error in persona bei Anstiftung / Fahrlässigkeitsdelikt

Straf-, Strafprozeß- und Ordnungswidrigkeitenrecht sowie Kriminologie

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maximilianyes
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error in persona bei Anstiftung / Fahrlässigkeitsdelikt

Beitrag von maximilianyes »

Hallo, ich habe die letzten paar Tage intensiv genutzt, um wirklich die Grundlagen zu verstehen, genutzt habe ich dazu Kühl, AT, 4. Aufl. und die Vorlesung von Prof Dr. Jens Bülte. Es sind nur 3 Fragen, aber ein wenig detaillierter. Bitte nicht ignorieren, ich habe wirklich länger darüber nachgedacht

Auf jeden Fall hänge ich immer noch bei diesen Fragen fest:

Beim Jauchegrubenfall: Prüfung Totschlag, subjektiver Tatbestand:
"A müsste ferner vorsätzlich gehandelt haben. Als A der B Sand in den Mund gestopft hat, handelte sie mit bedingtem Tötungsvorsatz. Ihr war dabei allerdings nicht klar, dass B letztlich nicht durch Ersticken, sondern durch Ertrinken in der Jauchegrube sterben würde, d.h. sie irrte über den konkreten Kausalverlauf, der zum Tod von B führte. Ein solcher Irrtum über den Kausalverlauf führt nur dann zu einem Vorsatzausschluss i. S. v. § 16 Abs. 1 S. 1 StGB, wenn sich die Abweichung des Kausalverlaufs außerhalb jeder Lebenswahrscheinlichkeit bewegt und eine andere Bewertung der Tat erforderlich macht. Dass es bei einem ungestümen Tötungsvorhaben, wie es die A gegenüber B durchgeführt hat, dazu kommen kann, dass der Täter das Opfer versehentlich für tot hält, der Tod letztlich aber erst bei der Entsorgung der vermeintlichen Leiche eintritt, liegt noch innerhalb der Lebenswahrscheinlichkeit und ändert letztlich auch nichts an der Bewertung der Tat als ganzer. Der Irrtum der A über den Kausalverlauf ist folglich unbeachtlich und steht der Annahme von dolus eventualis hier nicht entgegen (a. A. gut vertretbar)."

Mir ist der Gedanke einfach nicht klar, warum der Vorsatz hier bejaht wird. Mit dem Irrtum nach §16 StGB ist mir klar, dass der Vorsatz bezüglich aller objektiven Tatbestandsmerkmale gegeben sein muss, aber mir ist nicht klar, warum man das hier aus einer späteren Position bewertet. Warum bewerte ich den Vorsatz nicht aus der Position der A, sondern bewerte ihren Vorsatz anhand des Zusammenhangs der Lebenswahrscheinlichkeit?


Dann komme ich zur Anstiftung bei error in persona:

Mir ist grundsätzlich mit der Individualisierung klar: Wenn ein Anstifter dem Täter nur eine sehr vage Beschreibung gibt, dass es nicht außer aller Lebenswahrscheinlichkeit liegt, dass er irrt. Damit hat man als Anstifter irgendwie Mitschuld. Wenn jetzt der Anstifter aber eine sehr genaue Beschreibung liefert, und der Haupttäter irrt, dann ist es nicht zurechenbar, weil objektiv nicht zurechenbar. Aber wenn der Anstifter eine vage Angabe gibt, aber denkt, es reiche, dann macht der Täter den error in persona, dann ist es plötzlich doch eine Anstiftung zum Mord des Opfers?? Mir fällt es einfach schwer, diesen Vorsatz zuzurechnen, da es ja höchstens eine Möglichkeit des Irrens beinhaltet? Wenn er also denkt, es gehe alles gut, und dann passiert es nicht, gibt es doch keinen Vorsatz bezüglich des Opfers (wegen error in persona das falsche), sodass man trotz des error in personas, wenn die Beschreibung vage war, verurteilt werden kann?
Soweit habe ich das verstanden, ist das richtig? Wenn ich als Anstifter alles abgeklärt habe, der Täter irrt, ist es außerhalb der Lebenserfahrung, darum bin ich fein raus? Fahrlässige Tötung gibt es doch aber auch nicht:
Gelesen habe ich es so: "Der Anstifter nimmt diese Möglichkeit des Irrens mit in seinen Vorsatz hinein." -> Aber wieso leitet man daraus eine Strafbarkeit wegen Anstiftung, wenn die Beschreibung vage ist, ab? Also wenn die Beschreibung vage ist, wieso ist es dann eine Anstiftung, wenn ich denke, es gehe alles gut? Ich möchte doch zu keinem Zeitpunkt den Tod des error in persona-Opfers?

Wenn man jetzt aber von einer Fahrlässigkeit ausgeht, dann könnte folgende Lösung denkbar sein:
Scheinbar kann man, wenn sich der Taterfolg nicht außerhalb jeder Lebenswahrscheinlichkeit hält, den Vorsatz bejahen? (Frage 1) Hier ist es ja Fahrlässigkeit, kann man das da auch so lösen? Da es nicht außer aller Lebenswahrscheinlichkeit liegt, ist die Anstiftung gegeben? Das verstehe ich einfach nicht


Zur dritten Frage:
"Diesem sog. „Blutbad-Argument“ versuchen die Anhänger der Unbeachtlichkeitstheorie dadurch zu entgehen, dass sie die Zurechnung nur bis zum ersten Fehlschlag befürworten, jenseits dieser Grenze den Anstiftervorsatz hingegen für verbraucht erklären. Doch abgesehen von der Ungereimtheit, dass der Anstifter dann für die Tat an dem ungewollten Opfer bestraft wird, für die zweite, an dem tatsächlich gemeinten Opfer begangene Tat aber straflos bleibt, verbleiben ungerechte Ergebnisse in jenen Fällen, in denen der erste Fehlschlag nur zur Verletzung, nicht aber zur Tötung des Opfers führt, während die „Nachbesserung“ gegenüber dem ursprünglich beabsichtigten Tatopfer mit dessen Tod endet. Die an sich gebotene Anstiftung wegen Totschlags wäre mit der Unbeachtlichkeitstheorie nicht zu begründen; vielmehr bliebe es bei einer Anstiftung zum Tötungsversuch (möglicherweise - bei Bejahung der Vorhersehbarkeit – neben einer täterschaftlichen fahrlässigen Tötung). " Es geht bei der Bestrafung beim error in persona beim Täter für den Anstifter: Warum verbleiben bei Befürwortern der Unbeachtlichkeitstheorie ungerechte Ergebnisse in den angebrachten Beispielen? Wieso ist es in diesem Beispiel eine "an sich gebotene Anstiftung wegen Totschlags"?
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