Langzeitstudent

Allgemeine Fragen zum Jurastudium (Anforderungen, Ablauf etc.)

Moderator: Verwaltung

famous
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Langzeitstudent

Beitrag von famous »

Hallo,

folgendes Problem. Da ich in der Schule kein 1er Abi hatte war ich gezwungen in einer etwas kleineren Stadt Jura zu studieren. Lief dann auch alles gut und nach sechs Semestern hatte ich alle Voraussetzungen (Zwischenprüfung, Übung für Fortgeschrittene etc.) um den Freischuss zu schreiben. Habe mich dann aber entschlossen doch in Nähe meiner Heimat nach NRW zu wechseln. Ab da ging es stetig bergab. Hab im 7 und 8 Semester dann an meiner alten Uni noch das AS Rep halbherzig gemacht und bin dann erst zum 9 Semester nach NRW gewechselt. Hab dann auf eigene Faust die "richtige" Examensvorbereitung gestartet aber zwischenzeitlich immer wieder Auszeiten gehabt und dann kam auch noch Corona (möchte nicht Corona die Schuld geben sondern ich bin dafür verantwortlich aber es hat die Situation deutlich erschwert). Folge ist, dass ich jetzt im 14 Semester bin und (zurecht) Zweifel habe ob das noch alles Sinn hat. Ich würde es hinbekommen am Ende des Jahres Examen zu schreiben aber realistitsch betrachtet würde ich wohl im Bereich von 5-7 Punkten landen. Dann müsste ich auch noch meinen Schwerpunkt danach beenden sodass ich voraussichtlich erst im 17-18 Semester endgültig fertig wäre :(
Ich hätte die Möglichkeit am 1.8.2021 ein duales Studium anzufangen und bin mir unschlüssig was ich machen soll. Wenn ich daran denke, dass ich mich irgendwo bewerbe und auf meine hohe Studiendauer angesprochen werde wird mir schlecht :( Auf einer Seite denke ich, dass die ganzen Jahre umsonst waren, aber wenn man ehrlich ist mit der hohen Studiendauer und den Noten sind meine Aussichten auf dem juristischen Arbeitsmarkt alles andere als gut.
Was würdet ihr mir raten?

PS.: Bitte keine Vorwürfe über die lange Studiendauer, mir ist das echt unangenehm und peinlich (ja ich weiß, dass ich das selber schuld bin..) das ich da unglaublichen Mist gebaut habe ist mir bewusst und ich ärgere mich jeden Tag darüber und mich macht das auch echt fertig..könnte ich die Zeit zurückspulen würde ich das sofort machen..
Tyberius
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Re: Langzeitstudent

Beitrag von Tyberius »

Ich würde mir wegen einer längeren Studiendauer in Jura keine großen Gedanken machen. Klar sind 17 Semester nicht gerade zügig aber viel entscheidender ist am Ende eine passable Note als die Studiendauer.

Deinen Gedanken mit dem dualen Studium verstehe ich nicht. Die vergeudete Zeit lässt sich so oder so nicht wieder reinholen. Du hast also die Wahl zwischen einem Langzeitstudenten der abgebrochen hat oder einem Langzeitstudenten mit juristischem Staatsexamen. Wenn du ein duales Studium beginnst, würdest du ja vermutlich noch länger brauchen (Bachelor min. 6 Semester nehme ich an?).

Nach meiner Erfahrung wird in Jura viel weniger auf die Studiendauer geachtet als in anderen Studiengängen, deswegen lass dich davon nicht verunsichern, sondern arbeite ab jetzt konsequent auf deinen Examenstermin hin.
Weltraumbaer
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Re: Langzeitstudent

Beitrag von Weltraumbaer »

Weitermachen. Ich bin in einer ähnlichen Situation (14. Semesters. Ich werde mein Examen im 16./17. Semester schreiben) und nach soviel schweren Zeiten und Phasen werde ich es auch durchziehen. Ein Freund von mir hat 15. Semester gebraucht und ist gerade in der Endphase seiner Promotion. Eine andere Freundin hat 13. Semester gebraucht um überhaupt mit dem Repetitorium anzufangen und schrieb das Examen im 16. Semester.

