Richtiges Rechtsmittel gegen Beschluss

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

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Grisu
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Richtiges Rechtsmittel gegen Beschluss

Beitrag von Grisu »

Mal ein fiktiver Fall mit der Frage nach dem richtigen Rechtsmittel bzw. der richtigen Reaktion.

In dem Fall einer Zahlungsklage, bei welcher das schriftliche Vorverfahren angeordnet wurde und der Beklagte nicht selbst Verteidigungsbereitschaft angezeigt hat, sondern jemand, der nicht Prozeführungsbefugt für den Beklagten ist, liegen (schlüßigkeit der Klage vorausgesetzt) die Voraussetzungen für ein Versäumnisurteil vor. Wenn dieses auch beantragt wurde und auf die fehlende Prozessführungsbefugnis desjenigen, der Verteidigungsbereitschaft angezeigt hat, hingewiesen wurde, das Gericht jedoch kein Versäumnisurteil erlässt, sondern stattdessen dem Beklagten per Beschluss unter Fristsetzung aufgibt, zum Antrag auf Erlass des Versäumnisurteils und dem Hinweis auf die fehlende Prozessführungsbefugnis stellung zu nehmen, stellt sich die Frage wie gegen diesen Beschluss vorgegangen werden kann. Eine Rechtsbeschwerde dürfte nicht statthaft sein, ebenso eine sofortige Beschwerde da es an der zurückweisung eines das Verfahren betreffenden Gesuches fehlt.
Rüge des rechtlichen Gehörs? Das Problem ist, dass das Gericht ja dann kein Versäumnisurteil im schriftlichen Verfahren mehr erlassen kann, wenn die Verteidigungsbereitschaft, auch verspätet, noch bei Gericht eingeht, bevor das Versäumnisurteil ausgefertigt und unterzeichnet ist.
Durch den erlassenen Beschluss wird durch die Hintertür die Notfrist zur ANzeige der Verteidigungsbereitschaft "verlängert" und somit eventuell die Voraussetzungen für den Erlass des Versäumnisurteils im schriftlichen Verfahren zu nicht gemacht.

In meinen Augen stellt dies einen nicht hinnehmbaren Zustand dar.

Ich bedanke mich bereits jetzt für Eure Ideen zu diesem Gedankenspiel.
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batman
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Re: Richtiges Rechtsmittel gegen Beschluss

Beitrag von batman »

Klingt sehr fiktiv :D
Liz
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Re: Richtiges Rechtsmittel gegen Beschluss

Beitrag von Liz »

Taktische Frage, selbst wenn das Vorgehen des Gerichts ungewöhnlich ist: führt ein Rechtsbehelf zu einer Beschleunigung des Verfahrens oder ist dann erst recht nicht mehr mit einem VU im schriftlichen Vorverfahren zu rechnen?
insanus_judex
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Re: Richtiges Rechtsmittel gegen Beschluss

Beitrag von insanus_judex »

Die sofortige Beschwerde dürfte gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft sein. Nach § 336 I 1 ZPO findet gegen den Beschluss, mit welchem der Antrag auf Erlass eines VU abgelehnt wird, sofortige Beschwerde statt. Diese ist auch statthaft, wenn der Antrag nicht ausdrücklich, sondern konkludent - etwa durch eine Vertagungsentscheidung nach § 337 ZPO - abgelehnt wurde (so: OLG Hamm NJW-RR 1991, 703, Musielak/Voit / Stadler, 18. Aufl. 2021, ZPO § 336 Rn. 1; MüKoZPO/Prütting, 6. Aufl. 2020, ZPO § 336 Rn. 1). Auch in dem Beschluss, mit welcher dem Beklagten zur Stellungnahme aufgefordert wird, dürfte eine konkludente Ablehnung des Antrags auf Erlass eines VU liegen.
Liz
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Re: Richtiges Rechtsmittel gegen Beschluss

Beitrag von Liz »

insanus_judex hat geschrieben:Die sofortige Beschwerde dürfte gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft sein. Nach § 336 I 1 ZPO findet gegen den Beschluss, mit welchem der Antrag auf Erlass eines VU abgelehnt wird, sofortige Beschwerde statt. Diese ist auch statthaft, wenn der Antrag nicht ausdrücklich, sondern konkludent - etwa durch eine Vertagungsentscheidung nach § 337 ZPO - abgelehnt wurde (so: OLG Hamm NJW-RR 1991, 703, Musielak/Voit / Stadler, 18. Aufl. 2021, ZPO § 336 Rn. 1; MüKoZPO/Prütting, 6. Aufl. 2020, ZPO § 336 Rn. 1). Auch in dem Beschluss, mit welcher dem Beklagten zur Stellungnahme aufgefordert wird, dürfte eine konkludente Ablehnung des Antrags auf Erlass eines VU liegen.
Und jetzt mal rein praktisch gedacht: Was passiert im Fall der sofortigen Beschwerde? Das Gericht wird jetzt kaum vor Fristablauf im Rahmen der Abhilfeentscheidung das VU erlassen können, ohne dass anschließend der Beklagte rumschreit (schließlich hat er darauf vertraut, noch 2 Wochen Zeit zu haben, um einen Anwalt zu suchen). Also wird das Gericht vielleicht doch lieber die Beschwerde nochmals an den Gegner zur Stellungnahme rausschicken, um im Ergebnis frühestens nach Fristablauf über den Erlass des VU zu entscheiden. In der Sache hat das Gericht ja auch gar nicht den Erlass eines VU abgelehnt, sondern die Entscheidung hierüber nur aufgeschoben. Jetzt kann man den Richter als befangen ablehnen, aber dann wird das VU auch nicht schneller erlassen.
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