Referendariat trotz Jugendstrafe?

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Muirne
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von Muirne »

Die Besonderheit ist hier aber nochmal, wenn ich das gestern richtig gelesen habe, dass er die Wartezeit von 1,5 Jahren nicht angerechnet bekommt. Er soll mit der Bewerbung als solcher warten bis getilgt wurde und kann erst danach, nach fast 2 Jahren zusätzlich, ins Ref. Es sollte doch zumindest ausreichen, dass er das Ref erst antritt, wenn getilgt wurde. Dass aber die Bewerbung erst dann möglich ist, erscheint mir nicht sinnvoll.
Zuletzt geändert von Muirne am Mittwoch 19. Februar 2020, 10:37, insgesamt 2-mal geändert.
»Natürlich ist das herablassend. Torquemada ist mir gegenüber herablassend, ich bin esprit gegenüber herablassend. So ist die Nahrungskette in diesem Forum nunmal.« - Swann
Kasimir
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von Kasimir »

Swann hat geschrieben: Mittwoch 19. Februar 2020, 10:29 Unabhängig davon, ob juristische Tätigkeiten generell eine erhöhte Zuverlässigkeit erfordern, gilt das für die Tätigkeit als Referendar.

Und Resozialisierung bedeutet, dass dem Verurteilten die Chance auf Wiedereingliederung gegeben werden muss, nicht aber, dass ich den Betrüger vom Gefängnistor weg zum Notar bestelle oder dem BtM-Händler eine Apotheke anvertraue. Dafür gibt es ja gerade die differenzierten Speicherfristen im BZR, um festzulegen, was wie lange vorgehalten werden kann.
Das fordert ja auch niemand. Aber solange der Weg zum Volljuristen nur über das Referendariat geht, wird man sich (auch unter Berücksichtigung von Art. 12) Gedanken darüber machen müssen, wie man das Referendariat dementsprechend ausgestalten kann.
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Liz
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von Liz »

Kasimir hat geschrieben: Mittwoch 19. Februar 2020, 09:54
Blaumann hat geschrieben: Mittwoch 19. Februar 2020, 09:29
Liz hat geschrieben: Dienstag 18. Februar 2020, 09:49 Resozialisierung hin oder her: eine Jugendstrafe von vier Jahren wegen über 300 Betrugs- bzw. Urkundendelikten scheint mir durchaus auf grundlegende charakterliche Defizite schließen zu lassen, die mit der Ausübung einer juristischen Tätigkeit nicht in Einklang zu bringen sind.
Zustimmung. Ich denke, dass man da im Hinblick auf die Resozialisierung überhaupt keinem Rechtfertigungsdruck unterliegt. Resozialisierung bedeutet auch bei jugendlichen oder heranwachsenden Straftätern nicht, dass jeder für jede Tätigkeit geeignet ist. Der Mann hätte jeden beliebigen Beruf ergreifen können. Dass er sich nun ausgerechnet eine Berufsausbildung ausgesucht hat, die für viele Tätigkeiten eine erhöhte Zuverlässigkeit erfordert, ist nicht das Problem der Gesellschaft.

Das scheint auch der Gesetzgeber so zu sehen, sonst hätte er die Löschfristen im BZR nicht so ausgestaltet, wie sie sind.

Wenn die Einträge tilgungsreif sind, kann er's ja noch mal versuchen.
Warum nun gerade die juristische Tätigkeit "eine erhöhte Zuverlässigkeit" erfordern soll, leuchtet mir auch nicht ein und das findet auch keine Stütze im Gesetz.

Resozialisierung bedeutet nunmal, dass jemand eine zweite Chance verdient. Das ist wie mit den Sünden in der Kirche. Man kann nicht "bedingt" oder "mit Einschränkungen" vergeben. Es wäre auch ein fatales Signal, wenn man die Rückkehr in die Gesellschaft kategorisch verschließt.
Natürlich erfordern jedenfalls die klassischen juristischen Berufe eine erhöhte Zuverlässigkeit, insbesondere ein Anwalt sollte nicht nur die EBs zuverlässig zurückschicken, sondern auch die Finger von Mandantengeldern und irgendwelchen "krummen Tricks" lassen. Insofern halte ich erhebliche Vorstrafen wegen Betrugs- und Urkundsdelikten (im konkreten Fall geht es ja nicht nur um 3x Ebay-Betrug oder eine gefälschte Entschuldigung) als Jurist für hochproblematisch. Nach Deiner Logik müsste man auch den Meisterdieb zur Bewachung der Kronjuwelen einsetzen (schließlich weiß er, wie ein Dieb denkt!).

