Unverständliche Anmerkungen von Korrektoren

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

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Rudelfuchs
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Unverständliche Anmerkungen von Korrektoren

Beitrag von Rudelfuchs »

Liebe Forenmitglieder,

es gibt einige, häufig auftauchende Anmerkungen von Korrektoren, die ich nicht vollkommen verstehe. Diese sind etwa:

- "im Wesentlichen / dem Grunde nach erkannt / gesehen /dargestellt"
Soll mir diese Kritik sagen, dass ich hier ausführlicher sein soll oder ist der Korrektor zufrieden, weil ich mich auf das Wesentliche beschränkt habe?

- "brauchbar"
Bsp: In etwa einer Klausur hat der Korrektor eine Tabelle angefertigt. In der linken Spalte befand sich die Lösung stichwortartig dargestellt und in der rechten Spalte fügte der Korrektor Anmerkungen zu meiner Falllösung ein. Nachdem dieser Korrektor dann 8 mal ein Häkchen in die rechte Spalte setzte, schreibt er "brauchbar". Ist "brauchbar" schlechter als ein Häkchen; also gleichbedeutend zu "nur ausreichend"? Wenn ja, was muss man bei einer solchen Kritik verbessern? Oder ist "brauchbar" gleichbedeutend mit "in Ordnung" und damit gleichwertig zu einem Häkchen?

- "zweifelhaft"
ME merkwürdige Anmerkung, weil der Korrektor keine Zweifel haben sollte. Hat er Zweifel, sollte er doch seine Zweifel beseitigen, indem er sich etwa einen Kommentar zur Hand nimmt. Wie seht ihr das?

Danke für eure Antworten!
Brainiac
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Re: Unverständliche Anmerkungen von Korrektoren

Beitrag von Brainiac »

Rudelfuchs hat geschrieben: Dienstag 16. März 2021, 17:43"im Wesentlichen / dem Grunde nach erkannt / gesehen /dargestellt"
Soll mir diese Kritik sagen, dass ich hier ausführlicher sein soll oder ist der Korrektor zufrieden, weil ich mich auf das Wesentliche beschränkt habe?
Von diesen beiden deutlich eher ersteres. Würde die Anm. jedoch vor allem so verstehen, dass du ein Problem zwar gesehen, aber unzutreffend/unzureichend gelöst hast.
Rudelfuchs hat geschrieben: Dienstag 16. März 2021, 17:43- "brauchbar"
[...]Ist "brauchbar" schlechter als ein Häkchen; also gleichbedeutend zu "nur ausreichend"? Wenn ja, was muss man bei einer solchen Kritik verbessern?
Ja. Was verbessert werden muss, kann man abstrakt nicht beantworten, kommt drauf an. Im Zweifel die rechtliche Tiefe der Argumentation.
Rudelfuchs hat geschrieben: Dienstag 16. März 2021, 17:43- "zweifelhaft"
ME merkwürdige Anmerkung, weil der Korrektor keine Zweifel haben sollte. Hat er Zweifel, sollte er doch seine Zweifel beseitigen, indem er sich etwa einen Kommentar zur Hand nimmt. Wie seht ihr das?
Sehe ich Ähnlich. Wohlwollende Übersetzung m.E. am ehesten: Am Ende des Tages hat deine Argumentation den Korrektor nicht vollends überzeugt, aber ganz abwegig ist sie nicht.
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Infinit-E
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Re: Unverständliche Anmerkungen von Korrektoren

Beitrag von Infinit-E »

- "im Wesentlichen / dem Grunde nach erkannt / gesehen /dargestellt"
--> Das ist wohl am ehesten eine Mischung aus den beiden Aspekten, die du genannt hast. Wenn ich das schreibe, bedeutet das für mich, dass die wesentlichen Aspekte eines Problems erörtert, das Problem aber nicht vollends (wie es für eine gute Bewertung erforderlich ist) durchdrungen wurde.

- "brauchbar"
--> Ist mE ein gutes Zeichen: Die Ausführungen sind grds. richtig und verwertbar. Gleichwohl fehlt auch hier noch etwas, was für eine richtig gute Bewertung erforderlich ist.

