Vorsatz und Irrtum II

Straf-, Strafprozeß- und Ordnungswidrigkeitenrecht sowie Kriminologie

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maximilianyes
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Vorsatz und Irrtum II

Beitrag von maximilianyes »

Hallo, einige weitere Fragen mit konkreten Beispielen, alle Beispiele sind von
https://dskrpt.de/kilianwegner/strafrec ... chverhalt/
Die Lösungen aller Fälle sind von https://dskrpt.de/kilianwegner/strafrec ... um-losung/
Mir ist hierbei nur bei 2 3 wichtig, wieso diese Error in persona und aberatio ictus zu diesem Ergebnis führten und den kompletten Fall 4.

Hier nochmal alle 4
( nicht wundern, hier sind alle 4 Texte angegeben, und noch einige mehr Fragen, aber die sind erstmal nicht so wichtig, wichtiger ist erstmal das oben genannte)

"Fall 1
(nach BGHSt 36, 1)

G ist Gefreiter der amerikanischen Streitkräfte und arbeitet auf der Rhein-Main-Airbase. Im Jahr 1999 wird bei einer Untersuchung festgestellt, dass er HIV-positiv ist. Der Militärarzt klärt ihn umfassend über das Risiko einer Ansteckung auf und weist ihn darauf hin, dass er bei jeder Art von Geschlechtsverkehr Kondome benutzen müsse, da er für den Rest seines Lebens ansteckend bleibe. Gleichwohl schläft G mehrmals mit D, den er über seine Infektion nicht aufklärt, ohne ein Kondom zu benutzen. D wird dadurch infiziert. G hatte jedoch auf Grund des relativ geringen Ansteckungsrisikos (ca. 1 % bei Analverkehr) ernsthaft darauf vertraut, dass er D nicht infizieren werden würde.

Hat sich G wegen gefährlicher Körperverletzung nach den §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 1 Var. 2, Nr. 5 StGB strafbar gemacht?

Fall 2
(= Preußisches Obertribunal GA 1859, 322 – „Rose-Rosahl“)

Der Holzhändler Rosahl aus Schiepzig versprach dem Arbeiter Rose, ihn reichlich zu belohnen, wenn er den Zimmermann Schliebe aus Lieskau erschösse. Rose legte sich daraufhin zwischen Lieskau und Schiepzig (nahe Halle) in den Hinterhalt, um Schliebe, den er genau kannte, aufzulauern. Während der Dämmerung sah er einen Mann des Weges daherkommen. Diesen erschoss er, da er ihn für Schliebe hielt. In Wirklichkeit war es der 17-jährige Kantorssohn Harnisch.

Hat Rose sich wegen Totschlags an Harnisch strafbar gemacht?

Fall 3
(leichte Abwandlung von BGHSt 34, 53)

A ist Inhaber einer Gaststätte, in der sich in den frühen Morgenstunden des 5. Januar 1985 seine frühere Lebensgefährtin B und der Gast C aufhielten. B lehnte es ab, sich von dem alkoholisierten A nach Hause bringen zu lassen, und gab ihm zu verstehen, dass sie sich unter den gegebenen Umständen lieber von C begleiten lasse. Mit diesem verließ sie gegen 4.30 Uhr die Gaststätte. A war darüber wütend und verfolgte die beiden Fußgänger mit seinem Personenkraftwagen. Er fuhr an ihnen vorbei und entschloss sich in eifersüchtig wütender Gefühlsaufwallung, C "über den Haufen zu fahren“ und auf diese Weise zu töten. Er fuhr gezielt auf C zu, der vom Fahrzeug jedoch lediglich gestreift wurde, weil er sich im letzten Moment mit einem Sprung retten konnte. Die hinter C stehende B konnte jedoch nicht mehr ausweichen, sie wurde – ohne dass A dies für möglich gehalten oder billigend in Kauf genommen hatte – vom Kühler des Wagens erfasst und durch die Luft geschleudert. B war auf der Stelle tot.

Wie hat A sich strafbar gemacht? Zu prüfen ist lediglich der 16. Abschnitt des Strafgesetzbuches mit Ausnahme von § 211 StGB!

Fall 4
(vereinfachte Abwandlung von BGH NStZ 1998, 294 – „Sprengfalle“)

A will den R töten, indem er eine Handgranate in einem Radkasten von dessen Auto anbringt und den Abzug der Granate mit einer Schnur dergestalt mit dem Rad des Autos verbindet, dass bei einer Umdrehung des Rades der Abzug herausgezogen wird und die Handgranate auslöst. Bei der Ausführung des Plans verwechselt A das Auto des R jedoch mit dem Auto des B und bringt die Sprengfalle an dem falschen Fahrzeug an. Kurz nachdem A sich vom Tatort entfernt hat, setzt B sein Fahrzeug in Gang und wird durch die dort angebrachte Sprengfalle getötet.

