Sehr spezielles Rechtsgebiet, sehr technisch, wenig Leben (vom Asylreecht mal abgesehen). Ich hab gern Hochschul- und Prüfungsrecht als Anwalt gemacht, aber Kommunalabgenrecht und Asylrecht haben mich dann von dem Gedanken geheilt, irgendwann mal ans VG zu wollen, weil man da die höchste Dichte an Rechtsfragen hat.Gurkensushi hat geschrieben: ↑Samstag 16. Mai 2020, 22:05 Vielen Dank für eure Antworten. Das hilft mir weiter.
Vielleicht eine etwas unspezifische Frage: Gibt es etwas, was ihr gern gewusst hättet, bevor ihr euch für den Beruf eines Verwaltungsrichters entschieden hättet?
Sollte man da etwas als Berufsanfänger auf dem Schirm haben, was einem womöglich gar nicht bewusst ist?
Arbeit eines Verwaltungsrichters
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Re: Arbeit eines Verwaltungsrichters
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Re: Arbeit eines Verwaltungsrichters
Es gibt da eine praktische Verfügung:stilzchenrumpel hat geschrieben: ↑Freitag 15. Mai 2020, 22:30 häää man wird doch vertreten ... also man bekommt die Akten schubweise so ca 1 Woche bis 3 Wochen nach Rückkehr ins Büro gekippt!
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Re: Arbeit eines Verwaltungsrichters
Letzteres stimmt auf jeden Fall. Es gibt hier - von bestimmten Rechtsgebieten abgesehen - weniger Tatsachenermittlung als an den ordentlichen Gerichten. Liegt im Wesentlichen daran, dass auch schon im Verwaltungsverfahren Amtsermittlung gilt. Dafür sind häufig komplizierte Rechtsfragen zu klären. Das muss man mögen. Wenn man darauf keine Lust hat, kann ich mir gut vorstellen, dass einem der Job schnell keinen Spaß macht.Strich hat geschrieben: ↑Montag 18. Mai 2020, 17:48Sehr spezielles Rechtsgebiet, sehr technisch, wenig Leben (vom Asylreecht mal abgesehen). Ich hab gern Hochschul- und Prüfungsrecht als Anwalt gemacht, aber Kommunalabgenrecht und Asylrecht haben mich dann von dem Gedanken geheilt, irgendwann mal ans VG zu wollen, weil man da die höchste Dichte an Rechtsfragen hat.Gurkensushi hat geschrieben: ↑Samstag 16. Mai 2020, 22:05 Vielen Dank für eure Antworten. Das hilft mir weiter.
Vielleicht eine etwas unspezifische Frage: Gibt es etwas, was ihr gern gewusst hättet, bevor ihr euch für den Beruf eines Verwaltungsrichters entschieden hättet?
Sollte man da etwas als Berufsanfänger auf dem Schirm haben, was einem womöglich gar nicht bewusst ist?
Re: Arbeit eines Verwaltungsrichters
Wobei ich mich bei manchen Rechtsfragen schon frage, wie Verwaltungsrichter an diese herangehen. Natürlich gibt es teilweise viele Regelungen, Rechtsprechung und notfalls allgemeine Grundsätze.
Aber dennoch habe ich den Eindruck, dass jedenfalls in manchen Bereichen eine verwaltungsrichterliche Entscheidung sich im Wesentlichen an den folgenden Kriterien orientiert:
- das Problem muss irgendwie rechtlich gelöst werden, es soll nicht unjustiziabel bleiben
- wenn es schon keinerlei Normen oder Vorgaben gibt, zimmere ich mir eben irgendeinen, ansatzweise plausibel klingenden Maßstab im luftleeren Raum
- den wende ich dann auf den vorliegenden Fall an
Im Zivilrecht sehe ich das weitaus seltener, dort wird mE regelmäßig viel näher an den Normen gearbeitet und notfalls eine Analogie gebildet.
Aber dennoch habe ich den Eindruck, dass jedenfalls in manchen Bereichen eine verwaltungsrichterliche Entscheidung sich im Wesentlichen an den folgenden Kriterien orientiert:
- das Problem muss irgendwie rechtlich gelöst werden, es soll nicht unjustiziabel bleiben
- wenn es schon keinerlei Normen oder Vorgaben gibt, zimmere ich mir eben irgendeinen, ansatzweise plausibel klingenden Maßstab im luftleeren Raum
- den wende ich dann auf den vorliegenden Fall an
Im Zivilrecht sehe ich das weitaus seltener, dort wird mE regelmäßig viel näher an den Normen gearbeitet und notfalls eine Analogie gebildet.
