Bewerbung GStA Düsseldorf

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Liz
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Re: Bewerbung GStA Düsseldorf

Beitrag von Liz »

Kasimir hat geschrieben: Dienstag 21. Januar 2020, 20:13 Man könnte insoweit ja auch zwischen erstem und zweitem Examen unterscheiden. Das Problem ist mE nicht das erste Examen, sondern das völlig praxisferne zweite Examen.

Im ersten Examen: Arbeit mit dem Gesetz; im zweiten Examen: Arbeit mit Juris/Beck etc.
Rein praktisch dürfte es zum einen eine Frage der Umsetzbarkeit in der Prüfung sein, wenn man nicht nur reine Rechercheskills abprüfen möchte, wer am schnellsten die (vermeintlich) passende Fundstelle bei juris findet (mit den Recherchemöglichkeiten steigt auch die Zeit, die man mit nicht zielführenden Recherchen vergeuden kann). Zum anderen kann man m. E. die Fähigkeit zum eigenen juristischen Denken nicht wichtig genug nehmen; auch die Fähigkeit, bestimmten formalen Anforderungen entsprechende Schriftsätze / Entscheidungen zu verfassen, würde ich nicht als selbstverständlich voraussetzen.
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Tibor
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Re: Bewerbung GStA Düsseldorf

Beitrag von Tibor »

Kasimir hat geschrieben:Man könnte insoweit ja auch zwischen erstem und zweitem Examen unterscheiden. Das Problem ist mE nicht das erste Examen, sondern das völlig praxisferne zweite Examen.
Sehe ich genau umgedreht. Das 1. Examen überbewertet Randerscheinungen. Warum wird Strafrecht idR auf 2/6 oder 2/7-tel hochgejazzt, obgleich dann idR nur Kerngebiete mit pseudomäßiger wissenschaftlicher Vertiefung abgefragt werden (Abgrenzung Mord/Totschlag, Rau/Erpressung, ETBI, objektive Zurechnung vs Abweichung von Kausalverlauf)? Warum hat man 3/7-tel im Zivilrecht, aber so gut wie kein Miet-, Arbeits-, Gesellschafts-, Familien- und Erbrecht. Warum nur im ÖffR Einkleidung in eine prozessuale Einkleidung?

Im zweiten Examen ist aus staatlicher Sicht hingegen die Abfrageart (Urteils-, Bescheid- und Anklageentwurf) ganz ok. Das Problem ist doch, dass staatliche Stellen meinen zu wissen, was anwaltliche Praxis ist. Tatsächlich klassisches Fehlversagen der Anwaltskammern, die ja eigentlich mitwirken sollen.
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Re: Bewerbung GStA Düsseldorf

Beitrag von Kasimir »

Tibor hat geschrieben: Dienstag 21. Januar 2020, 21:04
Kasimir hat geschrieben:Man könnte insoweit ja auch zwischen erstem und zweitem Examen unterscheiden. Das Problem ist mE nicht das erste Examen, sondern das völlig praxisferne zweite Examen.
Sehe ich genau umgedreht. Das 1. Examen überbewertet Randerscheinungen. Warum wird Strafrecht idR auf 2/6 oder 2/7-tel hochgejazzt, obgleich dann idR nur Kerngebiete mit pseudomäßiger wissenschaftlicher Vertiefung abgefragt werden (Abgrenzung Mord/Totschlag, Rau/Erpressung, ETBI, objektive Zurechnung vs Abweichung von Kausalverlauf)? Warum hat man 3/7-tel im Zivilrecht, aber so gut wie kein Miet-, Arbeits-, Gesellschafts-, Familien- und Erbrecht. Warum nur im ÖffR Einkleidung in eine prozessuale Einkleidung?

Im zweiten Examen ist aus staatlicher Sicht hingegen die Abfrageart (Urteils-, Bescheid- und Anklageentwurf) ganz ok. Das Problem ist doch, dass staatliche Stellen meinen zu wissen, was anwaltliche Praxis ist. Tatsächlich klassisches Fehlversagen der Anwaltskammern, die ja eigentlich mitwirken sollen.
Das meinte ich.

