Einstiegsgehalt als Syndikus

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Liz
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Re: Einstiegsgehalt als Syndikus

Beitrag von Liz »

Den Wohnort bzw. die diesbezüglichen Entscheidungen des Richters wird man ohnehin nie vollständig ausgleichen können, aber es dürfte wohl nicht zur Landflucht führen, wenn die Kollegen, die die in einem Ballungsraum leben, eine Wohnzulage bekämen, so dass sie sich grds. eine annehmbare Wohnung (keine Penthouse-Wohnung in Bestlage, aber etwas, bei dem man sich traut, Leute einzuladen) in akzeptabler Entfernung zum Gerichtsort leisten können.
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thh
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Re: Einstiegsgehalt als Syndikus

Beitrag von thh »

Muirne hat geschrieben: Donnerstag 15. Oktober 2020, 22:46Aber den Wohnort komplett ausgleichen fände ich seltsam.
Och, solange man dem Richter auf dem Land dann auch eine Oper und eine Uniklinik vor die Tür setzt, wäre das schon okay. :)
Kasimir
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Re: Einstiegsgehalt als Syndikus

Beitrag von Kasimir »

Ich finde es schon etwas seltsam, abstrakt zu überlegen, was denn für einen Richter wohl angemessen sei und dann zu fordern, dass der Staat dies bereitstelle. Das hat auch nichts mit amtsangemessener Alimentation zu tun.

Die Logik ist doch klar: Der Staat bietet ein Paket an, das man entweder annehmen oder ablehnen kann. Auch ein Richter darf sich nach mehreren Jahren entscheiden, noch in die Anwaltschaft oder einen anderen Beruf zu wechseln, wenn er meint, dass er dort mehr verdienen könne. Dann muss er das aber auch tun. Das Paket des Staates anzunehmen und dann mehr zu fordern ist kontraintuitiv.

Das Geld fällt ja auch nicht vom Himmel und als Steuerzahler habe ich schon den Anspruch, dass der Staat mit dem Geld haushaltet und nicht - kontra jeder marktwirtschaftlichen Betrachtung - die Besoldung erhöht, nur weil er meint, dass es seinen Staatsdiener etwas besser gehen solle.
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Liz
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Re: Einstiegsgehalt als Syndikus

Beitrag von Liz »

Willkommen im Beamtenrecht. Der Dienstherr hat eine amtsangemessene Alimentation zu gewähren. Das BVerfG meint, dies müssten für die unterste Besoldungsstufe mindestens 15 % mehr als ALG II sein. ALG II in München wird inklusive Wohnkosten mehr als irgendwo in der bayrischen oder gar ostdeutschen Provinz sein. Für den höheren Dienst ist dann konsequenterweise ein höherer Betrag / Lebensstandard "amtsangemessen" (und wenn man bestimmen möchte, ob es wirklich ausreichend ist, wird man sich schon die Frage stellen müssen, wo ein Richter z. B. wohnen können soll). Dementsprechend greift es zu kurz zu sagen "kannst ja woanders hinziehen" oder "kannst Dich ja aus dem Dienst entlassen, wenn's Dir nicht passt".
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Re: Einstiegsgehalt als Syndikus

Beitrag von Kasimir »

Ich möchte ja nur darauf hinweisen, dass das Geld auch irgendwo herkommen muss und nicht vom Himmel regnet. Und ich wüsste nicht was dagegen spricht, dass derjenige, dem es zu wenig ist, einfach was anderes machen soll.

Aber ich bin ja ohnehin grundsätzlich gegen das Beamtentum. Andere Staaten kommen ja auch hervorragend ohne zurecht.
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Tibor
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Re: Einstiegsgehalt als Syndikus

Beitrag von Tibor »

Es geht ja nur darum, ob der Gesetzgeber aus verfassungsrechtlichen Gründen gezwungen ist. Das Alimentationsprinzip zählt im Besoldungsrecht wohl zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG), dann geht es also darum, ob es Zwang oder Ausgestaltungsfreiheit gibt. Freiheit dann, wenn verschiedene anerkannte Aspekte für/gegen Erhöhung sprechen. Und ja, hier zeigt sich sehr schön, dass es Pro/Con gibt und dann wird man dem Gesetzgeber wohl eine Einschätzungsprärogative eingestehen müssen.
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Re: Einstiegsgehalt als Syndikus

Beitrag von Liz »

Natürlich muss das Geld irgendwoher kommen. Aber selbst bei einem gegebenen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers wird es immer wieder Fälle geben, in denen er das Ziel mehr oder weniger evident verfehlt hat. Und für den höheren Dienst stellt sich dann letztlich die Frage, wird groß der Abstand zur untersten Besoldungsstufe sein muss und ob dieser Betrag dann "amtsangemessen" ist. Wenn der Richter davon in der Großstadt eigentlich auch nur neben dem einfachen Wachtmeister im Plattenbau am Stadtrand wohnen kann, ist das vielleicht doch nicht mehr "amtsangemessen". Und nachdem der Bürger ein Interesse daran hat, dass ihm die Richter nicht nach 10 Jahren weglaufen, sollte man den "Take it or leave it"-Ansatz auch nicht übertreiben.
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batman
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Re: Einstiegsgehalt als Syndikus

Beitrag von batman »

