Reform der Examina - Zusätzliche Hilfsmittel, "open book exam"?

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Atropos
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Re: Reform der Examina - Zusätzliche Hilfsmittel, "open book exam"?

Beitrag von Atropos »

Ich bin mir nicht sicher, ob man das rein theoretisch prognostizieren kann. Warum macht man nicht einmal Versuche im Schwerpunktbereich? Oder startet mit 1 von 6 Klausuren nach einem neuen System?

In meinem LL.M. hatte ich sowohl Open-Book Klausuren (teilweise mit Fällen, aber teilweise auch Essay-Fragen! Teilweise sogar mehrere Essay-Fragen, bei denen man dann auswählen konnte, welche man beantworten will!) als auch dem deutschen System vergleichbare Klausuren ohne jegliche Hilfsmittel. Den Stoff von letzteren habe ich nahezu komplett vergessen, die Open-Book Klausuren und die von mir dazu gesammelten "best of" Klausurmaterialien finde ich heute noch nützlich.

Auch jetzt erwische ich mich dabei, dass ich den Aufbau eines Rücktritts vom Versuch Jahre nach dem Examen auswendig (samt einiger Definitionen) herunterbeten könnte, während ich für häufige Fragen in meinem täglich bearbeiteten Rechtsgebiet lieber in Guidelines etc. schaue und eigentlich nie aus dem Kopf weg blind anfange zu draften (höchstens Brainstorming für Gliederung etc.).

Ich befürchte aber, je nachdem welche Perspektive man auf die deutsche juristische Ausbildung hat, desto mehr oder weniger wird man von Reformversuchen überzeugt sein. Wenn man glaubt, dass die deutsche Juristenausbildung weltweit führend und die deutschen Juristen in der Praxis toll sind, darf man natürlich nichts ändern...
Omnimodofacturus
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Re: Reform der Examina - Zusätzliche Hilfsmittel, "open book exam"?

Beitrag von Omnimodofacturus »

Atropos hat geschrieben: Montag 14. Dezember 2020, 11:07
Meine Hoffnung wäre ja, dass man dann gerade nicht nur umfangreichere Klausuren stellt oder immer verrücktere Einzelprobleme prüft, sondern einfach den Stoffkatalog massiv erweitert. Wenn man nicht alles auswendig lernen muss, kann man ruhig noch Insolvenzrecht, Steuerrecht, Geistiges Eigentum, Datenschutzrecht (im Öffentlichen Recht), vertieftes Europarecht, Vertragsgestaltung (am besten auf Englisch), Internationales Privatrecht + einen Arbitration-Fall dazu nehmen und eine tatsächlich vertiefte Prüfung in Nebengebieten wie Arbeitsrecht, Europarecht, Gesellschaftsrecht durchführen :) Fände ich super und ich finde es erschreckend, wie wenig Rechtsgebiete man nach 7+ Jahren Studium und Referendariat beherrscht.

Möchtest du jetzt weniger oder mehr ausgefallene Rechtsgebiete ("Nebengebiete") im Examen. Satz 1 und Satz 2 scheinen sich zu widersprechen.
Theopa
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Re: Reform der Examina - Zusätzliche Hilfsmittel, "open book exam"?

Beitrag von Theopa »

Seeker hat geschrieben: Montag 14. Dezember 2020, 12:08 Mehr Stoff hätte keineswegs zur Folge, dass sich Kandidaten nur noch auf die Grundlagen konzentrieren würden. Stattdessen würden die meisten versuchen, sich überall zumindest gewisse Kenntnisse zu verschaffen.
Wie wäre es denn dann damit, die Beschränkung auf gewisse Rechtsgebiete komplett abzuschaffen, dafür den Erstellern aber genaue Vorgaben bezüglich der Detailtiefe und der Lösbarkeit anhand des Gesetzes zu machen? Natürlich kann man keine Praktiker-Details aus einem völlig absurden Rechtsgebiet prüfen, wieso aber nicht einmal eine datenschutzrechtliche Klausur auf welcher vorab ein paar Seiten der DSGVO abgedruckt sind und die man mit dem Gesetz und den üblichen Arbeitstechniken lösen kann?

Das ist jetzt nur Brainstorming, ich fände es aber durchaus interessant wie sich die Herangehensweise verändern würde/müsste, wenn Prüfungsgebiet einfach nur "Das Deutsche und Europäische Recht" wäre. Eigentlich ist es aus meiner Sicht wenigstens eines der Ziele der Examina, durch eine möglichst große Stoffvielfalt Auswendiglernen zu einer sehr ineffizienten bis praktisch unmöglichen Lösung zu reduzieren.

Natürlich kann dann immer jemand Vorteile haben der genau ein ganz spezielles Gebiet beherrscht, das alle anderen nicht können und welches dann dran kommt. Das ist aber auch jetzt schon der Fall und eigentlich kein Problem.
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Re: Reform der Examina - Zusätzliche Hilfsmittel, "open book exam"?

