Aktuelles aus Kommunal- und Baurecht

Staatsrecht, Allgemeines und Besonderes Verwaltungsrecht (Bau-, Kommunal-, Polizei- und Sicherheitsrecht, BImSchG etc.)

Moderator: Verwaltung

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Tobias__21
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Aktuelles aus Kommunal- und Baurecht

Beitrag von Tobias__21 »

Hallo,

was ist denn gerade im KommR und BauR so aktuell? Irgendwelche Gesetzesänderungen, von denen man gehört haben müsste? Im Baurecht habe ich die Sache mit den Flüchtlingsunterkünften auf dem Zettel, aber das ist ja schon was her. Im KommR wurde das Mindestalter beim aktiven Wahlrecht auf 16 gesenkt. In der Diskussion ist immer mal wieder das Wahlrecht für nicht EU-Bürger. Sonst fällt mir da nix groß ein. Bisschen was wurde an den plebiszitären Elementen Bürgerentscheid usw. geändert, aber nix weltbewegendes.

Wenn jemand was weiß, her damit :) Bundesland ist egal
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Mimis
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Re: Aktuelles aus Kommunal- und Baurecht

Beitrag von Mimis »

Sind Baumhäuser (und bspw Zelte bei G20) bauliche Anlagen iSd LBO / BauGB?
Tobias__21
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Re: Aktuelles aus Kommunal- und Baurecht

Beitrag von Tobias__21 »

Danke! Bleiben wir doch mal beim Baumhaus, das nicht über irgendwelche Stützen mit dem Erdboden verbunden ist. Dann haben wir keine bauliche Anlage. Bauordnungsrecht ist nicht anwendbar. Das Ding dürfte man dann über das allgemeine Polizeirecht weg kriegen, oder? Gegen irgendeine Norm (öffentliche Sicherheit) wird es schon verstoßen im Wald ein Baumhaus zu bauen. Ich vermute irgendwas aus dem Naturschutzgesetz. Eingriff in die Natur, o.ä. Jedenfalls dürften davon Gefahren ausgehen. Sachen könnten herunterfallen, das Ding einstürzen, etc.

Ein wirkliches Problem sehe ich da nicht, das zu beseitigen.
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Mimis
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Re: Aktuelles aus Kommunal- und Baurecht

Beitrag von Mimis »

Aha! Und ist das Polizeirecht denn hier anwendbar, wenn wir davon ausgehen, das Baumhaus steht im Hambacher Forst! Und weiter: Ist eine Beseitigung denn erforderlich? (So spielte es sich in meiner mündlichen Prüfung ab..denk mal drüber nach :D)
Tobias__21
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Re: Aktuelles aus Kommunal- und Baurecht

Beitrag von Tobias__21 »

Naja, das VersG prüft man halt noch vorrangig und muss da etwas diskutieren ob das Baumhaus noch zur Versammlung gehört (Protestcamps?) und ob die Versammlung unfriedlich ist. Wenn das VersG, was ich mal unterstelle, nicht anwendbar ist, hat man keine Sperrwirkung. Außerdem bleibt das PolG daneben anwendbar, solange es nicht um die Abwehr versammlungsspezifischer Gefahren geht. Baumhaus = gefährlich. Kann einstürzen, etc. da geht es nicht um eine versammlungsspezifische Gefahr.

Wenn wir jetzt nicht noch ne andere Spezialregelungen im WaldG oder NatschG haben, würde ich auf das allgemeine Polizeirecht abstellen.

Und da ich davon überzeugt bin, dass ein wildes Baumhaus in einem Wald gegen die öffentliche Sicherheit verstößt, kann es auch beseitigt werden.

