was zeichnet einen richtig guten prozessanwalt aus? wie wird man ein solcher?

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thh
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Re: was zeichnet einen richtig guten prozessanwalt aus? wie wird man ein solcher?

Beitrag von thh »

Strich hat geschrieben: Dienstag 30. Juli 2019, 16:15Ich möchte das einmal hervorheben und unterstreichen. Ich hatte vor kurzem eine Akte auf dem Tisch, in der es um beschädigte Transportbehälter ging. Ansprüche machte die Spedition gegen den Versender geltend, Anwendung internationaler Übereinkommen inklusive (CMR). Der Vortrag war so dermaßen gut strukturiert, dass die 127 Seiten Replik sich quasi von selbst gelesen haben!
Transportrecht ist allerdings nach meiner Erfahrung auch durch hochspezialisierte Anwälte auf beiden Seiten gekennzeichnet.

(Mein Gott, haben die Armen unter mir - der ich von nichts 'ne Ahnung hatte - gelitten …)
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Tibor
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Re: was zeichnet einen richtig guten prozessanwalt aus? wie wird man ein solcher?

Beitrag von Tibor »

Es wäre ja schon schön, wenn rechtliche Ausführungen von Sachverhaltsdarstellungen getrennt werden und die rechtliche Argumentation an Anspruchsgrundlagen, Rechtsgrundlagen oder Straftatbeständen o.ä. orientiert aufgebaut wird. Meistens ist es aber erratisches gemaule, dass der Gegner falsch liege, das ja nicht sein könne, und sowieso alles willkürlich und rechtsstaatswidrig sei (sowas lese ich ständig).
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Liz
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Re: was zeichnet einen richtig guten prozessanwalt aus? wie wird man ein solcher?

Beitrag von Liz »

Strich hat geschrieben: Dienstag 30. Juli 2019, 16:15 Diese Akte zeigte mir, was für ein unglaubliches Qualitätsgefälle vorherrscht, wobei mir klar ist, dass man nicht für den xten VKU Zeit hat, die Hochkultur der anwaltlichen Schriftsatzerstellung bemühen kann. Aber es geht.
Es ist m. E. weniger eine Frage von Zeit als vom (Nicht)Beherrschen des grundsätzlichen Handwerkszeugs. Ich meine, wenn es z. B. um Grundstücke geht, erfordert es eigentlich keine besonders große intellektuelle Leistung oder besonders viel Zeit, zunächst mal darzustellen, wie die Grundstücke zueinander liegen, wem sie (seit wann) gehören und wo der "Problembereich" ist; stattdessen wird im Zweifelsfall mit großem Aufwand ein völlig wirrer Sachverhalt - durchsetzt mit rechtlichen Würdigungen - unterbreitet, den man auch in stundenlanger Kleinstarbeit nur bedingt verstehen kann. Entsprechendes gilt für einen Verkehrsunfall: man sollte meinen, dass auch ein Anwalt, bevor er eine Klage einreicht, für sich eine Unfallskizze anfertigt und diese dann einigermaßen verständlich verschriftlichen kann.
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Ara
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Re: was zeichnet einen richtig guten prozessanwalt aus? wie wird man ein solcher?

Beitrag von Ara »

Ich mag nur vorsichtig in den Raum werfen, dass die Mitteilung der rechtlichen Würdigung Aufgabe des Richters und nicht des Anwalts ist?

Ich kann verstehen, dass ein Richter sich freut, wenn ihm möglichst viel Arbeit abgenommen wird und ein Richter dem man Freude bereitet, mag einem auch wohlgesinnt zu sein, sodass es eine ganz angenehme Symbiose sein mag. Es bleibt aber ein Bonus.

Mir hat eine Richterin auch letztens vorgeworfen, sie hätte !4 Tage! gebraucht, um den Vortrag des Klägers zu ordnen und rechtlich einzuordnen mit dem Zusatz "Das wäre eigentlich Ihre Aufgabe gewesen". Ich habe erst ungläubig die Richterin darauf hingewiesen, dass ich der Beklagtenvertreter sei. Aber sie wiederholte dann tatsächlich den Vorwurf, dass meine rechtlichen Ausführungen zu allgemein seien und ich nicht klargestellt habe, welcher Anspruch unter welche Norm gehöre.