Beitrag von juraabcd1 »

Liz hat geschrieben: Samstag 12. Dezember 2020, 12:53 @OJ1988: Ja, in der Schule wird viel mit der Hand geschrieben, aber der Anteil an "Schreibzeit" pro Schulstunde dürfte wohl bei (deutlich) unter 50 % liegen - und der Anteil der Schreibzeit unter "Zeitdruck" dürfte nochmals deutlich geringer sein. Und dann ist die Anzahl der fünfstündigen Klausuren in der Oberstufe doch auch eher überschaubar; wenn mich nicht alles täuscht, waren doch die regulären Kursklausuren max. dreistündig und erst die Klausuren im Probeabi fünfstündig. In der Examensvorbereitung werden hingegen häufig 1-3 fünfstündige Probeklausuren pro Woche geschrieben und im Examen selbst werden z. T. zwei fünfstündige Klausuren an zwei aufeinanderfolgenden Tagen geschrieben.

Ich muss mir nur meine eigene "entspannte" Schreibhaltung anschauen, um zu wissen, dass es kein Wunder ist, wenn mir spätestens nach 2-3 Stunden langsam die Finger wehtun und eine fünfstündige Klausur eher ein K(r)ampf ist. Ich habe nur einfach nie so viele Probeklausuren geschrieben, dass es sich ernsthaft zu einem Problem hätte entwickeln können.
Stichwort Sehnenscheidenentzündung:

Ich weiß nicht, ob der Punkt schon genannt wurde.
Aber es ist wichtig ein gutes Schreibgerät zu nutzen.
Ich habe kurze Zeit mit einem eher dünnen billigen Kugelschreiber geschrieben und hatte schon nach wenigen Stunden Schmerzen in der Hand.
Dann bin ich auf ein etwas teureres Kugelschreibermodell ( glaube ca. 10€ Anschaffungskosten +hochwertige Mienen) umgestiegen und hatte danach viel weniger Probleme!
Natürlich hatte ich manchmal auch Schmerzen nach einer 5 stündigen Klausur.
Aber kein Vergleich zum Schreiben mit dem ganz billigen dünnen Kugelschreiber!

Es gibt ja auch Testberichte über bessere Kugelschreiber im Internet. Die sind ja trotzdem noch preiswert in der Anschaffung!
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Strich
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Re: Reform der Examina - Zusätzliche Hilfsmittel, "open book exam"?

Beitrag von Strich »

Füller, mit wiederbefüllbarer Patrone und gesondert angeschafter Tinte im Fass (derzeit bei mir Lilac von Online). Hatte weder Probleme mit der Schreibgeschwindigkeit noch mit Sehnenscheidenentzuündungen.
Stehe zu deinen Überzeugungen soweit und solange Logik oder Erfahrung dich nicht widerlegen. Denk daran: Wenn der Kaiser nackt aussieht ist der Kaiser auch nackt ... .
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Re: Reform der Examina - Zusätzliche Hilfsmittel, "open book exam"?

Beitrag von Liz »

Naja, wer mit ganz dünnen billigen Kugelschreibern trotz Schmerzen schreibt, ist selbst schuld. Gleichwohl stößt man mit der Optimierung des Schreibgeräts ggf auch an Grenzen.
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Tibor
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Re: Reform der Examina - Zusätzliche Hilfsmittel, "open book exam"?

Beitrag von Tibor »

Ich habe seit dem Hauptstudium nur noch mit Fineliner geschrieben. Und die Marke nutze ich bis jetzt:


https://www.office-discount.de/12-uni-b ... -mm-778936
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Re: Reform der Examina - Zusätzliche Hilfsmittel, "open book exam"?

Beitrag von Strich »

Ach verrückt. Interessant, mit was Leute so täglich schreiben.
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Re: Reform der Examina - Zusätzliche Hilfsmittel, "open book exam"?

Beitrag von Tibor »

Strich hat geschrieben:Ach verrückt. Interessant, mit was Leute so täglich schreiben.
Warum interessant?
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Re: Reform der Examina - Zusätzliche Hilfsmittel, "open book exam"?

Beitrag von Sektnase »

Die dünnen Dinger sind furchtbar
In einem Umfeld, in dem mittelschwere Hurensöhnigkeit häufig zum Stellenprofil gehört, muss einen nicht wundern, wenn man Scheiße behandelt wird. -Blaumann
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Re: Reform der Examina - Zusätzliche Hilfsmittel, "open book exam"?

Beitrag von Tibor »

Sektnase hat geschrieben: Mittwoch 16. Dezember 2020, 14:53 Die dünnen Dinger sind furchtbar
Ich hab halt feminin dünn-elegante Finger.

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Re: Reform der Examina - Zusätzliche Hilfsmittel,

Beitrag von Strich »

Tibor hat geschrieben: Mittwoch 16. Dezember 2020, 14:50
Strich hat geschrieben:Ach verrückt. Interessant, mit was Leute so täglich schreiben.
Warum interessant?
Ich dachte einfach, dass es nur die Dichotomie Füller/Kugelschreiber gibt ^^
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