Wie hat A sich strafbar gemacht? Zu prüfen ist lediglich der 16. Abschnitt des Strafgesetzbuches mit Ausnahme von § 211 StGB! "

Die einzelnen Fragen zu den Fällen

"G hat gehofft, dass D sich nicht anstecken würde, deshalb scheidet ein Erstreben eines Verletzungserfolgs i. S. d. dolus directus 1. Grades aus. Ähnliches gilt für den dolus directus 2. Grades, denn G wusste nicht sicher, dass D sich anstecken würde. Damit bleibt als mögliche Vorsatzform allein der Eventualvorsatz (dolus eventualis), dessen Definition im Einzelnen umstritten ist. Die dazu vertretenden Meinungen lassen sich grob in die sog. Wissens- und die sog. Willenstheorien unterteilen."
Wieso fällt dolus directus II raus?
"Den Wissenstheorien ist gemein, dass sie davon ausgehen, der Eventualvorsatz setze lediglich ein sog. intellektuelles Moment (= Wissensmoment) voraus.

So genügt es beispielsweise nach der Möglichkeitstheorie für das Vorliegen von dolus eventualis bereits, wenn der Täter das Eintreten des Taterfolgs konkret für möglich hält. Im vorliegenden Fall hat G den Verletzungserfolg durch einen späteren Ausbruch der Krankheit AIDS konkret für möglich gehalten, weil er zuvor über diese Folge aufgeklärt worden war. Nach den Maßstäben der Möglichkeitstheorie hat G also mit dolus eventualis gehandelt." Aber G hat ernsthaft geglaubt, D nicht anzustecken. Warum wusste es?


"So kommt es etwa nach der – auch von der Rechtsprechung vertretenen – Billigungstheorie darauf an, dass der Täter den Erfolgseintritt nicht nur für möglich hält, sondern ihn außerdem billigend in Kauf nimmt. Eine solche Billigung im Rechtssinne liegt vor, wenn der Erfolgseintritt dem Täter zwar möglicherweise unerwünscht ist, er sich aber letztlich mit ihm abfindet und höchstens vage auf sein Ausbleiben vertraut.

Im vorliegenden Fall hat G ernsthaft und – mit Blick auf das relativ niedrige Infektionsrisiko –auch durchaus plausibel darauf vertraut, dass D sich nicht anstecken werde („Wird schon gut gehen!“). Nach der Billigungstheorie liegt demnach kein Eventualvorsatz vor."
D hat hier aber nur vage auf das Ausbleiben vertraut, oder?

"Lediglich die Möglichkeitstheorie als weiteste Variante der Wissenstheorien führt im vorliegenden Fall zur Annahme von dolus eventualis, so dass sich eine gutachterliche Stellungnahme zu dem aufgezeigten Meinungsstreit lediglich mit dieser Theorie auseinanderzusetzen hat. Für die Möglichkeitstheorie wird vor allem angeführt, dass es für eine Bestrafung aus dem Vorsatzdelikt genügen müsse, wenn der Täter den Erfolgseintritt nur für möglich halte, weil er sich damit bereits über die durch den Tatbestand aufgestellte Verbotsnorm hinwegsetze. Dagegen ist jedoch einzuwenden, dass das deutsche Strafrecht am Rechtsgüterschutz ausgerichtet ist. Es kann für die Annahme einer Vorsatzstrafbarkeit vor diesem Hintergrund nicht allein darauf ankommen, ob der Täter die Verletzung eines Strafgesetzes nur für möglich hält; vielmehr muss sein Handeln voluntativ von einer Entscheidung gegen das Rechtsgut geprägt sein. Als systematisches Argument gegen die Möglichkeitstheorie kommt hinzu, dass die beiden Formen des direkten Vorsatzes jeweils sowohl ein intellektuelles als auch ein voluntatives Element aufweisen: Wer den Erfolgseintritt durch seine tatbestandliche Handlung als Ziel anstrebt (dolus directus 1. Grades), weiß auch um die Möglichkeit des Erfolgseintritts. Ein Täter, der trotz sicheren Wissens um den Erfolgseintritt (dolus directus 2. Grades) die Tathandlung ausführt, will den Taterfolg notwendigerweise auch. Wenn nun dolus directus und dolus eventualis gleichermaßen zu einer Strafbarkeit aus dem Vorsatzdelikt führen, ist kaum einsehbar, warum der dolus eventualis als schwächere Vorsatzform lediglich aus einer intellektuellen Komponente bestehen soll. Dazu kommt, dass eine Abgrenzung zwischen Eventualvorsatz und bewusster Fahrlässigkeit auf Basis der Möglichkeitstheorie nicht durchgeführt werden kann, weil der Täter den Erfolgseintritt in beiden Fällen für möglich hält und die Trennlinie zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit sich dann nur durch das voluntative Element bestimmen lässt. Demnach ist die Möglichkeitstheorie und damit im vorliegenden Fall auch das Vorliegen von Eventualvorsatz abzulehnen."

