Vergütungsvereinbarung

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esprit
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Vergütungsvereinbarung

Beitrag von esprit »

Hallo,

Wie wird das denn bei euch mit Vergütungsvereinbarung gehandhabt? Ich habe sehr viele Mandanten die im Vorfeld die Gebühren wissen wollen beziehungsweise gerne einen speziellen Preis für die Tätigkeit mit mir aushandeln wollen.
In den meisten fällen ist das unproblematisch und ich erstelle eine Gebührenvereinbarung gemäß 3a RVG und lasse mir diese von den Mandanten unterschreiben.
Jetzt ist es aber gerade in den letzten Wochen durch Corona bedingt, dass Aufträge ausschließlich am Telefon oder per E-Mail erteilt werden. Mit unter ist es mir schon passiert dass die Mandanten zwar die Rechnung bezahlen aber die unterzeichnete Vereinbarung nicht zurückschicken.
Jetzt könnte ich ja Gefahr laufen dass keine bestehende Honorarvereinbarung tatsächlich nachweisbar ist.

Nun meine Frage Reicht es denn aus, wenn ich nach einem Telefonat die Vereinbarung schriftlich fixieren, so dass die Textform gegeben ist und diese schriftliche Fixierung zur Akte legen, die natürlich nicht von dem Mandat unterschrieben ist.

Welche Erfahrungen habt ihr denn bei euch in den Kanzleien?
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Tibor
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Re: Vergütungsvereinbarung

Beitrag von Tibor »

Tja, Antrag und Annahme. Wenn die Vereinbarung der Textform bedarf dürften wohl beide Willenserklärungen dieser Form bedürfen, also keine konkludente Annahme durch Zahlung. Auf die Email mit dem Angebot muss der Mdt wenigstens in der erforderlichen Form reagieren und seine Annahme erklären („Ja, machen wir so.“).
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Tibor
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Re: Vergütungsvereinbarung

Beitrag von Tibor »

Extensiv ausgelegt, wahrscheinlich genügt auch der Überweisungsbetreff als Annahme, wenn dort steht „Vergütungsvereinbarung“.
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esprit
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Re: Vergütungsvereinbarung

Beitrag von esprit »

Es ist ja nicht gesetzlich verankert, dass die Textform von beiden unterschrieben sein muss.
Eine E-Mail des Mandanten in dem er bestätigte dass er vorbei kommt und zahlt und dies auch gemacht hat würde meiner Meinung nach ausreichen.

Wie ist es denn in folgender Konstellation, wenn der Mandant über ein Jahr lang die Vereinbarung in Raten bezahlt hat und ihr danach das Geld zurück möchte weil die Vereinbarung nicht schriftlich von beiden unterzeichnet wurde.
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Ara
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Re: Vergütungsvereinbarung

Beitrag von Ara »

Es ist umstritten, ob die Erklärungen in einer Urkunde vorliegen müssen oder nicht. Was auf jedenfall reichen soll ist, wenn jemand die Antwortfunktion der Email nutzt und das Angebot damit wiederholt.

Für eine extensive Auslegung sehe ich hier aber wenig Raum. Ich halte sowohl den Telefonvermerk als auch den Überweisungsbetreff für nicht ausreichend. Beim ersteren geht die Warnfunktion völlig fehl und beim letzteren fehlt es bereits daran, dass in der Erklärung nicht die Vereinbarung drin ist (dies ist aber zwingend siehe Mayer/Kroiß-Tebel § 3a RVG Rn. 18).
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Re: Vergütungsvereinbarung

Beitrag von Swann »

esprit hat geschrieben: Freitag 1. Mai 2020, 10:12 Wie ist es denn in folgender Konstellation, wenn der Mandant über ein Jahr lang die Vereinbarung in Raten bezahlt hat und ihr danach das Geld zurück möchte weil die Vereinbarung nicht schriftlich von beiden unterzeichnet wurde.
Liegt denn eine Vereinbarung in Textform vor?
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Tibor
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Re: Vergütungsvereinbarung

Beitrag von Tibor »