Jetzt mag man darüber diskutieren, ob man das Referendariat auch so ausgestalten kann, dass auch ein erheblich vorbestrafter Referendar es absolvieren kann; allerdings wird ein Referendar in allen Stationen auch mit sensiblen Sachverhalten befasst. Swann weist insoweit zu Recht auf die Speicherfristen im BZR hin, die letztlich auf eine "nachgelagerte" Bewährungszeit hinauslaufen.
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von Swann »

Kasimir hat geschrieben: Mittwoch 19. Februar 2020, 10:35
Swann hat geschrieben: Mittwoch 19. Februar 2020, 10:29 Unabhängig davon, ob juristische Tätigkeiten generell eine erhöhte Zuverlässigkeit erfordern, gilt das für die Tätigkeit als Referendar.

Und Resozialisierung bedeutet, dass dem Verurteilten die Chance auf Wiedereingliederung gegeben werden muss, nicht aber, dass ich den Betrüger vom Gefängnistor weg zum Notar bestelle oder dem BtM-Händler eine Apotheke anvertraue. Dafür gibt es ja gerade die differenzierten Speicherfristen im BZR, um festzulegen, was wie lange vorgehalten werden kann.
Das fordert ja auch niemand. Aber solange der Weg zum Volljuristen nur über das Referendariat geht, wird man sich (auch unter Berücksichtigung von Art. 12) Gedanken darüber machen müssen, wie man das Referendariat dementsprechend ausgestalten kann.
Wobei mE berücksichtigt werden kann, dass juristische Berufe typischerweise, wenn auch nicht ausnahmslos, erhöhte Zuverlässigkeitsanforderungen stellen und dass die praxisnahe Ausbildung wesentlichen Gemeinwohlbelangen dient.
OJ1988
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von OJ1988 »

Swann hat geschrieben: Mittwoch 19. Februar 2020, 10:29 Unabhängig davon, ob juristische Tätigkeiten generell eine erhöhte Zuverlässigkeit erfordern, gilt das für die Tätigkeit als Referendar.
Mit der Ausnahme von Sitzungsvertretungen - die man im Einzelfall dann eben nicht machen kann, dafür aber andere Aufgaben - sehe ich das gerade nicht so. Ob Referendar X, der für seinen Zivilrichter einen Urteilsentwurf fertigt, vorbestraft ist oder nicht, machte für mich keinen Unterschied.
Swann
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von Swann »

OJ1988 hat geschrieben: Mittwoch 19. Februar 2020, 10:53
Swann hat geschrieben: Mittwoch 19. Februar 2020, 10:29 Unabhängig davon, ob juristische Tätigkeiten generell eine erhöhte Zuverlässigkeit erfordern, gilt das für die Tätigkeit als Referendar.
Mit der Ausnahme von Sitzungsvertretungen - die man im Einzelfall dann eben nicht machen kann, dafür aber andere Aufgaben - sehe ich das gerade nicht so. Ob Referendar X, der für seinen Zivilrichter einen Urteilsentwurf fertigt, vorbestraft ist oder nicht, machte für mich keinen Unterschied.
Da man zB in der Strafstation Kenntnis von laufenden Ermittlungsverfahren erhält, Akten mit nach Hause bekommt und auch sonst mit persönlichen Daten von Verfahrensbeteiligten zu tun hat, greift das mE deutlich zu kurz.
OJ1988
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von OJ1988 »