Aber gib mal nen Tipp worauf du hinauswillst :)
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Mimis
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Re: Aktuelles aus Kommunal- und Baurecht

Beitrag von Mimis »

Du stellst jetzt sehr auf die Beseitigung der Häuser ab. Was ist denn mit den Personen?
Tobias__21
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Re: Aktuelles aus Kommunal- und Baurecht

Beitrag von Tobias__21 »

Was soll mit denen sein? Ich weiss immer noch nicht auf was du hinaus willst :)

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Willst du auf ne Nutzungsuntersagung raus? Kann man machen, etwa wenn die dagegen klagen um keine vollendeten Tatsachen zu schaffen. Ansonsten sehe ich aber nix was einer Beseitigung entgegenstehen könnte. Die ist grds auch verhältnismäßig, da einziges Mittel das rechtmäßigen zustand wieder herstellt.
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Re: Aktuelles aus Kommunal- und Baurecht

Beitrag von Tobias__21 »

Haaaaalllooooo löst Du das noch auf? :)

Mir fällt nix anderes ein, als das halt erstmal zu räumen und die Nutzung zu untersagen. Aber selbst im Eilrechtsschutz kann das Gericht das öffentliche Interesse am Sofortvollzug überwiegen lassen und den sofortigen Vollzug einer Beseitigungsanordnung halten, wenn die Beseitigung den Antragssteller nicht härter trifft als eine Nutzungsuntersagung. Hier wird es wohl um ein paar Holzlatten gehen. Kann man abbauen und weiterverwenden, wenn man das möchte. Wir reden hier ja nicht über ein gemauertes Haus, das mit der Abrissbirne niedergemacht werden soll. Aber das war ja auch nicht gefragt und ist Sache des Gerichts, ob sie das HV abwarten wollen, oder die sofortige Vollziehung eben durchwinken.

Jedenfalls sehe ich nichts was dagegen spricht, dass man ein illegal errichtetes Baumhaus in einem Wald (bauliche Anlage hin oder her) im Sofortvollzug platt machen lässt.
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Re: Aktuelles aus Kommunal- und Baurecht

Beitrag von Herr Schräg »

Was für Massnahmen willst Du denn jetzt prüfen: Räumung, Nutzungsuntersagung, Beseitigung? Das sind drei unterschiedliche Massnahmen mit unterschiedlichen Ermächtigungsgrundlagen und Voraussetzungen, wobei die Differenzierung zwischen Räumung und Nutzung strittig ist.

Übrigens stellen alle drei Ermächtigungsanlagen nicht auf "bauliche Anlagen", sondern auf "Anlagen" ab. Unabhängig davon habe ich gar keine Zweifel, dass die Baumhäuser "bauliche Anlagen" sind, auch wenn sie nicht auf Stelzen stehen; die mittelbare Verbindung mit dem Erdboden über den Baum genügt.
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Re: Aktuelles aus Kommunal- und Baurecht

Beitrag von Tobias__21 »

Herr Schräg hat geschrieben: Donnerstag 18. Oktober 2018, 13:37 Was für Massnahmen willst Du denn jetzt prüfen: Räumung, Nutzungsuntersagung, Beseitigung? Das sind drei unterschiedliche Massnahmen mit unterschiedlichen Ermächtigungsgrundlagen und Voraussetzungen, wobei die Differenzierung zwischen Räumung und Nutzung strittig ist.

Übrigens stellen alle drei Ermächtigungsanlagen nicht auf "bauliche Anlagen", sondern auf "Anlagen" ab. Unabhängig davon habe ich gar keine Zweifel, dass die Baumhäuser "bauliche Anlagen" sind, auch wenn sie nicht auf Stelzen stehen; die mittelbare Verbindung mit dem Erdboden über den Baum genügt.
Die LBO BW gilt aber neben den baulichen Anlagen nur für "andere Anlagen", "an die in diesem Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes Anforderungen gestellt werden". Welche Anforderungen könnten an Baumhäuser denn im Sinne der LBO gestellt werden? In § 3 LBO BW werden allgemeine Anforderungen bestimmt, dass Anlagen so zu errichten sind, dass von ihnen keine Gefahr ausgeht. Kommt wohl drauf an, wie sicher das Baumhaus gebaut ist.