Wieso reiche es beider Möglichkeitstheorie, dass man es nur für möglich hält und sich darum daeüber hinweg setzt?
Was ist der Rechtsgüterschutz und wieso verbietet er das
Wieso will man bei dd II den Erfolgseintritt notwendigerweise auch?
Warum ist kaum einsehbar, dass Eventualvorsatz nur auf das intellektuelle Moment basieren soll? Warum lassen sich Fahrlässigkeit und warum ist es nicht sinnvoll, wenn Eventualvorsatz und Fahrlässigkeit nur durch das voluntative Element unterscheiden?

Fall 2
"Hinweis: Nach herrschender Meinung wäre auch das objektive Mordmerkmal der Heimtücke gem. § 211 Abs. 2 Var. 5 StGB erfüllt. Danach war laut Aufgabenstellung aber nicht gefragt. Der Mord wird im dritten Teil des Grundkurses näher behandelt." Wieso?
"Nach h. M. tritt durch die zeitlich-räumliche Individualisierung des Angriffsobjekts – hier Schliebe – eine Vorsatzkonkretisierung ein." Was ist damit gemeint und warum ist das h. M.?


Fall 3
"Bei hoher Geschwindigkeit eine andere, in der Nähe befindliche Person anzufahren, als eigentlich geplant, liegt ferner nicht außerhalb jeder Lebenswahrscheinlichkeit, so dass das Geschehen nicht als atypischer Kausalverlauf anzusehen ist und der Tod der B dem A als Taterfolg auch objektiv zugerechnet werden kann" wieso liegt es nicht außer jeder Lebenswahrscheinlichkeit?
"Denkbar wäre es, die aberratio ictus – ebenso wie einen error in persona – für unbeachtlich zu erklären, wenn das ursprünglich anvisierte und das tatsächlich verletzte Rechtsgut – wie hier (= Leben eines Menschen) – tatbestandlich gleichwertig sind. Es wird vertreten, dass die Tatbestände des besonderen Teils lediglich Vorsatz hinsichtlich eines abstrakt umschriebenen Tatobjekts erfordern (hier: hinsichtlich eines anderen Menschen). Eine Konkretisierung des Vorsatzes sei dabei gesetzlich nicht vorgesehen. Demzufolge wäre A vorliegend wegen vorsätzlichen Totschlags an B zu bestrafen" Was ist damit gemeint?
"Weiterhin eingewendet werden kann, dass sich der Vorsatz immer nur auf konkrete Umstände in der Lebenswirklichkeit und nicht nur auf abstrakte Tatbestandsmerkmale beziehen kann. Aus diesem Grund sei am Erfordernis der Vorsatzkonkretisierung festzuhalten. Folglich kann beim Vorliegen einer aberratio ictus keine Vorsatzstrafbarkeit in Bezug auf die Schädigung des nur versehentlich verletzten Opfers angenommen werden." Wieso bezieht es sich nicht auf "abstrakte Merkmale"?
"In Betracht kommt jedoch eine Versuchsstrafbarkeit bezüglich des anvisierten Tatobjekts (C), sowie ggf. eine Fahrlässigkeitsstrafbarkeit hinsichtlich des Verletzungsobjekts (B)."
Wieso ist es bei B fahrlässig und bei C eine Versuchsstrafbarkeit?

"Es war auch objektiv vorhersehbar, dass das sorgfaltswidrige Verhalten des A zum Tod einer Person führen konnte.

Ferner hat sich auch gerade die Sorgfaltswidrigkeit konkret im tatbestandlichen Erfolg verwirklicht, so dass der für eine Fahrlässigkeitsstrafbarkeit notwendige Pflichtwidrigkeitszusammenhang hergestellt ist"
Ja, aber es war nicht absehbar, dass das A B töter? Was ist das Pflichtwidrigkeitszusammenhang und warum muss gegeben werden?
"A hat die Tatbestände von § 222 StGB und §§ 212 Abs. 1, 22, 23 Abs. 1 StGB durch eine Handlung (= Attacke mit dem Auto) verwirklicht und es liegt kein Fall der Gesetzeskonkurrenz vor, so dass zwischen beiden Delikten Idealkonkurrenz (§ 52 Abs. 1 StGB) anzunehmen ist.

Gesamtergebnis

A hat sich gem. §§ 222, 212 Abs.1, 22, 23 Abs. 1, 52 Abs. 1 StGB strafbar gemacht." Wieso liegt hier keine Konkurrenz vor? Wie würden sie Gesetze angegeben?