Und zu den Anwaltskammern: Die sind ja auch Teil des Problems und wissen nicht, was anwaltliche Praxis ist.
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Re: Bewerbung GStA Düsseldorf

Beitrag von Theopa »

Tibor hat geschrieben: Dienstag 21. Januar 2020, 21:04 Im zweiten Examen ist aus staatlicher Sicht hingegen die Abfrageart (Urteils-, Bescheid- und Anklageentwurf) ganz ok. Das Problem ist doch, dass staatliche Stellen meinen zu wissen, was anwaltliche Praxis ist. Tatsächlich klassisches Fehlversagen der Anwaltskammern, die ja eigentlich mitwirken sollen.
Die staatlichen Stellen/Anwaltskammern wissen nicht nur was alle Anwälte machen, sie können es auch besser! Daher verfasse ich jetzt auch Mandantenschreiben mit belanglosen, umfassenden rechtlichen Ausführungen und stecke dann das Telefon ab um die verwirrten Nachfragen abzublocken ;)

Persönlich fände ich es auch sinnvoll, wenn ein Teil des zweiten Examens sich mit realistischer Arbeit beschäftigen würde. Ich fände z.B. 2-3 "Arbeitstags-Klausuren" gut, in der man - jeweils einmal als Richter, Staatsanwalt und Rechtsanwalt - einen Schreibtisch mit ein paar Akten und einen PC vorfindet, dazu ggf. noch während des Tages ein paar E-Mails oder neue Eingänge bekommt und innerhalb eines (unrealistischerweise exakt 8 Stunden langen) Arbeitstags alles Notwendige erledigen muss. Vielleicht muss man bei 5 von 10 Akten überhaupt nichts machen, bei dreien kleine Verfügungen erledigen und dann noch einen ausführlichen Hinweisbeschluss und ein Urteil schreiben.

Zur Verfügung hat man alle innerhalb des speziellen Berufs üblichen Online- und die ohnehin zugelassenen und selbst mitzubringenden Offline-Quellen, sowie natürlich Google: Die Beherrschung von Google ist ein absolut wichtiger, aber mE stark unterschätzter Aspekt in sehr vielen Berufen.
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Tibor
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Re: Bewerbung GStA Düsseldorf

Beitrag von Tibor »

Ich hab schon vor zig Jahren mal geschrieben: Das 2. Examen sollte abgeschichtet werden.

Man sollte nach jeder Station zwei Klausuren schreiben, wobei es Wissensanteile (Wissensabfrage, ggf. sogar mit multiple choice) und Praxisanteile (Entwurf Anklage, Rubrum, Urteil, Gründe etc.) geben sollte. Hier wäre eine zeitnahe Prüfung des in der Praxis erworbenen Wissens möglich (Zivil: Klagebegründung eines Anwalts, Beweisanträge, Urteil, Relationstechnik; Verwaltung: Widerspruchsbescheid, VG-Urteil, Widerspruch des Anwalts; StrafR: Anklage, ggf. Urteil, Verteidigungsschriftsatz, Haftsachen). Zudem müsste jeder Stationsausbilder eine Praxisnote für die Stationsarbeit vergeben und verpflichtend mündliche Leistungen abnehmen. Wegen mir macht man ganz am Ende dann nur noch eine mündliche Prüfung wie bisher und nimmt wie bisher passend zur Wahlstation dann noch 1-2 Aktenvorträge ab. Durch Gewichtung der Einzelteile kann man gut die Bedeutung der Einzelteile steuern. Die Abschichtung hätte den großen Vorteil, dass nicht mehr das Gros der Referendare in der Anwaltsstation abtauchen, weil es eben keinen Klausurenexzess am Ende gibt.
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Re: Bewerbung GStA Düsseldorf

Beitrag von Liz »

Man kann sicherlich viele Ideen haben, wie das Examen anders gestaltet werden könnte, allerdings gebe ich zu bedenken, dass man die Prüfungen auch organisieren und mit sinnvollem Inhalt füllen können muss, man die Referendare auch auf die Prüfungen vorbereiten können (ich wüsste ehrlich gesagt nicht, woher ich die Zeit und die Akten nehmen sollte, um tagelang mit meiner Referendarin zu üben, wie man eine „Arbeitstagsklausur“ gut bestehen kann) und man eine gewisse Vergleichbarkeit bei der Benotung wahren sollte, was z. B. gegen eine Einbeziehung der Stationsnoten in die Examensnoten sprechen dürfte.

