Referendariat in Mecklenburg-Vorpommern

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Moderator: Verwaltung

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Bohne96
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Referendariat in Mecklenburg-Vorpommern

Beitrag von Bohne96 »

Liebe Leute,

nach meinem erfolgreich absolvierten ersten Staatsexamen in Schleswig-Holstein (Gesamtnote: 9,64 Punkte = vollbefriedigend, davon staatlicher Teil: 8,33 Punkte = befriedigend) stellt sich für mich die Frage nach dem Standort, um mein Referendariat zu absolvieren. Ich wohne derzeit noch in Kiel, hänge allerdings nicht an dem Ort. Vielmehr würde ich aus persönlichen Gründen einen anderen Ort bevorzugen. Innerhalb Schleswig-Holsteins käme für mich zum nächsten Termin im Dezember Lübeck in Frage.

Allerdings spiele ich derzeit mit dem Gedanken, mich auf einen Platz in Mecklenburg-Vorpommern (genauer in Schwerin oder Rostock) zu bewerben. Die Verbeamtung als Widerruf und die Höhe der Unterhaltsbeihilfe klingen im bundesweiten Bereich ja auch relativ attraktiv. Auch habe ich dank eines Praktikums bereits Kontakte in die Staatskanzlei nach Schwerin geknüpft. Jedoch sind die Rechercheergebnisse im Netz hinsichtlich der Ausbildungsbedingungen im Referendariat in MV nicht gerade ergiebig und wenn vorhanden, nicht gerade positiv (vgl.: https://www.lto.de/recht/studium-referen...d-rostock/ (Verwaister Link automatisch entfernt)). Daher würde ich mich gerne erkundigen, ob hier jemand Referendar in MV ist oder war, der etwas aufgrund seiner Erfahrungen berichten kann. Wie sind die AGs, die Ausbilder, die Fahrtwege und -anzahlen und insbesondere die Klausuren (Schwierigkeitsgrad und Ergebnisse)? Vielleicht hat auch jemand - wie ich es vor habe - aus Schleswig-Holstein gewechselt und kann über etwaige Umstellungsschwierigkeiten im ÖR berichten?!

Vielen Dank im Voraus und liebe Grüße
nanf
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Re: Referendariat in Mecklenburg-Vorpommern

Beitrag von nanf »

Ich kann nur von nem Kumpel und seiner Freundin berichten.

Er würde es nicht wieder machen, er meinte er hat viel schlechtes gehört und es ist noch schlechter als erwartet.
Die AG für den Verwaltungsteil war mehr als bescheiden. Richtiges wurde als Falsch gewertet, (Ansicht des BVerfG war falsch).
Des Weiteren wurde ich der Coronakrise nicht eine Zoomlizenz oder ähnliches angeschafft.
Die RechtsanwaltsAG besteht nur aus Posern wo gesagt wird wie geil die sind und das es auch in MV Millionenmandate gibt, in der AG wird dir dann erklärt das es ein Fax gibt..

Laut seiner Aussage würde er jeden abraten dort sein Ref zu machen.
Sektnase
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Re: Referendariat in Mecklenburg-Vorpommern

Beitrag von Sektnase »

Hör nicht auf Bewertungen von AGs oder Ausbildern, zumindest wenn die AG-Leiter nicht Hauptamtlich sind. Du kannst überall an solche und solche geraten.. Schau welche Stadt oder welche Stationen dir gefallen.
In einem Umfeld, in dem mittelschwere Hurensöhnigkeit häufig zum Stellenprofil gehört, muss einen nicht wundern, wenn man Scheiße behandelt wird. -Blaumann
sl4442
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Re: Referendariat in Mecklenburg-Vorpommern

Beitrag von sl4442 »

Ich bin aktuell Referendar in Mecklenburg-Vorpommern und würde nochmal hierhin gehen.

