§§ 275, 276 ZPO - Praxis

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

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Sektnase
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Re: §§ 275, 276 ZPO - Praxis

Beitrag von Sektnase »

Beim frühen ersten Termin ist weniger Zeit, die Akte dick zu machen. Vorteil des Vorverfahrens ist aber die Möglichkeit des VU. Man überlegt sich also bei der Wahl des Verfahrens, wie hoch die Chance ist, dass gar keine Verteidigungsanzeige kommt.
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Re: §§ 275, 276 ZPO - Praxis

Beitrag von Sektnase »

Vermutlich auch Beklagte, die es einfach nicht hinkriegen, sich um ihre Angelegenheiten zu kümmern. Ich kenne es insbesondere vom Amtsgericht. Da ist die Chance auf § 331 III ZPO relativ hoch. Beim Bauprozess am Landgericht mit Streitwert von 500.000 € dürfte das selten sein. Vielleicht gibt es da aber andere Argumente, bin kein Richter. Ich vermute aber, am LG wird eher der frühe erste Termin genommen. Ist aber natürlich immer dem Richter selbst überlassen und insoweit Geschmackssache.
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Re: §§ 275, 276 ZPO - Praxis

Beitrag von thh »

unpseudo hat geschrieben: Sonntag 9. Mai 2021, 11:53ich habe eine (wirklich) kurze Frage an die Praktiker, nämlich: Wir das Instrument des frühen ersten Termins i.S.d. § 275 ZPO häufig eingesetzt? Bzw. welche Aspekte werden i.d.R. den Richter dazu veranlassen dies zu tun bzw. nicht zu tun?
Das macht wohl letztlich jeder anders. Vorteil des schriftlichen Vorverfahrens ist, dass der Sachverhalt in tatsächlicher (und ggf. rechtlicher Hinsicht) weiter aufgeklärt werden kann und dann ggf. eine Erledigung in einem Haupttermin erfolgen kann. Ist der Sachverhalt klar, gibt es inbesondere umfangreiche Vorkorrespondenz, die auch vollständig vorgelegt wurde, macht es wenig Sinn, dann noch lange ein Vorverfahren zu betreiben; dann liegt es nahe, früh den Termin zur mündlichen Verhandlung anzusetzen.

Daneben gibt es dann noch eine Vielzahl anderer Gesichtspunkte, die mehr oder weniger mit den Vorstellungen des Gesetzgebers und den Interessen der Parteien (auf der einen) oder dem Interesse des Gerichts an einer zügigen, möglichst unaufwendigen Erledigung (auf der anderen Seite) zu tun haben, u.a. die schon genannten:

Soll verhindert werden, dass eine Vielzahl (inhaltlich inhaltsarmer) Schriftsätze die Akte aufbläht? Besteht die Gefahr, dass das Verfahren - aufgrund eines weiterschwelenden Konflikts - ausufert, d.h. je länger es anhängig ist, immer weitere Anträge (und Gegenanträge) gestellt werden? Macht es Sinn, die Parteien möglichst früh "an einen Tisch" zu holen, so dass vielleicht eine Aussprache, Befriedung u.a. ein Vergleich möglich sind (oder kann nur so der Sachverhalt überhaupt sinnvoll aufgeklärt werden, weil Naturparteien - oder wenig kompetente Rechtsvertreter - beteiligt sind und die Schriftsätze weitgehend unverständlich bleiben)? Ist der Sachverhalt überschaubar oder weitehend geklärt und hängt im Wesentlichen von Beweismitteln (Sachverständigen!) ab, die nach § 358a ZPO vor der mündlichen Verhandlung erhoben werden können? Ist der Terminvorlauf gering? Das alles spricht für einen frühen ersten Termin.

Ist hingegen der Sachverhalt offensichtlich komplexer oder ungeklärt, geht es um Grundsatzfragen, ist der Vortrag unvollständig, unschlüssig oder die Anträge nicht vollstreckbar(so dass Hinweise und Nachbesserung erforderlich sind), kann ein "früher" erster Termin sowieso erst in 6, 12, 24 Monaten erfolgen, besteht die Chance eines Versäumnisurteils, spricht das umgekehrt für ein schriftliches Vorverfahren.

