Soziale Übeforderung

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Kasimir
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Re: Soziale Übeforderung

Beitrag von Kasimir »

Effi hat geschrieben: Montag 28. Oktober 2019, 13:33
sai hat geschrieben: Montag 28. Oktober 2019, 13:17
Liz hat geschrieben: Montag 28. Oktober 2019, 11:29
sai hat geschrieben:
Liz hat geschrieben: Montag 28. Oktober 2019, 09:39 Sicherlich geht es nicht ohne einen gewissen sozialen Austausch, allerdings muss man wohl auch nicht besonders sozialphob zu sein, um sich unwohl zu fühlen, wenn von einem während der Arbeitszeit erwartet wird, dass man beständig Socialising betreibt und sich immer von seiner besten Seite präsentiert, um genügend Arbeit / Ansehen zu generieren.
Wenn der Arbeitgeber das - so wie offensichtlich hier - ausdrücklich wünscht und einen genau dafür auch bezahlt, sehe ich das Problem nicht?
Es ist ja das eine, was der Arbeitgeber wünscht und bezahlt, und das andere, was objektiv erforderlich ist oder für den Einzelnen subjektiv angenehm ist (es geht ja immerhin um die Gestaltung eines nicht unerheblichen Teils des Tages).
Klar. Aber dann muss man sich eben einen anderen Job suchen.
wieso denn? Weil der AG und dessen Wünsche über alles geht? Was n bullshit..
Man wird dem AG schon die Einschätzungsprärogative dahingehend überlassen müssen, wofür er das Gehalt zahlt bzw. welche Art und Weise der Tätigkeit er für sinnvoll hält.
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Solar
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Re: Soziale Übeforderung

Beitrag von Solar »

Selbstverständlich klingt die Beschreibung des TE extrem. Das hört sich in der Tat nach einer Black Mirror Dystopie an... ich habe auch den Verdacht, dass das genannte Phänomen der selektiven Wahrnehmung hier eine gewisse Rolle spielt.

Gleichwohl kann ich aus meiner Konzern-Erfahrung durchaus bestätigen, dass derartige Erwartungshorizonte und Verhaltensstrukturen - natürlich nicht in der beschriebenen Extreme - in Unternehmen keine Seltenheit sind. Sie haben auch eine gewisse Daseinsberechtigung. Es geht darum, das Ohr am operativen Geschäft zu haben. Das ist enorm wichtig. Auch eine Sichtbarkeit für die Fachabteilungen ist wichtig. Die Hemmschwelle eines operativen Kollegen für den Griff zum Hörer und einen kurzen Anruf bei der Rechtsabteilung muss extrem niedrig sein, um das Unternehmen rechtlich vernünftig betreuen zu können. Dafür ist es eben sinnvoll sich zu kennen und miteinander auszukommen.

Mein Problem (und so verstehe ich den TE jedenfalls zum Teil), war, dass dieses Ziel in "meinem" Konzern keineswegs mehr die eigentliche Ursache für die Verhaltensstrukturen war. Es wurde lediglich zur Rechtfertigung der Strukturen angeführt. Tatsächlich ging es der Rechtsabteilung im Gesamten aber vor allem darum, die eigene Bedeutung innerhalb des Konzerns zu interpolieren und möglichst geschäftig zu wirken. In einem Spannungsfeld aus ständiger Angst, ersetzt zu werden und dem Bestreben nach Beförderungen. Ich war immer wieder fassungslos darüber, wie wenig es eigentlich zu tun gab und wie viel Wind darum gemacht wurde. Ein großer Teil der Arbeit bestand in völlig überflüssigen Tätigkeiten, nicht enden wollenden Jour-Fix Terminen und überflüssigen Meetings. Einziger erkennbarer Zweck: Busy wirken, um das eigene Fortkommen zu sichern und den Eindruck der Ersetzbarkeit zu unterdrücken. Mich hat das geradezu abgestoßen und es war auch nicht mehr mit dem Ohr am operativen Geschäft zu rechtfertigen. Auch das Abschirmen der eigentlich bedeutenden Arbeit passte in dieses Bild. Die jeweiligen Abteilungsköpfe hatten den Finger drauf, dass alle "wichtigen" Termine (= es sitzt jmd. mit über ihnen stehender Hierarchie-Position am Tisch) von ihnen selbst wahrgenommen wurden und die wichtigen rechtlichen Aufgaben ebenfalls über ihren Tisch liefen. Natürlich macht auch das bis zu einem gewissen Grade Sinn. Allerdings nahm es bei uns Züge an, die nur den Schluss zuließen, dass man die eigenen Leute lieber klein halten wollte, um sich nicht Konkurrenz heranzuziehen bzw. sich obsolet zu machen.

