG, LG, OLG, StA und GenStA. Das heißt „Karriere machen“ ca 30%.

Nimmt man nur die Gerichte der Ordentlichen, dann sind es 719x R1 zu 336x R2-R8, also ca 32% Beförderungsquote.

Bei der StA/GenStA ist das Verhältnis 286x R1 zu 88x R2-R6, also nur 23% „Karriere“ (iSv R2 und mehr).


*
R1 = 1.005
R2 = 366
R3 = 48
R4 = 5
R5 = 1
R6 = 3
R8 = 1

Re: Karriereaussichten als Staatsanwalt und Richter

Verfasst: Mittwoch 18. April 2018, 22:13
von thh
Tibor hat geschrieben:Bei der StA/GenStA ist das Verhältnis 286x R1 zu 88x R2-R6, also nur 23% „Karriere“ (iSv R2 und mehr).
Man sollte dabei nicht übersehen, dass es bei der StA auch viele R1Z-Stellen gibt (in BW: auf fast jede R2-Stelle eine), und das ist schon mehr als die Hälfte auf dem Weg nach R2.

Re: Karriereaussichten als Staatsanwalt und Richter

Verfasst: Mittwoch 18. April 2018, 22:14
von Liz
Ah, okay. R2 am OLG / bei der GenStA hatte ich tatsächlich vergessen.

Re: Karriereaussichten als Staatsanwalt und Richter

Verfasst: Donnerstag 19. April 2018, 06:13
von markus87
sai hat geschrieben:Der Gesetzgeber hat den Beruf des Richters so ausgestaltet, dass Karriere nicht vertikal, sondern auch horizontal verlaufen kann und nicht zwangsläufig mit mehr Geld und einem höheren Amt verbunden sein muss.
Das ist Satire, oder?

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Re: Karriereaussichten als Staatsanwalt und Richter

Verfasst: Donnerstag 19. April 2018, 07:11
von Ara
Liz hat geschrieben:
Tibor hat geschrieben:@Sai: Bei Carlos dem Fuchs dürften halt die Trauben (Justiz) generell sauer sein. Hatte er nicht zu Beginn eine Wohnzimmerkanzlei gegründet? Und in welchem Verhältnis R2 : R1 Stellen vorhanden sind, ergibt sich aus dem Stellenplan der Haushaltsgesetze. Am Landgericht qua Kammerorganisation dürften auf 2x R1 im Schnitt 1x R2 entfallen. Man darf halt nicht nur das Dorfamtsgericht in den Blick nehmen.
Es dürfte allerdings bedeutend mehr R1-Stellen am AG als am LG geben, d. h. das Verhältnis dürfte in der ordentlichen Gerichtsbarkeit eher 1 : 5-10 sein; das Stellenverhältnis bei der StA dürfte ähnlich sein. D. h. R2 dürfte jedenfalls in der ordentlichen Gerichtsbarkeit auch nach Abzug aller "karriereunwilliger" Kollegen kein Selbstläufer sein.
Also ich war hier auch aus reinem Interesse bei der Werbeveranstaltung des OLGs für die Richterbewerbung. Da hat uns die Präsidentin für Hamburg auch schnell den Zahn gezogen. Hier ist die AG-Quote 1:7 und LG-Quote, logischerweise, 1:3.

Was sie aber auch erzählt hatte, und worüber ich zuvor noch nie nachgedacht habe, die Chance auf Beförderung ist auch sehr vom Bundesland abhängig. Sie meinte in Hamburg strebt fast ausnahmslos jeder die Beförderung an, weil er dafür nicht umziehen muss. In Schleswig-Holstein gibt es dagegen nicht wenige Richter, die zB ihren Lebensmittelpunkt in Flensburg haben und gar nicht nach Schleswig wollen.

Das heißt auch uns wurde da schon gesagt, dass wir in Hamburg mit stärkerer Konkurrenz zu rechnen haben, als in anderen Bundesländern, wenn es um die Beförderungsposten geht.

Re: Karriereaussichten als Staatsanwalt und Richter

Verfasst: Donnerstag 19. April 2018, 07:22
von sai
markus87 hat geschrieben:
sai hat geschrieben:Der Gesetzgeber hat den Beruf des Richters so ausgestaltet, dass Karriere nicht vertikal, sondern auch horizontal verlaufen kann und nicht zwangsläufig mit mehr Geld und einem höheren Amt verbunden sein muss.
Das ist Satire, oder?

Gesendet von meinem SM-G950F mit Tapatalk
Ich hab mir das nicht ausgedacht.

Re: Karriereaussichten als Staatsanwalt und Richter

Verfasst: Donnerstag 19. April 2018, 08:17
von markus87
sai hat geschrieben:
markus87 hat geschrieben:
sai hat geschrieben:Der Gesetzgeber hat den Beruf des Richters so ausgestaltet, dass Karriere nicht vertikal, sondern auch horizontal verlaufen kann und nicht zwangsläufig mit mehr Geld und einem höheren Amt verbunden sein muss.
Das ist Satire, oder?

Gesendet von meinem SM-G950F mit Tapatalk
Ich hab mir das nicht ausgedacht.
Ich hab den Beruf meiner Putzfrau auch so ausgestaltet, dass Karriere nicht vertikal, sondern auch horizontal verlaufen kann und nicht zwangsläufig mit mehr Geld und einem höheren Amt verbunden sein muss.

Re: Karriereaussichten als Staatsanwalt und Richter

Verfasst: Donnerstag 19. April 2018, 08:20
von Liz
@Ara: das dürfte in der Tat ein wichtiger Punkt sein: über örtliche Flexibilität wird man sich in kleinen OLG-Bezirken bzw. mit zunehmender Nähe zu Erprobungsmöglichkeiten bzw. Beförderungsstellen nicht wirklich absetzen können.

Re: Karriereaussichten als Staatsanwalt und Richter

Verfasst: Donnerstag 19. April 2018, 08:20
von Tibor
Was Sai meint: Weil es gerade in der Justiz nur die klassischen Karrieresprünge von R1 auf R2 gibt und alles andere eher selten ist (wie eben der Sprung aus A in B-Besoldung), entsprechen die Stufenentwicklungen R1-R2 eben der üblichen Karriere A13-A16. Das heißt als Amtsrichter wird dir eine horizontale Entwicklung unterstellt, als ob du in der Verwaltung mindestens ORR wirst, bei R2 dann zugleich der Sprung auf LtRD, obgleich in der Verwaltung der Sprung von A13 auf 14 und von 15 auf 16 nicht zwingend ist, wenn die Behörde entsprechende Ämter gar nicht hergibt.