Ich habe das Studium lange Zeit unterschätzt und daherdümpeln lassen, habe das eine oder oder andere Mal die Prüfungen geschoben, hatte persönliche Probleme, finanzielle Probleme, psychologische Probleme. Viele meiner Freunde sind in einer ähnlichen Situation und alle haben dieselben oder ähnliche Gründe. Arbeitgeber, welche aus Gründen einer langen Studienzeit oder einem etwas höheren Alter Kandidaten aussortieren ohne auf Leistung, Erfahrung und Hintergrund zu achten, sind m.M.n. sowieso im falschen Geschäft und sollten eine Modelagentur gründen und keine Kanzlei und angesichts anstehender Schwemme von Verrentungen/Pensionierungen ist nur der Himmel die Grenze. Ich nehme gerne an "Karrieretagen" größerer Kanzleien und Unternehmen teil (zugegebenermaßen, wegen dem kostenslosem Essen und Trinken und Free Goodies. Ein kleines Laster von mir) und dort sage ich auch dass ich demnächst 30 werde, in einem höheren Semester bin und weit über Regelstudienzeit fertig sein werde. Ich habe von Ausnahme 1-2 Personen gehört, dass es kein Problem sei, solange man Leistung erbringe und etwas vorweisen kann für den Einstieg (einer von denen wollte mich verarschen und fing an über die Förderung älterer Mitarbeiter und Einsteiger zu reden - ich bin 30 und nicht 300).

Wenn dein Staatsexamen stimmt, werden genug Arbeitgeber ein Auge auf dich werfen egal ob du im 10. Semester fertig wurdest oder im 20. Semester und wenn es fragen gibt. Solange du mental fit bleibst, kannst du Jura machen bist tot umfällst. Und wenn dir irgendein Justus kommt und dich niedermacht wegen deiner Studienzeit, dann ignoriere solch Leute und gehe deinen eigenen Weg.

Bleibe optimistisch und gesund. Mache weiter.
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Re: Langzeitstudent

Beitrag von famous »

Erstmal danke für die aufmunternden und motivierenden Worte!

Die Sache mit dem dualen Studium ist folgendes, erst kurz zu meiner Vorgeschichte:
Ich war nie ein guter Schüler und habe mir in der Skifreizeit ca 1,5 Jahre vor dem Abi einen komplizierten Schien- und Wadenbeinbruch zugezogen und bin fast ein komplettes Halbjahr ausgefallen und habe dann damals mit meinen Eltern entschieden, dass ich das Schuljahr besser wiederhole. Dann habe ich zuerst noch ein Jahr Geschichte (sehr erfolgreich aber leider nur zwei Semester) studiert und habe dann erst mit Jura angefangen. Mit anderen Worten: ich werde dieses Jahr noch 29 und dementsprechend würde ich mit ca 30-31 das 1.Staatsexamen haben.

Grundsätzlich hatte ich im Grundstudium für verhältnismäßig wenig Aufwand recht passable Noten. Im Normalfall müsste ich das Examen bestehen. Trotzdem kann es natürlich passieren, dass man eine total schlechte Woche hat und genau die Themen dran kommen die einem am wenigsten liegen und man durchfällt. Und mich belastet dann die Situation, wenn ich mich irgendwo als fast 30-jähriger bewerbe und ich nichts vorzuweisen habe außer das Grundstudium. Oder wenn ich das Examen gerade so bestehe und mich dann mit 5 Punkten und dazu mit der langen Studiendauer irgendwo bewerbe. Da stellt sich natürlich die Frage, ob ich lieber ein duales Studium mache bei welchem ich aller Voraussicht nach eine bessere Abschlussnote bekäme und dann nicht unbedingt schlechtere Aussichten auf dem Arbeitsmarkt hätte als wenn ich Jura so gerade bestehen würde.
Natürlich hemmen diese negativen Gedanken einen beim Lernen vor allem wenn man schon so viel Zeit verplempert hat und sich nicht noch mehr Auszeiten leisten darf ](*,)
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scndbesthand
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Re: Langzeitstudent

Beitrag von scndbesthand »

famous hat geschrieben:Erstmal danke für die aufmunternden und motivierenden Worte!