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Re: Arbeit eines Verwaltungsrichters
da haben wir einen sehr unterschiedlichen Eindruck. Unter § 280 BGB wird doch zur Not alles gezimmert, was nicht bei 3 unterm Palandt ist.
Und ja, man spricht dann eben Recht. Und schafft die entsprechende Rechtsprechung.
Vielleicht meinen wir auch nicht dasselbe ich weiß nicht so recht was du meinst. Gerade im ör ist der Prüfungsmaßstab zumindest mir idR deutlich klarer als im zr
Und ja, man spricht dann eben Recht. Und schafft die entsprechende Rechtsprechung.
Vielleicht meinen wir auch nicht dasselbe ich weiß nicht so recht was du meinst. Gerade im ör ist der Prüfungsmaßstab zumindest mir idR deutlich klarer als im zr
Hier gibt es nichts zu sehen, ich trolle nur.
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Re: Arbeit eines Verwaltungsrichters
Beispiele?Suchender_ hat geschrieben: ↑Dienstag 19. Mai 2020, 16:56 Wobei ich mich bei manchen Rechtsfragen schon frage, wie Verwaltungsrichter an diese herangehen. Natürlich gibt es teilweise viele Regelungen, Rechtsprechung und notfalls allgemeine Grundsätze.
Aber dennoch habe ich den Eindruck, dass jedenfalls in manchen Bereichen eine verwaltungsrichterliche Entscheidung sich im Wesentlichen an den folgenden Kriterien orientiert:
- das Problem muss irgendwie rechtlich gelöst werden, es soll nicht unjustiziabel bleiben
- wenn es schon keinerlei Normen oder Vorgaben gibt, zimmere ich mir eben irgendeinen, ansatzweise plausibel klingenden Maßstab im luftleeren Raum
- den wende ich dann auf den vorliegenden Fall an
Im Zivilrecht sehe ich das weitaus seltener, dort wird mE regelmäßig viel näher an den Normen gearbeitet und notfalls eine Analogie gebildet.
Re: Arbeit eines Verwaltungsrichters
Mir fallen jetzt nicht auf Anhieb viele Urteile ein, aber insbesondere in wenig/nicht hinreichend normierten Rechtsbereichen, wie z.B. dem öffentlichen Sachenrecht, Teilen des Subventionsrechts, dem Kommunalrecht usw.
Dort werden dann ganze Gedankengebäude zusammengezimmert, die entweder keinerlei gesetzliche Grundlage haben und bestenfalls auf "gewohnheitsrechtliche Rechtsfiguren" gestützt werden oder die allenfalls auf dürren, in keiner Weise aussagekräftigen Normen beruhen.
Gerade wenn angefangen wird, im luftleeren Raum von der "Widmung", der "öffentlichen Einrichtung" und der "Kehrseitentheorie" zu sprechen, weiß man, dass eben die folgenden, von mir oben angesprochenen Maßstäbe gelten:
- das Problem muss irgendwie rechtlich gelöst werden, es soll nicht unjustiziabel bleiben
- wenn es schon keinerlei Normen oder Vorgaben gibt, zimmere ich mir eben irgendeinen, ansatzweise plausibel klingenden Maßstab im luftleeren Raum
- den wende ich dann auf den vorliegenden Fall an
Natürlich kann man das alles mit schönen Worten gut begründen und sich dabei auf eine lange Rechtsprechungshistorie stützen, aber letztlich ist es doch nichts anderes als "da gab es halt ein Problem, dazu gab es keine Norm, der Richter meinte, das müsse man trotzdem irgendwie lösen, deshalb hat er sich was Schlaues ausgedacht (bzw aus der Wissenschaft übernommen), und andere haben das eben übernommen".
Noch konkretere Beispiele:
1. Alles, was mit dem ö-r Hausverbot zusammenhängt.
2. Der gesamte kommunale Organstreit -- dazu gibt es halt normativ nichts, aber "es kann doch nicht sein, dass man diese Rechtspositionen nicht einklagen kann".