Fall 4
"Dagegen spricht jedoch, dass A den R als sein eigentliches Ziel optisch nicht wahrgenommen hat und seinen Sprengfallen-Anschlag nur vermittelt über das Fahrzeug des R auf diesen richtete. In einem solchen „Fernwirkungsfall“ fehlt es damit an einer optisch vermittelten Konkretisierung des Tätervorsatzes auf ein ganz bestimmtes Opfer, die nach h. M. Voraussetzung für die Annahme eines beachtlichen Irrtums ist. Folglich könnte man die Auffassung vertreten, dieser Irrtum wäre wie ein error in persona zu behandeln und damit unbeachtlich. Nach dieser Auffassung hätte A mit Tötungsvorsatz bezüglich B gehandelt." Was spricht dagegen? Was ist optisch nicht wahrgenommen?
Wisso wäre sie Tat dann wie ein Error in persona zu behandeln?
"Eine andere Ansicht lässt eine „geistige“ Konkretisierung des Tatopfers ausreichen, die die zeitlich-räumliche Individualisierung als Mittel der Vorsatzkonkretisierung ersetzt. Vorliegend hatte sich durch die geistige Individualisierung der Vorsatz auf R konkretisiert und die Tötung des B wäre eine wesentliche Abweichung, die den Vorsatz – bezüglich der Tötung von B – entfallen lässt. Nach dieser Auffassung wäre der Tötungsvorsatz des A mit Blick auf B gem. § 16 Abs. 1 S. 1 StGB ausgeschlossen." Was ist damit gemeint?
"der Handelnde durch die Art und Weise der Tatbegehung das Risiko des Fehlgehens geschaffen hat. Es kommt also darauf an, wie sehr die Tat individualisiert wurde. Hat der Täter das Tatgeschehen so programmiert, dass nach seinem Tatplan auch ein anderer getroffen werden kann, so wird das Verwechselungsrisiko vom Vorsatz umfasst. Hat er dagegen Sicherungsvorkehrungen gegen einen Fehlschlag getroffen, fällt ihm die Abweichung nicht zur Last und der Vorsatz ist gem. § 16 Abs. 1 S. 1 StGB ausgeschlossen. Im vorliegenden Fall sind keine besonderen Vorkehrungen ersichtlich, mit denen A das Risiko des Fehlgehens ausgeschlossen hat, so dass nach dieser Auffassung Vorsatz gegeben wäre." Wieso wäre nach dieser Voraussetzung Vorsatz gegeben?
"Da in der Gesamtschau der vertretenen Auffassungen lediglich die These von der „geistigen Konkretisierung“ hier zu einem Vorsatzausschluss kommt, ist eine Stellungnahme für oder gegen diese Position notwendig. Dass eine rein „geistige“ Individualisierung eines Verletzungsobjekt genügen soll, um den Vorsatz auch ein Angriffsobjekt zu konkretisieren, dass der Täter nie zu Gesicht bekommt, überzeugt dabei nicht. Es erscheint daher vorzugswürdig, mit den anderen vertretenen Thesen, das Fehlgehen des Schlags hier nicht als Tatumstandsirrtum i. S. v. § 16 Abs. 1 S. 1 StGB zu behandeln.

A handelte in Bezug auf die Tötung von B also vorsätzlich." Was ist damit gemeint?
"Durch dieselbe Handlung hat A sich nicht auch wegen versuchten Totschlags (§§ 212 Abs. 1, 22, 23 Abs. 1 StGB) an R strafbar gemacht, weil sein Tötungsvorsatz sich im Tatzeitpunkt nur auf das „falsche“ Opfer B bezog und es damit in diesem Moment an einem Tatentschluss bezüglich der Tötung von R fehlt" was ist damit gemeint?
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Re: Vorsatz und Irrtum II

Beitrag von Schnitte »

maximilianyes hat geschrieben: Mittwoch 13. September 2023, 16:55 Fall 2
(= Preußisches Obertribunal GA 1859, 322 – „Rose-Rosahl“)

Der Holzhändler Rosahl aus Schiepzig versprach dem Arbeiter Rose, ihn reichlich zu belohnen, wenn er den Zimmermann Schliebe aus Lieskau erschösse. Rose legte sich daraufhin zwischen Lieskau und Schiepzig (nahe Halle) in den Hinterhalt, um Schliebe, den er genau kannte, aufzulauern. Während der Dämmerung sah er einen Mann des Weges daherkommen. Diesen erschoss er, da er ihn für Schliebe hielt. In Wirklichkeit war es der 17-jährige Kantorssohn Harnisch.

Hat Rose sich wegen Totschlags an Harnisch strafbar gemacht?
Für Rose ist das ziemlich offensichtlich ein Totschlag (bzw. bei Vorliegen von Mordmerkmalen Mord – hier wohl Habgier), da ein error in persona vorliegt, der den Vorsatz nicht ausschliesst. Er hatte Vorsatz, den Menschen, der auf dem Weg daherkommen würde, zu töten, und genau das hat er getan. Der Rose-Rosahl-Fall ist eher ein Klassiker für die Frage, wie sich dieser error in persona beim Haupttäter auf den Anstifter, also Rosahl, auswirkt.
"Das Vertragsrecht der Bundesrepublik Deutschland und die gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten, die Erfüllung von Verträgen zu erzwingen [...], verstoßen nicht gegen göttliches Recht."