Eine weitere Diskussion habe ich mir gespart, obwohl ich der Richterin gerne gesagt hätte, dass meine Klageerwiderung in 2 Stunden runtergeschrieben war und ich schlicht keine Lust hatte mich 4 Tage mit dem Vortrag des Klägers auseinanderzusetzen. Aber ich bin mir bis heute nicht sicher, ob sie nicht tatsächlich glaubte ich sei Klägervertreter (ich saß richtig! :P) und das später nicht mehr aufklären wollte.

Insgesamt kann ich daher diese "Anwaltsschelte" immer nicht ganz verstehen. Natürlich versucht ein guter Anwalt einen möglichst geordneten Vortrag zu bringen, sinnvolle rechtliche Ausführungen zu machen und dem Richter möglichst viel Arbeit abzunehmen, wenn er etwas vom Gericht möchte. Für "andere" Schriftsätze gibt es aber tausende mögliche Gründe. Von mangelnden Informationen durch den Mandanten, über eine ungünstige Ausgangsposition bis hin zu Kosten-Nutzen-Rechnung.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Tibor
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Re: was zeichnet einen richtig guten prozessanwalt aus? wie wird man ein solcher?

Beitrag von Tibor »

Ara hat geschrieben: Mittwoch 31. Juli 2019, 09:28 Ich mag nur vorsichtig in den Raum werfen, dass die Mitteilung der rechtlichen Würdigung Aufgabe des Richters und nicht des Anwalts ist?
Das ist ja ok, wenn es denn dabei bleibt. Dann sollten aber keinerlei rechtliche "Äußerungen" kommen. Problematisch sind aber die Schriftsätze, in denen rechtliche Würdigung (light) und Sachverhaltsdarstellungen (oftmals auch strittig/unstrittig vermischt) in einheitliche Ausführungen diktiert werden.

Also so in der Art: "... wird Klage gegen ... bescheid erhoben. In der mündlichen Verhandlung werden wir folgende Anträge stellen: ... Der Kläger ist ... Beweis: ... Dies führt dazu, dass dem Kläger nach dem Gesetz ... dies ergibt sich bereits daraus, dass der Kläger wie jedes Jahr, [dies und jenes getan hat]. Der Beklagte lässt unberücksichtigt, dass der Kläger ihm bereits mehrfach mitgeteilt hat, dass seine Sachverhaltsannahme falsch ist. Tatsächlich verlangt doch § ... nur, dass ... Die Anforderungen von weiteren Unterlagen ist ermessensfehlerhaft und grenzt an Willkür. Der Unterfertigende wird Amtshaftungsansprüche prüfen. Bereits jetzt wird DIENSTAUFSICHTSBESCHWERDE gegen den Beamten ... erhoben. Jedenfalls ist die Klage begründet, denn der Bescheid ist offenkundig rechtswidrig. Soweit weiterer Vortrag für erforderlich gehalten wird, wird um gerichtlichen Hinweis erbeten."

EDIT: Schöner wäre die folgende Gliederung (wie man es im Ref lernt): Klageerhebung, Anträge, Sachverhalt unstreitig, Verwaltungsvorgang (Bescheid vom ..., ggf. Widerspruch/Einspruchsverfahren darstellen), Ausführungen, warum Bescheid falsch, insb. Sachverhalt strittig, ggf. Beweisanträge.

EDIT2: und ohne Würdigung ist dann alles kurz und knapp:

"... wird Klage gegen ... bescheid erhoben. In der mündlichen Verhandlung werden wir folgende Anträge stellen: ... Der Kläger ist ... Dieser Teil des Sachverhalts ist zwischen den Beteiligten wohl unstreitig. Der Beklagte erließ folgende belastende Verwaltungsakte ... Das Vorverfahren blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom ...). Strittig ist, ob der Kläger [streitiger Sachvortrag]. Dafür spricht insb ... Beweisantrag: ... Damit erweist sich der angefochtene Verwaltungsakt als rechtswidrig und ist durch das Gericht aufzuheben."
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Re: was zeichnet einen richtig guten prozessanwalt aus? wie wird man ein solcher?

