Soziale Übeforderung

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Kasimir
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Re: Soziale Übeforderung

Beitrag von Kasimir »

Klar, es gibt intro- und extrovertierte Menschen. Was mich (und ggf. einige andere) nur verwundert ist die leichte Naivität des Ausgansbeitrags. Wenn ich weiß, dass ich kein extrovertierte Mensch bin, warum gehe ich dann in eine Rechtsabteilung?

Und im Übrigen halte ich es auch für nicht redlich, soziales Networking als "Tänze" abzutun. Keine Organisation kommt voran, wenn jeder im stillen Kämmerlein seine Aufgaben erledigt. Natürlich benötigt eine Organisation zu einem gewissen Grad auch Wasserträger, die lieber im stillen Kämmerlein sitzen. Ein Unternehmen oder eine sonstige Organisation wird dadurch aber nicht vorangebracht, sondern durch Interaktion und Austausch. Von daher ist es natürlich und auch nicht unangebracht, dass vor allem diejenigen Karriere machen, die sich nicht nur als fachliche Spezialisten sehen. Das erscheint mir auch in der Wissenschaft zu Führung und Organisationsstrukturen recht einhellige Meinung zu sein.
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Liz
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Re: Soziale Übeforderung

Beitrag von Liz »

@Kasimir: Abgesehen davon, dass man (TE) hinterher immer schlauer ist, scheint mir ein Unternehmen, das von seiner Struktur her nur auf total extravertierte Mitarbeiter ausgerichtet ist, auch nicht sonderlich klug zu handeln. Introvertiert heißt ja nicht „unfähig/-willig sich in sozialen Strukturen und Netzwerken zu bewegen“ oder „kommt den ganzen Tag nicht aus seinem stillen Kämmerlein hervor“. Und allein mit marktschreierisch veranlagten Mitarbeitern kommt man dann eben auch nicht besonders weit, insbesondere wenn dann die eigentliche Arbeit allenfalls mittelmäßig erledigt wird, weil eigentlich jede Minute ohne Socialising den Marktwert senkt.
Kasimir
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Re: Soziale Übeforderung

Beitrag von Kasimir »

Liz hat geschrieben: Mittwoch 30. Oktober 2019, 09:30 @Kasimir: Abgesehen davon, dass man (TE) hinterher immer schlauer ist, scheint mir ein Unternehmen, das von seiner Struktur her nur auf total extravertierte Mitarbeiter ausgerichtet ist, auch nicht sonderlich klug zu handeln. Introvertiert heißt ja nicht „unfähig/-willig sich in sozialen Strukturen und Netzwerken zu bewegen“ oder „kommt den ganzen Tag nicht aus seinem stillen Kämmerlein hervor“. Und allein mit marktschreierisch veranlagten Mitarbeitern kommt man dann eben auch nicht besonders weit, insbesondere wenn dann die eigentliche Arbeit allenfalls mittelmäßig erledigt wird, weil eigentlich jede Minute ohne Socialising den Marktwert senkt.
Ich meinte damit nicht das Unternehmen als solches, sondern die Wahl für eine Rechtsabteilung statt z.B. für die Justiz. Es ist doch klar, dass der Mitarbeiter einer Rechtsabteilung nicht wie ein Richter die Fälle auf den Tisch bekommt und dann abarbeitet, sondern sich aktiv einschalten muss, d.h. aktiv dort einspringen muss, wo Risiken bestehen oder wo Risiken bestehen könnten. Dafür muss er natürlich verstehen, wie die Fachabteilungen arbeiten. Und die "eigentliche Arbeit" einer Rechtsabteilung besteht doch genau darin zu erkennen, wo rechtliche Risiken bestehen können. Die Fachabteilung wird nicht aktiv auf die Rechtsabteilung zugehen und einen Fall "zur Entscheidung" vorlegen. Die wissen oft gar nicht wo überhaupt rechtliche Fallstricke liegen und wie rechtliche Probleme gelöst werden kann.
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Tibor
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Re: Soziale Übeforderung

Beitrag von Tibor »

Sehe ich wie Kasimir. Dazu macht das Ausgangspost wirklich den Eindruck, als ob die Situation stark subjektiv gefärbt dargestellt wird.
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immer locker bleiben
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Re: Soziale Übeforderung

Beitrag von immer locker bleiben »