3. Zu Urteilen s. etwa Schleswig-Holsteinisches OVG, Urt. v. 28.04.2016 - 4 LB 23/15 (Hafen Friedrichskoog)
4. oder das Urteil eines VG zur Sperrung auf der Facebook-Seite einer ö-r Rundfunkanstalt (habe gerade das Az. nicht, ist glaube ich in der NJW veröffentlicht), in dem behauptet wird, die FB-Seite sei eine öff. Einrichtung usw. Dann wird episch diskutiert, dass die Pflicht zur Zurverfügungstellung der Seite ihre Grenze in den (eigenen!) Netiquette der ö-r Rundfunkanstalt für diese Seite ist (warum? wo steht das?).
5. Das Urteil zur "Pflicht, einen Weihnachtsmarkt zu betreiben" (aus Art. 28 II GG)
---
In manchen dieser Fälle könnte man sich auch einfach hinstellen und etwa sagen: Die Klage ist unbegründet. Das [Handeln der Beklagten] ist nicht rechtswidrig. Es besteht insoweit keinerlei Rechtsvorschrift, gegen welche die Beklagte hätte verstoßen können. Auch Grundrechte des Klägers sind nicht verletzt [evtl. kurz ausführen]. Kosten. vV. Unterschrift
Dort werden dann ganze Gedankengebäude zusammengezimmert, die entweder keinerlei gesetzliche Grundlage haben und bestenfalls auf "gewohnheitsrechtliche Rechtsfiguren" gestützt werden oder die allenfalls auf dürren, in keiner Weise aussagekräftigen Normen beruhen.
Gerade wenn angefangen wird, im luftleeren Raum von der "Widmung", der "öffentlichen Einrichtung" und der "Kehrseitentheorie" zu sprechen, weiß man, dass eben die folgenden, von mir oben angesprochenen Maßstäbe gelten:
- das Problem muss irgendwie rechtlich gelöst werden, es soll nicht unjustiziabel bleiben
- wenn es schon keinerlei Normen oder Vorgaben gibt, zimmere ich mir eben irgendeinen, ansatzweise plausibel klingenden Maßstab im luftleeren Raum
- den wende ich dann auf den vorliegenden Fall an
Natürlich kann man das alles mit schönen Worten gut begründen und sich dabei auf eine lange Rechtsprechungshistorie stützen, aber letztlich ist es doch nichts anderes als "da gab es halt ein Problem, dazu gab es keine Norm, der Richter meinte, das müsse man trotzdem irgendwie lösen, deshalb hat er sich was Schlaues ausgedacht (bzw aus der Wissenschaft übernommen), und andere haben das eben übernommen".
Noch konkretere Beispiele:
1. Alles, was mit dem ö-r Hausverbot zusammenhängt.
2. Der gesamte kommunale Organstreit -- dazu gibt es halt normativ nichts, aber "es kann doch nicht sein, dass man diese Rechtspositionen nicht einklagen kann".
3. Zu Urteilen s. etwa Schleswig-Holsteinisches OVG, Urt. v. 28.04.2016 - 4 LB 23/15 (Hafen Friedrichskoog)
4. oder das Urteil eines VG zur Sperrung auf der Facebook-Seite einer ö-r Rundfunkanstalt (habe gerade das Az. nicht, ist glaube ich in der NJW veröffentlicht), in dem behauptet wird, die FB-Seite sei eine öff. Einrichtung usw. Dann wird episch diskutiert, dass die Pflicht zur Zurverfügungstellung der Seite ihre Grenze in den (eigenen!) Netiquette der ö-r Rundfunkanstalt für diese Seite ist (warum? wo steht das?).
5. Das Urteil zur "Pflicht, einen Weihnachtsmarkt zu betreiben" (aus Art. 28 II GG)
---
In manchen dieser Fälle könnte man sich auch einfach hinstellen und etwa sagen: Die Klage ist unbegründet. Das [Handeln der Beklagten] ist nicht rechtswidrig. Es besteht insoweit keinerlei Rechtsvorschrift, gegen welche die Beklagte hätte verstoßen können. Auch Grundrechte des Klägers sind nicht verletzt [evtl. kurz ausführen]. Kosten. vV. Unterschrift
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Re: Arbeit eines Verwaltungsrichters
Du solltest vielleicht lieber überdenken, ob deine Vorstellung von „Recht“ der hM entspricht. Recht und Normen ergeben sich eben gerade nicht nur aus formellen Gesetzen. Sowas wie Gewohnheitsrecht, Richterrecht etc. ist nicht „komisch“ und eine „Verrenkung“ eines Gerichts.
"Just blame it on the guy who doesn't speak English. Ahh, Tibor, how many times you've saved my butt."