Im Übrigen wird man eine allseits zufriedenstellende praxisnahe Prüfung ohnehin nie erreichen können, was schon daran liegt, dass das Examen auf viel zu viele Berufe gleichzeitig vorbereiten soll, die zudem beständig im Wandel sind. Gleichzeitig sollte man sich überlegen, ob man den Examenskandidaten mit derartigen Neuerungen überhaupt einen Gefallen tut, weil die Reduktion des Prüfungsstoffes auf einige Rechtsgebiete und einige schematische Klausurtypen überhaupt erst dazu führt, dass die Stoffmenge beherrschbar wird. Im Vergleich zu anderen Berufen dürfte das 2. Examen zudem bereits ziemlich praxisnah sein (mein Bruder hat in seinem Studium im Wesentlichen PP-Präsentationen auswendig gelernt...), selbst wenn man später in der Praxis eher selten ein Rubrum selbst schreibt (aber auch wenn’s aus dem Computer kommt, sollte man wissen, wie es „richtig“ ist) oder seine Mandantenschreiben doch anders gestaltet, als vom Prüfungsamt erwartet. Insoweit steht es aber auch jedem Anwalt frei, sich entsprechend zu engagieren und den Prüfungsämtern praxisnähere Prüfungsaufgaben vorzuschlagen.
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Re: Bewerbung GStA Düsseldorf

Beitrag von Tibor »

Liz hat geschrieben: Mittwoch 22. Januar 2020, 10:00 ... ich wüsste ehrlich gesagt nicht, woher ich die Zeit und die Akten nehmen sollte, um tagelang mit meiner Referendarin zu üben, wie man eine „Arbeitstagsklausur“ gut bestehen kann ...
Das ist freilich auch nicht die Aufgabe des Ausbilders. Dafür muss es weiterhin AG's und dortige AG-Leiter geben. Die Aufgaben/Klausuren müssen natürlich weiterhin zentral aus dem JPA kommen.
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Re: Bewerbung GStA Düsseldorf

Beitrag von Liz »

Tibor hat geschrieben: Mittwoch 22. Januar 2020, 10:19
Liz hat geschrieben: Mittwoch 22. Januar 2020, 10:00 ... ich wüsste ehrlich gesagt nicht, woher ich die Zeit und die Akten nehmen sollte, um tagelang mit meiner Referendarin zu üben, wie man eine „Arbeitstagsklausur“ gut bestehen kann ...
Das ist freilich auch nicht die Aufgabe des Ausbilders. Dafür muss es weiterhin AG's und dortige AG-Leiter geben. Die Aufgaben/Klausuren müssen natürlich weiterhin zentral aus dem JPA kommen.
Aber wo ist der Witz an einer Arbeitstagsklausur, wenn die Referendare vorher nie einen „realen“ Arbeitstag bewältigen mussten? Derzeit übe ich zwar mit meinen Referendaren nicht, wie sie fünfstündige Klausuren schreiben, aber ich sage ihnen bei der Korrektur ihrer Urteilsentwürfe durchaus, wie es in der Praxis / im Examen „richtig“ ist, oder lege mal eine geeignete Akte für einen Aktenvortrag zur Seite.
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Tibor
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Re: Bewerbung GStA Düsseldorf

Beitrag von Tibor »

Ich hab die Idee der "Arbeitstagsklausur" nicht gebracht ;-)
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Re: Bewerbung GStA Düsseldorf

Beitrag von Herr Schraeg »

@ Kasimir und Tibor:

In der Tat scheinen die meisten Anwaltsklausuren von Richtern gestellt zu sein (wobei der anwaltlichen Klage darüber die Aktivlegitimation fehlt, solange der Anwalt nicht selbst eine Klausur eingereicht hat). Jedenfalls beschränken sich die Klausuren deshalb in der Regel auf die Gesichtspunkte "sicherster Weg" und "Kostenersparnis durch Rücknahme". Aber wie sollen denn bei dem breiten Spektrum anwaltlicher Tätigkeit realitätsnahe Anwaltsklausuren nach Eurer Meinung aussehen?