Snakeeater hat geschrieben: Sonntag 27. Oktober 2019, 20:23 Liebe Forumsleser,

ich wende mich an Euch wegen eines eher ungewöhnlichen Problems. Seit einigen Monaten habe ich als Berufseinsteiger eine Tätigkeit als Syndikus in einem größeren Unternehmen aufgenommen und bin relativ unzufrieden. Fachlich ist die Arbeit super, nur das soziale Umfeld ist sehr anstregend. Der fachliche und soziale Austausch nimmt bei uns unnatürlich großen Stellenwert ein und hat mindestens dieselbe Bedeutung wie fachliche Einzelleistungen in Form von Stellungnahmen, Schriftsätzen, Entwürfen, Verträgen usw. Es wird erwartet, dass man sich mit jedem Kollegen täglich fachlich und sozial austauscht, einfach damit man sich mal sieht, möglichst lange (10 bis 15 Min, gerne auch länger, mit den Kollegen, mit denen mach fachlich enger zusammenarbeitet auch 40 min bis eine Stunde). Das beschränkt sich nicht nur auf die Rechtsabteilung sondert findet in einem geringen Maße auch mit Kollegen aus anderen Fachabteilungen statt und wird auch erwartet. Aufgaben kriegt man nur von Kollegen, mit denen dieses soziale Spiel besonders gut funktioniert. Deren Ansehen steigt dadurch und die kriegen soziale Punkte. Im Gegenzug kriegt man Aufgaben als Belohnung.

Ich habe auch den Eindruck, dass es zwischen den Abteilungen auch eine Konkurrenzsituation gibt und dass darum gekämpft wird mit intensivem und lautem fachlichen Austausch den Eindruck von Aktivität zu erzeugen. Wichtig ist, immer sichtbar zu sein und gehört zu werden.

In der Kantine gehen wir grundsätzlich immer mit einer bestimmten Gruppe aus einer anderen Abteilung essen und tauschen uns mit denen sozial und fachlich aus. Es wird großen Wert dabei gelegt, dass die Gespräche gut laufen und dass das in der Kantine alle sehen, sodass das eigene Ansehen und das der Abteilung dadurch wächst. Wer besonders gut im socializing ist, ist beliebt und kriegt Anerkennung. Alleine Essen oder Mittagspause auswärts, ist ein sozialen Tabu wird und sehr ungern gesehen. Nur mit guter Begründung gegenüber dem Chef (Arzttermin usw.) ist das möglich.

Problematisch ist auch, dass im Prinzip alle Mitarbeiter des Unternehmens über Skype verbunden sind und man genau erkennen kann, wer an seinem Arbeitsplatz ist und aktiv ist (grün; und wer inaktiv gelb), sodass man bei Anlass zu dem Kollegen gehen kann, um sich mit ihm auszutauschen. Außerdem kann ich den Kalender von jedem anderen einsehen und sehe genau welche Termine er hat. Wenn man trotz weniger Termine keinen Austausch betreibt, sinkt man im Ansehen und die Kollegen meiden einen, was schlecht ist, weil man ja soziale Punkte sammeln muss und den Eindruck von Aktivität erzeugen muss. Eine sozialer Wahnsinn.

Außerdem gibt es relativ wenig zu tun und die Arbeit wird durch meine erfahreneren juristischen Kollegen systematisch von mir abgeschirmt, weil diese fürchten dadurch ein Einfluss und Status zu verlieren. Mit dem Ergebnis, dass dieser soziale Wahnsinn unnatürlich großen Raum einimmt.

Es gibt auch relativ strenge soziale Regeln im Umgang miteinander. Bei Gesprächen mit Abteilungs- und Bereichsleitern, die sehr häufig sind, muss man immer Fragen stellen, um Interesse zu signalisieren und deren Status zu bestätigen. Wenn man das schlecht macht, hat man ein Problem.