Swann hat geschrieben: Mittwoch 19. Februar 2020, 11:00
OJ1988 hat geschrieben: Mittwoch 19. Februar 2020, 10:53
Swann hat geschrieben: Mittwoch 19. Februar 2020, 10:29 Unabhängig davon, ob juristische Tätigkeiten generell eine erhöhte Zuverlässigkeit erfordern, gilt das für die Tätigkeit als Referendar.
Mit der Ausnahme von Sitzungsvertretungen - die man im Einzelfall dann eben nicht machen kann, dafür aber andere Aufgaben - sehe ich das gerade nicht so. Ob Referendar X, der für seinen Zivilrichter einen Urteilsentwurf fertigt, vorbestraft ist oder nicht, machte für mich keinen Unterschied.
Da man zB in der Strafstation Kenntnis von laufenden Ermittlungsverfahren erhält, Akten mit nach Hause bekommt und auch sonst mit persönlichen Daten von Verfahrensbeteiligten zu tun hat, greift das mE deutlich zu kurz.
Da hast du Recht, dann gibt man dem Referendar aber eben anonymisierte Akten.
Liz
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von Liz »

Klar, und in der Sitzung ertönt jedes Mal ein "Beep", wenn eine sensible Information auftaucht, mit der man Unsinn anstellen könnte.
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von OJ1988 »

Liz hat geschrieben: Mittwoch 19. Februar 2020, 11:05 Klar, und in der Sitzung ertönt jedes Mal ein "Beep", wenn eine sensible Information auftaucht, mit der man Unsinn anstellen könnte.
Außer als Sitzungsvertreter der StA war ich als Referendar max. bei 5 Zivilverhandlungen zugegen, die jeweils nichts mit der "Aktenheimarbeit" zu tun hatten. Auch darauf hätte man verzichten können.
Swann
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von Swann »

OJ1988 hat geschrieben: Mittwoch 19. Februar 2020, 11:02
Swann hat geschrieben: Mittwoch 19. Februar 2020, 11:00
OJ1988 hat geschrieben: Mittwoch 19. Februar 2020, 10:53
Swann hat geschrieben: Mittwoch 19. Februar 2020, 10:29 Unabhängig davon, ob juristische Tätigkeiten generell eine erhöhte Zuverlässigkeit erfordern, gilt das für die Tätigkeit als Referendar.
Mit der Ausnahme von Sitzungsvertretungen - die man im Einzelfall dann eben nicht machen kann, dafür aber andere Aufgaben - sehe ich das gerade nicht so. Ob Referendar X, der für seinen Zivilrichter einen Urteilsentwurf fertigt, vorbestraft ist oder nicht, machte für mich keinen Unterschied.
Da man zB in der Strafstation Kenntnis von laufenden Ermittlungsverfahren erhält, Akten mit nach Hause bekommt und auch sonst mit persönlichen Daten von Verfahrensbeteiligten zu tun hat, greift das mE deutlich zu kurz.
Da hast du Recht, dann gibt man dem Referendar aber eben anonymisierte Akten.
Dann kann man auch gleich eine Externenprüfung einführen. ME ist das aber nicht notwendig. Art 12 I GG gebietet es nicht, dass Verurteilte sofort, unbeschränkt und für jeden Beruf Zugang zu einer Berufszugangsprüfung haben.
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von OJ1988 »

Swann hat geschrieben: Mittwoch 19. Februar 2020, 11:14
OJ1988 hat geschrieben: Mittwoch 19. Februar 2020, 11:02
Swann hat geschrieben: Mittwoch 19. Februar 2020, 11:00
OJ1988 hat geschrieben: Mittwoch 19. Februar 2020, 10:53
Swann hat geschrieben: Mittwoch 19. Februar 2020, 10:29 Unabhängig davon, ob juristische Tätigkeiten generell eine erhöhte Zuverlässigkeit erfordern, gilt das für die Tätigkeit als Referendar.
Mit der Ausnahme von Sitzungsvertretungen - die man im Einzelfall dann eben nicht machen kann, dafür aber andere Aufgaben - sehe ich das gerade nicht so. Ob Referendar X, der für seinen Zivilrichter einen Urteilsentwurf fertigt, vorbestraft ist oder nicht, machte für mich keinen Unterschied.
Da man zB in der Strafstation Kenntnis von laufenden Ermittlungsverfahren erhält, Akten mit nach Hause bekommt und auch sonst mit persönlichen Daten von Verfahrensbeteiligten zu tun hat, greift das mE deutlich zu kurz.
Da hast du Recht, dann gibt man dem Referendar aber eben anonymisierte Akten.
Dann kann man auch gleich eine Externenprüfung einführen. ME ist das aber nicht notwendig. Art 12 I GG gebietet es nicht, dass Verurteilte sofort, unbeschränkt und für jeden Beruf Zugang zu einer Berufszugangsprüfung haben.
Art. 12 I GG gebietet es aber, dass sich der Staat bei Eingriffen in die Berufsfreiheit auf das mildeste, zur Erreichung des Zwecks gleichermaßen geeignete Mittel zurückzieht.
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von Liz »

