Erst größere Kanzlei oder gleich in Kleinerer einsteigen?
Moderator: Verwaltung
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Erst größere Kanzlei oder gleich in Kleinerer einsteigen?
Hallo liebes Forum,
vielleicht habt ihr einen Rat für mich.
Ich bin aktuell Referendar bei der Staatsanwaltschaft, habe also noch ein wenig Zeit, bis es an die Berufswahl geht. Allerdings bietet sich mir gerade eine sehr interessante Möglichkeit:
Ich bin in Nebentätigkeit in einer 1-Mann Kanzlei als Wiss. Mit. angestellt. Der Anwalt (mitte dreißig, aus Großkanzlei kommend, seit 7 Monaten selbstständig) macht Gesellschaftsrecht, Venture Capital und Startup-Beratung. Eigentlich genau das, was ich auch machen möchte. Mandantenstamm ist wohl ordentlich vorhanden, er konnte viele aus der damaligen Kanzlei mitnehmen, insbesondere einige sehr vermögende Business Angels und wirklich sehr interessante Startups.
Anwaltsstation ist bei mir schon verplant (Wirtschaftskanzlei im Gesellschaftsrecht/Finance). Jetzt geht es um die Wahlstation.
Ich könnte mir vorstellen, nach dem Examen bei ihm einzusteigen. Gerade zahlt er mir Großkanzleigehalt. Er macht auch schon sehr oft Anspielungen dahingehend, dass er unbedingt in nicht allzu weiter Zukunft einen Associate bräuchte. Er hat mir auch schon angeboten, die Wahlstation bei ihm zu machen. Bei Festanstellung nach dem Examen n ich jetzt mal mit 60-70.000, vielleicht mehr, vielleicht weniger, das kann ich nicht genau sagen, will ich auch aktuell nicht unbedingt direkt nachfragen.
Die andere Alternative wäre, mir nochmal eine Großkanzlei anzuschauen (Anwaltsstation ist aber bereits bei der größten mittelständischen Kanzlei - vllt gibt sich das auch nicht mehr viel und ist eher unnötig?).
Ich mache mir Gedanken, dass ich mir bei direktem Einstieg bei ihm ein paar Sachen abschneide, falls es doch nicht so gut laufen sollte, wie gedacht. Es kann ja vieles passieren. Bis jetzt komme ich aber wirklich super mit ihm klar.
Andererseits ließe sich mein Traum vor der Selbstständigkeit bei ihm durch eine sich eventuell viel schneller ergebende Partnerschaft auch zeitiger realisieren.
Was meint ihr? Riskieren oder auf "Nummer sicher gehen" und das machen, was viele machen - erst größere Bude, dann in kleinere wechseln?
Ach, das muss vielleicht erwähnt werden: Frau und Kind zu Hause, deshalb kann ich mir Spielereien vielleicht nicht ganz so gut leisten, wie Alleinstehende (und Facetime bis 21 Uhr auch nicht Nichts gegen lange Arbeitszeiten, aber die Zeit möchte ich mir gerne halbwegs frei einteilen können. Bei ihm arbeite ich aktuell komplett Remote, das wäre als Anwalt auch der Fall, allerdings mit der Möglichkeit, ins Büro zu gehen.
Ich danke euch!
Liebe Grüße
vielleicht habt ihr einen Rat für mich.
Ich bin aktuell Referendar bei der Staatsanwaltschaft, habe also noch ein wenig Zeit, bis es an die Berufswahl geht. Allerdings bietet sich mir gerade eine sehr interessante Möglichkeit:
Ich bin in Nebentätigkeit in einer 1-Mann Kanzlei als Wiss. Mit. angestellt. Der Anwalt (mitte dreißig, aus Großkanzlei kommend, seit 7 Monaten selbstständig) macht Gesellschaftsrecht, Venture Capital und Startup-Beratung. Eigentlich genau das, was ich auch machen möchte. Mandantenstamm ist wohl ordentlich vorhanden, er konnte viele aus der damaligen Kanzlei mitnehmen, insbesondere einige sehr vermögende Business Angels und wirklich sehr interessante Startups.
