Alternative: Venture Capital, Start-UP Beratung, PE

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bill-1
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Alternative: Venture Capital, Start-UP Beratung, PE

Beitrag von bill-1 »

Hallo zusammen. Nach einigen Jahren GK im Bereich Corporate (mehr Restrukturierung als M&A) denke ich immer wieder einmal darüber nach, ob es Sinn macht, meinen Fokus ein wenig zu verändern.

Der Hintergrund ist folgender: Restrukturierung ist ein spannender Bereich und so durfte ich in den letzten Jahren an einigen der größten internationalen Transaktionen mitwirken. Mir gefällt daran vor allem, dass man in zentraler Position verhältnismäßig wenig deutsches Recht praktiziert und mehr mit den weltweit gültigen Grundprinzipien und all ihren Unterschieden in Berührung kommt. Mich interessiert weder die neueste BGH Rechtsprechung zu irgendwelchen GmbH-Geschäftsführerbefugnissen noch Detailstreitigkeiten dahingehend, ab welchem Zeitpunkt ich nun genau eine Insiderliste anlegen muss. Die Restrukturierungsarbeit besteht zu einem Großteil darin, Prozesse aufzusetzen, als Bindeglied zwischen sämtlichen beteiligten Stakeholdern zu fungieren, Risiken frühzeitig zu erkennen und das große Rad kontinuierlich in Bewegung zu halten. Für jemanden wie mich, der nicht im klassischen deutsch-rechtlichen Bereich tätig sein möchte, eine gute Basis.

Die Downside ist, ist dass die Arbeit auf Großprojekten dieser Art (eine Strukturierung dauert normalerweise zwischen einem 3/4 und 1 1/2 Jahren) sehr repetitiv/langwierig ist. Das Aufwand/Ertragsverhältnis ist gefühlt verhältnismäßig gering, da die Komplexität und Verflochtenheit der (Konzern-)strukturen durchgängig viel Reibung verursacht. Mühselig ist die Implementierung bestimmter Prozesse zum einen schon allein aufgrund der Anzahl der involvierten Länder (meist 50-100) und dem Umstand, dass die verschiedenen Fachbereiche im Unternehmen meist wenig Interesse daran haben, den jeweils anderen zu unterstützen. Ein weiterer Nachteil ist, dass es in diesem Bereich quasi unmöglich ist, sich irgendwann einmal damit selbstständig zu machen. Zu groß ist der Bezug zu allen möglichen Rechts- und Fachgebieten und zu hoch der bloße Aufwand für Korrespondenz, Anfertigen von immer neuen Excel Listen etc.

Wie vermutlich jeder GK Anwalt im Bereich Corporate/M&A habe auch ich einige Zeit auf DDs gearbeitet (meist geleitet) und dem Deal Team bei SPAs zugearbeitet. Verhandlungserfahrung habe ich - wie in diesem Bereich üblich - nicht wirklich gesammelt.

Konkret blicke ich nun auf den Bereich Venture Capital/Start-Ups/PE (PE jedoch primär im Start-Up Bereich). Ich verspreche mir davon, in einem bestimmten Zeitraum mehr und vielschichtigere Bereiche zu bearbeiten als es im Moment der Fall ist ("knackige" SPAs, Finanzierungsrunden etc.). Was ich nicht möchte, ist klassische M&A/PE Arbeit auf Riesendeals, im Rahmen derer derart viele und aus 50+ Ländern zusammenkommende Themen anfallen, dass man am Ende wieder vor einer ähnlichen Situation steht wie aktuell. Ich stelle es mir interessant vor, Start-Ups bei Exits zu beraten und Investoren dabei, in Start-Ups zu investieren und meine Überlegung ist, in diesem Bereich ein "kompletter" Berater werden zu können, der sich letztlich auch damit nach einigen Jahren selbstständig machen könnte, sei es in Deutschland oder anderswo. Idealerweise wäre dies auch ein Bereich, der - im Mittel - mit weniger All-Nightern und Wochenendarbeit auskommt als large cap M&A Deals mit anschließender Restrukturierung.

Vielleicht gibt es hier im Forum ja User, die in diesem Bereich tätig sind, und ihre Erfahrungen teilen möchten.

Grüße
Bill
Kasimir
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Beitrag von Kasimir »

bill-1 hat geschrieben:Hallo zusammen. Nach einigen Jahren GK im Bereich Corporate (mehr Restrukturierung als M&A) denke ich immer wieder einmal darüber nach, ob es Sinn macht, meinen Fokus ein wenig zu verändern.

