thh hat geschrieben: ↑Sonntag 7. Juni 2020, 02:08
2 BvR 1444/00, Rn. 48
Bundesverfassungsgericht hat geschrieben:
Zwar hat Art. 13 Abs. 2 GG den Regelungsgehalt von § 105 der Strafprozessordnung von 1877 aufgegriffen, und das Reichsgericht hat - bei der Frage der Rechtmäßigkeit der Amtsausübung nach § 113 StGB - die Auffassung vertreten, "Gefahr im Verzug" falle nicht in den Bereich richterlicher Prüfung (RGSt 23, 334). Den Materialien zu Art. 13 GG ist aber nicht zu entnehmen, dass die Mütter und Väter des Grundgesetzes diese reichsgerichtliche Rechtsprechung übernehmen wollten oder dass sie die richterliche Überprüfbarkeit von "Gefahr im Verzug" überhaupt als Problem gesehen und erörtert hätten (vgl. Doemming/Füsslein/Matz, Entstehungsgeschichte der Artikel des Grundgesetzes, in: JöR N. F., Bd. 1, 1951, S. 138 ff.; s. auch BVerfGE 88, 40 <56 f.> zu Art. 7 Abs. 5 GG).
Das kann ich mit deiner Aussage in keinen echten Zusammenhang bringen....
thh hat geschrieben: ↑Sonntag 7. Juni 2020, 02:08
2 BvR 1114/05, Rn. 13
Bundesverfassungsgericht hat geschrieben:
Dem Gewicht dieses Eingriffs und der verfassungsrechtlichen Bedeutung des Schutzes der räumlichen Privatsphäre entspricht es, dass Art. 13 Abs. 2 GG die Anordnung einer Durchsuchung grundsätzlich dem Richter vorbehält. Der Richtervorbehalt zielt auf eine vorbeugende Kontrolle der Maßnahme durch eine unabhängige und neutrale Instanz. Der persönlich und sachlich unabhängige, strikt dem Gesetz unterworfene Richter kann die Rechte der Betroffenen im Einzelfall am besten und sichersten wahren (vgl. BVerfGE 103, 142 <151>). Deshalb muss die Anordnung durch die Staatsanwaltschaft oder deren Hilfsbeamte bei Gefahr im Verzuge (§ 105 Abs. 1 Satz 1 StPO), durch die ein schnelles, situationsgerechtes Handeln der Ermittlungsbehörden ermöglicht werden soll, nach Wortlaut und Systematik des Art. 13 Abs. 2 GG die Ausnahme neben der Regel richterlicher Anordnung bleiben (vgl. BVerfGE 103, 142 <153, 158>). Die Strafverfolgungsbehörden müssen regelmäßig versuchen, eine Anordnung des Ermittlungsrichters zu erlangen, bevor sie eine Durchsuchung beginnen. Nur in Ausnahmesituationen, wenn schon die zeitliche Verzögerung wegen eines solchen Versuchs den Erfolg der Durchsuchung gefährden würde, dürfen sie selbst die Anordnung wegen Gefahr im Verzug treffen, ohne sich zuvor um eine richterliche Entscheidung bemüht zu haben (vgl. BVerfGE 103, 142 <155 f.>).
Hier sehe ich nur, daß _ausnahmsweise_ auf die gerichtliche Anordnung bei Gefahr im Verzug verzichtet werden kann. Von wegen kurzer fernmündlicher Bericht auf Basis eines fernmündlichen Berichts sehe ich hier nichts.
thh hat geschrieben: ↑Sonntag 7. Juni 2020, 02:08
2 BvR 2718/10, 2 BvR 1849/11, 2 BvR 2808/11, Rn. 71
Bundesverfassungsgericht hat geschrieben:
Stattdessen sind bei der Beurteilung der Frage, ob der Versuch, eine richterliche Entscheidung herbeizuführen, unterbleiben darf, weil bereits die damit verbundene zeitliche Verzögerung den Erfolg der Durchsuchung gefährden würde, die konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalles in Rechnung zu stellen. Die Ermittlungsbehörden haben insbesondere die Komplexität der im Rahmen der Durchsuchungsanordnung zu prüfenden tatsächlichen und rechtlichen Fragen und den insoweit erforderlichen Zeitaufwand zu berücksichtigen. Daneben haben sie aber auch in ihre Überlegungen einzubeziehen, dass die Vorlage schriftlicher Unterlagen zur Herbeiführung einer richterlichen Eilentscheidung zumindest nicht ausnahmslos erforderlich ist. Jedenfalls in einfach gelagerten Fällen, in denen allein aufgrund der mündlichen Darstellung des Sachverhalts eine sachangemessene Entscheidung möglich ist, würde ein solches Erfordernis weder der gesetzlichen Intention noch der Bedeutung des Richtervorbehalts für den Grundrechtsschutz des Einzelnen gerecht (vgl. insoweit zur Anordnung einer Blutentnahme gemäß § 81a StPO: BVerfGK 17, 340 <346 f.>). Es bestehen daher in solchen Fällen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn der zuständige Richter allein aufgrund mündlich übermittelter Informationen entscheidet und die Durchsuchung auch mündlich anordnet, sofern er diese Anordnung zeitnah schriftlich dokumentiert und damit den sich aus Art. 19 Abs. 4 GG ergebenden Erfordernissen Rechnung trägt.
Hier wird die Möglichkeit rein mündlicher Anordnung auf "einfache Fälle" beschränkt. Wiederholt wird der Ausnahmecharakter. Von einer Verkettung von fernmündlichen Berichten lese ich auch hier nichts.
Mag sein, daß das in der Praxis anders gelebt wird. Aber per se eine Absegnung dieser Praxis durch das Bundesverfassungsgericht sehe ich nicht.