Beitrag von Liz »

@Ara: Natürlich würdigt das Gericht den Sachverhalt abschließend rechtlich. Wir sind uns ja auch einig hinsichtlich eines guten anwaltlichen Schriftsatzes, wenn der Mandant vom Gericht eine schnelle Entscheidung möchte (und ein guter Anwalt wird bei völlig wirrem Vortrag der Gegenseite [der natürlich mit dem Ziel der Verfahrensverzögerung durch möglichst große Verwirrung erfolgen kann] das möglicherweise auch kurz und knapp für das Gericht auseinandernehmen). Ich denke aber, Dir fehlt der Überblick über die tlw. erheblichen Qualitätsunterschiede anwaltlicher Schriftsätze im Zivilprozess, wo der Vortrag letztlich immer geeignet sein muss, einen rechtlichen Anspruch bzw. eine rechtliche Position auszufüllen. Wenn man sich vorher ersichtlich wenig Gedanken über eine mögliche Anspruchsgrundlage gemacht hat, dann ist natürlich auch der Vortrag im Zweifelsfall nicht ausreichend bzw. nicht ausreichend zielgerichtet - und wenn man dann den Sachverhalt noch nicht mal einigermaßen logisch geordnet vorträgt, wird es schwierig.
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Ara
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Re: was zeichnet einen richtig guten prozessanwalt aus? wie wird man ein solcher?

Beitrag von Ara »

Ja mit dem Vermengen von Sachvortrag und rechtliche Würdigung habt ihr natürlich Recht. Insbesondere, da solch ein Vorgehen ja dem Anwalt auch keine Zeit erspart.
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Re: was zeichnet einen richtig guten prozessanwalt aus? wie wird man ein solcher?

Beitrag von Liz »

Ara hat geschrieben: Mittwoch 31. Juli 2019, 10:37 Insbesondere, da solch ein Vorgehen ja dem Anwalt auch keine Zeit erspart.
Eben. Und genauso halte ich eine halbwegs logisch geordnete, chronologische Sachverhaltsdarstellung grds. für möglich und erwartbar (was nicht ausschließt, dass es die ein oder andere Lücke gibt, weil der Mandant nicht mit der Information rüberkommt). Zeitsparend ist so ein Vorgehen nur, wenn man einfach nur wild irgendwas runterdiktiert, was einem der Mandant aber - ohne den Stille Post-Effekt - wahrscheinlich deutlich verständlicher erzählen könnte.
Herr Schraeg
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Re: was zeichnet einen richtig guten prozessanwalt aus? wie wird man ein solcher?

Beitrag von Herr Schraeg »

Ara hat geschrieben: Mittwoch 31. Juli 2019, 09:28 Ich mag nur vorsichtig in den Raum werfen, dass die Mitteilung der rechtlichen Würdigung Aufgabe des Richters und nicht des Anwalts ist?

Ich kann verstehen, dass ein Richter sich freut, wenn ihm möglichst viel Arbeit abgenommen wird und ein Richter dem man Freude bereitet, mag einem auch wohlgesinnt zu sein, sodass es eine ganz angenehme Symbiose sein mag. Es bleibt aber ein Bonus.

Mir hat eine Richterin auch letztens vorgeworfen, sie hätte !4 Tage! gebraucht, um den Vortrag des Klägers zu ordnen und rechtlich einzuordnen mit dem Zusatz "Das wäre eigentlich Ihre Aufgabe gewesen". Ich habe erst ungläubig die Richterin darauf hingewiesen, dass ich der Beklagtenvertreter sei. Aber sie wiederholte dann tatsächlich den Vorwurf, dass meine rechtlichen Ausführungen zu allgemein seien und ich nicht klargestellt habe, welcher Anspruch unter welche Norm gehöre.