Der Hintergrund ist folgender: Restrukturierung ist ein spannender Bereich und so durfte ich in den letzten Jahren an einigen der größten internationalen Transaktionen mitwirken. Mir gefällt daran vor allem, dass man in zentraler Position verhältnismäßig wenig deutsches Recht praktiziert und mehr mit den weltweit gültigen Grundprinzipien und all ihren Unterschieden in Berührung kommt. Mich interessiert weder die neueste BGH Rechtsprechung zu irgendwelchen GmbH-Geschäftsführerbefugnissen noch Detailstreitigkeiten dahingehend, ab welchem Zeitpunkt ich nun genau eine Insiderliste anlegen muss. Die Restrukturierungsarbeit besteht zu einem Großteil darin, Prozesse aufzusetzen, als Bindeglied zwischen sämtlichen beteiligten Stakeholdern zu fungieren, Risiken frühzeitig zu erkennen und das große Rad kontinuierlich in Bewegung zu halten. Für jemanden wie mich, der nicht im klassischen deutsch-rechtlichen Bereich tätig sein möchte, eine gute Basis.

Die Downside ist, ist dass die Arbeit auf Großprojekten dieser Art (eine Strukturierung dauert normalerweise zwischen einem 3/4 und 1 1/2 Jahren) sehr repetitiv/langwierig ist. Das Aufwand/Ertragsverhältnis ist gefühlt verhältnismäßig gering, da die Komplexität und Verflochtenheit der (Konzern-)strukturen durchgängig viel Reibung verursacht. Mühselig ist die Implementierung bestimmter Prozesse zum einen schon allein aufgrund der Anzahl der involvierten Länder (meist 50-100) und dem Umstand, dass die verschiedenen Fachbereiche im Unternehmen meist wenig Interesse daran haben, den jeweils anderen zu unterstützen. Ein weiterer Nachteil ist, dass es in diesem Bereich quasi unmöglich ist, sich irgendwann einmal damit selbstständig zu machen. Zu groß ist der Bezug zu allen möglichen Rechts- und Fachgebieten und zu hoch der bloße Aufwand für Korrespondenz, Anfertigen von immer neuen Excel Listen etc.

Wie vermutlich jeder GK Anwalt im Bereich Corporate/M&A habe auch ich einige Zeit auf DDs gearbeitet (meist geleitet) und dem Deal Team bei SPAs zugearbeitet. Verhandlungserfahrung habe ich - wie in diesem Bereich üblich - nicht wirklich gesammelt.

Konkret blicke ich nun auf den Bereich Venture Capital/Start-Ups/PE (PE jedoch primär im Start-Up Bereich). Ich verspreche mir davon, in einem bestimmten Zeitraum mehr und vielschichtigere Bereiche zu bearbeiten als es im Moment der Fall ist ("knackige" SPAs, Finanzierungsrunden etc.). Was ich nicht möchte, ist klassische M&A/PE Arbeit auf Riesendeals, im Rahmen derer derart viele und aus 50+ Ländern zusammenkommende Themen anfallen, dass man am Ende wieder vor einer ähnlichen Situation steht wie aktuell. Ich stelle es mir interessant vor, Start-Ups bei Exits zu beraten und Investoren dabei, in Start-Ups zu investieren und meine Überlegung ist, in diesem Bereich ein "kompletter" Berater werden zu können, der sich letztlich auch damit nach einigen Jahren selbstständig machen könnte, sei es in Deutschland oder anderswo. Idealerweise wäre dies auch ein Bereich, der - im Mittel - mit weniger All-Nightern und Wochenendarbeit auskommt als large cap M&A Deals mit anschließender Restrukturierung.

Vielleicht gibt es hier im Forum ja User, die in diesem Bereich tätig sind, und ihre Erfahrungen teilen möchten.

Grüße
Bill
Ich bin in dem Bereich teilweise tätig.

Grundsätzlich ist die Arbei in der Tat spannend und auch "näher dran" als bei Large Cap Deals.

Zugleich ist die Arbeit nach meinem Empfinden deutlich juristischer als bei großen Transaktion; jedenfalls für den einzelnen Anwalt. Du musst oft schnell entscheiden, was juristisch geht und wie es geht. Bei Large Cap-Transaktionen sind die Mandanten Inhouse naturgemäß besser aufgestellt. Bei Startups (auch Growth Stage), musst du mitdenken und Probleme selbst identifizieren. Und dies erfordert zwingend (i) Erfahrung (ii) eine hervorragende juristische Grundbildung (iii) Kenntnis von relevanten juristischen Fallstricken (einschließlich der relevanten aktuellen) Rechtsprechung. Du machst gerade keine Excel-Liste, sondern bist "Last man Standing" für die juristischen Dinge.

Das führt im übrigen zu dem Problem, dass das Staffing von VC-Mandaten mit Associates extrem schwierig ist, da ihnen oft dir Erfahrung fehlt und deshalb die relevanten juristischen Probleme übersehen werden. Startup-Mandanten benötigen oft ad hoc-Auskünfte und daher sind daher (aus wirtschaftlicher Sicht - leider) die Mandante oft recht partnerlastig.

Wenn du juristisch gut bist und bereit bist, dich auf deine Rolle als Jurist (nicht als Transaktionsberater) zu fokussieren, dann macht es viel Spaß.

Der Marktzugang ist allerdings schwierig, da viele Kanzleien sich im VC-Umfeld tummeln.
Eichhörnchen, Eichhörnchen wo sind deine Nüsse?
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