Die Sache mit dem dualen Studium ist folgendes, erst kurz zu meiner Vorgeschichte:
Ich war nie ein guter Schüler und habe mir in der Skifreizeit ca 1,5 Jahre vor dem Abi einen komplizierten Schien- und Wadenbeinbruch zugezogen und bin fast ein komplettes Halbjahr ausgefallen und habe dann damals mit meinen Eltern entschieden, dass ich das Schuljahr besser wiederhole. Dann habe ich zuerst noch ein Jahr Geschichte (sehr erfolgreich aber leider nur zwei Semester) studiert und habe dann erst mit Jura angefangen. Mit anderen Worten: ich werde dieses Jahr noch 29 und dementsprechend würde ich mit ca 30-31 das 1.Staatsexamen haben.

Grundsätzlich hatte ich im Grundstudium für verhältnismäßig wenig Aufwand recht passable Noten. Im Normalfall müsste ich das Examen bestehen. Trotzdem kann es natürlich passieren, dass man eine total schlechte Woche hat und genau die Themen dran kommen die einem am wenigsten liegen und man durchfällt. Und mich belastet dann die Situation, wenn ich mich irgendwo als fast 30-jähriger bewerbe und ich nichts vorzuweisen habe außer das Grundstudium. Oder wenn ich das Examen gerade so bestehe und mich dann mit 5 Punkten und dazu mit der langen Studiendauer irgendwo bewerbe. Da stellt sich natürlich die Frage, ob ich lieber ein duales Studium mache bei welchem ich aller Voraussicht nach eine bessere Abschlussnote bekäme und dann nicht unbedingt schlechtere Aussichten auf dem Arbeitsmarkt hätte als wenn ich Jura so gerade bestehen würde.
Natürlich hemmen diese negativen Gedanken einen beim Lernen vor allem wenn man schon so viel Zeit verplempert hat und sich nicht noch mehr Auszeiten leisten darf ](*,)
Die Befürchtungen, zu versagen, sollten jetzt kein Grund sein, es nicht zu versuchen. Selbst ein 4-Punkte-Examen ist besser als keins. Und ohne Jura-Examen hättest Du ja nach Bestehen des zweiten Studiums auch die Situation, den späten Wechsel und Dein dann noch höheres Alter rechtfertigen zu müssen.
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Re: Langzeitstudent

Beitrag von thh »

famous hat geschrieben: Montag 10. Mai 2021, 17:40Grundsätzlich hatte ich im Grundstudium für verhältnismäßig wenig Aufwand recht passable Noten.
Im juristischen Bereich erscheint mir die Aussagekraft der studienbegleitenden Leistungsüberprüfungen für die Examensnote überschaubar, weil beides oft wenig miteinander zu tun hat, aber wenn Du im Studium keine großen Probleme hattest, würde ich ebenfalls davon ausgehen, dass Du jedenfalls nicht durchfallen wirst.
famous hat geschrieben: Montag 10. Mai 2021, 17:40Oder wenn ich das Examen gerade so bestehe und mich dann mit 5 Punkten und dazu mit der langen Studiendauer irgendwo bewerbe. Da stellt sich natürlich die Frage, ob ich lieber ein duales Studium mache bei welchem ich aller Voraussicht nach eine bessere Abschlussnote bekäme und dann nicht unbedingt schlechtere Aussichten auf dem Arbeitsmarkt hätte als wenn ich Jura so gerade bestehen würde.
Das Problem ist nur: Du weißt nicht, wie gut oder schlecht Deine Abschlussnote in der Ersten Juristischen Prüfung wird, und Du weißt eben auch nicht, wie der Abschluss in einem Dualen Studium werden würde. Nachdem Du schreibst, das Studium sei eigentlich ganz gut gelaufen und die Probleme hätten im Prinzip mit der Examensvorbereitung begonnen (zwei Semester "halbherzig" Rep, dann 5-6 Semester weitere Examensvorbereitung mit "zwischenzeitlich immer wieder Auszeiten"), kann es sein, dass Dir ein "verschulteres" Studium besser liegt, bei dem Du die Prüfungsvorbereitung nicht allein organisieren musst, es kann aber auch sein, dass Du vergleichbare Schwierigkeiten hast, wenn es dort an die Abschlussarbeit geht. Insgesamt spricht vieles dafür, ein Studium, in das Du soviel Zeit investiert hast, jetzt auch noch zum Abschluss zu bringen und nicht im letzten Moment nach sieben Jahren abzubrechen.