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Re: Vorsatz und Irrtum II

Beitrag von Schnitte »

maximilianyes hat geschrieben: Mittwoch 13. September 2023, 16:55 "Fall 1
(nach BGHSt 36, 1)

G ist Gefreiter der amerikanischen Streitkräfte und arbeitet auf der Rhein-Main-Airbase.
[…]
Hat sich G wegen gefährlicher Körperverletzung nach den §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 1 Var. 2, Nr. 5 StGB strafbar gemacht?
Ausweichende, also das Problem wegschaffende Antwort: Nein, da Truppenangehörige anderer NATO-Staaten, die in Deutschland stationiert sind, gemäß Art. VII Abs. 1 lit. a NATO-Truppenstatut dem Strafrecht ihres Entsendestaates unterliegen.
"Das Vertragsrecht der Bundesrepublik Deutschland und die gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten, die Erfüllung von Verträgen zu erzwingen [...], verstoßen nicht gegen göttliches Recht."

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Re: Vorsatz und Irrtum II

Beitrag von maximilianyes »

Schnitte hat geschrieben: Donnerstag 14. September 2023, 22:16
maximilianyes hat geschrieben: Mittwoch 13. September 2023, 16:55 Fall 2
(= Preußisches Obertribunal GA 1859, 322 – „Rose-Rosahl“)

Der Holzhändler Rosahl aus Schiepzig versprach dem Arbeiter Rose, ihn reichlich zu belohnen, wenn er den Zimmermann Schliebe aus Lieskau erschösse. Rose legte sich daraufhin zwischen Lieskau und Schiepzig (nahe Halle) in den Hinterhalt, um Schliebe, den er genau kannte, aufzulauern. Während der Dämmerung sah er einen Mann des Weges daherkommen. Diesen erschoss er, da er ihn für Schliebe hielt. In Wirklichkeit war es der 17-jährige Kantorssohn Harnisch.

Hat Rose sich wegen Totschlags an Harnisch strafbar gemacht?
Für Rose ist das ziemlich offensichtlich ein Totschlag (bzw. bei Vorliegen von Mordmerkmalen Mord – hier wohl Habgier), da ein error in persona vorliegt, der den Vorsatz nicht ausschliesst. Er hatte Vorsatz, den Menschen, der auf dem Weg daherkommen würde, zu töten, und genau das hat er getan. Der Rose-Rosahl-Fall ist eher ein Klassiker für die Frage, wie sich dieser error in persona beim Haupttäter auf den Anstifter, also Rosahl, auswirkt.
Hallo erstmal :),

In meinen Erklärungen steht: "Mit seinem Schuss aus dem Hinterhalt verfolgte Rose das Ziel, einen Menschen zu töten, d.h. er handelte insofern mit dolus directus 1. Grades." Es ist deshalb dieser dolus directus Grad 1, weil er möchte, dass der Mensch stirbt, damit er sein Geld bekommt. Danach wäre es auch Habgier? Was ist mit dem folgenden Satz gemeint: "Nach h. M. tritt durch die zeitlich-räumliche Individualisierung des Angriffsobjekts – hier Schliebe – eine Vorsatzkonkretisierung ein."?
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Re: Vorsatz und Irrtum II

Beitrag von maximilianyes »

Vielleicht können Sie ja auch hier antworten:

Dieser Gedanke ist interessant. "Bei hoher Geschwindigkeit eine andere, in der Nähe befindliche Person anzufahren, als eigentlich geplant, liegt ferner nicht außerhalb jeder Lebenswahrscheinlichkeit, so dass das Geschehen nicht als atypischer Kausalverlauf anzusehen ist und der Tod der B dem A als Taterfolg auch objektiv zugerechnet werden kann." Wenn ich eine Person anfahre, und sie durch eine "atypische Kausalkette" dann stirbt, habe ich dann nicht auch Schuld?

Weiter steht dann " Weiterhin eingewendet werden kann, dass sich der Vorsatz immer nur auf konkrete Umstände in der Lebenswirklichkeit und nicht nur auf abstrakte Tatbestandsmerkmale beziehen kann. Aus diesem Grund sei am Erfordernis der Vorsatzkonkretisierung festzuhalten." Aber man kann ja trotzdem so argumentieren, dass es wie beim error in persona absolut egal ist, wen, sondern nur was (Menschen) getötet werden soll, oder? Wo ist hier das Kernargument?

Dann wurde geprüft, ob "A (...) sich durch dieselbe Handlung jedoch gem. § 222 StGB der fahrlässigen Tötung zu Lasten von B schuldig gemacht haben [könnte]."

So wird im Text argumentiert: "Durch seinen Angriff mit dem Auto auf C hat A den Tod der B in objektiv zurechenbarer Weise verursacht.

Er müsste ferner objektiv sorgfaltswidrig gehandelt haben. Objektiv sorgfaltswidrig handelt, wer gegen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt verstößt. Einen Menschen mit dem PKW anzufahren, verstößt gegen die im Straßenverkehr erforderliche Vorsichts- und Rücksichtspflicht (§ 1 StVO). A handelte folglich objektiv sorgfaltswidrig.

Es war auch objektiv vorhersehbar, dass das sorgfaltswidrige Verhalten des A zum Tod einer Person führen konnte.