Liz hat geschrieben: Freitag 16. Oktober 2020, 09:11 Wenn der Richter davon in der Großstadt eigentlich auch nur neben dem einfachen Wachtmeister im Plattenbau am Stadtrand wohnen kann...
Meinst Du damit den Ist-Zustand in einer bestimmten deutschen Großstadt?
Freedom
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Re: Einstiegsgehalt als Syndikus

Beitrag von Freedom »

Was ich nicht verstehe ist, warum in den USA so in die Höhe gebaut wird aber bei uns nicht. Ist das nicht eigentlich die logische Lösung für das Problem, dass alle in der Stadt wohnen wollen, es dort aber nicht genug Platz gibt? Rechnen sich Hochhäuser nicht? Liegts nur an deutschen Bauvorschriften? (Freilich, auf die würde ich tippen). Und falls ja, warum wird das nicht in Betracht gezogen?
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thh
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Re: Einstiegsgehalt als Syndikus

Beitrag von thh »

Kasimir hat geschrieben: Freitag 16. Oktober 2020, 08:30Ich finde es schon etwas seltsam, abstrakt zu überlegen, was denn für einen Richter wohl angemessen sei und dann zu fordern, dass der Staat dies bereitstelle. Das hat auch nichts mit amtsangemessener Alimentation zu tun.
Im Gegenteil: das genau ist amtsangemessene Alimentation. Der Staat hat seine Beamten ihrem Amt angemessen zu besolden.
Kasimir hat geschrieben: Freitag 16. Oktober 2020, 08:30Das Geld fällt ja auch nicht vom Himmel und als Steuerzahler habe ich schon den Anspruch, dass der Staat mit dem Geld haushaltet und nicht - kontra jeder marktwirtschaftlichen Betrachtung - die Besoldung erhöht, nur weil er meint, dass es seinen Staatsdiener etwas besser gehen solle.
Die Besoldung hat sich nicht an der Marktwirtschaft zu orientieren; weder in dem Sinne, dass sie so schlecht nicht sein könne, solange sich noch Nachwuchs findet, noch umgekehrt dergestalt, dass sie bei einem umkämpften Arbeitsmarkt erhöht werden darf, um konkurrenzfähig zu bleiben. In dem Fall wäre es vielmehr ggf. veranlasst, entweder zu prüfen, ob das Amt richtig eingeordnet ist oder die Besoldung insgesamt zu erhöhen. (Letzteres ist in der Regel der richtige Weg, aber natürlich unpopulär.) Es verstößt nämlich auch gegen den Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation, wenn Besoldungsunterschiede zwischen unterschiedlichen Ämtern nivelliert werden.
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Re: Einstiegsgehalt als Syndikus

Beitrag von thh »

Kasimir hat geschrieben: Freitag 16. Oktober 2020, 08:54Ich möchte ja nur darauf hinweisen, dass das Geld auch irgendwo herkommen muss und nicht vom Himmel regnet.
Das scheint in anderen Bereichen auch nicht wirklich zu stören ... ist aber natürlich richtig. Wenn das Geld nicht reicht, muss sich der Staat eben ggf. personell verkleinern und dafür zunächst Aufgaben streichen, statt - jetzt einmal auf die Justiz gewendet - ständige neue Strafvorschriften, Prozessmöglichkeiten, Belehrungspflichten usw. zu schaffen, die den Gesetzwentwürfen zufolge natürlich alle mehr oder weniger kostenneutral sind.
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Re: Einstiegsgehalt als Syndikus

Beitrag von thh »

Freedom hat geschrieben: Freitag 16. Oktober 2020, 10:31Was ich nicht verstehe ist, warum in den USA so in die Höhe gebaut wird aber bei uns nicht. Ist das nicht eigentlich die logische Lösung für das Problem, dass alle in der Stadt wohnen wollen, es dort aber nicht genug Platz gibt?
Wie begehrt sind denn Wohnungen in Hochhaussiedlungen? Selbst in Berlin scheint man mehr schöne Altbauwohnungen zu suchen als Plattenbauten ...
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Re: Einstiegsgehalt als Syndikus

Beitrag von Freedom »

Ich denke wenn man die Option hätte, irgendwo relativ zentral in Berlin in einem Hochhaus zu wohnen oder am Stadtrand in nem Altbau dann überlegt man sich das. Umso mehr, wenn das Hochhaus vielleicht sogar günstiger ist. Ich habe da keine EInblicke wie die Kostenstrukturen von Hochhäusern aussehen und dementsprechend die Preise. Heruntergekommene Plattenbauten aus DDR-Zeiten mit Wänden aus Papier am Stadtrand in Siedlungen dort muss man ja nicht als Vergleichsmaßstab heranziehen dafür, wie beliebt ein Hochhaus sein würde.
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Tibor
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Re: Einstiegsgehalt als Syndikus

Beitrag von Tibor »

Um den Kreis zu schließen: Kann man zum Einstiegsgehalt als Syndikus eine angemessene Wohnung (vgl. NY Upper East Side) verlangen?
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Re: Einstiegsgehalt als Syndikus

Beitrag von thh »

Nur wenn man auf den Dienstwagen verzichtet.
Zuletzt geändert von thh am Freitag 16. Oktober 2020, 14:32, insgesamt 1-mal geändert.
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