Jura Studium nach Bachelor of Arts Public Management

[Picea123]

Hallo zusammen,

momentan studiere ich Public Management (ehemals Diplom-Verwaltungswirt) an einer Fachhochschule in BW, welches ich im Februar 2022 abschließen werde. Während meines Studiums haben mich insbesondere die juristischen Fächer stark interessiert. Leider wurden diese in meinem jetzigen Studium nur sehr oberflächlich behandelt. Für eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Stoff blieb aufgrund der Struktur des Studiums keine Zeit. Auch in den Praxisphasen wurde mir klar, dass ich mich im Berufsleben gerne mit juristischen Themen beschäftigen möchte, dies im gehobenen Dienst jedoch nur eingeschränkt möglich ist. Mein jetziges Studium werde ich insbesondere durch gute Leistungen in den juristischen Fächern überdurchschnittlich abschließen. Da bei mir noch einige Fragen offen sind, würde ich mich freuen wenn ihr mir bei ein paar Fragen helfen könntet.

1.) Da ich aus finanziellen Gründen zumindest zu Beginn des Studiums arbeiten müsste, wollte ich fragen in welchem Umfang eine Berufstätigkeit neben dem Studium möglich ist? Ich hätte die Möglichkeit nach Abschluss meines Studiums eine 70 % Stelle im Baurechtsamt einer Kommune anzutreten. Wäre eine Tätigkeit in diesem Umfang bis zum Beginn der Examensvorbereitung grundsätzlich möglich? Parallel zu meinem jetzigen Studium erarbeite ich mir bereits die Themen der ersten Semester im Selbststudium (Online-Vorlesungen, Skripte, Fallbücher etc.) Während der Examensvorbereitung würde ich nicht arbeiten, da dies wahrscheinlich kontraproduktiv für ein gutes Examen wäre.

2.) Besteht eventuell die Möglichkeit mir Leistungen aus meinem bisherigen Studium anrechnen zu lassen?

3.) Ich beabsichtige im Studium einen öffentlich-rechtlichen Schwerpunkt zu wählen. Da ich gerne nach dem Referendariat in den Staatsdienst möchte, frage ich mich wie denn die Chancen sind, nach einem Jurastudium in den Staatsdienst zu kommen und öffentlich-rechtliche Themen zu bearbeiten. Kann man gute Noten in den Examen vorausgesetzt sofort im höheren Verwaltungsdienst bzw. als Richter am Verwaltungsgericht beginnen.

4.) Könnt ihr eine bestimmte Uni in BW empfehlen, die beispielsweise auch Vorlesungen aufzeichnet, bzw. dies bestenfalls schon vor Corona getan hat. Zumindest zu Beginn meines Studiums wird es mir nicht möglich sein sämtliche Vorlesungen zu besuchen.

5.) Habt ihr sonst noch irgendwelche Ratschläge, Hinweise?

Ich würde mich freuen, wenn ihr euch Zeit nehmen würdet mir meine Fragen zu beantworten.

Mfg
Picea123

[Mia]

1) Wenn du tageweise arbeiten kannst und das semesterweise mit dir wichtigen Veranstaltungen koordinieren kannst ist das sicher am Besten, erfordert aber auch viel Disziplin.
Insbesondere AGs können sehr hilfreich sein. Eine halbe Stelle mit 2, max. 3 Tagen Anwesenheit ist schon denkbar, 70% halte ich für zu viel, jedenfalls, wenn man das Studium ernsthaft betreiben will.


2) das kommt auf die jeweilige Prüfungsordnung bzw. das Prüfungsamt an. Klausuren sind per se nicht schlecht, sie bringen wichtige Klausurpraxis. Eine starre Prüfungsordnung mit vielen Klausuren kostet allerdings auch Zeit. Zu beachten sind auch andere Leistungsnachweise, wieviele Hausarbeiten, Grundlagenscheine etc. sind notwendig. Hier unterscheiden sich die jeweiligen Unis zum Teil sehr.

3) ja.

4) Nein, aber die lmu bietet viele Vorlesungen online an und zwar frei zugänglich.

[Scotto]

70% zu arbeiten halte ich auch für sehr ambitioniert. Grundsätzlich funktioniert nebenbei arbeiten im Grund- und Hauptstudium zu einem gewissen Umfang bestimmt, wenn man diszipliniert ist und gut und produktiv alleine arbeiten kann. Unter diesen Voraussetzungen sind 2 oder maximal 3 Arbeitstage daneben drin - aber von einem freien Samstag würde ich dann nicht ausgehen.

Da hilft dir dein vorheriges Studium bestimmt. Auch im öffentlichen Recht kommst du mit deinen Grundlagen bestimmt gut klar. Allerdings solltest du auch nicht unterschätzen, dass das Studium zu 50% aus Zivilrecht besteht und es auch noch Strafrecht gibt - beides ist sehr anders als das ÖR, das sollte man vom Lernaufwand nicht unterschätzen.

Bei der Anerkennung deiner bisherigen Leistungen würde ich mir keine großen Hoffnungen machen. Ich habe auch erst etwas mit Jura im Nebenfach studiert. Die Zwischenprüfung im ÖR wurde mir anerkannt, weil ich die tatsächlichen Juraklausuren mitgeschrieben habe (musste da aber erst etwas rumdiskutieren). Ein Praktikum wurde aber z.B. nur deshalb nicht anerkannt, weil es schon vor dem Jurastudium stattgefunden hatte. Dass eine Klausur für Nicht-Juristen (also kein Gutachten) anerkannt wird, würde mich sehr wundern.

Zum Thema Vorlesungen: jeder ist ein anderer Lerntyp, aber in Jura ist der Prüfungsstoff so klar festgelegt, dass man Vorlesungen überhaupt nicht zwingend besuchen muss. Die meisten beruhigen damit nur ihr Gewissen und gelernt wird dann in den Wochen vor der Klausur. Wenn du gut alleine lernen kannst und eine gute AG für die Falllösungen suchst (da gibt es eigentlich zeitlich immer viel Auswahl), dann kannst du dir die Vorlesungen auch sparen. Wobei es zum Reinkommen in den Grundkursen bestimmt noch am sinnvollsten ist.

[Scotto]

Nachtrag zu deiner Frage zum höheren Verwaltungsdienst: das hängt wahrscheinlich davon ab, ob die Verwaltungsgerichte der inneren Verwaltung oder der Justiz zugeordnet sind. Die höchsten Notenvoraussetzungen gelten wohl immer bei der Justiz. Da das Verwaltungsrecht nicht so beliebt ist, ist die Notengrenze der Verwaltung immer etwas niedriger als die der Justiz. Ich kann nur für Bayern sprechen, aber da ist es nicht unerreichbar, bei der inneren Verwaltung genommen zu werden und dazu gehört auch die Verwaltungsgerichtsbarkeit.