Anwaltsstation ist bei mir schon verplant (Wirtschaftskanzlei im Gesellschaftsrecht/Finance). Jetzt geht es um die Wahlstation.
Ich könnte mir vorstellen, nach dem Examen bei ihm einzusteigen. Gerade zahlt er mir Großkanzleigehalt. Er macht auch schon sehr oft Anspielungen dahingehend, dass er unbedingt in nicht allzu weiter Zukunft einen Associate bräuchte. Er hat mir auch schon angeboten, die Wahlstation bei ihm zu machen. Bei Festanstellung nach dem Examen n ich jetzt mal mit 60-70.000, vielleicht mehr, vielleicht weniger, das kann ich nicht genau sagen, will ich auch aktuell nicht unbedingt direkt nachfragen.
Die andere Alternative wäre, mir nochmal eine Großkanzlei anzuschauen (Anwaltsstation ist aber bereits bei der größten mittelständischen Kanzlei - vllt gibt sich das auch nicht mehr viel und ist eher unnötig?).
Ich mache mir Gedanken, dass ich mir bei direktem Einstieg bei ihm ein paar Sachen abschneide, falls es doch nicht so gut laufen sollte, wie gedacht. Es kann ja vieles passieren. Bis jetzt komme ich aber wirklich super mit ihm klar.
Andererseits ließe sich mein Traum vor der Selbstständigkeit bei ihm durch eine sich eventuell viel schneller ergebende Partnerschaft auch zeitiger realisieren.
Was meint ihr? Riskieren oder auf "Nummer sicher gehen" und das machen, was viele machen - erst größere Bude, dann in kleinere wechseln?
Ach, das muss vielleicht erwähnt werden: Frau und Kind zu Hause, deshalb kann ich mir Spielereien vielleicht nicht ganz so gut leisten, wie Alleinstehende (und Facetime bis 21 Uhr auch nicht Nichts gegen lange Arbeitszeiten, aber die Zeit möchte ich mir gerne halbwegs frei einteilen können. Bei ihm arbeite ich aktuell komplett Remote, das wäre als Anwalt auch der Fall, allerdings mit der Möglichkeit, ins Büro zu gehen.
Ich danke euch!
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Re: Erst größere Kanzlei oder gleich in Kleinerer einsteigen?
Du hast das Risiko schon gut analysiert. Solange du nicht in eine absolute Top GK willst kann ich mir übrigens vorstellen, dass auch der umgekehrte Weg nochmal funktioniert, wenn es doch nur ein kurzes Gastspiel wird. So 1, 2 Jahre kann man idR dann ja auch recht gut verkaufen.
Ein gut bezahlter Job mit viel Lernpotential, was deinen Wunsch angeht (auch für eine spätere Selbstständigkeit in anderer kleinerer Kanzlei oder eigener kleiner Kanzlei), ein gutes Verhältnis und gute Arbeitsbedingungen sind schon auch etwas wert.
Die Letztentscheidung würde ich aber treffen, nachdem ich mir das ganze noch genauer angesehen habe, also mindestens Wahltstation dort, vielleicht sogar Anwaltsstation. Denn eines ist auch klar: Aus einem guten Verhältnis wird auch schnell ein schlechtes und das Inaussichtstellen von Jobs, Partnerschaften usw. stellen sich nicht ganz selten als leere Versprechungen heraus.
Aber grundsätzlich denke ich, wirst du relativ weich fallen, selbst wenn es dort nicht so klappt wie du es dir vorgestellt hast.
Ein gut bezahlter Job mit viel Lernpotential, was deinen Wunsch angeht (auch für eine spätere Selbstständigkeit in anderer kleinerer Kanzlei oder eigener kleiner Kanzlei), ein gutes Verhältnis und gute Arbeitsbedingungen sind schon auch etwas wert.
Die Letztentscheidung würde ich aber treffen, nachdem ich mir das ganze noch genauer angesehen habe, also mindestens Wahltstation dort, vielleicht sogar Anwaltsstation. Denn eines ist auch klar: Aus einem guten Verhältnis wird auch schnell ein schlechtes und das Inaussichtstellen von Jobs, Partnerschaften usw. stellen sich nicht ganz selten als leere Versprechungen heraus.