Das Besondere an der anwaltlichen Tätigkeit ist doch der bunte Mix aus Gutachten, kurzen emails zu Einzelfragen, Schriftsätzen, Kautelarjurisprudenz, Erläuterungen der Rechtslage für Nichtjuristen und das kreative Denken in Alternativen und deren Bewertung. Die Grundlage dieser Arbeit - Anwendung des Rechts auf einen Sachverhalt, wie es eben auch ein Richter oder Staatsanwalt tut - ist in einer Klausur abprüfbar, aber mir fehlt die Phantasie, wie die eigentliche anwaltliche Kunst in einer Klausur geprüft werden sollte.
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Re: Bewerbung GStA Düsseldorf

Beitrag von Brainiac »

Theopa hat geschrieben: Mittwoch 22. Januar 2020, 08:33Ich fände z.B. 2-3 "Arbeitstags-Klausuren" gut, in der man - jeweils einmal als Richter, Staatsanwalt und Rechtsanwalt - einen Schreibtisch mit ein paar Akten und einen PC vorfindet, dazu ggf. noch während des Tages ein paar E-Mails oder neue Eingänge bekommt und innerhalb eines (unrealistischerweise exakt 8 Stunden langen) Arbeitstags alles Notwendige erledigen muss. Vielleicht muss man bei 5 von 10 Akten überhaupt nichts machen, bei dreien kleine Verfügungen erledigen und dann noch einen ausführlichen Hinweisbeschluss und ein Urteil schreiben.
:lmao: Dann aber auch zB nicht die Kaffee- und Geburtstagsrunden vergessen! Ersteres in jeder, letzteres zumindest in einer der drei Klausuren. Dauer und Gesprächsthemen freilich an die Situation (Richter/Staatsanwalt/Rechtsanwalt) angepasst. Der gute Kandidat schafft es etwa, die Kaffeerunde mit einem Flachmann zu erheitern, die Geburtstagsvisite mit einem kleinen, leicht humorvollen Bürokollegen-Präsent (Tipp: bei Amtsträgern auf Wertgrenzen achten!) aufzupeppen und inhaltlich - jeweils authentisch! - über die beiden gerade nicht abgeprüften Berufsgruppen abzulästern...
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Re: Bewerbung GStA Düsseldorf

Beitrag von sai »

Brainiac hat geschrieben: Mittwoch 22. Januar 2020, 12:52
Theopa hat geschrieben: Mittwoch 22. Januar 2020, 08:33Ich fände z.B. 2-3 "Arbeitstags-Klausuren" gut, in der man - jeweils einmal als Richter, Staatsanwalt und Rechtsanwalt - einen Schreibtisch mit ein paar Akten und einen PC vorfindet, dazu ggf. noch während des Tages ein paar E-Mails oder neue Eingänge bekommt und innerhalb eines (unrealistischerweise exakt 8 Stunden langen) Arbeitstags alles Notwendige erledigen muss. Vielleicht muss man bei 5 von 10 Akten überhaupt nichts machen, bei dreien kleine Verfügungen erledigen und dann noch einen ausführlichen Hinweisbeschluss und ein Urteil schreiben.
:lmao: Dann aber auch zB nicht die Kaffee- und Geburtstagsrunden vergessen! Ersteres in jeder, letzteres zumindest in einer der drei Klausuren. Dauer und Gesprächsthemen freilich an die Situation (Richter/Staatsanwalt/Rechtsanwalt) angepasst. Der gute Kandidat schafft es etwa, die Kaffeerunde mit einem Flachmann zu erheitern, die Geburtstagsvisite mit einem kleinen, leicht humorvollen Bürokollegen-Präsent (Tipp: bei Amtsträgern auf Wertgrenzen achten!) aufzupeppen und inhaltlich - jeweils authentisch! - über die beiden gerade nicht abgeprüften Berufsgruppen abzulästern...
Und wer ohne Funktionsjacke zur Klausur erscheint, fällt sofort durch.
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Re: Bewerbung GStA Düsseldorf

