Krefelder Zoobrand - Straf-/Zivilrechtliche Haftung

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Liz
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Re: Krefelder Zoobrand - Straf-/Zivilrechtliche Haftung

Beitrag von Liz »

§ 830 Abs. 1 BGB hat zwei Sätze und § 830 Abs. 1 S. 2 BGB hilft über das Kausalitätsproblem hinweg. Siehe auch instruktiv den Fall des OLG Koblenz, in dem wohl mehrere Personen / Gesellschaften von verschiedenen Stellen Himmelslaternen haben steigen lassen, die alle den Brand verursacht haben können und dementsprechend auch alle haften (https://dejure.org/dienste/vernetzung/r ... ed0eec77ae).
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Blaumann
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Re: Krefelder Zoobrand - Straf-/Zivilrechtliche Haftung

Beitrag von Blaumann »

Flasche leer hat geschrieben: Sonntag 5. Januar 2020, 09:23 Wie kann es mit einer weiteren, jedenfalls anteiligen Mitverantwortung von konkret an Herstellung und am Vertrieb entsprechender "Fluglaternen" miwirkenden aussehen?
Bei anderen Straftaten kann es ja etwa Erwägungen zur Mitverantwortlichkeit von Internetportalen o.ä. geben.
Das ist sowohl strafrechtlich als auch im deliktsrechtlich ein Problem der objektiven Zurechnung. Die Dinger werden legal verkauft und dürfen im Ausnahmefall auch legal verwendet werden. Es stellt sich daher die Frage, ob der Verkäufer durch den Verkauf ein rechtlich missbilligtes Risiko setzt, wenn er mit einer illegalen Verwendungsweise rechnet oder rechnen muss.

Ich tendiere zur Verneinung. Wenn der Erwerb legal ist, dann ist das Risiko durch den bloßen Verkauf anscheinend auch nicht rechtlich missbilligt. Denn sonst würde der Gesetzgeber den Mist ja komplett aus dem Verkehr ziehen, anstatt nur die Verwendung zu verbieten. Bei sicherer Kenntnis des Verkäufers von der illegalen Verwendungsweise würde ich das wiederum anders sehen. Hier läge der Schwerpunkt der Beurteilung nicht mehr auf dem an sich legalen Verkauf, sondern bei der bewussten Förderung der illegalen Verhaltensweise.

Weiß jemand, was die Rechtsprechung zu dem Problemkreis sagt?
Liz
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Re: Krefelder Zoobrand - Straf-/Zivilrechtliche Haftung

Beitrag von Liz »

Beim Verkäufer dürfte sich vor allem die Frage stellen, inwieweit er ggf. auf die Gefahren, die von dem Kaufgegenstand bei bestimmungsgemäßer Verwendung ausgehen, sowie die rechtliche Problematik hinweisen muss. Das Argument „verkaufen darf man‘s ja“ greift mir da zu kurz, wenn man damit rechnen muss, dass der Endverbraucher ggf. unwissentlich mit dem Kaufgegenstand riesigen Schaden anrichtet.
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Tibor
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Re: Krefelder Zoobrand - Straf-/Zivilrechtliche Haftung

Beitrag von Tibor »

Gibt es denn bundesweit entsprechende Verbots-Polizei-VO? Ggf wurden die Teile ja in einem Bundesland verkauft, wo es keine solche VO gibt. Ansonsten: der gesunde Menschenverstand sagt doch jedem, dass man nicht unkontrollierbar mit Feuer spielt.
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Re: Krefelder Zoobrand - Straf-/Zivilrechtliche Haftung

Beitrag von Liz »

Tibor hat geschrieben: Sonntag 5. Januar 2020, 14:38Ansonsten: der gesunde Menschenverstand sagt doch jedem, dass man nicht unkontrollierbar mit Feuer spielt.
Aber entbindet das den Verkäufer? Insbesondere halte ich die Vorstellung, dass die Dinger wohl schon ausgehen werden, bevor sie irgendwas in Brand setzen, nicht für so völlig fernliegend.
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Tibor
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Re: Krefelder Zoobrand - Straf-/Zivilrechtliche Haftung

Beitrag von Tibor »

Es entbindet den Verkäufer, weil es auch eine bestimmungsgemäße Benutzung gibt, ganz wie in Südostasien allgemein: über dem Wasser (Meer/See). Das ist ja nicht anders wie mit einem Kochmesser; der Verkäufer wird ja wohl nicht haftbar sein, wenn ein Kochmesser als Waffe genutzt wird.
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Flasche leer
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Re: Krefelder Zoobrand - Straf-/Zivilrechtliche Haftung

Beitrag von Flasche leer »

Zustimmung, Mitverantwortlichkeit auf Herstellerseite und auf Vertriebseite sollte noch weiter problematisch und diskussionswürdig wirken.
Eventuell zudem möglich berührt und erwägbar scheint dabei noch eine Form von "Produkthaftung" mitunter ebenso mit für die Produzierung und den Vertrieb.....
Zuletzt geändert von Flasche leer am Dienstag 7. Januar 2020, 17:22, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Krefelder Zoobrand - Straf-/Zivilrechtliche Haftung

Beitrag von Muirne »

Tibor hat geschrieben: Sonntag 5. Januar 2020, 14:38 Ansonsten: der gesunde Menschenverstand sagt doch jedem, dass man nicht unkontrollierbar mit Feuer spielt.
so wie an Silvester, wenn man Raketen und Böller anzündet, die irgendwohin fliegen und Menschen und Gegenstände gefährden und ja häufig genug auch verletzen? O:) Also für den Benutzer völlig offensichtlich finde ich das Verbot im Silvesterzusammenhang jedenfalls nicht.