Bis zu einem gewissen Grad, habe ich das natürlich auch in großen Kanzleien so erlebt. Dort fällt das Umgarnen des operativen Teils weg aber es gibt letztlich natürlich überall Kollegen, die im Wesentlichen damit beschäftigt sind, ihre eigene Bedeutung herauszustellen. Je kleiner die Kanzlei desto geringer ist der Anteil solcher Leute aber. Auch in der Justiz gibt es solche Personen nicht selten aber in deutlich geringerem Umfang. Zudem ist man dort, wenn man möchte, völlig frei, sich diesem Balztanz zu entziehen und sich auf die fachliche Arbeit zu konzentrieren. Dasselbe gilt für den öffentlichen Dienst, solange man nicht in Gefilde vordringt, die politisch geprägt sind. Es gibt für den TE also durchaus sinnvolle Berufsalternativen. Gerade in GKs werden immer häufiger auch langfristige Backoffice-ler gesucht (Counsel Modell).

P.S. Völlig daneben finde ich übrigens, den TE aufgrund seines Beitrags, der durchaus begründete Sorgen beschreibt, als Autisten abzutun. Da kommt man hier an und will Kollegen sein Herz ausschütten, da einen die Alltagssituation belastet, und wird als Reaktion erstmal beschimpft... wirklich ein klasse Beitrag @Dornatello ](*,)
Zuletzt geändert von Solar am Montag 28. Oktober 2019, 18:31, insgesamt 1-mal geändert.
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Effi
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Re: Soziale Übeforderung

Beitrag von Effi »

Kasimir hat geschrieben: Montag 28. Oktober 2019, 14:01
Effi hat geschrieben: Montag 28. Oktober 2019, 13:33
sai hat geschrieben: Montag 28. Oktober 2019, 13:17
Liz hat geschrieben: Montag 28. Oktober 2019, 11:29
sai hat geschrieben:
Liz hat geschrieben: Montag 28. Oktober 2019, 09:39 Sicherlich geht es nicht ohne einen gewissen sozialen Austausch, allerdings muss man wohl auch nicht besonders sozialphob zu sein, um sich unwohl zu fühlen, wenn von einem während der Arbeitszeit erwartet wird, dass man beständig Socialising betreibt und sich immer von seiner besten Seite präsentiert, um genügend Arbeit / Ansehen zu generieren.
Wenn der Arbeitgeber das - so wie offensichtlich hier - ausdrücklich wünscht und einen genau dafür auch bezahlt, sehe ich das Problem nicht?
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Der AG hat sicherlich keine Einschätzungsprärogative dahingehend mit wem oder wo ich meine Pause (keine Arbeitsleistung!) zu verbringen habe. Im Übrigen werden die Leistungspflichten im Arbeitsvertrag festgehalten. Dafür bekommt der AN auch sein Geld.
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Effi
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Re: Soziale Übeforderung

Beitrag von Effi »

Solar hat geschrieben: Montag 28. Oktober 2019, 14:30 ...