Zwei weitere Gesichtspunkte: Es wäre menschlich verständlich, wenn Du in Deiner Situation gerne nochmal frisch von vorne anfangen würdest, einfach um etwas ganz neues anzufangen. Du solltest daher kritisch prüfen, ob wirklich ein Bachelor-Studiengang eine gute oder bessere Lösung für Dich ist oder ob Du nicht einfach vor allem mit Jura aufhören willst und nach jeder Lösung suchst, die Dir das ermöglicht. -- Außerdem scheinst Du ja die Möglichkeit zu sehen, in absehbarer Zeit (Jahresende) ins Examen zu gehen. Das heißt, dass Du im Frühjahr 2022 (rechtzeitig vor dem Bewerbungstermin für den Bachelor-Studiengang im nächsten Jahr) voraussichtlich wissen wirst, wie Du im Staatsteil des Examens abgeschnitten hast. M.E. macht es jedenfalls Sinn, diese ~ 12 Monate noch zu investieren. Danach kannst Du dann auf besserer Tatsachengrundlage entscheiden, ob es sinnvoll ist, den Schwerpunkt noch zu machen oder lieber (erneut) das Studienfach zu wechseln. Sind die Noten im Staatsteil gut oder besser als erwartet, gibt das vermutlich einen Motivationsschub. Sind sie schlecht oder Du fällst gar durch, erleichtert Dir das die Entscheidung für den Abbruch des Jurastudiums und den Beginn dualen Studiums.
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Re: Langzeitstudent

Beitrag von famous »

thh hat geschrieben: Montag 10. Mai 2021, 20:27 Nachdem Du schreibst, das Studium sei eigentlich ganz gut gelaufen und die Probleme hätten im Prinzip mit der Examensvorbereitung begonnen (zwei Semester "halbherzig" Rep, dann 5-6 Semester weitere Examensvorbereitung mit "zwischenzeitlich immer wieder Auszeiten"), kann es sein, dass Dir ein "verschulteres" Studium besser liegt, bei dem Du die Prüfungsvorbereitung nicht allein organisieren musst, es kann aber auch sein, dass Du vergleichbare Schwierigkeiten hast, wenn es dort an die Abschlussarbeit geht.
Mein Problem war halt, dass ich in der Examensvorbereitung de facto auf mich alleine gestellt und total planlos war. Zwar war ich ab und an mal im Uni-Rep ansonsten habe ich die Zeit aber nur verplempert indem ich mir eigene Skripte erstellt habe. Freunde von mir hatten bspw sehr ausführliche Lernübersichten von AS erhalten (ich habe an meinem alten Studienort bei AS leider nicht vergleichbares erhalten) und ich wollte mir vergleichbares selbst erstellen. Das hat nicht nur unheimlich viel Zeit in Anspruch genommen sondern deswegen habe ich auch das Klausurenschreiben vernachlässigt und hatte keinen großen Lerneffekt. Beim Wiederholen ist mir dann aufgefallen, dass die Skripte zwar gut sind, aber zu ausführlich sind um die Basics regelmäßig, schnell und effektiv wiederholen zu können.