Das Bruttogehalt beträgt als Beamter auf Widerruf inzwischen 1502,50 €, netto sind es bei mir ca. 1400 €. Die private Krankenversicherung muss man noch extra bezahlen, die fangen ab 60 € pro Monat an. Beachte, dass du nach dem Ausscheiden als Beamter auf Widerruf keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld 1 hast, höchstens auf ALG2 aka Hartz IV hast.

In der Zivilstation hatte ich sehr lockere Richter, die auch kompetent wirkten und sich Mühe gegeben haben. In der Verwaltungsstation war der Richter wesentlich strenger, aber auch kompetent und ich habe dort viel gelernt. Wir hatten teilweise auch Unterricht per Zoom. Die Lizenz dafür haben die Richter sich privat kaufen müssen, Hilfestellung gab es für sie vom OLG wohl nicht. Inzwischen gibt es aber auch wieder Präsenzunterricht.
Da die AG-Leiter das alle nur nebenbei machen kann die Qualität und Motivation dort natürlich stark unterschiedlich sein. Einen AG-Leiter, den ich nur im Einführungslehrgang hatte, wirkte eher inkompetent.

Es gibt Klausurenkurse, die (zumindest früher) vor Ort in Schwerin, Rostock oder Stralsund besprochen wurden. Wenn man dafür zu einem anderen Ort reisen muss, erhält man dafür auch Reisekostenerstattung. Das gleiche gilt, falls an deinem Ort keine AG stattfindet. Wer sich für Neubrandenburg bewirbt muss nach Stralsund zur AG. In der Vergangenheit gab es in Schwerin auch keine AG, da die Referendarszahlen dort nun aber gestiegen sind wird dort wieder eine AG angeboten, laut Gerüchten allerdings nicht für alle Stationen (dazu habe ich aber keine näheren Informationen). Wunschorte waren in der Vergangenheit kein Problem, aufgrund der steigenden Zahlen könnte ich mir aber vorstellen, dass Bewerber für Rostock oder Stralsund mit Pech nach Schwerin und Neubrandenburg müssen.

Die Klausuren in der AG empfand ich als fair, weder sehr leicht noch sehr schwer, genauso war die Benotung. Die Examensergebnisse sind in der Vergangenheit in MV katastrophal ausgefallen, es zeigt sich aber ein Aufwärtstrend. Die Examensklausuren werden mit anderen Bundesländern getauscht, so dass regelmäßig nur eine oder zwei Klausuren von MV gestellt werden. Die schlechten Noten der Vergangenheit liegen vermutlich allerdings nicht nur daran, dass die Ausbildung so schlecht oder die Bewertung so streng war, sondern daran dass die guten Absolventen aus dem Studium wenig Gründe hatten, für das Referendariat in MV zu bleiben. Vor fünf Jahren haben sie noch nur 800 € netto bekommen, was bundesweit die schlechteste oder fast schlechteste Bezahlung war.

Für das eigene Lernen erhält man Zugang zu "ELANREF", das auch einige andere Bundesländer haben. Das bietet für die Zivil-, Verwaltungs- und Strafstation Lernvideos zum prozessualen Recht, vermittelt aber nur Grundzüge. Es gibt für zuhause Zugriff auf Juris und Beck Online. Den Beck-Zugriff kann man aber nicht mit dem vergleichen, den man aus der Uni kennt. Es gibt meist zu ZPO, BGB, StPO etc. ein, max. zwei Kommentare auf die man zugreifen kann. Zu Gesetzen außerhalb des Pflichtstoffs meist nichts.

Wer sich für Speyer interessiert, hat dort bisher immer problemslos einen Platz gekriegt.

Mein Fazit also: Go MV! Es ist nicht so schlimm, wie man denkt :D
Wenn es dir so schlecht gefällt, kannst du für die Anwaltsstation auch nach Kiel zurück und dort an der entsprechenden AG teilnehmen, gleichzeitig aber das bessere MV-Gehalt mitnehmen.
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