Ein Böllerverbot insgesamt fände ich ja sinnvoll, aber vermutlich verletzt das wieder die Menschenwürde irgendeiner Oma, respektive einer Generation. :-({|=
Zuletzt geändert von Muirne am Sonntag 5. Januar 2020, 15:08, insgesamt 1-mal geändert.
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Flasche leer
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Re: Krefelder Zoobrand - Straf-/Zivilrechtliche Haftung

Beitrag von Flasche leer »

Eine Verantwortlichkeit setzt eine unzulässige Verwendung voraus. Dafür kommt auf Seiten eines Herstellers oder Vertriebes, ohne genügende Abgrenzung etwa durch Warnhinweise, grundsätzlich eine Mitverantwortlichkeit in Betracht.
Zuletzt geändert von Flasche leer am Dienstag 7. Januar 2020, 17:24, insgesamt 1-mal geändert.
Liz
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Re: Krefelder Zoobrand - Straf-/Zivilrechtliche Haftung

Beitrag von Liz »

Tibor hat geschrieben: Sonntag 5. Januar 2020, 14:56 Es entbindet den Verkäufer, weil es auch eine bestimmungsgemäße Benutzung gibt, ganz wie in Südostasien allgemein: über dem Wasser (Meer/See). Das ist ja nicht anders wie mit einem Kochmesser; der Verkäufer wird ja wohl nicht haftbar sein, wenn ein Kochmesser als Waffe genutzt wird.
Aber dass man Himmelslaternen nur unter bestimmten Voraussetzungen steigen lassen sollte und nicht einfach "irgendwo", muss man erstmal wissen, so dass es mir nicht völlig abwegig scheint, den Verkäufer/Hersteller entsprechende Hinweise zur ordnungsgemäßen / gefahrlosen Benutzung abzuverlangen. Und anders als beim Kochmesser ist die Gefahrenlage für den durchschnittlichen Endverbraucher nur bedingt erkennbar, weil er sich ggf. gar keine richtige Vorstellung davon macht, wie hoch und weit eine Himmelslaterne fliegen kann, wie lange sie brennt und unter welchen Voraussetzungen sie tatsächlich einen Brand auslösen kann.
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Re: Krefelder Zoobrand - Straf-/Zivilrechtliche Haftung

Beitrag von Swann »

OT:
Flasche leer hat geschrieben: Sonntag 5. Januar 2020, 15:07 Eine Verantwortlichkeit kann eine unzulässige Verwendung voraussetzen. Dafür kann auf Seiten eines Herstellers oder Vertriebes, ohne genügende Abgrenzung etwa durch Warnhinweise, grundsätzlich eine Mitverantwortlichkeit erwägbar sein.
Bitte versteh mich nicht falsch, ich hab' weder etwas gegen dich noch gegen Modalverben, aber kann es sein, dass du Sätze nahezu ausschließlich mit "kann" bildest? Das wirkt etwas ermüdend.
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Flasche leer
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Re: Krefelder Zoobrand - Straf-/Zivilrechtliche Haftung

Beitrag von Flasche leer »

Ja, kann sein, ist schlecht ausgedrückt und sollte man in einem Germanisten Forum vielleicht nicht unbedingt so tun.
Nur vorsichtiger formuliert schiene es eventuell eben, dass dies ermüdend wirken kann, soweit man nicht mit absoluter Sicherheit wissen kann, inwieweit dies stets für jeden in jedem Fall ermüdend wirkt?
Zuletzt geändert von Flasche leer am Montag 6. Januar 2020, 09:57, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Krefelder Zoobrand - Straf-/Zivilrechtliche Haftung

Beitrag von Sektnase »

Ganz großes Kino, ein Modalverben-Flame!
In einem Umfeld, in dem mittelschwere Hurensöhnigkeit häufig zum Stellenprofil gehört, muss einen nicht wundern, wenn man Scheiße behandelt wird. -Blaumann
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Flasche leer
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Re: Krefelder Zoobrand - Straf-/Zivilrechtliche Haftung

Beitrag von Flasche leer »

"Zentrum für germanistische Schönheit"? In einem Juraforum?
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Strich
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Re: Krefelder Zoobrand - Straf-/Zivilrechtliche Haftung

Beitrag von Strich »

Der Schreibstil erinnert mich an einen Rechtsanwalt hier im Bezirk ^^

On Topic: Ich habe zuerst darüber nachgedacht, ob das nicht sogar grob fahrlässig war. Da lässt man Feuer in die Luft steigen und hofft, dass es nichts anzündet? Für die zivilrechtliche Seite, bei der man im Rahmen der Fahrlässigkeit mit einem objektiven Sorgfaltsmaßstab und einer objektiven Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit auskommt, dürfte das vielleicht schon reichen. Im Strafrecht mpsste man sich die Umstände der Täter anschauen, da es ja auf Ebene der Schuld noch der subjektiven Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit bedarf und der Sorgfaltspflichtverstoß den besonnen Durchschnittsbürger in der Lage des Täters zum Ausgangspunkt hat (wärend im Zivilrecht ganz allgemein der besonnene Durchschnittsbürger den Maßstab bildet; oder war diese Unterscheidung die m.M.?).

Viel wichtigere Frage: Wer konstruiert bitte so ein Affenhaus?
Stehe zu deinen Überzeugungen soweit und solange Logik oder Erfahrung dich nicht widerlegen. Denk daran: Wenn der Kaiser nackt aussieht ist der Kaiser auch nackt ... .
- Daria -

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