thh hat geschrieben: Montag 10. Mai 2021, 20:27Außerdem scheinst Du ja die Möglichkeit zu sehen, in absehbarer Zeit (Jahresende) ins Examen zu gehen. Das heißt, dass Du im Frühjahr 2022 (rechtzeitig vor dem Bewerbungstermin für den Bachelor-Studiengang im nächsten Jahr) voraussichtlich wissen wirst, wie Du im Staatsteil des Examens abgeschnitten hast.
So in der Art hatte ich das geplant. Ich wollte mich als Plan B präventiv für duale Studiengänge bewerben, falls ich das Examen doch nicht bestehe. Schreibe ich nämlich am Ende des Jahres das Examen bekomme ich ja ungefähr im Frühjahr die Ergebnisse und ggfs die Einladung zur mündlichen. Und falls die Bewerbungsfrist dann abgelaufen wäre und ich mich nirgends beworben hätte, könnte ich mich erst wieder für das Jahr 2023 bewerben und hatte praktisch ein Jahr nichts zu tun was natürlich der worst case wäre. Deswegen komme ich nicht drumherum zweigleisig zu planen.
Problem dabei ist, dass für meine favorisierten Studiengänge (wäre ein duales Studium als Diplom-Verwaltungswirt zb in einer JVA oder einer Bundesbehörde) idR nur einen Bewerbungszeitraum von Juli-Oktober hat und danach dann die ganzen Einstellungstest stattfinden. Fällt dann leider genau in die Endphase meiner Examensvorbereitung aber daran führt und kein Weg vorbei und da muss ich dann durch, bin ich ja schließlich selber schuld :D
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Re: Langzeitstudent

Beitrag von Herr Schraeg »

Das Problem scheint mir - aus der Ferne und nur auf der Grundlage der wenigen posts - eher darin zu bestehen, dass Du Dich permanent mit Selbstvorwürfen geisselst und sich in Dir alles danach drängt, formal durch den Abbruch des Jurastudiums einen Schlussstrich zu ziehen und neu anzufangen. Nachvollziehbar, aber nicht sehr logisch:

Wenn Du jetzt umsteigst, wirst Du nach dem Abschluss der neuen Ausbildung nicht jünger sein als beim juristischen Berufseinstieg, falls Du mit Jura weitermachst. Du wirst Dich dann aber in einem Feld bewerben, in dem das Einstiegsalter auf jeden Fall eine grössere Rolle als bei Jura spielt, denn - wie alle schon betont haben - das Lebensalter ist nirgendwo so nachrangig wie bei Jura.

Diese logische Lösung bringt Dich aber nur weiter, wenn es Dir gelingt, die Fehler der Vergangenheit ruhen zu lassen (oder Du sicher bist, die Selbstvorwürfe nicht auch nach einem Wechsel weiter mit Dir herumzuschleppen; danach schaut es aber nicht aus). Du hast Mist gebaut. Na und? Das hat jeder von uns in der einen oder anderen Weise getan. Abhaken und neu starten!
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Re: Langzeitstudent

Beitrag von j_laurentius »

Mein Mann hat pi mal Daumen 34 Semester lang studiert (nicht Jura) und aus ihm ist auch was geworden. Über 17-18 Semester lacht er sich tot :D
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Re: Langzeitstudent

Beitrag von Sektnase »

Kann sich ja auch lohnen, wenn man im Studium einen guten Fang macht;)
In einem Umfeld, in dem mittelschwere Hurensöhnigkeit häufig zum Stellenprofil gehört, muss einen nicht wundern, wenn man Scheiße behandelt wird. -Blaumann
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Re: Langzeitstudent

Beitrag von famous »

j_laurentius hat geschrieben: Dienstag 11. Mai 2021, 14:01 Mein Mann hat pi mal Daumen 34 Semester lang studiert (nicht Jura) und aus ihm ist auch was geworden. Über 17-18 Semester lacht er sich tot :D
Darf ich fragen was er studiert hat? Aber nicht 34 Semester den gleichen Studiengang sondern häufiger gewechselt?