Kurz gefasst ist die primäre Frage: Macht es Sinn, den Sachverhalt erst einmal schriftlich weiter aufzuklären oder setzt man sich besser möglichst bald zusammen?
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Re: §§ 275, 276 ZPO - Praxis

Beitrag von Liz »

Sektnase hat geschrieben:Beim frühen ersten Termin ist weniger Zeit, die Akte dick zu machen. Vorteil des Vorverfahrens ist aber die Möglichkeit des VU. Man überlegt sich also bei der Wahl des Verfahrens, wie hoch die Chance ist, dass gar keine Verteidigungsanzeige kommt.
Man kann aber auch im schriftlichen Vorverfahren relativ frühzeitig einen Termin zur mündlichen Verhandlung machen, wenn man nämlich nach der Klageerwiderung oder Replik absehen kann, worum es voraussichtlich gehen wird. Wenn man einen frühen ersten Termin macht, kann man nur bedingt planen, was da überhaupt passieren wird und sich der Termin „lohnt“ (kommt überhaupt jemand?, gibt es streitigen Vortrag oder geht es nur um Rechtsprobleme?).
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Re: §§ 275, 276 ZPO - Praxis

Beitrag von Strich »

m.E. gehört der § 331 Abs. 3 ZPO von der Frage des schr. Vorv. abgekoppelt. De lege ferenda sollte der Beklagte aufgefordert werden, seine VErteidigungsbereitschaft anzuzeigen unabhängig davon, ob ich einen frühen ersten Termin anberaume oder das schriftliche Vorverfahren durchführe. Die Überlegung, sich den Weg des VU mit dem frühen Ersten zu verbauen ist eigentlich sachwidrig.
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Re: §§ 275, 276 ZPO - Praxis

Beitrag von batman »

Dann muss der "frühe" erste Termin aber immer so anberaumt werden, dass zu diesem Zeitpunkt nicht noch die Einspruchsfrist gegen das VU laufen könnte. Denn sonst ergibt dieser Termin keinen Sinn, müsste ggf. sehr kurzfristig verlegt werden und wenn keine kurzfristigen Kapazitäten frei sein, landet man in einem schriftlichen Vorverfahren unter falscher Flagge.
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Beitrag von Liz »

Strich hat geschrieben:m.E. gehört der § 331 Abs. 3 ZPO von der Frage des schr. Vorv. abgekoppelt. De lege ferenda sollte der Beklagte aufgefordert werden, seine VErteidigungsbereitschaft anzuzeigen unabhängig davon, ob ich einen frühen ersten Termin anberaume oder das schriftliche Vorverfahren durchführe. Die Überlegung, sich den Weg des VU mit dem frühen Ersten zu verbauen ist eigentlich sachwidrig.
Das ist ja sowieso nur ein Vorteil, wenn man Sachen so (wesentlich) früher vom Tisch bekommt. Ich weiß aber z. B. bei der Terminierung schon gerne, wieviel Zeit ich ungefähr einplanen muss, damit ich dann für die Verfahren auch entsprechend viel oder wenig Zeit habe. Verfahren, die durch „Dickschreiben der Akte“ außer Kontrolle geraten sind doch tendenziell diejenigen, in denen die Parteien nach der Duplik immer noch wie irre schreiben und das Gericht einfach noch ein halbes Jahr lang munter die Schriftsätze hin- und herschickt, anstatt endlich zu terminieren und die Parteien auf das Wesentliche zu konzentrieren.
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Re: §§ 275, 276 ZPO - Praxis

Beitrag von Strich »