Ich sehe mich schon seit längerer Zeit nach einer anderen juristischen Tätigkeit um, um diesem Schwachsinn zu entgehen. Daher meine Frage: Wo kann in einem überschaubaren sozialen Umfeld arbeiten mit wenigen Kollegen, die tatsächlich wichtig für einen sind, auf die man sich konzentrieren kann und wo man auf andere nur eingeht, wenn es ernsthafte fachliche Anfragen von deren Seite gibt. Ist das in Kanzleien möglich oder im öffentlichen Dienst? Ich hätte auch kein Problem mit ausgeprägtem Mandantenkontakt, das hat ja wenigstens einen fachlichen Sinn. Aber ich habe keine zwei Examina abgelegt und mich mit anderen über fake Themen auszutauschen. Ideal wäre eine gut bezahlte back office Tätigkeit. Außerdem würde mich interessieren, ob das in größen Unternehmen grundsätzlich so ist mit beschriebenen sozialen Zwängen oder ob ich einfach Pech gehabt habe. Ich hab mich schon in den AGs schwer getan mit dem sozialen Austausch, aber da ging es noch. Im Unternehmen empfinde ich das als extrem lästig.

Danke für Eure Hilfe
https://youtu.be/infZSKB5L9I?t=101
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Liz
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Re: Soziale Übeforderung

Beitrag von Liz »

@Kasimir: Natürlich muss man möglichst früh wissen, wo bei den Fachabteilungen der Schuh drückt, so dass man rechtzeitig lenkend eingreifen kann, ohne als „die böse Rechtsabteilung“ zu erscheinen, aber wenn man langfristig mit den gleichen Leuten zusammenarbeitet, dann dürfte es durchaus andere Wege geben, sich den Fachabteilungen als kompetenter, innovativer Ratgeber zu empfehlen bzw. diesen das Wissen zu vermitteln, an welchen Stellen rechtliche Fallstricke lauern können, als immer nur am Lautesten für sich zu werben. Ein Tagesablauf, der vorsieht, sich am Vormittag mal wieder von Fachabteilung A erklären zu lassen, was sie gerade macht, dann mit Kollegen von Fachabteilung B Mittagessen zu gehen und dabei in Erfahrung zu bringen, wie es mit Projekt X steht, bevor die ruhige Schreibtischarbeit am Nachmittag von Anrufen von Kollegen aus Fachabteilungen C und D unterbrochen werden, dürfte auch für eine eher introvertierte Person gut zu bewältigen sein, so dass ich nicht sehe, weshalb nur eine (eher) extravertierte Person in einer Rechtsabteilung (die ja den Vorteil bietet, dass man keine neuen Mandanten werben muss, sondern immer den gleichen Mandanten hat) arbeiten können sollte.
Herr Schraeg
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Re: Soziale Übeforderung

Beitrag von Herr Schraeg »

Liz hat geschrieben: Mittwoch 30. Oktober 2019, 10:08 @Kasimir: Natürlich muss man möglichst früh wissen, wo bei den Fachabteilungen der Schuh drückt, so dass man rechtzeitig lenkend eingreifen kann, ohne als „die böse Rechtsabteilung“ zu erscheinen, aber wenn man langfristig mit den gleichen Leuten zusammenarbeitet, dann dürfte es durchaus andere Wege geben, sich den Fachabteilungen als kompetenter, innovativer Ratgeber zu empfehlen bzw. diesen das Wissen zu vermitteln, an welchen Stellen rechtliche Fallstricke lauern können, als immer nur am Lautesten für sich zu werben. Ein Tagesablauf, der vorsieht, sich am Vormittag mal wieder von Fachabteilung A erklären zu lassen, was sie gerade macht, dann mit Kollegen von Fachabteilung B Mittagessen zu gehen und dabei in Erfahrung zu bringen, wie es mit Projekt X steht, bevor die ruhige Schreibtischarbeit am Nachmittag von Anrufen von Kollegen aus Fachabteilungen C und D unterbrochen werden, dürfte auch für eine eher introvertierte Person gut zu bewältigen sein, so dass ich nicht sehe, weshalb nur eine (eher) extravertierte Person in einer Rechtsabteilung (die ja den Vorteil bietet, dass man keine neuen Mandanten werben muss, sondern immer den gleichen Mandanten hat) arbeiten können sollte.
Einverstanden, weil diese Haltung das unnötige und schädliche Geprotze ausschließt. Ich hatte aber das Ausgangsposting mit dem Wunsch nach juristischer Tätigkeit im back office so verstanden, dass auch der geschilderte Kontakt mit den Fachabteilungen A, B, C und D lästig ist. Dann ist aber die Tätigkeit in einer Rechtsabteilung - jedenfalls in den mir bekannten Rechtsabteilungen - tendenziell die falsche Berufswahl:

Wer z.B. in der Rechtsabteilung die Preisgleitklausel in den neuen Gewerbemietverträgen des Unternehmens auf Anfrage der Abteilung A untersucht, mag die Rechtslage prüfen und ein Memo schreiben. Egal wie juristisch brillant das Memo ist, besser und für das Unternehmen nützlicher ist der Kollege in der Rechtsabteilung, der durch seinen Kontakt zu den anderen Abteilungen schon vor einem Jahr von den beabsichtigten neuen Verträgen erfahren hatte, auf Fallstricke hinwies und in Kenntnis der konkreten Abläufe und Personen einen praktischen Vorschlag unterbreitet hatte.