Ferner hat sich auch gerade die Sorgfaltswidrigkeit konkret im tatbestandlichen Erfolg verwirklicht, so dass der für eine Fahrlässigkeitsstrafbarkeit notwendige Pflichtwidrigkeitszusammenhang hergestellt ist.

" Theoretisch ist doch aber klar, dass A B getötet hat. Wieso muss er hier objektiv sorgfaltswidrig gehandelt haben? Dass er objektiv sorgfaltswidrig gehandelt hat, aber wieso wird hier vorausgesetzt, dass dem A auch klar war, dass die B auch getötet werden könne? wieso ist der pflichtwidrigkeitszusammenhang hergestellt?

"III. Schuld

Es liegen keine Schuldausschließungs- oder Entschuldigungsgründe für das Handeln von A vor. Ferner handelte er auch subjektiv sorgfaltswidrig und war nach Maßgabe seiner persönlichen Eigenschaften in der Lage, den durch seinen Angriff verursachten Taterfolg vorherzusehen." Ist es hier nur wichtig, dass er objektiv sorgfältig gehandelt haben könnte?

Wieso gibt es hier keine Konkurrenz? "Konkurrenzen

A hat die Tatbestände von § 222 StGB und §§ 212 Abs. 1, 22, 23 Abs. 1 StGB durch eine Handlung (= Attacke mit dem Auto) verwirklicht und es liegt kein Fall der Gesetzeskonkurrenz vor, so dass zwischen beiden Delikten Idealkonkurrenz (§ 52 Abs. 1 StGB) anzunehmen ist."
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Re: Vorsatz und Irrtum II

Beitrag von maximilianyes »

Dann mal zu Fall 4:
Was ist hiermit gemeint "Dagegen spricht jedoch, dass A den R als sein eigentliches Ziel optisch nicht wahrgenommen hat und seinen Sprengfallen-Anschlag nur vermittelt über das Fahrzeug des R auf diesen richtete. In einem solchen „Fernwirkungsfall“ fehlt es damit an einer optisch vermittelten Konkretisierung des Tätervorsatzes auf ein ganz bestimmtes Opfer, die nach h. M. Voraussetzung für die Annahme eines beachtlichen Irrtums ist. Folglich könnte man die Auffassung vertreten, dieser Irrtum wäre wie ein error in persona zu behandeln und damit unbeachtlich. Nach dieser Auffassung hätte A mit Tötungsvorsatz bezüglich B gehandelt." das stört mich schon die ganze Zeit
was ist dann hiermit gemeint "Eine andere Ansicht lässt eine „geistige“ Konkretisierung des Tatopfers ausreichen, die die zeitlich-räumliche Individualisierung als Mittel der Vorsatzkonkretisierung ersetzt. Vorliegend hatte sich durch die geistige Individualisierung der Vorsatz auf R konkretisiert und die Tötung des B wäre eine wesentliche Abweichung, die den Vorsatz – bezüglich der Tötung von B – entfallen lässt. Nach dieser Auffassung wäre der Tötungsvorsatz des A mit Blick auf B gem. § 16 Abs. 1 S. 1 StGB ausgeschlossen."

"Schließlich kann auch danach gefragt werden, ob der Handelnde durch die Art und Weise der Tatbegehung das Risiko des Fehlgehens geschaffen hat. Es kommt also darauf an, wie sehr die Tat individualisiert wurde. Hat der Täter das Tatgeschehen so programmiert, dass nach seinem Tatplan auch ein anderer getroffen werden kann, so wird das Verwechselungsrisiko vom Vorsatz umfasst. Hat er dagegen Sicherungsvorkehrungen gegen einen Fehlschlag getroffen, fällt ihm die Abweichung nicht zur Last und der Vorsatz ist gem. § 16 Abs. 1 S. 1 StGB ausgeschlossen. Im vorliegenden Fall sind keine besonderen Vorkehrungen ersichtlich, mit denen A das Risiko des Fehlgehens ausgeschlossen hat, so dass nach dieser Auffassung Vorsatz gegeben wäre.

Da in der Gesamtschau der vertretenen Auffassungen lediglich die These von der „geistigen Konkretisierung“ hier zu einem Vorsatzausschluss kommt, ist eine Stellungnahme für oder gegen diese Position notwendig. Dass eine rein „geistige“ Individualisierung eines Verletzungsobjekt genügen soll, um den Vorsatz auch ein Angriffsobjekt zu konkretisieren, dass der Täter nie zu Gesicht bekommt, überzeugt dabei nicht. Es erscheint daher vorzugswürdig, mit den anderen vertretenen Thesen, das Fehlgehen des Schlags hier nicht als Tatumstandsirrtum i. S. v. § 16 Abs. 1 S. 1 StGB zu behandeln." wieso überzeugt die letzte These nicht?
Wieso kommt ist diese Abweichung nur wenn er keine Sicherungsvorkehrungen getroffen hat, als Vorsatz anzurechnen?
"Durch dieselbe Handlung hat A sich nicht auch wegen versuchten Totschlags (§§ 212 Abs. 1, 22, 23 Abs. 1 StGB) an R strafbar gemacht, weil sein Tötungsvorsatz sich im Tatzeitpunkt nur auf das „falsche“ Opfer B bezog und es damit in diesem Moment an einem Tatentschluss bezüglich der Tötung von R fehlte." aber er wollte doch B töten?
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Re: Vorsatz und Irrtum II