P.S. Völlig daneben finde ich übrigens, den TE aufgrund seines Beitrags, der durchaus begründete Sorgen beschreibt, als Autisten abzutun. Da kommt man hier an und will Kollegen sein Herz ausschütten, da einen die Alltagssituation belastet, und wird als Reaktion erstmal beschimpft... wirklich ein klasse Beitrag @Dornatello ](*,)
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Gelöschter Nutzer

Re: Soziale Übeforderung

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Ich kann dir leider auch nicht helfen, kann dich aber gut verstehen, TE. Mir ging es beispielsweise in der Behörde als Referendar ähnlich.

Es wird von den regulären Mitarbeitern erwartet, jeden Tag 1,5h Mittagspause mit den immer gleichen Leuten in der immer gleichen, bestenfalls mäßigen Mensa zu verbringen. Wer stattdessen lieber nur 30min schnell ein Brötchen oder etwas Leckeres holt, um dafür dann früher zu gehen, wird zumindest komisch beäugt.

Ich kann dir nur raten, eher in eine Kanzlei zu gehen oder Richter zu werden. Allerdings drohen einem in einer GK auch soziale Verpflichtungen, die dann zu allem Übel auch noch gerne in Abend- und Nachtstunden stattfinden, wie etwa Referendarsbespaßung, Mandantenevents oder sonstige Rekrutierung und Akquise.
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Re: Soziale Übeforderung

Beitrag von sai »

Effi hat geschrieben: Montag 28. Oktober 2019, 13:33
sai hat geschrieben: Montag 28. Oktober 2019, 13:17
Liz hat geschrieben: Montag 28. Oktober 2019, 11:29
sai hat geschrieben:
Liz hat geschrieben: Montag 28. Oktober 2019, 09:39 Sicherlich geht es nicht ohne einen gewissen sozialen Austausch, allerdings muss man wohl auch nicht besonders sozialphob zu sein, um sich unwohl zu fühlen, wenn von einem während der Arbeitszeit erwartet wird, dass man beständig Socialising betreibt und sich immer von seiner besten Seite präsentiert, um genügend Arbeit / Ansehen zu generieren.
Wenn der Arbeitgeber das - so wie offensichtlich hier - ausdrücklich wünscht und einen genau dafür auch bezahlt, sehe ich das Problem nicht?
Es ist ja das eine, was der Arbeitgeber wünscht und bezahlt, und das andere, was objektiv erforderlich ist oder für den Einzelnen subjektiv angenehm ist (es geht ja immerhin um die Gestaltung eines nicht unerheblichen Teils des Tages).
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Habe ich auch nicht behauptet?
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Effi
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Re: Soziale Übeforderung

Beitrag von Effi »

klang so...
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Solar
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Re: Soziale Übeforderung

Beitrag von Solar »

Suchender_ hat geschrieben: Montag 28. Oktober 2019, 14:51 Ich kann dir nur raten, eher in eine Kanzlei zu gehen oder Richter zu werden. Allerdings drohen einem in einer GK auch soziale Verpflichtungen, die dann zu allem Übel auch noch gerne in Abend- und Nachtstunden stattfinden, wie etwa Referendarsbespaßung, Mandantenevents oder sonstige Rekrutierung und Akquise.
Ja, das kann mitunter gewaltig nerven. Nicht weil die Veranstaltungen unschön sind, sondern weil man - wenn man schon mal nen Abend früher gehen kann - diesen dann doch wieder mit der Kanzlei verbringt. Selbst Anwalts-Bespaßungen (gemeinsames Wochenende in irgendeiner tollen Stadt) haben mich da mitunter genervt.