@All: Ich möchte bezüglich der Jobperspektiven nochmals nachhaken:
Nehmen wir mal an ich würde so gerade mit +/- 5 Punkten das 1.Staatsexamen bestehen. Bestünde dann auch die Möglichkeit in den Öffentlichen Dienst zu gehen oder bleibt nur die Selbstständigkeit? Ob ich mir das 2. Staatsexamen nach den Erfahrungen vom 1. Staatsexamen antun würde halte ich derzeit für äußerst fraglich. Mit dem 1.Staatsexamen wäre ich dann ja "nur" Diplom-Jurist. Würde ich das 2.Staatsexamen machen würde ich im Referendariat etwas mehr Geld bekommen als bei einem dualen Studium. Bis ich aber dann Vollzeit arbeite und "richtiges" Geld verdiene nach dem 2.Stex würde ja stand heute noch mindestens 4-5 Jahre in Anspruch nehmen. Zudem wäre ich natürlich immer mit dem Makel des langen Studiums behaftet (zumindest wenn ich das 2.Stex nicht machen würde, dann sähe es natürlich etwas anders aus sofern ich dafür nicht auch so lange brauche :D )
Würde ich hingegen zb ein duales Studium als Diplom-Verwaltungswirt machen, bin ich auch im Öffentlichen Dienst, wenn man sich nicht total dumm anstellt wird man auch übernommen und kann dann bei einer Bundesbehörde arbeiten und im Laufe der Jahre die Beamtenlaufbahn hochklettern. Einige Freunde von mir haben dieses duale Studium gemacht, der Vorteil ist, dass dort auch viele erst mit Mitte 30 anfangen die vorher zunächste eine klassische Ausbildung gemacht haben und sich dann in der Beamtenlaufbahn hochgearbeitet haben. Wenn ich einmal genommen wurde wäre der Makel des langen Studiums auch kaum noch relevant. Natürlich steigt man als Volljurist höher in der Beamtenlaufbahn ein, hat man dort mit fiktiven 5 Punkten überhaupt eine Chance? (bisher habe ich idR nur von min befriedigenen Stex gelesen und ich meine nicht als StA oder Richter)
Also ist ein 1.Stex mit fiktiven 5 Punkten wirklich so viel besser als ein duales Studium mit vermutlich guten Noten? Oder ist ein 2.Stex mit fiktiven 5 Punkten den enormen Aufwand überhaupt wert? Hab meinen Freunden während ihres dualen Studiums teilweise bei Hausarbeiten uä geholfen und ohne überheblich zu klingen das ist im Vergleich zum Jura Studium schon ein deutlich niedrigeres Niveau. Von 100 Leuten die dieses duale Studium angefangen haben, haben es auch nur zwei am Ende nicht geschafft.
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Re: Langzeitstudent

Beitrag von Liz »

Mit 5 Punkten im 1. Examen ist es, insbesondere wenn das 2. Examen nicht wesentlich besser ausfällt, wohl eher Glück, wenn es trotzdem irgendwo in der Verwaltung klappt. Umgekehrt kannst Du mit einem bestandenen 1. Examen immer noch entscheiden, ob Du ggf ein duales Studium dranhängen möchtest. Die Frage ist letztlich: Bringst Du die Motivation auf, Dich jetzt richtig in die Examensvorbereitung zu hängen oder droht sich schlichtweg der bisherige Verlauf der „Examensvorbereitung“ zu wiederholen? Im Übrigen gibt es genügend Volljuristen, die erst mit 30-35 Jahren in den Beruf einsteigen.
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Re: Langzeitstudent

Beitrag von j_laurentius »

famous hat geschrieben: Dienstag 11. Mai 2021, 19:35
j_laurentius hat geschrieben: Dienstag 11. Mai 2021, 14:01 Mein Mann hat pi mal Daumen 34 Semester lang studiert (nicht Jura) und aus ihm ist auch was geworden. Über 17-18 Semester lacht er sich tot :D
Darf ich fragen was er studiert hat? Aber nicht 34 Semester den gleichen Studiengang sondern häufiger gewechselt?
Wirtschaftsinformatik (an einer Uni), vom ersten bis zum 34. Semester (vielleicht waren es auch "nur" 33, das kann ich nicht aufs Semester genau sagen und mein Mann weiß das, glaube ich, auch nicht mehr, hihi). Er hat sich halt wirklich Zeit gelassen, hat sich einige Semester lang (um auf Sektnases Anmerkung zurückzukommen) vorrangig der Partnerinnensuche gewidmet, bis er mich dann gefunden hatte, dann hat er sich ziemlich mit Mathe rumquälen müssen, bis er das Vordiplom geschafft hatte, ja und dann ging es halt in immer noch recht gemütlichem Tempo weiter, wir haben ja parallel dazu unser Leben auch aufgebaut, ich habe meine Kanzlei aufgezogen, wir haben uns ein Haus gekauft und umgebaut etc. Aber mein Mann hat es durchgezogen, eine ziemlich interessante Diplomarbeit (als es schon ungefähr fünf Jahre lang das Bachelor-/Mastersystem gab, ich glaube, er war einer der Letzten, die überhaupt ein Diplom erworben haben) geschrieben und schlussendlich einen guten Abschluss gemacht. Er hätte dann auch sicherlich unproblematisch eine gute Stelle irgendwo finden können, wenn er gewollt hätte.