Beitrag von thh »

Schnitte hat geschrieben: Freitag 15. September 2023, 11:45
maximilianyes hat geschrieben: Mittwoch 13. September 2023, 16:55 "Fall 1
(nach BGHSt 36, 1)

G ist Gefreiter der amerikanischen Streitkräfte und arbeitet auf der Rhein-Main-Airbase.
[…]
Hat sich G wegen gefährlicher Körperverletzung nach den §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 1 Var. 2, Nr. 5 StGB strafbar gemacht?
Ausweichende, also das Problem wegschaffende Antwort: Nein, da Truppenangehörige anderer NATO-Staaten, die in Deutschland stationiert sind, gemäß Art. VII Abs. 1 lit. a NATO-Truppenstatut dem Strafrecht ihres Entsendestaates unterliegen.
Ansonsten ist "hatte [...] ernsthaft darauf vertraut" eine typische Formel für bewusster Fahrlässigkeit. Bei bedingtem Vorsatz hätte "nahm die Möglichkeit einer Infektion billigend in Kauf" gestanden. :)
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Re: Vorsatz und Irrtum II

Beitrag von Schnitte »

maximilianyes hat geschrieben: Sonntag 17. September 2023, 15:20 Was ist mit dem folgenden Satz gemeint: "Nach h. M. tritt durch die zeitlich-räumliche Individualisierung des Angriffsobjekts – hier Schliebe – eine Vorsatzkonkretisierung ein."?
Damit ist gemeint, dass Rose zunächst Vorsatz hatte, Schliebe zu töten. Damit würde Mord/Totschlag ausscheiden, weil objektiver Tatbestand (Tötung von Harnisch) und subjektiver Tatbestand (Tötung von Schliebe) auseinanderfallen. Nun hatte sich aber der Vorsatz von Rose auf Harnisch konkretisiert, als Rose auf der Lauer lag, Harnisch kommen sah und beschloss, diesen zu töten. Der Vorsatz war nun nicht mehr "Töte Schliebe", sondern "Töte den, der da gerade des Wegs kommt". Dass Rose Schliebe mit Harnisch verwechselte, spielt keine Rolle, weil der Vorsatz nunmehr auf den Menschen, der vor ihm des Weges kam, gerichtet war. Damit stimmen subjektiver und objektiver Tatbestand nun überein.
"Das Vertragsrecht der Bundesrepublik Deutschland und die gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten, die Erfüllung von Verträgen zu erzwingen [...], verstoßen nicht gegen göttliches Recht."

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Re: Vorsatz und Irrtum II

Beitrag von maximilianyes »

Warum stimmt dann auch subjektiver vorsatz überein?
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Re: Vorsatz und Irrtum II

Beitrag von Schnitte »

Weil er - bei Annahme dieser Vorsatzkonkretisierung - nicht mehr Vorsatz hatte, Schliebe zu töten, sondern den zu töten, der vor ihm den Weg entlang kam. Und genau den hat er auch getötet. Subjektiver und objektiver Tatbestand decken sich also.
"Das Vertragsrecht der Bundesrepublik Deutschland und die gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten, die Erfüllung von Verträgen zu erzwingen [...], verstoßen nicht gegen göttliches Recht."

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Re: Vorsatz und Irrtum II

Beitrag von maximilianyes »

Beim Fall 3

"Fall 3
(leichte Abwandlung von BGHSt 34, 53)

A ist Inhaber einer Gaststätte, in der sich in den frühen Morgenstunden des 5. Januar 1985 seine frühere Lebensgefährtin B und der Gast C aufhielten. B lehnte es ab, sich von dem alkoholisierten A nach Hause bringen zu lassen, und gab ihm zu verstehen, dass sie sich unter den gegebenen Umständen lieber von C begleiten lasse. Mit diesem verließ sie gegen 4.30 Uhr die Gaststätte. A war darüber wütend und verfolgte die beiden Fußgänger mit seinem Personenkraftwagen. Er fuhr an ihnen vorbei und entschloss sich in eifersüchtig wütender Gefühlsaufwallung, C "über den Haufen zu fahren“ und auf diese Weise zu töten. Er fuhr gezielt auf C zu, der vom Fahrzeug jedoch lediglich gestreift wurde, weil er sich im letzten Moment mit einem Sprung retten konnte. Die hinter C stehende B konnte jedoch nicht mehr ausweichen, sie wurde – ohne dass A dies für möglich gehalten oder billigend in Kauf genommen hatte – vom Kühler des Wagens erfasst und durch die Luft geschleudert. B war auf der Stelle tot.