Liz hat geschrieben: Montag 10. Mai 2021, 15:45
Strich hat geschrieben:m.E. gehört der § 331 Abs. 3 ZPO von der Frage des schr. Vorv. abgekoppelt. De lege ferenda sollte der Beklagte aufgefordert werden, seine VErteidigungsbereitschaft anzuzeigen unabhängig davon, ob ich einen frühen ersten Termin anberaume oder das schriftliche Vorverfahren durchführe. Die Überlegung, sich den Weg des VU mit dem frühen Ersten zu verbauen ist eigentlich sachwidrig.
Das ist ja sowieso nur ein Vorteil, wenn man Sachen so (wesentlich) früher vom Tisch bekommt. Ich weiß aber z. B. bei der Terminierung schon gerne, wieviel Zeit ich ungefähr einplanen muss, damit ich dann für die Verfahren auch entsprechend viel oder wenig Zeit habe. Verfahren, die durch „Dickschreiben der Akte“ außer Kontrolle geraten sind doch tendenziell diejenigen, in denen die Parteien nach der Duplik immer noch wie irre schreiben und das Gericht einfach noch ein halbes Jahr lang munter die Schriftsätze hin- und herschickt, anstatt endlich zu terminieren und die Parteien auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Die Überlegung würde prinzipiell zutreffen, wenn der ungefähre Zeitaufwand auch absehbar ist. Meine These ist aber, dass es dazu auf die Klageerwiderung nur dem Gefühl nach ankommt. Bei Lichte betrachtet, sind die Fälle, bei denen der geschätzte Zeitaufwand unter Zugrundelegung der Klage von dem geschätzten Zeitaufwand bei Kenntnis auch der Klageerwiderung erheblich abweicht nicht vorhanden.

Dafür sprechen folgende Gründe:
1. Die Anwälte am LG sind i.d.R. gut vorbereitet und begleiten den Streit schon einige Zeit, sie haben insb. vorgerichtlich korrespondiert. Die Klage geht also schon im Hinblick auf diese Korrespondenz ein.
2. Entweder die Fälle entwickeln sich, wie bei Klageeingang gedacht oder sie geraten mit Widerklagen und Hilfsaufrechnungen völlig außer Kontrolle. Dann musst du nämlich auch gleich terminieren, um ein Dickschreiben der Akte zu verhindern
3. Auch der Umfang der mit Klageeingang noch nicht absehbaren Beweisaufnahme spricht nicht dagegen, die Klageerwiderung abzuwarten:
Entweder brauche ich ein Sachverständigengutachten, dann ist es es sinnvoll, mit den Parteien über dessen Notwendigkeit und anfallenden Kosten zu sprechen oder ich hole es bei absoluten Professionellenprozessen (Ölspur auf Autobahn etc) ohnehin nach § 358a ZPO ein. Oder ich brauche absehbar nur Zeugen, die ich i.d.R. innerhalb von 3 Wochen laden kann, weshalb ich auch nach Terminierung auf die Klageerwiderung warten kann.

Das warten auf die Klageerwiderung hat also allenfalls homöopathische Zwecke für den Richter (von den Professionellenprozessen, Ölspur, Arzt abgesehen. Da ist von vornherein klar, dass ein Gutachten benötigt wird, dann gilt aber für den Beweisbeschluss das selbe, wie für die Terminierung: Erlassen nach Eingang Klageerwiderung)
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Re: §§ 275, 276 ZPO - Praxis

Beitrag von Liz »