Re: Arbeit eines Verwaltungsrichters
Ich habe keines dieser Wörter verwendet, sondern dass eben die folgenden, von mir oben angesprochenen Maßstäbe gelten:
- das Problem muss irgendwie rechtlich gelöst werden, es soll nicht unjustiziabel bleiben
- wenn es schon keinerlei Normen oder Vorgaben gibt, zimmere ich mir eben irgendeinen, ansatzweise plausibel klingenden Maßstab im luftleeren Raum
- den wende ich dann auf den vorliegenden Fall an
- das Problem muss irgendwie rechtlich gelöst werden, es soll nicht unjustiziabel bleiben
- wenn es schon keinerlei Normen oder Vorgaben gibt, zimmere ich mir eben irgendeinen, ansatzweise plausibel klingenden Maßstab im luftleeren Raum
- den wende ich dann auf den vorliegenden Fall an
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Re: Arbeit eines Verwaltungsrichters
Es gibt Normen, wenn das Gericht einen Fall anhand von Richterrecht (sic!) entscheidet.Suchender_ hat geschrieben: - wenn es schon keinerlei Normen oder Vorgaben gibt, zimmere ich mir eben irgendeinen, ansatzweise plausibel klingenden Maßstab im luftleeren Raum
Und darauf bezog sich dein weiterer Beitrag ...
Mit dem du scheinbar darlegen willst, dass für dich nur „gesetztes Recht“ irgendwie „wahres Recht“ sei, weil der Rest eben „zusammengezimmerte Gedankengebäude“ seien. Und das kann und will ich so nicht unkommentiert stehen lassen.Dort werden dann ganze Gedankengebäude zusammengezimmert, die entweder keinerlei gesetzliche Grundlage haben und bestenfalls auf "gewohnheitsrechtliche Rechtsfiguren" gestützt werden oder die allenfalls auf dürren, in keiner Weise aussagekräftigen Normen beruhen. Gerade wenn angefangen wird, im luftleeren Raum von ...
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Re: Arbeit eines Verwaltungsrichters
Das ist halt ein überaus positivistischer Ansatz, der im Übrigen auch auf keines deiner Beispiele zutrifft. Die haben alle einen positiv normierten Ausgangspunkt. In anderen Rechtsgebieten ist es doch auch nicht anders. Nimm §§ 280, 823, 1004 BGB als Beispiele oder jeden beliebigen Straftatbestand aus dem StGB.Suchender_ hat geschrieben: ↑Mittwoch 20. Mai 2020, 00:49 Ich habe keines dieser Wörter verwendet, sondern dass eben die folgenden, von mir oben angesprochenen Maßstäbe gelten:
- das Problem muss irgendwie rechtlich gelöst werden, es soll nicht unjustiziabel bleiben
- wenn es schon keinerlei Normen oder Vorgaben gibt, zimmere ich mir eben irgendeinen, ansatzweise plausibel klingenden Maßstab im luftleeren Raum
- den wende ich dann auf den vorliegenden Fall an
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Re: Arbeit eines Verwaltungsrichters
Zur Verwaltungsgerichtsbarkeit in NRW ein paar Eindrücke von mir:
Derzeit liegt der Schwerpunkt der meisten Kammern (wie wohl im Rest der Verwaltungsgerichtsbarkeit auch) klar auf dem Asylrecht. Bei vielen Kollegen ist das Rechtsgebiete eher unbeliebt, wohl auch, weil es mitunter bei den „einfachen“ Ländern schnell eintönig werden kann, während es bei den „schwierigeren“ Ländern (wie zB Afghanistan) sehr aufwändig werden kann, immer auf dem aktuellen Stand der Erkenntnisse zu sein.
Die Arbeitsbelastung scheint mir im Vergleich zu dem, was ich von Freunden aus anderen Gerichtsbarkeiten so höre, im Durchschnitt eher moderat zu sein. Das hängt aber auch mit der Belastung der jeweiligen Kammer und der eigenen Arbeitsweise zusammen. Proberichter arbeiten hier schon mehr als 40 Stunden, altgediente Hasen aber auch darunter.
Leider beobachte ich bei einigen (v.a. jüngeren) Kollegen ein gehöriges Maß an „Anpassungsvermögen“, welches ich so nicht erwartet hätte und auch von den zu uns abgeordneten Richtern aus der ordentlichen Gerichtsbarkeit so nicht kenne. Das geht teilweise eher in Richtung Karrierebeamter als in Richtung Richter. Die Aussicht auf die R2 in Verbindung mit den Strukturen einer Kammer scheinen hier der Freigeistigkeit des einen oder anderen nicht gerade gut zu tun.