Man sollte bei alledem aber nicht vergessen, dass diese sozialen Verpflichtungen sich lediglich auf das Fortkommen der Karriere auswirken können aber sicherlich keinen Kündigungsgrund darstellen werden. Das ist aber natürlich nur von Bedeutung, wenn man unbedingt die Leiter hochklettern will, weil einem die jetzige Position beispielsweise keine Freude macht. Das spricht dann wieder klar für die Justiz: Hier gibt es ohnehin keine realistischen Aussichten auf eine nennenswerte Karriere. Alles über R2 ist Glücksspiel und R2 unterscheidet sich (außer in der Strafkammer und der StA) hinsichtlich Tätigkeitsbeschreibung und Verdienst nicht spürbar von R1. Man kann es hier also gut verkraften, wenn man nicht auf dem Erfolgs-Track ist, nur weil man nicht abends auf Veranstaltungen des OLG oder Justizministeriums abhängt und netzwerkt.
Dornatello
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Re: Soziale Übeforderung

Beitrag von Dornatello »

Solar hat geschrieben: Montag 28. Oktober 2019, 14:30 P.S. Völlig daneben finde ich übrigens, den TE aufgrund seines Beitrags, der durchaus begründete Sorgen beschreibt, als Autisten abzutun. Da kommt man hier an und will Kollegen sein Herz ausschütten, da einen die Alltagssituation belastet, und wird als Reaktion erstmal beschimpft... wirklich ein klasse Beitrag @Dornatello ](*,)
Inwiefern soll ich jemanden "abgetan" haben? Das setzt ja voraus, dass Autismus etwas Schlimmes sei, was ich jedoch tunlichst zurückweisen würde. Mir ging es darum, dass die Möglichkeit besteht, dass die beschriebenen Probleme so oder so ähnlich überall auftreten können, wenn die Ursache (zumindest teilweise) in einem selbst liegt. Eine der Fragen des TE war ja, ob die beschriebenen Zwänge in größeren Unternehmen generell auftreten oder ob es sich um einen Ausnahmefall handelt. Um die Frage zu beantworten, muss man eben herausfinden, inwiefern das Problem "von außen" oder "von innen" kommt, um dann die richtige Lösung zu finden. Hat das beschriebene Unternehmen jetzt ungewöhnlich große soziale Zwänge oder handelt es sich um ein normales Unternehmen, das einzelne Personen als besonders belastend empfinden? Im ersten Fall reicht es, einfach das Unternehmen zu wechseln, im zweiten Fall muss man andere Lösungen suchen (zB in eine kleinere Firma).
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Re: Soziale Übeforderung

Beitrag von Sektnase »

In der Justiz ist man sicher mehr Einzelkämpfer, man sollte aber nicht vergessen, dass man da auch ein gewisses Händchen fürs Soziale haben muss. Gibt genug (lies: zu viele) Richter denen das komplett angeht, und die Verfahrensbeteiligten, Refs & Angestellten badens aus.
In einem Umfeld, in dem mittelschwere Hurensöhnigkeit häufig zum Stellenprofil gehört, muss einen nicht wundern, wenn man Scheiße behandelt wird. -Blaumann
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Effi
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Re: Soziale Übeforderung

Beitrag von Effi »

Dornatello hat geschrieben: Montag 28. Oktober 2019, 19:43
Solar hat geschrieben: Montag 28. Oktober 2019, 14:30 P.S. Völlig daneben finde ich übrigens, den TE aufgrund seines Beitrags, der durchaus begründete Sorgen beschreibt, als Autisten abzutun. Da kommt man hier an und will Kollegen sein Herz ausschütten, da einen die Alltagssituation belastet, und wird als Reaktion erstmal beschimpft... wirklich ein klasse Beitrag @Dornatello ](*,)
Inwiefern soll ich jemanden "abgetan" haben? Das setzt ja voraus, dass Autismus etwas Schlimmes sei, was ich jedoch tunlichst zurückweisen würde. Mir ging es darum, dass die Möglichkeit besteht, dass die beschriebenen Probleme so oder so ähnlich überall auftreten können, wenn die Ursache (zumindest teilweise) in einem selbst liegt. Eine der Fragen des TE war ja, ob die beschriebenen Zwänge in größeren Unternehmen generell auftreten oder ob es sich um einen Ausnahmefall handelt. Um die Frage zu beantworten, muss man eben herausfinden, inwiefern das Problem "von außen" oder "von innen" kommt, um dann die richtige Lösung zu finden. Hat das beschriebene Unternehmen jetzt ungewöhnlich große soziale Zwänge oder handelt es sich um ein normales Unternehmen, das einzelne Personen als besonders belastend empfinden? Im ersten Fall reicht es, einfach das Unternehmen zu wechseln, im zweiten Fall muss man andere Lösungen suchen (zB in eine kleinere Firma).
Na klar hast du jmd "abgetan", wenn du gleich die Frage des TE mit einer Entwicklungsstörung des TE in Zusammenhang bringst. ](*,)
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Re: Soziale Übeforderung