- "zweifelhaft"
--> Das wird für Stellen benutzt, die von Ergebnis und/oder der Argumentation her fragwürdig sind. Folglich ein (deutlich) schlechtes Zeichen. Im Kommentar nachschauen sollte der Korrektor zwar, wird es in der Praxis aber nicht immer tun (zumal dort auch nicht jede noch so abseitige Rechtsauffassung bis ins Detail diskutiert wird).
Der Tritt ins Gesäß der unterstellten Mitarbeiterin gehört auch dann nicht zur "betrieblichen Tätigkeit" einer Vorgesetzten, wenn er mit der Absicht der Leistungsförderung oder Disziplinierung geschieht.
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Re: Unverständliche Anmerkungen von Korrektoren

Beitrag von Sektnase »

Zweifelhaft: steht so nicht in der Skizze, lässt sich nicht im Kommentar nachschauen, ohne den Stundenlohn ins Bodenlose zu drücken, kann aber nicht sicher verneint werden

Das Problem ist, dass im Examen auch nicht viel besser korrigiert wird. Man muss also möglichst nahe an der Lösung liegen - Binsenweisheit
In einem Umfeld, in dem mittelschwere Hurensöhnigkeit häufig zum Stellenprofil gehört, muss einen nicht wundern, wenn man Scheiße behandelt wird. -Blaumann
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Re: Unverständliche Anmerkungen von Korrektoren

Beitrag von Infinit-E »

Sektnase hat geschrieben: Dienstag 16. März 2021, 20:56 Zweifelhaft: steht so nicht in der Skizze, lässt sich nicht im Kommentar nachschauen, ohne den Stundenlohn ins Bodenlose zu drücken, kann aber nicht sicher verneint werden
Amen.
Der Tritt ins Gesäß der unterstellten Mitarbeiterin gehört auch dann nicht zur "betrieblichen Tätigkeit" einer Vorgesetzten, wenn er mit der Absicht der Leistungsförderung oder Disziplinierung geschieht.
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Rudelfuchs
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Re: Unverständliche Anmerkungen von Korrektoren

Beitrag von Rudelfuchs »

Danke für eure Antworten.

Ich habe noch eine weitere Frage:

Viele Korrektorenanmerkungen drücken mE nicht aus, ob etwas richtig oder falsch ist.

Bsp: Ich habe in einem Fall, in dem der Gegner eines Unterlassungsanspruchs eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat, geprüft, ob der Unterlassungsanspruch aus § 1004 I 2 BGB nach § 340 I 1 und 2 BGB erloschen ist und diese Frage verneint, weil ich den § 340 I BGB für nicht auf sachenrechtliche Ansprüche anwendbar sehe. Der Korrektor kommentierte: "§340 BGB thematisiert". Ich kann aus dieser Anmerkung nicht erkennen, ob es für den Korrektor positiv oder negativ ist, dass ich § 340 BGB angesprochen habe. In der Lösung wurde § 340 BGB nicht angesprochen.

Bsp: Ich habe in einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auch ein Schuldversprechen nach § 780 BGB gesehen. Der Korrektor schreibt: "Annahme eines Schuldanerkenntnisses". Auch aus dieser Anmerkung erkenne ich nicht, ob er meine Ausführungen richtig, falsch oder für vertretbar hält.

Wie soll ich solche neutralen Feststellungen von Korrektoren verstehen?
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Re: Unverständliche Anmerkungen von Korrektoren

Beitrag von pHr3d »

Rudelfuchs hat geschrieben: Freitag 19. März 2021, 14:27 Danke für eure Antworten.

Ich habe noch eine weitere Frage:

Viele Korrektorenanmerkungen drücken mE nicht aus, ob etwas richtig oder falsch ist.