Aber grundsätzlich denke ich, wirst du relativ weich fallen, selbst wenn es dort nicht so klappt wie du es dir vorgestellt hast.
»Natürlich ist das herablassend. Torquemada ist mir gegenüber herablassend, ich bin esprit gegenüber herablassend. So ist die Nahrungskette in diesem Forum nunmal.« - Swann
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Re: Erst größere Kanzlei oder gleich in Kleinerer einsteigen?
Bei diesen Rahmenbedingungen frage ich mich, warum Du überhaupt ernsthaft über die Großbude nachdenkst. Das passt null zusammen.Breakbot89 hat geschrieben: ↑Montag 17. August 2020, 16:08 Ach, das muss vielleicht erwähnt werden: Frau und Kind zu Hause, deshalb kann ich mir Spielereien vielleicht nicht ganz so gut leisten, wie Alleinstehende (und Facetime bis 21 Uhr auch nicht Nichts gegen lange Arbeitszeiten, aber die Zeit möchte ich mir gerne halbwegs frei einteilen können.
Das, was viele "Highpotentials" machen, machen sie, weil die Rahmenbedingungen bei Ihnen stimmen. Frisch aus dem Examen, übermotiviert, meist kinderlos, oft ohne Partner. Dann wird halt mal zum "Ausprobieren" für ein paar Monate in der Großbude angeheuert. Fette Kohle und High Life. Danach suchen sich die meisten einen vernünftigen Job, den sie auch eine Weile durchhalten.
Was denkst Du, wie lange Du den GK-Lebensstil mit Frau und Kindern durchziehen kannst? Meinst Du tatsächlich, dass dir 3 Monate bei FrischMüller karrieremäßig was bringen?
Der erste Job ist selten der letzte. Wenn Du tatsächlich das Berufsziel selbstständiger Anwalt verfolgst, wirst Du langfristig höchstwahrscheinlich in einer kleinen oder mittleren Einheit landen. Ich würde die Stellensuche daher so ausrichten, dass a) einen guten Kompromiss aus Vergütung und Arbeitszeit findest und Du b) möglichst viele wertvolle Erfahrungen und Kontakte knüpfst, die dir in dem Segment weiterhelfen. Das heißt viel Mandantenkontakt, selbstständige Mandatsbearbeitung und Einblick in die wirtschaftliche Führung einer Kanzlei.
Die kleine Bude, bei der Du gerade arbeitest, scheint nach deiner Beschreibung vernünftige Bedingungen zu bieten. Bevor Du aber mit deinem Chef über das Wesentliche (Geld und Arbeitszeiten) geredet hast, würde ich mich da überhaupt nicht festlegen. Wenn Du nach dem 2. Examen ein gutes Angebot bekommst und es auch menschlich passt, sähe ich an deiner Stelle keinen vernünftigen Grund, dort nicht anzuheuern.
Wenn es dann menschlich doch nicht passen sollte, suchst Du dir halt was anderes.
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Re: Erst größere Kanzlei oder gleich in Kleinerer einsteigen?
Bei Deinem Setting scheint diese Möglichkeit wirklich attraktiv zu sein.
Ohne Wasser in den Wein gießen zu wollen, gleichwohl eine Anmerkung dazu: Wenn die Tätigkeit in einer GK für Dich nicht gänzlich ausgeschlossen ist, sondern grundsätzlich in Betracht kommt, würde ich schon mal darüber nachdenken. Je nach Rechtsbereich sollte nicht unterschätzt werden, wie steil die Lernkurve in einer GK ist. Ich kann natürlich nur von mir sprechen (seit 4,5 Jahren in einem Nischenbereich in einer Magic Circle Kanzlei, bei Einstieg bereits verheiratet und ein Kind, zweites war schon unterwegs). Ich habe in dieser Zeit wahnsinnig viel gelernt - Herangehensweise, Struktur, Tiefgang bei Gutachten und Schriftsätzen, wirtschaftliche Bedürfnisse des Mdt verstehen usw. Ich würde bezweifeln, dass ich diese "strenge Schule" bei einer sehr kleinen Kanzlei ebenfalls durchlaufen hätte. Diese Erfahrungen sind für einen Sprung in die Selbstständigkeit/in eine kleine Einheit sicher nicht von Nachteil, im Gegenteil. Zudem hält man sich mit einem Berufseinstieg in einer GK alle künftigen Möglichkeiten offen.