Ich meine, man kommt mit der LBO nur weiter, wenn man das Baumhaus als bauliche Anlage subsumiert. Die Verbindung über den Baum könnte tatsächlich ausreichen. Soweit ich das recht erinnere macht man das bei Werbeflächen, die an Häusern angebracht werden ähnlich. Eine bauliche Anlage iSd. Planungsrechts dürfte es aber nicht sein, da keine bodenrechtliche Relevanz. Betroffen ist allein der Luftraum über dem Boden. Man könnte allenfalls darüber nachdenken, ob auch dadurch die Planung irgendwie beeinträchtigt wird. Dann wäre es zumindest planungsrechtlich zulässig. Bauordnungsrechtlich ist es jedenfalls unzulässig. Brandschutz, Standsicherheit, etc. pp.
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Re: Aktuelles aus Kommunal- und Baurecht

Beitrag von Herr Schräg »

Der Hinweis, dass Nutzungsuntersagungen usw nur auf "Anlagen" abstellt, erfolgte nur beiläufig, weil Du oben etwas ungenau und vorschnell die bauliche Anlage als Voraussetzung für das Bauordungsrecht genannt hattest.

Weil ein Baumhaus aber im Regelfall eine bauliche Anlage iSd Bauordnung ist, kann man diese Baumhausfälle auch über Bauordnungsrecht lösen, ohne Rückgriff auf Bauplanungsrecht. Aber ich halte jedenfalls die Baumhaussiedlungen im Hambacher Forst auch für bauliche Anlagen iSd § 29 I BauGB. Die planungsrechtliche Relevanz (bodenrechtliche Relevanz) bejahe ich in Hinblick auf die Auswirkungen einer solchen Baumhaussiedlung auf den Naturschutz, das Landschaftsbild, die Erhaltung des Waldes als Erholungsraum und die Zielsetzung des BauGB, den Aussenbereich grundsätzlich von Bebauung freizuhalten.
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Re: Aktuelles aus Kommunal- und Baurecht

Beitrag von Tobias__21 »

Ja, das lässt sich hören, wobei Bauplanungsrecht hier m.E. auch komplett außer Betracht bleiben kann, da es bauordnungsrechtlich schon an allen Ecken und Enden hängt.

Was man genau macht, ob Nutzungsuntersagung, Räumung, oder direkter Abbruch ist m.E. auch egal, da alles verhältnismäßig ist. Sogar der sofortige Abbruch. Gerade wenn man sich mal die Lage im Hambacher Forst vor Augen führt, ist der Abbruch eigentlich sogar das einzige geeignete Mittel, das zum Ziel führen wird. Und wenn es keine Anlage / bauliche Anlage sein sollte, greift das allg. Ordnungsrecht und man kriegt es über die polizeiliche Generalklausel weg. Ich sehe da absolut kein Problem. Mimis aber scheinbar, bzw. ihr Prüfer. Deswegen bin ich interessiert, ob ich da nicht irgendwas übersehe.
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Jura321
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Re: Aktuelles aus Kommunal- und Baurecht

Beitrag von Jura321 »

Tobias__21 hat geschrieben: Montag 15. Oktober 2018, 21:04 Naja, das VersG prüft man halt noch vorrangig und muss da etwas diskutieren ob das Baumhaus noch zur Versammlung gehört (Protestcamps?) und ob die Versammlung unfriedlich ist. Wenn das VersG, was ich mal unterstelle, nicht anwendbar ist, hat man keine Sperrwirkung. Außerdem bleibt das PolG daneben anwendbar, solange es nicht um die Abwehr versammlungsspezifischer Gefahren geht. Baumhaus = gefährlich. Kann einstürzen, etc. da geht es nicht um eine versammlungsspezifische Gefahr.
Aber im Hambacher Forst waren die Baumhäuser unmittelbarer Ausdruck des Protests und der Versammlung, daher geht die Gefahr doch eigentlich von der Versammlung selber aus und wäre eine versammlungsspezifische Gefahr? :-k
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