OJ1988 hat geschrieben: Mittwoch 19. Februar 2020, 11:14
Liz hat geschrieben: Mittwoch 19. Februar 2020, 11:05 Klar, und in der Sitzung ertönt jedes Mal ein "Beep", wenn eine sensible Information auftaucht, mit der man Unsinn anstellen könnte.
Außer als Sitzungsvertreter der StA war ich als Referendar max. bei 5 Zivilverhandlungen zugegen, die jeweils nichts mit der "Aktenheimarbeit" zu tun hatten. Auch darauf hätte man verzichten können.
Keine wöchentliche Teilnahme am Sitzungstag? Meine Referendare nehmen grds. an jedem Sitzungstag teil (ist hier durchaus so üblich) und sehen dadurch jede Menge Akten. Ich würde mich im Übrigen auch nicht in der Lage sehen, jetzt alle Akten, die der Referendar zur Bearbeitung erhält, zu anonymisieren - zumal er spätestens in der Sitzung sowieso wüsste, um wen es geht.

Ich weiß jetzt auch nicht, ob Du es sonderlich lustig fändest, wenn am Ende rauskommt, dass Dein Referendar durch seine Stationsarbeit ein paar neue Ideen bekommen hat, wie man zu Geld gelangen kann. "Hausbesuche" bei freundlichen, älteren Damen, die gerade ihr Vermögen dem örtlichen Tierheim vermacht haben, würden sich ja vielleicht anbieten...
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von Swann »

OJ1988 hat geschrieben: Mittwoch 19. Februar 2020, 11:16
Swann hat geschrieben: Mittwoch 19. Februar 2020, 11:14
OJ1988 hat geschrieben: Mittwoch 19. Februar 2020, 11:02
Swann hat geschrieben: Mittwoch 19. Februar 2020, 11:00
OJ1988 hat geschrieben: Mittwoch 19. Februar 2020, 10:53
Swann hat geschrieben: Mittwoch 19. Februar 2020, 10:29 Unabhängig davon, ob juristische Tätigkeiten generell eine erhöhte Zuverlässigkeit erfordern, gilt das für die Tätigkeit als Referendar.
Mit der Ausnahme von Sitzungsvertretungen - die man im Einzelfall dann eben nicht machen kann, dafür aber andere Aufgaben - sehe ich das gerade nicht so. Ob Referendar X, der für seinen Zivilrichter einen Urteilsentwurf fertigt, vorbestraft ist oder nicht, machte für mich keinen Unterschied.
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Dann kann man auch gleich eine Externenprüfung einführen. ME ist das aber nicht notwendig. Art 12 I GG gebietet es nicht, dass Verurteilte sofort, unbeschränkt und für jeden Beruf Zugang zu einer Berufszugangsprüfung haben.
Art. 12 I GG gebietet es aber, dass sich der Staat bei Eingriffen in die Berufsfreiheit auf das mildeste, zur Erreichung des Zwecks gleichermaßen geeignete Mittel zurückzieht.
Genau. Und der faktische Verzicht auf das Referendariat ist nicht gleich geeignet wie das Referendariat zur Erreichung von dessen Ausbildungszielen. Der Referendar soll eng angebunden an den Ausbilder dessen beruflichen Alltag erfahren und die dort notwendigen Fertigkeiten erlernen. Das ist kaum möglich, wenn dabei Sorge zu tragen ist, dass er ja nichts von den wirklichen Tätigkeiten mitbekommt und nur Dummy-Akten bearbeitet.
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von Blaumann »