Das Ganze macht natürlich nur Sinn, wenn man sich ein paar Jahr GK grundsätzlich vorstellen kann...
PS: Ich habe vor und im Ref auch in einer Kanzlei als WissMit (und dann auch in der Anwaltsstation) gearbeitet und wollte dort unbedingt als RA anfangen; die Kanzlei war immer mein Traumarbeitgeber. Am Ende hat es aus Kapazitätsgründen nicht geklappt - und heute bin ich froh darüber, weil sich dafür andere Türen geöffnet haben.
Ohne Wasser in den Wein gießen zu wollen, gleichwohl eine Anmerkung dazu: Wenn die Tätigkeit in einer GK für Dich nicht gänzlich ausgeschlossen ist, sondern grundsätzlich in Betracht kommt, würde ich schon mal darüber nachdenken. Je nach Rechtsbereich sollte nicht unterschätzt werden, wie steil die Lernkurve in einer GK ist. Ich kann natürlich nur von mir sprechen (seit 4,5 Jahren in einem Nischenbereich in einer Magic Circle Kanzlei, bei Einstieg bereits verheiratet und ein Kind, zweites war schon unterwegs). Ich habe in dieser Zeit wahnsinnig viel gelernt - Herangehensweise, Struktur, Tiefgang bei Gutachten und Schriftsätzen, wirtschaftliche Bedürfnisse des Mdt verstehen usw. Ich würde bezweifeln, dass ich diese "strenge Schule" bei einer sehr kleinen Kanzlei ebenfalls durchlaufen hätte. Diese Erfahrungen sind für einen Sprung in die Selbstständigkeit/in eine kleine Einheit sicher nicht von Nachteil, im Gegenteil. Zudem hält man sich mit einem Berufseinstieg in einer GK alle künftigen Möglichkeiten offen.
Das Ganze macht natürlich nur Sinn, wenn man sich ein paar Jahr GK grundsätzlich vorstellen kann...
PS: Ich habe vor und im Ref auch in einer Kanzlei als WissMit (und dann auch in der Anwaltsstation) gearbeitet und wollte dort unbedingt als RA anfangen; die Kanzlei war immer mein Traumarbeitgeber. Am Ende hat es aus Kapazitätsgründen nicht geklappt - und heute bin ich froh darüber, weil sich dafür andere Türen geöffnet haben.
"Eine Banane bleibt eine Banane." (VG Frankfurt, Urt. v. 08.06.2016 - 5 K 4598/14.F)
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Re: Erst größere Kanzlei oder gleich in Kleinerer einsteigen?
Und wie habt ihr das Familienleben organisiert?
Der TE hat doch klar beschrieben, wo seine Präferenzen liegen. Keine Facetime bis 21 Uhr und halbwegs freie Zeiteinteilung mit Rücksicht auf die Familie. Bei welcher Großbude soll das als 1st-Year gehen?
Behauptet ja niemand, dass sich Großbude und Familie immer grundsätzlich ausschließen würden (wobei exorbitante Arbeitszeiten und sonstige Gründe sehr häufiger Komplettabwesenheit des Familienvaters dem Familienleben nach meiner bescheidenen Auffassung nie besonders gut tun.)
Nur sollte man sich halt darüber im Klaren sein, was es bedeutet, wenn man so einen Lebensentwurf wählt. Die Kinder werden ihren Vater im Regelfall unter der Woche nicht zu Gesicht bekommen und 95% der Pflege und Erziehung wird unter der Woche von der Mutter übernommen. Wenn Wochenendarbeit erwartet wird, gilt entsprechendes auch für das Wochenende.