Strich hat geschrieben: Montag 10. Mai 2021, 16:56
Liz hat geschrieben: Montag 10. Mai 2021, 15:45
Strich hat geschrieben:m.E. gehört der § 331 Abs. 3 ZPO von der Frage des schr. Vorv. abgekoppelt. De lege ferenda sollte der Beklagte aufgefordert werden, seine VErteidigungsbereitschaft anzuzeigen unabhängig davon, ob ich einen frühen ersten Termin anberaume oder das schriftliche Vorverfahren durchführe. Die Überlegung, sich den Weg des VU mit dem frühen Ersten zu verbauen ist eigentlich sachwidrig.
Das ist ja sowieso nur ein Vorteil, wenn man Sachen so (wesentlich) früher vom Tisch bekommt. Ich weiß aber z. B. bei der Terminierung schon gerne, wieviel Zeit ich ungefähr einplanen muss, damit ich dann für die Verfahren auch entsprechend viel oder wenig Zeit habe. Verfahren, die durch „Dickschreiben der Akte“ außer Kontrolle geraten sind doch tendenziell diejenigen, in denen die Parteien nach der Duplik immer noch wie irre schreiben und das Gericht einfach noch ein halbes Jahr lang munter die Schriftsätze hin- und herschickt, anstatt endlich zu terminieren und die Parteien auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Die Überlegung würde prinzipiell zutreffen, wenn der ungefähre Zeitaufwand auch absehbar ist. Meine These ist aber, dass es dazu auf die Klageerwiderung nur dem Gefühl nach ankommt. Bei Lichte betrachtet, sind die Fälle, bei denen der geschätzte Zeitaufwand unter Zugrundelegung der Klage von dem geschätzten Zeitaufwand bei Kenntnis auch der Klageerwiderung erheblich abweicht nicht vorhanden.
Nein, das entspricht jedenfalls nicht meiner Erfahrung - auch wenn es sicherlich Verfahren gibt, bei denen man bereits bei Klageeingang ein Idee davon hat, wie es wahrscheinlich weitergehen könnte.
Dafür sprechen folgende Gründe:
1. Die Anwälte am LG sind i.d.R. gut vorbereitet und begleiten den Streit schon einige Zeit, sie haben insb. vorgerichtlich korrespondiert. Die Klage geht also schon im Hinblick auf diese Korrespondenz ein.
Jein. Es wird in der Klageschrift nicht zwingend die gesamte Vorkorrespondenz offengelegt und schon gar nicht immer die Einwände, die die Beklagtenseite noch vorbringen wird.
2. Entweder die Fälle entwickeln sich, wie bei Klageeingang gedacht oder sie geraten mit Widerklagen und Hilfsaufrechnungen völlig außer Kontrolle. Dann musst du nämlich auch gleich terminieren, um ein Dickschreiben der Akte zu verhindern
Nicht jedes Verfahren, in dem es eine Widerklage oder eine Hilfsaufrechnung gibt, gerät außer Kontrolle. Es erleichtert aber die Terminplanung ungemein, wenn man weiß, dass man nicht nur über eine eindeutige Klageforderung verhandeln wird, sondern der Beklagte eine wesentlich kompliziertere Gegenforderung geltend macht o. ä.
3. Auch der Umfang der mit Klageeingang noch nicht absehbaren Beweisaufnahme spricht nicht dagegen, die Klageerwiderung abzuwarten:
Entweder brauche ich ein Sachverständigengutachten, dann ist es es sinnvoll, mit den Parteien über dessen Notwendigkeit und anfallenden Kosten zu sprechen oder ich hole es bei absoluten Professionellenprozessen (Ölspur auf Autobahn etc) ohnehin nach § 358a ZPO ein. Oder ich brauche absehbar nur Zeugen, die ich i.d.R. innerhalb von 3 Wochen laden kann, weshalb ich auch nach Terminierung auf die Klageerwiderung warten kann.
Das setzt allerdings voraus, dass die Klageerwiderung (Fristverlängerung lässt grüßen) so rechtzeitig vorm Termin vorliegt, dass man hierauf noch reagieren kann und ggf auch die Planung des Sitzungstages anpassen kann - zumal ja häufig die Benennung des einen Zeugen die Benennung eines Gegenzeugens im nächsten Schriftsatz zur Folge hat, dh mit der Ladung eines Zeugen nach Eingang der Klageerwiderung ist es nicht immer getan. Das ist alles Aufwand, den man sich sparen kann, wenn man die Klageerwiderung abwartet und dann spätestens nach Eingang der Replik alles weitere zielgerichtet in die Wege leitet.
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Re: §§ 275, 276 ZPO - Praxis

Beitrag von Strich »

Was ist denn dieses "alles weitere"?
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Re: §§ 275, 276 ZPO - Praxis

Beitrag von Shlomo »

Strich hat geschrieben: Dienstag 11. Mai 2021, 09:07 Was ist denn dieses "alles weitere"?
Hinweise, Auflagen, Vorbereitende Zeugen- o. SV-Ladung, ggf. auch terminsvorbereitender begründeter Vergleichsvorschlag. Setzt natürlich voraus, dass man die Zeit hat und sich auch nimmt und die Akte nicht 3 Tage vor dem Termin das erste mal liest. Da macht einem des Öfteren die Anzahl der Verfahren einen Strich durch die Rechnung. Ich habe aber die Erfahrung gemacht, dass eine gute Vorbereitung sich häufig auszahlt, wenn man dann am VT sitzt.
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Re: §§ 275, 276 ZPO - Praxis