Kasimir hat geschrieben: Mittwoch 19. Februar 2020, 09:54
Blaumann hat geschrieben: Mittwoch 19. Februar 2020, 09:29 Zustimmung. Ich denke, dass man da im Hinblick auf die Resozialisierung überhaupt keinem Rechtfertigungsdruck unterliegt. Resozialisierung bedeutet auch bei jugendlichen oder heranwachsenden Straftätern nicht, dass jeder für jede Tätigkeit geeignet ist. Der Mann hätte jeden beliebigen Beruf ergreifen können. Dass er sich nun ausgerechnet eine Berufsausbildung ausgesucht hat, die für viele Tätigkeiten eine erhöhte Zuverlässigkeit erfordert, ist nicht das Problem der Gesellschaft.

Das scheint auch der Gesetzgeber so zu sehen, sonst hätte er die Löschfristen im BZR nicht so ausgestaltet, wie sie sind.

Wenn die Einträge tilgungsreif sind, kann er's ja noch mal versuchen.
Warum nun gerade die juristische Tätigkeit "eine erhöhte Zuverlässigkeit" erfordern soll, leuchtet mir auch nicht ein und das findet auch keine Stütze im Gesetz.
"Die" juristische Tätigkeit nicht. Ich schrieb von "vielen". Als da bspw. wären Rechtsanwalt, Richter, Staatsanwalt.

Also Tätigkeiten, die entweder mit einer erhöhten Vertrauensstellung gegenüber Mandanten oder mit aktiver staatlicher Machtausübung verbunden sind.

Die gesetzlichen Grundlagen zu erhöhten Zuverlässigkeitsanforderungen ergeben sich aus BRAO und BeamtStG.
Resozialisierung bedeutet nunmal, dass jemand eine zweite Chance verdient.
Ja, aber nicht sofort und überall. Der Resozialisierungsgedanke gebietet es nicht, den Bock zum Gärtner zu machen.

Nach einem erheblichen Zeitablauf kann man über alles reden. So sieht es auch der Gesetzgeber. Zum einen gibt es Tilgungsfristen im BZR und zum anderen Ermessensspielräume bei den Einstellungsvoraussetzungen.

Aber mal ernsthaft: Würdest Du einen Referendar, der wegen einer Vielzahl von Betrugs- und Urkundendelikten unter laufender Bewährung steht, zur Ausbildung zu dir in die Kanzlei nehmen?
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von Blaumann »

Liz hat geschrieben: Mittwoch 19. Februar 2020, 10:39
Jetzt mag man darüber diskutieren, ob man das Referendariat auch so ausgestalten kann, dass auch ein erheblich vorbestrafter Referendar es absolvieren kann; allerdings wird ein Referendar in allen Stationen auch mit sensiblen Sachverhalten befasst. Swann weist insoweit zu Recht auf die Speicherfristen im BZR hin, die letztlich auf eine "nachgelagerte" Bewährungszeit hinauslaufen.
Der Gesetzgeber könnte das sicherlich. Der könnte auch das Ref als ganzes abschaffen. Die Frage, ist aber, ob der Dienstherr, der an das deutsche Richtergesetz und die jeweilige JAPO/JAO gebunden ist, verbindliche praktische Ausbildungsteile so zusammenkürzen darf, dass es dann auch mit strafrechtlich unzuverlässigen Referendaren klappt. Und es stellt sich weiter die Frage, ob er das sollte oder muss.

Ich sehe dafür keinen Anhaltspunkt. Der Verweis auf einschränkbare Grundrechte führt da nicht weiter. Es dürfte unstreitig sein, dass der Gesetzgeber den Zugang zu bestimmten Berufen im Hinblick auf die Zuverlässigkeit einschränken darf.

Warum sollte für den Vorbereitungsdienst zur Ausbildung für diese Berufe etwas anderes gelten?

Wenn es zufällig keine gesetzliche Grundlage für eine Einschränkung gibt (so wie aus Sicht des OVG in Berlin bei Jugendstrafen) dann ist das halt so. Das könnte man ja leicht ändern.
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