Ich habe für einen Wirtschaftsanwalt ziemlich moderate Arbeitszeiten, trotzdem bin ich unter Berücksichtigung der Pendelzeiten die meiste Zeit des Tages unterwegs und sehe meine Kinder nur selten am Abend. Eine 55h-Woche und regelmäßige Wochenendarbeit möchte ich mir nicht ausmalen.
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Re: Erst größere Kanzlei oder gleich in Kleinerer einsteigen?
Mir ist schon klar, dass die Anforderungen in den GKen, insbs. was die Erwartungen an die Arbeitszeit angeht, hoch sind. Und obwohl es zugegebenermaßen nicht einfach ist, halte ich es gleichwohl zumindest im Grundsatz für möglich, Arbeit und Familie auch in einer Großkanzlei unter einen Hut zu bekommen. Es hängt arbeitsseitig natürlich von der Kanzlei, dem Rechtsgebiet und dem Partner/Team ab.Blaumann hat geschrieben: ↑Dienstag 18. August 2020, 12:46Und wie habt ihr das Familienleben organisiert?
Der TE hat doch klar beschrieben, wo seine Präferenzen liegen. Keine Facetime bis 21 Uhr und halbwegs freie Zeiteinteilung mit Rücksicht auf die Familie. Bei welcher Großbude soll das als 1st-Year gehen?
Behauptet ja niemand, dass sich Großbude und Familie immer grundsätzlich ausschließen würden (wobei exorbitante Arbeitszeiten und sonstige Gründe sehr häufiger Komplettabwesenheit des Familienvaters dem Familienleben nach meiner bescheidenen Auffassung nie besonders gut tun.)
Nur sollte man sich halt darüber im Klaren sein, was es bedeutet, wenn man so einen Lebensentwurf wählt. Die Kinder werden ihren Vater im Regelfall unter der Woche nicht zu Gesicht bekommen und 95% der Pflege und Erziehung wird unter der Woche von der Mutter übernommen. Wenn Wochenendarbeit erwartet wird, gilt entsprechendes auch für das Wochenende.
Ich habe für einen Wirtschaftsanwalt ziemlich moderate Arbeitszeiten, trotzdem bin ich unter Berücksichtigung der Pendelzeiten die meiste Zeit des Tages unterwegs und sehe meine Kinder nur selten am Abend. Eine 55h-Woche und regelmäßige Wochenendarbeit möchte ich mir nicht ausmalen.
Ich mache kein M&A, will sagen, mein Tag ist normalerweise relativ gut planbar. Ich fange früh an, verlasse dafür die Kanzlei aber idR gegen 1900 Uhr, d.h. ich bin 1915 Uhr zuhause. Wochendarbeit ist äußerst selten, und wenn eher freiwillig (z.B. für Publikationen, FA-Lehrgang usw). Daher klappt das bei uns ganz gut - wobei meine Frau allerdings auch noch nicht wieder berufstätig ist. Insoweit hast Du natürlich Recht, dass die Mutter den Großteil der Erziehung übernimmt. Ob das in einer kleinen Kanzlei zwingend anders ist, wage ich aber zu bezweifeln. 9to5 dürfte auch da schwierig sein.
Und ich glaube, gerade das Facetime-Thema wird sich durch Corona und Home Office auch verändern. Nicht, dass man im HO weniger arbeitet, aber Facetime dürfte es dort eher nicht geben. Bei uns war es vor Corona schon ok, wenn man gegen 18 Uhr die Kanzlei verlässt, um die Kids ins Bett zu bringen und danach nochmal was macht (so ein Modell muss man natürlich auch wollen...).
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Re: Erst größere Kanzlei oder gleich in Kleinerer einsteigen?
Erstmal herzlichen Dank für eure Rückmeldungen!
Wie bereits angesprochen, habe ich grundsätzlich nichts gegen lange Arbeitszeiten. Aber was mir wirklich wichtig ist: Jeden Tag (Ausnahmen möglich) zum Abendessen zu Hause zu sein. Nachdem ich die Kinder ins Bett gebracht habe, setze ich mich auch gerne nochmal an den Schreibtisch, das ist nicht das Thema. Unsere Beziehung wird es aushalten, wenn wir nicht jeden Abend gemeinsam Filme schauen, solange wir uns mindestens einen bis zwei Tage die Woche raus nehmen, und etwas gemeinsam unternehmen. Dann lassen wir einen Babysitter kommen.