Ernsthaft, um den Punkt "Langzeitstudium" musst Du Dir gewiss keine Gedanken machen. Wenn Du ein ordentliches Examen machst und dann im Referendariat und im zweiten Examen ebenfalls überzeugst, hat kein Mensch irgendein Problem mit Deiner Studiendauer. Eher im Gegenteil, bei Juristen sind ein gewisses Alter und Lebenserfahrung durchaus nicht verkehrt. Mit einem Examen am unteren Rand dagegen ist es auch dann schwer, wenn man das Studium in nur acht Semestern durchgezogen hat.

Ich denke mal, letztlich kann Dir hier keiner den ultimativen Rat geben. Sprich mit Leuten, die Dich kennen und einen Eindruck davon haben, ob Du mit einem Dasein im gehobenen Dienst zufrieden wärest. Ich kann nur sagen, ich hatte im Referendariat auch immer die Idee, in den öffentlichen Dienst zu gehen, daraus ist damals (Mitte der nuller Jahre) nichts geworden, weil es praktisch keine Stellen gab, und ich habe mich stattdessen als Rechtsanwältin selbständig gemacht - rückblickend betrachtet war das genau der richtige Weg für mich und ich bin froh, nicht Beamtin geworden zu sein.
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Re: Langzeitstudent

Beitrag von famous »

Liz hat geschrieben: Dienstag 11. Mai 2021, 21:15 Mit 5 Punkten im 1. Examen ist es, insbesondere wenn das 2. Examen nicht wesentlich besser ausfällt, wohl eher Glück, wenn es trotzdem irgendwo in der Verwaltung klappt.
Das heißt bei 5 Punkten im 1. und 2. Examen bleibt einem realistisch gesehen nur die Selbstständigkeit bzw in einer kleinen Kanzlei zu arbeiten? Und als Diplom-Jurist mit 5 Punkten sieht es dann vermutlich noch schlechter aus? Oder kann man als Diplom-Jurist auch im gehobenen Dienst anfangen? Weil dann könnte ich mir das duale Studium "sparen" wenn ich sozusagen auf schnellerem Weg durch das 1.Examen in den gehobenen Dienst kommen könnte?
Liz
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Re: Langzeitstudent

Beitrag von Liz »

famous hat geschrieben: Dienstag 11. Mai 2021, 21:51
Liz hat geschrieben: Dienstag 11. Mai 2021, 21:15 Mit 5 Punkten im 1. Examen ist es, insbesondere wenn das 2. Examen nicht wesentlich besser ausfällt, wohl eher Glück, wenn es trotzdem irgendwo in der Verwaltung klappt.
Das heißt bei 5 Punkten im 1. und 2. Examen bleibt einem realistisch gesehen nur die Selbstständigkeit bzw in einer kleinen Kanzlei zu arbeiten? Und als Diplom-Jurist mit 5 Punkten sieht es dann vermutlich noch schlechter aus?
Das wird Dir keiner sicher sagen können; letztlich gibt es immer wieder sehr ungewöhnliche Wege. Aber ich denke, wenn man im 1. Examen 5 Punkte hat, sollte man sich mit der Möglichkeit, Anwalt zu werden, auseinandersetzen.
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