Re: Karriereaussichten als Staatsanwalt und Richter
Verfasst: Donnerstag 19. April 2018, 08:30
@Tibor/Sai: wenn alle am Ende die gleiche „Karriere“ machen, dann fühlt es sich aber nicht wirklich wie Karriere an.
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Das ist ganz wunderbar für dich und deine Putzfrau. Herzlichen Glückwunsch.markus87 hat geschrieben:Ich hab den Beruf meiner Putzfrau auch so ausgestaltet, dass Karriere nicht vertikal, sondern auch horizontal verlaufen kann und nicht zwangsläufig mit mehr Geld und einem höheren Amt verbunden sein muss.sai hat geschrieben:Ich hab mir das nicht ausgedacht.markus87 hat geschrieben:Das ist Satire, oder?sai hat geschrieben:Der Gesetzgeber hat den Beruf des Richters so ausgestaltet, dass Karriere nicht vertikal, sondern auch horizontal verlaufen kann und nicht zwangsläufig mit mehr Geld und einem höheren Amt verbunden sein muss.
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So ist es. A16, also das, was mir als Amtsrichter garantiert ist, bekommt selbst in Großstädten mancher Amtsleiter nicht.Tibor hat geschrieben:Was Sai meint: Weil es gerade in der Justiz nur die klassischen Karrieresprünge von R1 auf R2 gibt und alles andere eher selten ist (wie eben der Sprung aus A in B-Besoldung), entsprechen die Stufenentwicklungen R1-R2 eben der üblichen Karriere A13-A16. Das heißt als Amtsrichter wird dir eine horizontale Entwicklung unterstellt, als ob du in der Verwaltung mindestens ORR wirst, bei R2 dann zugleich der Sprung auf LtRD, obgleich in der Verwaltung der Sprung von A13 auf 14 und von 15 auf 16 nicht zwingend ist, wenn die Behörde entsprechende Ämter gar nicht hergibt.
Es machen in der Justiz ja nicht alle die gleiche "Karriere". Ich finde den Gedanken auch merkwürdig, das man eine Art Anspruch darauf hätte, R2 oder höher befördert zu werden.@Tibor/Sai: wenn alle am Ende die gleiche „Karriere“ machen, dann fühlt es sich aber nicht wirklich wie Karriere an.
Es geht nicht darum, Anspruch auf irgendetwas zu haben, aber ich halte den klassischen Karrierebegriff (Karriere ist, wenn ich mehr Geld und einen neuen Titel bekomme) durchaus für verständlich - und wenn man den klassischen Karrierebegriff zugrunde legt, muss man feststellen, dass man in der Justiz in dieser Hinsicht relativ wenige Karriereschritte machen kann und damit rechnen muss, möglicherweise nie auf R2 zu kommen.sai hat geschrieben:Es machen in der Justiz ja nicht alle die gleiche "Karriere". Ich finde den Gedanken auch merkwürdig, das man eine Art Anspruch darauf hätte, R2 oder höher befördert zu werden.@Tibor/Sai: wenn alle am Ende die gleiche „Karriere“ machen, dann fühlt es sich aber nicht wirklich wie Karriere an.
Ja klar ist der klassische Karrierebegriff verständlich. Der Gesetzgeber hat aber, wie gesagt, das System in der Justiz anders ausgestaltet. Wenn ich den Begriff dennoch zugrunde lege, vergleiche ich Äpfel mit Birnen.Liz hat geschrieben:Es geht nicht darum, Anspruch auf irgendetwas zu haben, aber ich halte den klassischen Karrierebegriff (Karriere ist, wenn ich mehr Geld und einen neuen Titel bekomme) durchaus für verständlich - und wenn man den klassischen Karrierebegriff zugrunde legt, muss man feststellen, dass man in der Justiz in dieser Hinsicht relativ wenige Karriereschritte machen kann und damit rechnen muss, möglicherweise nie auf R2 zu kommen.sai hat geschrieben:Es machen in der Justiz ja nicht alle die gleiche "Karriere". Ich finde den Gedanken auch merkwürdig, das man eine Art Anspruch darauf hätte, R2 oder höher befördert zu werden.@Tibor/Sai: wenn alle am Ende die gleiche „Karriere“ machen, dann fühlt es sich aber nicht wirklich wie Karriere an.
Das ist in der Tat die Betrachtungsweise, die den Kern des Ganzen am Ehesten trifft. R1 hat die Beförderungskette A13-A14-A15 quasi eingebaut, und R2 ist dann halt der Schritt auf A16. Mit dem Unterschied, dass es automatisch verläuft, anstatt "verdient werden" muss, wie das in der Verwaltung zumeist der Fall ist. Ob man auf das Ganze dann das Etikett R1 klebt, oder nach den einzelnen Beförderungsschritten die Etikette auswechselt, macht dann in der Sache keinen Unterschied.Tibor hat geschrieben:Was Sai meint: Weil es gerade in der Justiz nur die klassischen Karrieresprünge von R1 auf R2 gibt und alles andere eher selten ist (wie eben der Sprung aus A in B-Besoldung), entsprechen die Stufenentwicklungen R1-R2 eben der üblichen Karriere A13-A16. Das heißt als Amtsrichter wird dir eine horizontale Entwicklung unterstellt, als ob du in der Verwaltung mindestens ORR wirst, bei R2 dann zugleich der Sprung auf LtRD, obgleich in der Verwaltung der Sprung von A13 auf 14 und von 15 auf 16 nicht zwingend ist, wenn die Behörde entsprechende Ämter gar nicht hergibt.