Ich arbeite sehr gerne früh Morgens, wenn alle anderen noch schlafen - das ist wahrscheinlich ein Punkt, der gegen die Großkanzlei spricht. Es wäre schade, wenn ich erst um 9 aufschlagen würde und bereits meine drei effektivsten Stunden verschenkt (was heißt verschenkt, die Zeit würde ich mit meiner Familie verbringen) hätte. Auch will ich mal spontan loskönnen, wenn was in der Kita sein sollte - das geht in der Großkanzlei auch nicht so einfach oder?
Ich denke mir, dass die Zeiteinteilung in der kleineren Kanzlei einfach flexibler ist. Aber ich kann mir genauso gut vorstellen, dass es Großkanzleien gibt, die einem eine derartige Flexibilität einräumen, wenn es förderlich für die zu erbringende Leistung ist (wenn Termine anstehen, kann das auch mal anders aussehen).
Was die Arbeitszeiten in der kleinen Kanzlei betrifft: Das wird nicht 9 to 5 werden. Als Wiss.Mit. schalte ich pünktlich den Rechner aus, aber als Anwalt will ich ihm zeigen, dass meine Ernennung zum Partner auch einen Mehrwert für ihn hätte. Geschenkt bekomme ich das nicht. Ich sehe auch, wie viel er arbeitet - da werden regelmäßig Emails auch nach 22 Uhr verschickt. Es wurde ja bereits schon mehrfach besprochen, dass man als Selbstständiger nicht unbedingt weniger arbeitet, als in der Großbude.
Ihr seht, alles nicht so einfach ...
Wie bereits angesprochen, habe ich grundsätzlich nichts gegen lange Arbeitszeiten. Aber was mir wirklich wichtig ist: Jeden Tag (Ausnahmen möglich) zum Abendessen zu Hause zu sein. Nachdem ich die Kinder ins Bett gebracht habe, setze ich mich auch gerne nochmal an den Schreibtisch, das ist nicht das Thema. Unsere Beziehung wird es aushalten, wenn wir nicht jeden Abend gemeinsam Filme schauen, solange wir uns mindestens einen bis zwei Tage die Woche raus nehmen, und etwas gemeinsam unternehmen. Dann lassen wir einen Babysitter kommen.
Ich arbeite sehr gerne früh Morgens, wenn alle anderen noch schlafen - das ist wahrscheinlich ein Punkt, der gegen die Großkanzlei spricht. Es wäre schade, wenn ich erst um 9 aufschlagen würde und bereits meine drei effektivsten Stunden verschenkt (was heißt verschenkt, die Zeit würde ich mit meiner Familie verbringen) hätte. Auch will ich mal spontan loskönnen, wenn was in der Kita sein sollte - das geht in der Großkanzlei auch nicht so einfach oder?
Ich denke mir, dass die Zeiteinteilung in der kleineren Kanzlei einfach flexibler ist. Aber ich kann mir genauso gut vorstellen, dass es Großkanzleien gibt, die einem eine derartige Flexibilität einräumen, wenn es förderlich für die zu erbringende Leistung ist (wenn Termine anstehen, kann das auch mal anders aussehen).
Was die Arbeitszeiten in der kleinen Kanzlei betrifft: Das wird nicht 9 to 5 werden. Als Wiss.Mit. schalte ich pünktlich den Rechner aus, aber als Anwalt will ich ihm zeigen, dass meine Ernennung zum Partner auch einen Mehrwert für ihn hätte. Geschenkt bekomme ich das nicht. Ich sehe auch, wie viel er arbeitet - da werden regelmäßig Emails auch nach 22 Uhr verschickt. Es wurde ja bereits schon mehrfach besprochen, dass man als Selbstständiger nicht unbedingt weniger arbeitet, als in der Großbude.
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Re: Erst größere Kanzlei oder gleich in Kleinerer einsteigen?