Eine weitere Diskussion habe ich mir gespart, obwohl ich der Richterin gerne gesagt hätte, dass meine Klageerwiderung in 2 Stunden runtergeschrieben war und ich schlicht keine Lust hatte mich 4 Tage mit dem Vortrag des Klägers auseinanderzusetzen. Aber ich bin mir bis heute nicht sicher, ob sie nicht tatsächlich glaubte ich sei Klägervertreter (ich saß richtig! :P) und das später nicht mehr aufklären wollte.

Insgesamt kann ich daher diese "Anwaltsschelte" immer nicht ganz verstehen. Natürlich versucht ein guter Anwalt einen möglichst geordneten Vortrag zu bringen, sinnvolle rechtliche Ausführungen zu machen und dem Richter möglichst viel Arbeit abzunehmen, wenn er etwas vom Gericht möchte. Für "andere" Schriftsätze gibt es aber tausende mögliche Gründe. Von mangelnden Informationen durch den Mandanten, über eine ungünstige Ausgangsposition bis hin zu Kosten-Nutzen-Rechnung.
Nein (was Du ja hinsichtlich des Vermengens von Sachverhalt und rechtlicher Würdigung schon eingeräumt hast). Obwohl Du vorsichtig formulierst, führt Dich hier Deine Prägung als Strafverteidiger in die Irre:

Wenn Du einen Klageauftrag oder das Mandat zur Verteidigung gegen eine Klage erhältst, ist es es Deine ureigenste erste Aufgabe, auf der Grundlage des Sachverhalts die Erfolgsaussichten rechtlich zu prüfen und den Mandanten entsprechend zu belehren. Im Verfahren kannst Du Dich natürlich auf die Wiedergabe des Sachverhalts beschränken, aber die Frage des TE zielte auf den "guten" Prozessanwalt. Und der erläutert dem Gericht schlüssig und überzeugend einschl. der rechtlichen Erwägungen, weshalb der Anspruch besteht oder eben nicht besteht. Ich halte keinen der "tausend möglichen Gründe" für andere Schriftsätze für akzeptabel.

Wenngleich der "gute Prozessanwalt" die Verfahrensordnung beherrscht und in der mündlichen Verhandlung schnell reagiert, ist das A und O der Prozessführung m.E. die Arbeit am Schriftsatz: sinnvoll aufgebaut und gegliedert, präzise und in gutem Deutsch (wozu auch die Groß- und Kleinschreibung gehört ;) ).
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Strich
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Re: was zeichnet einen richtig guten prozessanwalt aus? wie wird man ein solcher?

Beitrag von Strich »

Ich glaube, dass bei einigen Rechtsanwälten das Problem nicht im Gericht sondern auf der anderen Seite des Schreibtisches sitzt und man, teilweise auch im vorauseilendem Gehorsam, anfängt, lange Schriftsätze zu produzieren beginnt, damit der Mandant was für sein Geld bekommt.

Habe ich als Anwalt nie so gemacht. Ich habe mich mit den Leuten hingesetzt und jeden Punkt des Verfahrens rechtlich erläutert. Nach diesem Gespräch habe ich gesagt, dass der Schriftsatz, den ich zu Gericht schicken werde ganz anders aussehen wird, als die Besprechung. Es hat dann eigentlich allen Mandanten gereicht, wenn ich gesagt habe, dass ich dem Mandanten alles erkläre, der Gegner und das Gericht aber nicht wissen müssen, wo ich die Probleme sehe und wir die erst anfassen, wenn es soweit ist.
Den Sachverhalt habe ich aber, wie im Ref gelernt stets von Rechtsausführungen frei gehalten und jetzt weiß ich auch, warum das gut so ist. Richtig ist, dass es Aufgabe des Richters ist, den Sachverhalt rechtlich zu würdigen. Das Problem ist, dass du subsumtionsfähige Tatsachen beibringen musst. Zu einem Rücktritt vom Vertrag gehört aber eine ganze Menge! Da vergessen viele schnell die Nachfristsetzung oder die Entbehrlichkeit derselben.
Stehe zu deinen Überzeugungen soweit und solange Logik oder Erfahrung dich nicht widerlegen. Denk daran: Wenn der Kaiser nackt aussieht ist der Kaiser auch nackt ... .
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Re: was zeichnet einen richtig guten prozessanwalt aus? wie wird man ein solcher?