Der Denkfehler ist, dass Karriere mehr als Gehaltserhöhung ist.Schnitte hat geschrieben:Das ist in der Tat die Betrachtungsweise, die den Kern des Ganzen am Ehesten trifft. R1 hat die Beförderungskette A13-A14-A15 quasi eingebaut, und R2 ist dann halt der Schritt auf A16. Mit dem Unterschied, dass es automatisch verläuft, anstatt "verdient werden" muss, wie das in der Verwaltung zumeist der Fall ist. Ob man auf das Ganze dann das Etikett R1 klebt, oder nach den einzelnen Beförderungsschritten die Etikette auswechselt, macht dann in der Sache keinen Unterschied.Tibor hat geschrieben:Was Sai meint: Weil es gerade in der Justiz nur die klassischen Karrieresprünge von R1 auf R2 gibt und alles andere eher selten ist (wie eben der Sprung aus A in B-Besoldung), entsprechen die Stufenentwicklungen R1-R2 eben der üblichen Karriere A13-A16. Das heißt als Amtsrichter wird dir eine horizontale Entwicklung unterstellt, als ob du in der Verwaltung mindestens ORR wirst, bei R2 dann zugleich der Sprung auf LtRD, obgleich in der Verwaltung der Sprung von A13 auf 14 und von 15 auf 16 nicht zwingend ist, wenn die Behörde entsprechende Ämter gar nicht hergibt.
Das ist es für manche auch. Die Amtsbezeichnung ist vielen Menschen wichtig. Man fühlt sich anders, wenn man nach einigen Jahren als Regierungsrat dann Oberregierungsrat wird und schließlich Regierungsdirektor. Der Richter am Amtsgericht macht in puncto Gehalt dieselbe Progression durch, behält aber in puncto Titel die ganze Zeit hindurch sein "Richter am Amtsgericht" bei. Ich will das gar nicht lächerlich machen - ich war auch geschmeichelt, als ich (in absentia und ohne jede Auswirkung aufs Gehalt, weil ich ohne Bezüge beurlaubt war) meine schön gesiegelte Urkunde mit der Beförderung vom Rat zum Oberrat erhielt (profan mit der Post zugesandt). Wir sind halt alle ein bisschen eitel und irrational. Ich finde aber, es ist wichtig, die Aufmerksamkeit darauf ziehen, dass die Vergleiche über Beförderungen in Verwaltung versus Beförderungen in der Justiz primär an solchen Dingen hängen; wenn man sich dessen bewusst ist, sieht man die Sache vielleicht mit anderen Augen. Wer hingegen unter Karriere mehr versteht als Geld und Titel, der kann natürlich bei beiden frustriert werden.Kasimir hat geschrieben: Der Denkfehler ist, dass Karriere mehr als Gehaltserhöhung ist.
Wird oft so gehandhabt, muss man aber nicht machen. In dem Fall meines Dienstherrn war die Beförderungskette A13-A14-A15 wirklich ein automatisch ablaufender, von der hierarchischen Stellung unabhängiger Vorgang, der letztlich einfach selbstlaufende Gehaltserhöhungen bedeutete. Ich war als A13 auch mal formal Dienstvorgesetzter von A15-Kollegen. Ist ein bisschen wie beim Militär: Rang ist nicht gleichbedeutend mit Dienststellung.Tibor hat geschrieben:Klar, dass ist aber eben auch "dienststellenbedingt". In einer Behörde entfallen auf Indianer (RR) öfter mal Jr. Häuptlinge (ORR) und Oberhäuptlinge (RD), weil die Hierarchie und Weisungsbefugnis das so vorgibt und erfordert.
Wobei m. E. auch (und gerade) in der Justiz ein sehr starkes Hierarchie-Denken herrscht. Manchmal an Kleinigkeiten festzumachen wie der Sitte, den OLG-Präsidenten (ohne jede Ironie) als "Chefpräsidenten" zu titulieren. Oder: Das enorme Machtgefälle zwischen Proberichter und LG-Präsident in der ehrfurchtsvoll so genannten "Präsidentenkammer", obwohl beide dasselbe Stimmengewicht haben. Oder: Die Noten, die im Rahmen von Beurteilungen selbst an gestandene Bundesrichter wie an Schulkinder verteilt werden usw. usw.Tibor hat geschrieben:In einem Gericht herrscht aber gerade keine inhaltliche Weisungsbefugnis. Es bedarf für Entscheidungen gerade keine große Hierarchie; die Indianer gehen eben alleine tagein tagaus auf die Jagd. Eine Hierarchie gibt es nur für die Verwaltung der Gesamtheit; es gibt einen Häuptling, der das Dorf bewacht (Präsident/Direktor) bzw. auch mal einen Jr. Häuptling, der dem Häuptling berichtet (wauRi), weil er nicht vor Ort ist.