Möglich ist das, sicher aber keinesfalls. In der sehr kleinen Kanzlei ist der Nachteil, dass niemand deine Arbeit auffangen kann wenn wirklich mal extrem knappe Fristen oder andere sofort zu erledigende Dinge anfallen. Der Inhaber hat nur 24 Stunden pro Tag und wenn ein wichtiger Mandant einen großen Stapel Arbeit mit der Bemerkung "das brauche ich zwingend in drei Tagen, es geht um sehr viel Geld" reinschickt ist das gemeinsame Abendessen mit der Familie ein paar Tage lang nicht zu schaffen.Breakbot89 hat geschrieben: ↑Dienstag 18. August 2020, 13:31 Ich denke mir, dass die Zeiteinteilung in der kleineren Kanzlei einfach flexibler ist.
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Re: Erst größere Kanzlei oder gleich in Kleinerer einsteigen?
Und in der größeren Einheit steht natürlich immer selbstverständlich ein Kollege parat, der einem den halben Stapel Arbeit abnimmt, damit man abends die Kinder ins Bett bringen kannTheopa hat geschrieben: ↑Dienstag 18. August 2020, 20:01Möglich ist das, sicher aber keinesfalls. In der sehr kleinen Kanzlei ist der Nachteil, dass niemand deine Arbeit auffangen kann wenn wirklich mal extrem knappe Fristen oder andere sofort zu erledigende Dinge anfallen. Der Inhaber hat nur 24 Stunden pro Tag und wenn ein wichtiger Mandant einen großen Stapel Arbeit mit der Bemerkung "das brauche ich zwingend in drei Tagen, es geht um sehr viel Geld" reinschickt ist das gemeinsame Abendessen mit der Familie ein paar Tage lang nicht zu schaffen.Breakbot89 hat geschrieben: ↑Dienstag 18. August 2020, 13:31 Ich denke mir, dass die Zeiteinteilung in der kleineren Kanzlei einfach flexibler ist.
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Re: Erst größere Kanzlei oder gleich in Kleinerer einsteigen?
Das nun sicher auch nicht immer, aber es besteht doch immerhin die abstrakte Möglichkeit, dass die Arbeit auf eine andere Schulter verteilt werden kann.Liz hat geschrieben: ↑Dienstag 18. August 2020, 20:20Und in der größeren Einheit steht natürlich immer selbstverständlich ein Kollege parat, der einem den halben Stapel Arbeit abnimmt, damit man abends die Kinder ins Bett bringen kannTheopa hat geschrieben: ↑Dienstag 18. August 2020, 20:01Möglich ist das, sicher aber keinesfalls. In der sehr kleinen Kanzlei ist der Nachteil, dass niemand deine Arbeit auffangen kann wenn wirklich mal extrem knappe Fristen oder andere sofort zu erledigende Dinge anfallen. Der Inhaber hat nur 24 Stunden pro Tag und wenn ein wichtiger Mandant einen großen Stapel Arbeit mit der Bemerkung "das brauche ich zwingend in drei Tagen, es geht um sehr viel Geld" reinschickt ist das gemeinsame Abendessen mit der Familie ein paar Tage lang nicht zu schaffen.Breakbot89 hat geschrieben: ↑Dienstag 18. August 2020, 13:31 Ich denke mir, dass die Zeiteinteilung in der kleineren Kanzlei einfach flexibler ist.
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Re: Erst größere Kanzlei oder gleich in Kleinerer einsteigen?
Mir geht es vor allem darum, dass man in der kleinen Einheit - in der man zugleich klassische GK-Tätigkeitsfelder bedient - immer für alles zuständig ist und wenn es blöd läuft eben absolut überproportionale Spitzenbelastungen haben kann, die selbst die GK auf mehr Leute verteilen würde.
Es fällt bei nur zwei Anwälten auch viel mehr auf wenn plötzlich zwei bis drei Mandanten gleichzeitg etwas Aufwändiges wollen, während bei der GK (mal übertrieben formuliert) selten Montags direkt hintereinander VW, BMW und Mercedes bei der Arbeitsrechtsabteilung anklopfen und ihre gesamte Personalstruktur umbauen wollen.