Beitrag von Brainiac »

:D
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Re: Bewerbung GStA Düsseldorf

Beitrag von Liz »

Herr Schraeg hat geschrieben: Mittwoch 22. Januar 2020, 12:46 Das Besondere an der anwaltlichen Tätigkeit ist doch der bunte Mix aus Gutachten, kurzen emails zu Einzelfragen, Schriftsätzen, Kautelarjurisprudenz, Erläuterungen der Rechtslage für Nichtjuristen und das kreative Denken in Alternativen und deren Bewertung. Die Grundlage dieser Arbeit - Anwendung des Rechts auf einen Sachverhalt, wie es eben auch ein Richter oder Staatsanwalt tut - ist in einer Klausur abprüfbar, aber mir fehlt die Phantasie, wie die eigentliche anwaltliche Kunst in einer Klausur geprüft werden sollte.
Das gilt allerdings nicht nur für die anwaltliche Tätigkeit; auch die Arbeit des Richters beschränkt sich nicht nur auf das Schreiben von Urteilen und das Führen der mündlichen Verhandlung, sondern besteht aus kurzen oder längeren Hinweisen an die Parteien, Beweis- und PKH-Beschlüssen, begründeten schriftlichen Vergleichsvorschlägen und jede Menge verfahrensleitende Verfügungen und noch mehr "Orga-Kram". Mir scheint trotzdem eine Konzentration auf einige zentrale Arbeitsprodukte sinnvoll zu sein, weil man davon ausgehen kann, dass jemand, der z. B. ein Urteil schreiben kann, auch in der Lage ist, in einem gerichtlichen Hinweis seine Rechtsauffassung mit "vorläufig" und "dürfte" mitzuteilen.

Und im Übrigen würde ich Dir zustimmen, dass es auch Sache der Anwälte wäre, den Prüfungsämtern abwechslungsreiche, geeignete Prüfungsaufgaben aus anwaltlicher Sicht vorzuschlagen, anstatt einfach nur unbestimmt zu jammern, die Prüfungsamter haben keine Ahnung von der "echten" anwaltlichen Praxis.
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Re: Bewerbung GStA Düsseldorf

Beitrag von Fyrion »

Mir scheint trotzdem eine Konzentration auf einige zentrale Arbeitsprodukte sinnvoll zu sein, weil man davon ausgehen kann, dass jemand, der z. B. ein Urteil schreiben kann, auch in der Lage ist, in einem gerichtlichen Hinweis seine Rechtsauffassung mit "vorläufig" und "dürfte" mitzuteilen.
Das ist ja auch richtig, aber vergleich mal die Herangehensweise, wie man ein Urteil für seinen Ausbilder schreibt oder wie der seine Urteile schreibt und was in einer Urteilsklausur erwartet wird. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Welcher Richter sagt sich "so, ich nehme jetzt diese Akte und schreibe ein Urteil mit der Hand innerhalb von 5 Stunden und nutze dafür nur diesen Palandt und diesen unbrauchbaren ZPO Kommentar, mit dem in der Praxis kein Mensch arbeitet, jawohl! Das Rubrum schreibe ich übrigens auch aus dem Kopf." Fehlt echt nur, dass man das Landeswappen selbst malen muss. ::roll:

Ein Chirurg lernt doch auch nicht operieren indem er erstmal mit verbundenen Augen und nur mit der linken Hand einen Blinddarm in 20 Minuten entfernen muss, bevor er es auf eine realistischere Art und Weise probiert.
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