Beitrag von Kasimir »

Effi hat geschrieben: Dienstag 29. Oktober 2019, 07:58
Dornatello hat geschrieben: Montag 28. Oktober 2019, 19:43
Solar hat geschrieben: Montag 28. Oktober 2019, 14:30 P.S. Völlig daneben finde ich übrigens, den TE aufgrund seines Beitrags, der durchaus begründete Sorgen beschreibt, als Autisten abzutun. Da kommt man hier an und will Kollegen sein Herz ausschütten, da einen die Alltagssituation belastet, und wird als Reaktion erstmal beschimpft... wirklich ein klasse Beitrag @Dornatello ](*,)
Inwiefern soll ich jemanden "abgetan" haben? Das setzt ja voraus, dass Autismus etwas Schlimmes sei, was ich jedoch tunlichst zurückweisen würde. Mir ging es darum, dass die Möglichkeit besteht, dass die beschriebenen Probleme so oder so ähnlich überall auftreten können, wenn die Ursache (zumindest teilweise) in einem selbst liegt. Eine der Fragen des TE war ja, ob die beschriebenen Zwänge in größeren Unternehmen generell auftreten oder ob es sich um einen Ausnahmefall handelt. Um die Frage zu beantworten, muss man eben herausfinden, inwiefern das Problem "von außen" oder "von innen" kommt, um dann die richtige Lösung zu finden. Hat das beschriebene Unternehmen jetzt ungewöhnlich große soziale Zwänge oder handelt es sich um ein normales Unternehmen, das einzelne Personen als besonders belastend empfinden? Im ersten Fall reicht es, einfach das Unternehmen zu wechseln, im zweiten Fall muss man andere Lösungen suchen (zB in eine kleinere Firma).
Na klar hast du jmd "abgetan", wenn du gleich die Frage des TE mit einer Entwicklungsstörung des TE in Zusammenhang bringst. ](*,)
Ich muss zugeben, dass mir beim Lesen des Ausgangsposts der Gedanke auch gekommen ist, ich mir dann aber gedacht habe, dass es nicht hilfreich ist, das in den Raum zu werfen; auch weil man den TE nicht kennt.

Den Beitrag von @Dornatello finde ich auch nicht abwertend. Es mag ungeschickt sein, derartige Vermutungen auszusprechen, aber ich glaube nicht, dass er dabei böse Absichten hatte. Im Gegenteil; jeder versucht doch hier dem TE zu helfen.
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Re: Soziale Übeforderung

Beitrag von Liz »

Die Überlegung, der TE könne / müsse Autist sein, wenn er Probleme mit diesen doch eher extremen Arbeitsbedingungen hat, scheint mir schlichtweg etwas unterkomplex zu sein, weil sie die Sensibilität dafür vermissen lässt, wie unterschiedlich Menschen sein können, ohne dass dies mit einer medizinischen Diagnose zu belegen ist. Man muss einfach nur mal das Begriffspaar intro-/extravertiert googlen, um zu erkennen, dass das geschilderte System wohl eher auf extravertierte Personen ausgerichtet ist, während es für eher introvertierte Personen möglicherweise die Hölle ist, beständig "auf Sendung" sein zu müssen und noch nicht mal in Ruhe Mittagspause machen zu können. Richtig ist indes, dass der TE sich überlegen sollte, inwieweit er sich mit diesen Arbeitsbedingungen arrangieren kann, er aber wahrscheinlich auf Dauer woanders besser aufgehoben ist.
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Re: Soziale Übeforderung