Ara hat geschrieben: Freitag 1. Mai 2020, 10:21 Ich halte ... den Überweisungsbetreff für nicht ausreichend. ... fehlt es bereits daran, dass in der Erklärung nicht die Vereinbarung drin ist (dies ist aber zwingend siehe Mayer/Kroiß-Tebel § 3a RVG Rn. 18).
ebd. Rn. 30.
Da nun einmal Verträge durch Antrag und Annahme zustande kommen ... wird es ausreichen, wenn sowohl der Antrag, wie die Annahme in Textform vorliegen, ohne dass beide körperlich (oder elektronisch) verbunden sind.
Wenn der RA also die VV in Textform (Email) übersendet und der Mdt darauf per Email antwortet "ok", dürfte diese genügen.
Wo soll nun der Unterschied zur Annahme im Überweisungsbetreff sein, wenn der Zusammenhang mit dem Angebot klar wird "1. Rate der VV vom xx.xx.xxxx"?
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Ara
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Re: Vergütungsvereinbarung

Beitrag von Ara »

Hier muss man mE unterscheiden. Es ist zwar nicht notwendig, dass Angebot und Annahme in EINEM Dokument sind (wie zB. wenn auf eine E-Mail geantwortet wird), aber es ist notwendig, dass sowohl in Angebot als auch in Annahme der wesentliche Inhalt der Vereinbarung drin ist. Bei einer E-Mail auf die ich Antworte mit "Okay" steht der wesentliche Inhalt ja zitiert drin. Bei einem Überweisungsträger wird dies aber gerade nicht wiederholt.

Wenn man das so akzeptieren würde, dann würde man auch die Schriftform erfüllen, wenn jemand das Vereinbarte leistet und ein schriftliches Schreiben beifügt. Das erscheint mit hinsichtlich der Funktion der Formerfordernis (insbesondere Warnfunktion und Beweisfunktion) nicht sinnig.

So oder so: Ich würde in der Praxis auf die !Schriftform! nicht verzichten. Sicher ist sicher.
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Re: Vergütungsvereinbarung

Beitrag von thh »


esprit hat geschrieben:Es ist ja nicht gesetzlich verankert, dass die Textform von beiden unterschrieben sein muss.
Stimmt. Die Textform bedarf keiner Unterschrift. Aber wie hilft das jetzt weiter?
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Re: Vergütungsvereinbarung

Beitrag von famulus »

Ara hat geschrieben: Freitag 1. Mai 2020, 12:43 Hier muss man mE unterscheiden. Es ist zwar nicht notwendig, dass Angebot und Annahme in EINEM Dokument sind (wie zB. wenn auf eine E-Mail geantwortet wird), aber es ist notwendig, dass sowohl in Angebot als auch in Annahme der wesentliche Inhalt der Vereinbarung drin ist. Bei einer E-Mail auf die ich Antworte mit "Okay" steht der wesentliche Inhalt ja zitiert drin. Bei einem Überweisungsträger wird dies aber gerade nicht wiederholt.
Wo nimmst du das denn her? Wenn auf die Mail eine korrespondierende separate Antwortmail "Okay" kommt, soll es materiellrechtlich nicht genügen? Das dürfte doch allein ein Beweisproblem sein (korrespondierend oder nicht), nicht aber ein formelles.

("Ja, Herr Ober - gern nehme ich zu dem soeben bestellten Steak noch das von Ihnen angebotene Pils zu 2,80 an. Bitte Danke.")
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Re: Vergütungsvereinbarung

Beitrag von Ara »

famulus hat geschrieben: Freitag 1. Mai 2020, 13:34
Ara hat geschrieben: Freitag 1. Mai 2020, 12:43 Hier muss man mE unterscheiden. Es ist zwar nicht notwendig, dass Angebot und Annahme in EINEM Dokument sind (wie zB. wenn auf eine E-Mail geantwortet wird), aber es ist notwendig, dass sowohl in Angebot als auch in Annahme der wesentliche Inhalt der Vereinbarung drin ist. Bei einer E-Mail auf die ich Antworte mit "Okay" steht der wesentliche Inhalt ja zitiert drin. Bei einem Überweisungsträger wird dies aber gerade nicht wiederholt.
Wo nimmst du das denn her? Wenn auf die Mail eine korrespondierende separate Antwortmail "Okay" kommt, soll es materiellrechtlich nicht genügen? Das dürfte doch allein ein Beweisproblem sein (korrespondierend oder nicht), nicht aber ein formelles.