Wie hat A sich strafbar gemacht? Zu prüfen ist lediglich der 16. Abschnitt des Strafgesetzbuches mit Ausnahme von § 211 StGB!"

In diesem Fall wird wie folgt argumentiert: "Denkbar wäre es, die aberratio ictus – ebenso wie einen error in persona – für unbeachtlich zu erklären, wenn das ursprünglich anvisierte und das tatsächlich verletzte Rechtsgut – wie hier (= Leben eines Menschen) – tatbestandlich gleichwertig sind. Es wird vertreten, dass die Tatbestände des besonderen Teils lediglich Vorsatz hinsichtlich eines abstrakt umschriebenen Tatobjekts erfordern (hier: hinsichtlich eines anderen Menschen). Eine Konkretisierung des Vorsatzes sei dabei gesetzlich nicht vorgesehen. Demzufolge wäre A vorliegend wegen vorsätzlichen Totschlags an B zu bestrafen." warum? was meint das?

" Weiterhin eingewendet werden kann, dass sich der Vorsatz immer nur auf konkrete Umstände in der Lebenswirklichkeit und nicht nur auf abstrakte Tatbestandsmerkmale beziehen kann. Aus diesem Grund sei am Erfordernis der Vorsatzkonkretisierung festzuhalten. Folglich kann beim Vorliegen einer aberratio ictus keine Vorsatzstrafbarkeit in Bezug auf die Schädigung des nur versehentlich verletzten Opfers angenommen werden. In Betracht kommt jedoch eine Versuchsstrafbarkeit bezüglich des anvisierten Tatobjekts (C), sowie ggf. eine Fahrlässigkeitsstrafbarkeit hinsichtlich des Verletzungsobjekts (B)." wieso bezieht es sich nicht auf abstrakte Merkmale?

"Ferner hat sich auch gerade die Sorgfaltswidrigkeit konkret im tatbestandlichen Erfolg verwirklicht, so dass der für eine Fahrlässigkeitsstrafbarkeit notwendige Pflichtwidrigkeitszusammenhang hergestellt ist." Aber es ist doch logisch, A kann sich denken, dass er C anfährt. Oder ist das gare nicht damit gemeint?

Dann Fall 4, wobei mir hier ein Gedanke zu schaffen macht:
"Dagegen spricht jedoch, dass A den R als sein eigentliches Ziel optisch nicht wahrgenommen hat und seinen Sprengfallen-Anschlag nur vermittelt über das Fahrzeug des R auf diesen richtete. In einem solchen „Fernwirkungsfall“ fehlt es damit an einer optisch vermittelten Konkretisierung des Tätervorsatzes auf ein ganz bestimmtes Opfer, die nach h. M. Voraussetzung für die Annahme eines beachtlichen Irrtums ist. Folglich könnte man die Auffassung vertreten, dieser Irrtum wäre wie ein error in persona zu behandeln und damit unbeachtlich. Nach dieser Auffassung hätte A mit Tötungsvorsatz bezüglich B gehandelt." Wieso ist das nach h. M. notwendig?

"Eine andere Ansicht lässt eine „geistige“ Konkretisierung des Tatopfers ausreichen, die die zeitlich-räumliche Individualisierung als Mittel der Vorsatzkonkretisierung ersetzt. Vorliegend hatte sich durch die geistige Individualisierung der Vorsatz auf R konkretisiert und die Tötung des B wäre eine wesentliche Abweichung, die den Vorsatz – bezüglich der Tötung von B – entfallen lässt. Nach dieser Auffassung wäre der Tötungsvorsatz des A mit Blick auf B gem. § 16 Abs. 1 S. 1 StGB ausgeschlossen." 16 sagt doch nur etwas über ein Irrtum und der liegt hier doch nicht vor?

"Hat er dagegen Sicherungsvorkehrungen gegen einen Fehlschlag getroffen, fällt ihm die Abweichung nicht zur Last und der Vorsatz ist gem. § 16 Abs. 1 S. 1 StGB ausgeschlossen. Im vorliegenden Fall sind keine besonderen Vorkehrungen ersichtlich, mit denen A das Risiko des Fehlgehens ausgeschlossen hat, so dass nach dieser Auffassung Vorsatz gegeben wäre." wieso würde der 16 das schützen?

"Da in der Gesamtschau der vertretenen Auffassungen lediglich die These von der „geistigen Konkretisierung“ hier zu einem Vorsatzausschluss kommt, ist eine Stellungnahme für oder gegen diese Position notwendig. Dass eine rein „geistige“ Individualisierung eines Verletzungsobjekt genügen soll, um den Vorsatz auch ein Angriffsobjekt zu konkretisieren, dass der Täter nie zu Gesicht bekommt, überzeugt dabei nicht. Es erscheint daher vorzugswürdig, mit den anderen vertretenen Thesen, das Fehlgehen des Schlags hier nicht als Tatumstandsirrtum i. S. v. § 16 Abs. 1 S. 1 StGB zu behandeln." ?
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