Beitrag von Spencer »

Liz hat geschrieben: Dienstag 29. Oktober 2019, 09:54 Die Überlegung, der TE könne / müsse Autist sein, wenn er Probleme mit diesen doch eher extremen Arbeitsbedingungen hat, scheint mir schlichtweg etwas unterkomplex zu sein, weil sie die Sensibilität dafür vermissen lässt, wie unterschiedlich Menschen sein können, ohne dass dies mit einer medizinischen Diagnose zu belegen ist. Man muss einfach nur mal das Begriffspaar intro-/extravertiert googlen, um zu erkennen, dass das geschilderte System wohl eher auf extravertierte Personen ausgerichtet ist, während es für eher introvertierte Personen möglicherweise die Hölle ist, beständig "auf Sendung" sein zu müssen und noch nicht mal in Ruhe Mittagspause machen zu können.
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"Der Mensch wird frei geboren und überall liegt er in Ketten" (Rousseau).

Ich war nach dem 2. Examen selbst einige Jahre in einer Behörde, in der über das Wohl und Wehe einer Karriere fast ausschließlich das Networken und Socialisen mit den "richtigen" Personen entschieden haben. Wenn man einmal eine gewisse Zeit in solchen Strukturen gearbeitet hat, wird man nicht mehr so schnell auf die Idee kommen, jemanden sofort zum Autisten zu erklären, nur weil er diesen sozialen Zwängen irgendwann nicht mehr nachkommen möchte und sich danach sehnt, sein Berufsleben im "aufrechten Gang" zu durchschreiten.

Bei mir jedenfalls hat die zunehmend als Unfreiheit und auch Unaufrichtigkeit empfundene Atmosphäre übersteigerter Angepasstheit letztlich dazu geführt, dass ich in die Justiz gewechselt bin. Hier steht es dir frei, welchen sozialen Verpflichtungen du dich aussetzt und welchen nicht. Völliges Unverständnis empfinde ich deswegen für die (gar nicht so wenigen) Kollegen, die diesen unschätzbaren Vorteil ihres Berufes nur zu bereitwillig eintauschen gegen die Aussicht auf R2 und ein größeres Büro und dafür auf internen Veranstaltungen wie der Richterversammlung, Feiern oder auch nur dem Besuch der Gerichtskantine Tänze aufführen, für die man sich nur noch fremdschämen kann. Mit der von der Gerichtsverwaltung nur auf dem Papier geforderten "inneren Unabhängigkeit" ist es in diesen Fällen dann häufig nicht mehr weit her. Spätestens mit dem (teilweisen) Wechsel auf einen Referentenposten wird dann auch die äußere Unabhängigkeit in diesen Fällen konsequenter Weise irgendwann aufgegeben.

Der große Unterschied zur vom TE beschriebenen Situation ist aber auch bei letztgenannten Richterpersönlichkeiten, dass ihre Entscheidung für oder gegen soziale Anpassung nur über R1 oder R2 entscheidet, nicht aber, ob man seinen Job behält.
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Re: Soziale Übeforderung

Beitrag von Tibor »

Für manche Kollegen mögen es „Tänze“ sein; andere haben aber einfach Bock darauf auch in der Justizverwaltung zu arbeiten, sich in „Networking-Veranstaltungen“ (Empfänge, Diskussionsrunden etc) zu begeben und dann eben auf die immer gleichen Personen zu treffen und gerade nicht immer nur die Tour Büro-Gerichtssaal-Büro zu machen. Die Menschen sind halt höchst unterschiedlich und es gibt auch nicht „den Richter“.
"Just blame it on the guy who doesn't speak English. Ahh, Tibor, how many times you've saved my butt."
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