Auf der anderen Seite kann eine funktionierende Kammer für die eigene Arbeitszufriedenheit Gold wert sein und ich würde sie nicht gegen die (größere) Unabhängigkeit eines Amtsrichters eintauschen wollen!
Derzeit liegt der Schwerpunkt der meisten Kammern (wie wohl im Rest der Verwaltungsgerichtsbarkeit auch) klar auf dem Asylrecht. Bei vielen Kollegen ist das Rechtsgebiete eher unbeliebt, wohl auch, weil es mitunter bei den „einfachen“ Ländern schnell eintönig werden kann, während es bei den „schwierigeren“ Ländern (wie zB Afghanistan) sehr aufwändig werden kann, immer auf dem aktuellen Stand der Erkenntnisse zu sein.
Die Arbeitsbelastung scheint mir im Vergleich zu dem, was ich von Freunden aus anderen Gerichtsbarkeiten so höre, im Durchschnitt eher moderat zu sein. Das hängt aber auch mit der Belastung der jeweiligen Kammer und der eigenen Arbeitsweise zusammen. Proberichter arbeiten hier schon mehr als 40 Stunden, altgediente Hasen aber auch darunter.
Leider beobachte ich bei einigen (v.a. jüngeren) Kollegen ein gehöriges Maß an „Anpassungsvermögen“, welches ich so nicht erwartet hätte und auch von den zu uns abgeordneten Richtern aus der ordentlichen Gerichtsbarkeit so nicht kenne. Das geht teilweise eher in Richtung Karrierebeamter als in Richtung Richter. Die Aussicht auf die R2 in Verbindung mit den Strukturen einer Kammer scheinen hier der Freigeistigkeit des einen oder anderen nicht gerade gut zu tun.
Auf der anderen Seite kann eine funktionierende Kammer für die eigene Arbeitszufriedenheit Gold wert sein und ich würde sie nicht gegen die (größere) Unabhängigkeit eines Amtsrichters eintauschen wollen!
Zuletzt geändert von Spencer am Mittwoch 20. Mai 2020, 08:38, insgesamt 2-mal geändert.
Re: Arbeit eines Verwaltungsrichters
@Tibor: ganz offensichtlich meinte ich geschriebene Normen.
Es ging mir nur darum zu sagen, dass ich die Arbeitsweise der Verwaltungsrichter nicht verstehe, weil sie eben in manchen Bereichen ohne ansatzweise geschriebene rechtliche Grundlage handeln. Das käme mir persönlich höchst merkwürdig vor, ungeachtet der Frage wie man zur rechtlichen Legitimität von Richterrecht steht.
@sai: in anderen Rechtsgebieten wird auch viel konstruiert, aber in aller Regel auf der Grundlage von geschriebenen Normen oder Verträgen, die man auslegt und ggf analog anwendet. Im VerwaltungsR gibt es dagegen ganze Rechtsinstitute (Hausrecht, öffentliche Einrichtungen, Widmung, FBA, ör EA usw), die jedenfalls in diesem Rechtsgebiet keine geschriebene Grundlage haben.
Es ging mir nur darum zu sagen, dass ich die Arbeitsweise der Verwaltungsrichter nicht verstehe, weil sie eben in manchen Bereichen ohne ansatzweise geschriebene rechtliche Grundlage handeln. Das käme mir persönlich höchst merkwürdig vor, ungeachtet der Frage wie man zur rechtlichen Legitimität von Richterrecht steht.
@sai: in anderen Rechtsgebieten wird auch viel konstruiert, aber in aller Regel auf der Grundlage von geschriebenen Normen oder Verträgen, die man auslegt und ggf analog anwendet. Im VerwaltungsR gibt es dagegen ganze Rechtsinstitute (Hausrecht, öffentliche Einrichtungen, Widmung, FBA, ör EA usw), die jedenfalls in diesem Rechtsgebiet keine geschriebene Grundlage haben.
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Re: Arbeit eines Verwaltungsrichters
Ich war noch nie am VG. Höre aber, dass die tägliche Anwesenheit erwartet wird. Damit war das für mich schon mal raus.
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Re: Arbeit eines Verwaltungsrichters
Die haben doch im Wesentlichen alle eine geschriebene Grundlage (die - zugegeben - vielleicht nicht in deinem Sinne einseitig ist).