Wer seine Wunschtätigkeit auf "Ich gebe juristisch korrekte Antworten auf mir gestellte Fragen" beschränken will, ist in der Justiz - und auch dort ohne Leitungsfunktion - am besten aufgehoben und wird in jeder Rechtsabteilung Schwierigkeiten haben.
bobric
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Re: Soziale Übeforderung

Beitrag von bobric »

Ich bin auch eher introvertiert und aus diesem Grund in der Rechtsabteilung, aus genau den Überlegungen, die Liz beschrieben hat. An der Anwaltstätigkeit hat mich gerade die Mandatsakquise abgeschreckt, so we die Tatsache, dass ich sie als eher reaktiv den präventiv empfinde. Introversion heißt für mich, dass man vor allem Teilnahme an großen Gruppen als anstrengend empfindet und sich schwer damit tut, eine Rampensau zu sein. Den sachorientierten Austausch und vor allem den Austausch 1:1 oder in kleinen Gruppen finde ich bewältigbar und sogar angenehm, wenn man gerade einen langwierigen Vertrag oder ein kniffliges Problem gewälzt hat. Dann muss man halt mal in die Kaffeeküche gehen oder, wenn man raucht, Zigarettenpausen machen. Das sind dann meist viel kleinere Runden und vor allem auch kürzere Dauer als eine lange Mittagspause im Rudel.
Wie Liz schreibt, die internen Mandanten kennt man irgendwann. Bei Verhandlungen mit externen Geschäftspartner, mit denen an verhandelt, läuft ganz viel über E-Mail, wenn man das möchte. Notfalls kann man zu anderen Terminen einen Vertriebler mitnehmen als Eisbrecher ;).

Für mich liest sich das eher so. als wären hier die Vorgesetzten selber her extravertiert und ambitioniert und kommen entweder nicht auf die Idee, dass nicht jeder gerne in großen Gruppen networkt oder es ist ihnen egal. Das kann bei einem anderen Vorgesetzten anders aussehen.
Ich bin bei einem Mittelständler, mein Vorgesetzter ist der Vorstand, und der ist selber eher ein ruhiger Typ. Allerdings arbeite ich in einer ingenieurs/techniklastigen Branche, wo viele der Abteilungsleiter mal irgendwie ursprünglich Ingenieure waren, die sind meist recht angenehm und pflegeleicht im Umgang.

Ein Punkt war mir aber noch aufgefallen: Das der TE sich daran stört, wenn Leute sehen, ob er online ist. Das klingt für mich ein bisschen nach Berufsanfängerperfektionismus nach dem Motto, ich werde jetzt überwacht, wie produktiv ich bin,und muss allzeit bereit sein und bin dadurch exponiert. Da hilft dann tatsächlich ein dickeres Fell und ggf, Bearbeitungszeiten mi Kalender blockieren als nur mit Vorbehalt anwesend.
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Re: Soziale Übeforderung

Beitrag von Liz »

@Herr Schraeg: Gewiss, jemand, der nur stur rein fachliche Arbeitsaufträge abarbeiten möchte und jegliche Form von Small Talk als lästig empfindet, ist in einer Rechtsabteilung sicherlich verkehrt am Platz. Es scheint mir aber grds. möglich, den Austausch mit den Fachabteilungen so zu gestalten, dass nicht erst jedes Mal drei Stunden darüber gesprochen werden muss, wie toll man ist, bis man dazu kommt, dass man vielleicht mal diese oder jene Rechtsfrage recherchieren darf.
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Re: Soziale Übeforderung

Beitrag von Kasimir »