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Re: Erst größere Kanzlei oder gleich in Kleinerer einsteigen?
Sicherlich. Aber am Ende wird es immer wesentlich darauf ankommen, wie viele Mandate auf einen Anwalt / ein Anwaltsteam kommen und wie viele Notfallressourcen zur Verfügung stehen und ob diese im Arbeitsalltag dann auch wirklich genutzt werden oder es eher eine abstrakte Möglichkeit bleibt.
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Re: Erst größere Kanzlei oder gleich in Kleinerer einsteigen?
Und welchen Einfluss auf die Verteilung der Arbeit man hat..
In einem Umfeld, in dem mittelschwere Hurensöhnigkeit häufig zum Stellenprofil gehört, muss einen nicht wundern, wenn man Scheiße behandelt wird. -Blaumann
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Re: Erst größere Kanzlei oder gleich in Kleinerer einsteigen?
Der entscheidende Unterschied ist nach meiner Wahrnehmung, dass große Einheiten im Vergleich zu kleinen Einheiten unheimlich unflexibel sind und bei der Mitarbeitergewinnung und -bindung allein auf Vergütung gesetzt wird und nicht auf die Verbesserung der Arbeitsbedingungen.
Das ist meine Außenwahrnehmung und man möge mich gerne eines besseren belehren.
Auf revolutionäre Ideen wie
a) ich würde gerne früher anfangen und dafür früher gehen
b) ich würde gerne früher gehen, meine Familie sehen und den Rest der Arbeit am Abend aus dem HO machen
c) ich würde gerne gegen weniger Vergütung weniger arbeiten (vulgo: Teilzeit)
wird vielfach mit Argwohn und Ablehnung reagiert.
Diese Einstellung gibt es genauso in kleineren Einheiten, aber der Markt ist sehr breit und die Kanzleien stehen unter enormem Druck, wenn sie vernünftige Mitarbeiter rekrutieren und halten wollen.
Es kann daher nach meiner (auch persönlich bestätigten) Wahrnehmung sehr viel mehr zu Gunsten der Work-Life-Balance ausgehandelt werden. Das bedeutet nicht, dass man seine Mandanten vernachlässigt oder nicht auch mal am Samstag Abend eine E-Mail schreibt.
Das ist meine Außenwahrnehmung und man möge mich gerne eines besseren belehren.
Auf revolutionäre Ideen wie
a) ich würde gerne früher anfangen und dafür früher gehen
b) ich würde gerne früher gehen, meine Familie sehen und den Rest der Arbeit am Abend aus dem HO machen
c) ich würde gerne gegen weniger Vergütung weniger arbeiten (vulgo: Teilzeit)
wird vielfach mit Argwohn und Ablehnung reagiert.
Diese Einstellung gibt es genauso in kleineren Einheiten, aber der Markt ist sehr breit und die Kanzleien stehen unter enormem Druck, wenn sie vernünftige Mitarbeiter rekrutieren und halten wollen.
Es kann daher nach meiner (auch persönlich bestätigten) Wahrnehmung sehr viel mehr zu Gunsten der Work-Life-Balance ausgehandelt werden. Das bedeutet nicht, dass man seine Mandanten vernachlässigt oder nicht auch mal am Samstag Abend eine E-Mail schreibt.
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Re: Erst größere Kanzlei oder gleich in Kleinerer einsteigen?
Interessant, da habe ich ganz andere Erfahrungen in meinen Bewerbungsgesprächen gemacht. Die kleineren Kanzleien bestanden eher auf "ihr" Konzept und sind davon kaum abgerückt. Bei den größeren war man super flexibel. Insbesondere Teilzeit wäre bei allen ohne Probleme möglich gewesen.Blaumann hat geschrieben: ↑Mittwoch 19. August 2020, 11:04 Der entscheidende Unterschied ist nach meiner Wahrnehmung, dass große Einheiten im Vergleich zu kleinen Einheiten unheimlich unflexibel sind und bei der Mitarbeitergewinnung und -bindung allein auf Vergütung gesetzt wird und nicht auf die Verbesserung der Arbeitsbedingungen.