Beitrag von Strich »

Stimmt, nur meine Behauptung war ja nicht, dass diese Arbeiten nicht gemacht werden, sondern, dass sie den frühen ersten nicht hindern:

Hinweise kann ich nach Eingang der Klageerwiderung erteilen genau so wie Vergleichsvorschläge (ich hab das immer gleich zusammen gemacht). Warum muss ich die Klageerwiderung aber vor Terminierung abwarten?

Es ist viel besser die Parteien mit einem Termin an der Verfahrensbeschleunigung teilhaben zu lassen. Für die von dir aufgezählten Dnge brauchst du vielleicht die Klageerwiderung, du brauchst dafür aber ganz sicher (in aller Regel) nicht die drei Wochen extra, die dir das schriftliche Vorverfahren verschafft.

Klageeingang -> FeT -> Klageerwiderung -> Hinweis, Vergleichsvorschlag, Zeugen -> Termin

Gegen

Klageeingang -> SVV -> Verteidigungsanzeige -> Klageerwiderung (bis hierher ist inhaltlich nichts mit der Akte passiert, aber 4 Wochen ins Land gegangen, eher 6) -> Terminierung mit Vergleichsvorschlag, Hinweis, Zeugen -> (wieder passiert bis zum Termin nichts Substantielles mehr mit der Akte) -> Termin

Ich finde, es ist einigermaßen offensichtlich, dass dieses ganze Vorbereitungsgerede nur als Ausrede dient, die Akte im Umlauf zu halten. Einziger Vorteil des SSV ist halt das VU.

Würde eure Ansicht stimmen, würden die Arbeitsgerichte, die Sozialgerichte und auch die Familiengerichte irgendwas falsch machen. Die machen nämlich alle i.d.R "FeTe" oder sind gesetzlich dazu verpflichtet, was sich bewährte.
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Re: §§ 275, 276 ZPO - Praxis

Beitrag von batman »

Strich hat geschrieben: Dienstag 11. Mai 2021, 10:48Ich finde, es ist einigermaßen offensichtlich, dass dieses ganze Vorbereitungsgerede nur als Ausrede dient, die Akte im Umlauf zu halten. Einziger Vorteil des SSV ist halt das VU.
Dass Du in kleinen Amtsgerichtsprozessen gute Erfahrungen mit frühen ersten Terminen gemacht hast, ist naheliegend und erfreulich. Dennoch sollstest Du die hiervon abweichenden Erfahrungen anderer Kollegen nicht als "Gerede" und "Ausreden" disqualifizieren. Ich weiß auch nicht, ob Du bereits mit einer Mehrzahl umfangreicher Bau- oder Arzthaftungsprozesse zu tun hattest.
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Re: §§ 275, 276 ZPO - Praxis

Beitrag von Strich »

Ja, hatte ich am Landgericht.
Ich habe auch überwiegenderweise von Zivilverfahren am Landgericht geredet.

Und ja, die Unterstellung war ein wenig überzogen, tut mir leid. Ich harre dennoch der Argumente, die da kommen ...
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Re: §§ 275, 276 ZPO - Praxis

Beitrag von batman »

Ich bin grundsätzlich auch ein Freund früher erster Termine, aber das scheitert meiner Erfahrung nach nicht so sehr an Ausreden, aber häufig auch an praktischen Umständen. Es gibt Verfahren am LG, die bleiben in der Kammer, da müssen Termine vorberaten und u.U. votiert werden. Ein längerer Vorlauf ist hier also absehbar und eine solche Kammer mit dichtem Pensum wird auch nicht wirklich viele "frühe" (d.h. nicht erst nach Eingang der Duplik stattfindende) Termine in petto haben.

Wenn hingegen der Termin wirklich "früh" im Verfahrensstadium liegt und der Beklagte nicht erscheint, ist der Zeitgewinn (oder -verlust) gegenüber einem VU nach § 331 III ZPO überschaubar.
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