Beitrag von Liz »

Strich hat geschrieben: Mittwoch 31. Juli 2019, 11:25 Ich glaube, dass bei einigen Rechtsanwälten das Problem nicht im Gericht sondern auf der anderen Seite des Schreibtisches sitzt und man, teilweise auch im vorauseilendem Gehorsam, anfängt, lange Schriftsätze zu produzieren beginnt, damit der Mandant was für sein Geld bekommt.
Abgesehen davon, dass man von einem guten Anwalt erwarten kann, dass er seinem Mandanten verklickern kann, dass ein dreiseitiger Schriftsatz kein Ausdruck von Faulheit ist, glaube ich, entspricht das auch nur bedingt der Erwartung des durchschnittlichen Nichtjuristen. Natürlich soll der Anwalt für sein Geld aus Mandantensicht "richtig arbeiten", aber ich glaube, den Nichtjuristen beeindruckt man wesentlich mehr, wenn man schön sauber strukturiert den Sachverhalt und die Position des Mandanten darlegt (und meinetwegen auch noch mit der gebotenen Zurückhaltung mitteilt, dass man den Gegner für einen ganz großen Schurken hält) und der Mandant das Gefühl hat "so gut hätte ich das nicht schreiben können".
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Re: was zeichnet einen richtig guten prozessanwalt aus? wie wird man ein solcher?

Beitrag von Strich »

Die Nichtjuristen in meinem Freundeskreis haben mich immer geragt, woran man einen guten Anwalt erkennt. Ich habe als Daumenregel immer mitgegeben: Er bleibt immer sachlich, egal wie ausfallend der Gegner oder das Gericht wird. Ich hatte noch ein zweites Merkmal, das mir aber entfallen ist.
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Re: was zeichnet einen richtig guten prozessanwalt aus? wie wird man ein solcher?

Beitrag von famulus »

Ein gutes Gedächtnis?
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Ara
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Re: was zeichnet einen richtig guten prozessanwalt aus? wie wird man ein solcher?

Beitrag von Ara »

Liz hat geschrieben: Mittwoch 31. Juli 2019, 16:30
Strich hat geschrieben: Mittwoch 31. Juli 2019, 11:25 Ich glaube, dass bei einigen Rechtsanwälten das Problem nicht im Gericht sondern auf der anderen Seite des Schreibtisches sitzt und man, teilweise auch im vorauseilendem Gehorsam, anfängt, lange Schriftsätze zu produzieren beginnt, damit der Mandant was für sein Geld bekommt.
Abgesehen davon, dass man von einem guten Anwalt erwarten kann, dass er seinem Mandanten verklickern kann, dass ein dreiseitiger Schriftsatz kein Ausdruck von Faulheit ist, glaube ich, entspricht das auch nur bedingt der Erwartung des durchschnittlichen Nichtjuristen. Natürlich soll der Anwalt für sein Geld aus Mandantensicht "richtig arbeiten", aber ich glaube, den Nichtjuristen beeindruckt man wesentlich mehr, wenn man schön sauber strukturiert den Sachverhalt und die Position des Mandanten darlegt (und meinetwegen auch noch mit der gebotenen Zurückhaltung mitteilt, dass man den Gegner für einen ganz großen Schurken hält) und der Mandant das Gefühl hat "so gut hätte ich das nicht schreiben können".
Ne, also da überschätzt du die meisten Mandanten. Die wollen in der Regel viel haben. Darum macht man als erstes auch bei Word zweifachen Zeilenabstand und große Ränder links und rechts... Traurig, aber so isses.
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Re: was zeichnet einen richtig guten prozessanwalt aus? wie wird man ein solcher?

Beitrag von Tibor »

„Junger Mann, das haben Sie schön aufgeschrieben. Ab der zweiten Seite hab ich nichts mehr verstanden, aber die Schriftart sieht so schön aus und das Papier war so angenehm anzufassen. Das Gericht bekommt doch hoffentlich nur solch schäbiges Altpapier, oder? Ach, schön das ich Sie gefunden habe. Ich hab schon lange nicht mehr als fünf Zeilen geschrieben.“
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