("Ja, Herr Ober - gern nehme ich zu dem soeben bestellten Steak noch das von Ihnen angebotene Pils zu 2,80 an. Bitte Danke.")
Siehe die Kommentarstelle, wo sogar diskutiert wird, ob es EIN Dokument sein muss. Der Streit ist da aber nicht umfassend dargelegt. Es wird aber angedeutet, dass es wohl aus der alten BGH-Rechtsprechung zur Vorgängernorm abgeleitet wird, wonach der BGH meint, wenn es für solche Regelungen eigene Absätze gäbe, dann müssten die besonders streng ausgelegt werden.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Re: Vergütungsvereinbarung

Beitrag von esprit »

Aber ich finde es mal abgesehen von der rechtlichen Sicht sogar ein deutliches mehr wenn jemand den Betrag bezahlt und somit anerkennt und leistet, als wenn jemand auf eine E-Mail ohne den Inhalt der Vereinbarung wieder zu geben lediglich okay zurück schreibt.

Es wird ja mit unter auch diskutiert ob es einfach ausreichend ist, wenn der Anwalt ein am Telefon vereinbartes Honorar und die Bedingung nach dem Telefonat schriftlich fixiert und zur Akte legt. Das soll auch schon der Textform genüge tun.
Hinsichtlich der Problematik des Beweises, wenn man das Geld fordert sehe ich da große Schwierigkeiten.
Allerdings im umgekehrten Fall wenn man auf Rückzahlung wegen fehlender Textform in Anspruch genommen wird würde ich es als ausreichend erachten.
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Re: Vergütungsvereinbarung

Beitrag von Swann »

esprit hat geschrieben: Freitag 1. Mai 2020, 15:20 Aber ich finde es mal abgesehen von der rechtlichen Sicht sogar ein deutliches mehr wenn jemand den Betrag bezahlt und somit anerkennt und leistet, als wenn jemand auf eine E-Mail ohne den Inhalt der Vereinbarung wieder zu geben lediglich okay zurück schreibt.

Das Problem ist aber, dass § 3a Satz 1 RVG nicht eine besonders intensive Form der Zustimmung verlangt, sondern eine Vereinbarung in Textform. Es liegt sehr nahe, dass so auszulegen, dass Antrag und Annahme jeweils in Textform erklärt werden müssen. Wenn das Gesetz das nicht besonders anordnet, heilt der Vollzug eines Vertrages nicht dessen Formnichtigkeit.
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Re: Vergütungsvereinbarung

Beitrag von thh »


Swann hat geschrieben:Das Problem ist aber, dass § 3a Satz 1 RVG nicht eine besonders intensive Form der Zustimmung verlangt, sondern eine Vereinbarung in Textform. Es liegt sehr nahe, dass so auszulegen, dass Antrag und Annahme jeweils in Textform erklärt werden müssen. Wenn das Gesetz das nicht besonders anordnet, heilt der Vollzug eines Vertrages nicht dessen Formnichtigkeit.
Das sind m.E. sehr abseitige Erwägungen. Wenn man formell einen Text aufschreibt, was soll das sonst sein außer Textform? Und wozu braucht es überhaupt eine besondere Form, wenn jemand zahlt? Erfüllung ist doch eine weitergehende Erklärung als bloße Annahme. Ansonsten müsste man am Ende Zahlungen nur deshalb zurückverlangen können, weil sie ohne Vertrag erfolgt sind. Das wäre ja absurd!
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Re: Vergütungsvereinbarung

Beitrag von Sektnase »

thh hat geschrieben: Freitag 1. Mai 2020, 17:14 Das sind m.E. sehr abseitige Erwägungen. Wenn man formell einen Text aufschreibt, was soll das sonst sein außer Textform? Und wozu braucht es überhaupt eine besondere Form, wenn jemand zahlt? Erfüllung ist doch eine weitergehende Erklärung als bloße Annahme. Ansonsten müsste man am Ende Zahlungen nur deshalb zurückverlangen können, weil sie ohne Vertrag erfolgt sind. Das wäre ja absurd!
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