Das "Vorturnen" bei der GenStA nicht zu vergessen... Liebevoll auch "Erprobung" genannt, obwohl der gute Herr wahrscheinlich schon n Jahrzehnt gestandener Staatsanwalt war.Urs Blank hat geschrieben:Wobei m. E. auch (und gerade) in der Justiz ein sehr starkes Hierarchie-Denken herrscht. Manchmal an Kleinigkeiten festzumachen wie der Sitte, den OLG-Präsidenten (ohne jede Ironie) als "Chefpräsidenten" zu titulieren. Oder: Das enorme Machtgefälle zwischen Proberichter und LG-Präsident in der ehrfurchtsvoll so genannten "Präsidentenkammer", obwohl beide dasselbe Stimmengewicht haben. Oder: Die Noten, die im Rahmen von Beurteilungen selbst an gestandene Bundesrichter wie an Schulkinder verteilt werden usw. usw.Tibor hat geschrieben:In einem Gericht herrscht aber gerade keine inhaltliche Weisungsbefugnis. Es bedarf für Entscheidungen gerade keine große Hierarchie; die Indianer gehen eben alleine tagein tagaus auf die Jagd. Eine Hierarchie gibt es nur für die Verwaltung der Gesamtheit; es gibt einen Häuptling, der das Dorf bewacht (Präsident/Direktor) bzw. auch mal einen Jr. Häuptling, der dem Häuptling berichtet (wauRi), weil er nicht vor Ort ist.
Das kommt darauf an, woran man "Karriere" und "sich lohnen" festmacht.Liz hat geschrieben:Gewiss. Es hat ja auch seine Vorteile mit null Einsatz zu mehr Geld zu kommen. Aber strukturell stellt man in der Justiz Leute ein, die man jahrelang darauf getrimmt hat, dass sich Leistung lohnt und auf einmal finden sie sich in einem System wieder, in dem es weitgehend egal ist, ob man ab 13 Uhr auf dem Tennisplatz steht oder fleißig wegweisende Urteile pinselt.
Wer reich werden will oder eine Karriereleiter erklimmen, ist in der Justiz eher nicht am rechten Platz, ja.Liz hat geschrieben:Und gerade für Berufseinsteiger dürfte es daher wichtig sein, dass sie wissen, worauf sie sich einlassen, nämlich voraussichtlich max. einen klassischen Karriereschritt machen zu können.
Das wird sich allerdings nur höchst selten tragfähig begründen lassen, weil die jeweilige Stelle und das Amt zusammenpassen müssen. Wer als Regierungsdirektor eine Tätigkeit wahrnimmt, in der er einem Regierungsrat zuarbeitet, ist entweder selbst nicht amtsangemessen beschäftigt, oder der Regierungsrat wird für seine Aufgaben nicht angemessen besoldet.Schnitte hat geschrieben:In dem Fall meines Dienstherrn war die Beförderungskette A13-A14-A15 wirklich ein automatisch ablaufender, von der hierarchischen Stellung unabhängiger Vorgang, der letztlich einfach selbstlaufende Gehaltserhöhungen bedeutete. Ich war als A13 auch mal formal Dienstvorgesetzter von A15-Kollegen. Ist ein bisschen wie beim Militär: Rang ist nicht gleichbedeutend mit Dienststellung.
Oder beim OLG, ja. Aber je nach Gestaltung/örtlichen Verhältnissen und persönlichen Vorlieben kann das eine sehr angenehme und gewinnbringende Zeit sein.Ara hat geschrieben:Das "Vorturnen" bei der GenStA nicht zu vergessen...
Freilich: es dient ja auch der Erprobung, ob der Betreffende für eine Beförderung geeignet ist.Ara hat geschrieben:Liebevoll auch "Erprobung" genannt,
Die staatsanwaltschaftliche Tätigkeit in der Eingangsinstanz - und gerade dort, wo wenig fachliche Spezialisierung möglich ist - hat eher wenig mit der Tätigkeit in der "Revisionsinstanz" zu tun. Wer das Massengeschäft beherrscht, ist deswegen noch nicht unbedingt fit im Revisions- und Rechtsbeschwerderecht und kann nicht unbedingt auch umfangreiche und/oder juristisch tiefgehende Lösungen erarbeiten. Als Abteilungsleiter (oder als Dezernent bei einer GenStA) soll er das aber beherrschen und beides können: Masse und Klasse.Ara hat geschrieben:obwohl der gute Herr wahrscheinlich schon n Jahrzehnt gestandener Staatsanwalt war.