Bsp: Ich habe in einem Fall, in dem der Gegner eines Unterlassungsanspruchs eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat, geprüft, ob der Unterlassungsanspruch aus § 1004 I 2 BGB nach § 340 I 1 und 2 BGB erloschen ist und diese Frage verneint, weil ich den § 340 I BGB für nicht auf sachenrechtliche Ansprüche anwendbar sehe. Der Korrektor kommentierte: "§340 BGB thematisiert". Ich kann aus dieser Anmerkung nicht erkennen, ob es für den Korrektor positiv oder negativ ist, dass ich § 340 BGB angesprochen habe. In der Lösung wurde § 340 BGB nicht angesprochen.
Laut der Lösungsskizze soll etwas zu §340 BGB gesagt werden, was du schonmal gemacht hast, aber deine Ausführungen sind (vermutlich) nicht zutreffend. Wenn du allerdings sicher bist, dass § 340 BGB in der Lösungsskizze nicht vorkommt, weiß ich es auch nicht. Negativ sollte es jedenfalls nicht sein.
Rudelfuchs hat geschrieben: Freitag 19. März 2021, 14:27 Bsp: Ich habe in einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auch ein Schuldversprechen nach § 780 BGB gesehen. Der Korrektor schreibt: "Annahme eines Schuldanerkenntnisses". Auch aus dieser Anmerkung erkenne ich nicht, ob er meine Ausführungen richtig, falsch oder für vertretbar hält.
Klingt nach vertretbar.

Aber allgemein: Korrektoren bzw. Korrekturen sind nunmal leider sehr individuell. Wenn du sicher gehen willst, wirst du in jeden Einzelfall nachfragen müssen, ansonsten ist das alles nur ein Ratespiel.
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Re: Unverständliche Anmerkungen von Korrektoren

Beitrag von Rudelfuchs »

Leider hat sich noch eine Frage ergeben:

Was bedeutet die Kritik, die Ausführung würde "an der Sachlage vorbeigehen"? Meint das Wort "Sachlage" den Sachverhalt?
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Re: Unverständliche Anmerkungen von Korrektoren

Beitrag von Sektnase »

Wenn man es genau nimmt, ja. Du solltest aber nicht jedes Wort des Korrektors auf die Goldwaage legen. Über die genaue Formulierung denkt der nämlich keine Sekunde nach.
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Re: Unverständliche Anmerkungen von Korrektoren

Beitrag von OJ1988 »

Rudelfuchs hat geschrieben: Freitag 19. März 2021, 14:27 Danke für eure Antworten.

Ich habe noch eine weitere Frage:

Viele Korrektorenanmerkungen drücken mE nicht aus, ob etwas richtig oder falsch ist.

Bsp: Ich habe in einem Fall, in dem der Gegner eines Unterlassungsanspruchs eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat, geprüft, ob der Unterlassungsanspruch aus § 1004 I 2 BGB nach § 340 I 1 und 2 BGB erloschen ist und diese Frage verneint, weil ich den § 340 I BGB für nicht auf sachenrechtliche Ansprüche anwendbar sehe. Der Korrektor kommentierte: "§340 BGB thematisiert". Ich kann aus dieser Anmerkung nicht erkennen, ob es für den Korrektor positiv oder negativ ist, dass ich § 340 BGB angesprochen habe. In der Lösung wurde § 340 BGB nicht angesprochen.

Bsp: Ich habe in einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auch ein Schuldversprechen nach § 780 BGB gesehen. Der Korrektor schreibt: "Annahme eines Schuldanerkenntnisses". Auch aus dieser Anmerkung erkenne ich nicht, ob er meine Ausführungen richtig, falsch oder für vertretbar hält.

Wie soll ich solche neutralen Feststellungen von Korrektoren verstehen?
Das sind im Zweifel einfach Anmerkungen des Korrektors für sich selbst, damit dieser - wenn er z.B. 2 Wochen später die Klausur zwecks einer "Endplausibilitätskontrolle" (passt die vergebene Note auch nach Durchsicht aller Klausuren und Feststellung des ungefähren durchschnittlichen Leistungsniveaus noch?) nochmals durchgeht - rasch feststellen kann, was du geschrieben hast.
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