Es geht ja nicht darum zu erzählen, wie toll man ist, sondern im Austausch mit der Fachabteilung die rechtlichen Problem zu identifizieren und zu lösen. Neudeutsch heißt das Design Thinking und es werden Sprints gemacht... Ich will damit nur sagen: Die Zeiten, in denen ein Anwalt oder Rechtsabteilungsleiter eine Rechtsfrage vorgelegt bekam und dann ein 10seitiges Memo dazu geschrieben hat, sind vorbei.
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Re: Soziale Übeforderung

Beitrag von Kasimir »

Passend dazu folgender Artikel aus der aktuellen JUVE:
https://www.juve.de/nachrichten/namenun ... ives-chaos
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Re: Soziale Übeforderung

Beitrag von Liz »

Abgesehen davon, dass ein Arbeitsplatzkonzept nicht bereits deshalb gut und sinnvoll sein muss, weil es einen englischen Namen hat und möglichst "modern" anmutet, scheint mir der AG des TE auch kein derartig durchdachtes Arbeitsmodell zu verfolgen, sondern eher das Modell "wenn alle möglichst viel miteinander sprechen, wird dabei schon irgendwann irgendwas Sinnvolles rauskommen" zu betreiben.
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Tibor
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Re: Soziale Übeforderung

Beitrag von Tibor »

Ich glaub gerade die Anforderungen an einen Unternehmensjuristen sind beim Ausgangspost unklar. Dort heißt es:
Der fachliche und soziale Austausch nimmt bei uns unnatürlich großen Stellenwert ein und hat mindestens dieselbe Bedeutung wie fachliche Einzelleistungen in Form von Stellungnahmen, Schriftsätzen, Entwürfen, Verträgen usw. Es wird erwartet, dass man sich mit jedem Kollegen täglich fachlich und sozial austauscht, ...
Hier erfolgt eine Unterteilung in

a) fachlichen und sozialen Austausch und
b) fachliche Einzelleistungen

wobei a) einen zu hohen Stellenwert habe.

Vielleicht überwiegt aber unter a) auch der Anteil des "fachlichen" Austauschs; dann wäre dies einfacher Ausdruck des Berufsbilds und eben nur ein subjektives Problem, weil der TE als "klassische" juristische Arbeit eben nur b) ansieht. Dann stellt sich die Frage, was unter "sozialer Austausch" gemeint ist? Unjuristischer Austausch mit Bezug zum Unternehmen oder sozialer Austausch mit Privatbezug?
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Re: Soziale Übeforderung

Beitrag von Kasimir »

Es gab ja hier nun einige Ratschläge und Mutmaßungen. Es gut, wenn der TE sich meldet und seine Schilderung etwas präzisiert.
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Spencer
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Re: Soziale Übeforderung

Beitrag von Spencer »

Tibor hat geschrieben: Mittwoch 30. Oktober 2019, 00:28 Für manche Kollegen mögen es „Tänze“ sein; andere haben aber einfach Bock darauf auch in der Justizverwaltung zu arbeiten, sich in „Networking-Veranstaltungen“ (Empfänge, Diskussionsrunden etc) zu begeben und dann eben auf die immer gleichen Personen zu treffen und gerade nicht immer nur die Tour Büro-Gerichtssaal-Büro zu machen. Die Menschen sind halt höchst unterschiedlich und es gibt auch nicht „den Richter“.
Es geht mir nicht um die Kollegen, die „einfach Bock“ haben, in der Justizverwaltung eine Aufgabe zu übernehmen und dabei authentisch bleiben, ihre eigene Meinung behalten und nicht anderen nach dem Mund reden. Solche Kollegen gibt es bei uns auch und ich schätze sie für ihr Engagement sehr! Mit „Tänzen“ meine ich die Gruppe der Karrieristen, die um der eigenen Karriere Willen sich untreu werden und anderen nach dem Mund reden. Die überangepasst sind, keine kritische Meinung haben, schlicht nicht authentisch sind sondern alles dem eigenen Fortkommen untergeordnet haben, selbst die eigene Meinung. Nur um diesen Menschenschlag geht es mir. Dieser Menschenschlag verzichtet auf den aufrechten Gang, den ihnen ihr Beruf in einzigartiger Weise ermöglicht, nur für ein paar Euro mehr und etwas Prestige. Vielleicht habe ich da aber auch einfach noch ein zu idealistisches Richterbild.
Zuletzt geändert von Spencer am Mittwoch 30. Oktober 2019, 16:35, insgesamt 1-mal geändert.
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