Zugangspreoblem bei WE

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

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Gelöschter Nutzer

Zugangspreoblem bei WE

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Person A gibt eine schriftliche WE ab und wirft diese um 21.00 Uhr in den Briefkasten des Unternehmers ein. Der andere ist zu dieser Zeit noch im Büro und liest die WE um 21.05 Uhr. wann ist die WE denn nun zugegangen?

Normalerweise würde sie um 21.05 zugehen, da der andere die WE da schon liest, er also die Möglichkeit dazu hat.

Aber unser Prof meinte mal, dass die WE trotz der Tatsache, dass sie schon um 21.05 gelesen wurde, erst am Montag zugeht. Folglich können der andere die WE bis Montag ohne Probleme widerrufen.

Was haltet ihr davon? Ist der Unternehmer nicht schutzbedürftig?
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

MünchKomm § 130 Rn. 16:

"Nimmt der Adressat der Erklärung diese früher zur Kenntnis als unter normalen Umständen zu erwarten war (zB ein Brief wird um 22 Uhr abends eingeworfen, der Briefkasten wird - anders als üblich - um 23 Uhr geleert), so ist die Erklärung mit tatsächlicher Kenntnisnahme durch den Empfänger zugegangen"

(auch: Medicus AT RdNr. 276; Jauernig RdNr. 4; Palandt/Heinrichs RdNr. 5)

Der Widerruf kommt also zu spät.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Ja, das weiss ich ja. Aber was haltet ihr denn von dieser Theorie meiens Profs.?

Vertretbar, nicht vertretbar?
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Na Blödsinn halt. Die Sache mit dem "Zeitpunkt der gewöhnlichen Kenntnisnahme" dient nur dazu, normativ einen Zeitpunkt festzulegen, wenn der Empfänger die Erklärung nicht gelesen hat. Hat er sie gelesen braucht es das nicht.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Naja, zB im Verwaltungsrecht wendet man die 3-Tages-Fiktion auch dann an, wenn der Bescheid nachweislich früher zugegangen ist.

(Hübsche Klausurfalle übrigens.)
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Da gehts aber um einen Fristbeginn.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Manolaw hat geschrieben:Naja, zB im Verwaltungsrecht wendet man die 3-Tages-Fiktion auch dann an, wenn der Bescheid nachweislich früher zugegangen ist.

(Hübsche Klausurfalle übrigens.)
Außerdem ist im Verwaltungsrecht die 3-Tages-Fiktion gesetzlich festgeschrieben; im BGB fehlt eine entsprechende Regelung jedenfalls in Bezug auf den Zugang von WE. Daher zählt allein die Regelung des 131 BGB. Hierin liegt der entscheidende Unterschied zum Verwaltungsrecht. Und hier gilt aufgrund der ratio des § 131 BGB, dass der Zugang bereits dann zu bejahen ist, wenn die WE tatsächlich früher als zu den gewöhnlichen Zeiten zugegangen ist. Warum sollte der Empfänger der WE hier schutzwürdig sein, indem man den tatsächlich früher stattgefundenen Zugang ignorierte? Ich glaube der Prof, der was anderes meint, will nur als a.A. zitiert werden. Ernsthaft meinen kann er das nicht.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Ja, ist mir schon klar. Ich wollte ja auch nur versuchen, diese Gegenansicht irgendwie nachzuvollziehen. Der Vergleich mit dem Verwaltungsrecht hinkt etwas, das gebe ich zu.

Übrigens ist die Definition mit der gewöhnlichen Kenntnisnahme ja nicht in Stein gemeißelt. Im Gesetz steht sie jedenfalls nicht.
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dergrinch
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Beitrag von dergrinch »

Aber logisch notwendig hergeleitet ist sie.
Jetzt meine eigene Hausreihenseite:

MOTEL (in großen beleuchteten Buchstaben an meinem Haus).

Das Bild stammt vom Campus.

Bild
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Also ich finde die Ansicht meines Profs. ga r nicht soooo abwegig.

Gibt jermand das Schreiben um 21.00 Uhr ab, so kann er erwarten, dass sie erst am Montag zugeht. Dass sie tatsächlich schon früher zugegangen ist, ist unbeachtlich.

Im Übrigen steht diese Auffassung mi t der Zugangsdef. in Einklang.

§ 130 schreibt vor, dass die WE dann wirksam wird wenn sie dem anderen ZUGEHT. Aber der Zugang wird ja erst am Montag erwartet. Von einem tatsächlichem Zugang steht in § 130 nichts.

Insofern passt die Ansicht ja.


Nicht dass ich diese Ansicht teilen würde, aber unlogisch ist sie jedenfalls nicht.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Nach dem normalen Verständnis geht eine WE zu, wenn man tatsächlich von ihr Kenntnis nimmt.
Das wäre aber ungerecht für den Absender. Also hat man diese Theorie vom gewöhnlichen Zeitpunkt der Kenntnisnahme entwickelt, die mittlerweile auch Richterrecht - also schon Gesetz - ist.

Das alles dient aber allein dem Schutz des Absenders, damit die WE auch zugeht, wenn der Empfänger seinen Briefkasten nie leert.
Wenn der andere aber tatsächlich Kenntnis nimmt, braucht man diese Konstruktion gar nicht.
Es wäre also vom Schutzzweck dieser Rechtsfigur überhaupt nicht gedeckt, würde man sie hier anwenden.

Im Übrigen ist ja wohl auch dr Empfänger schutzwürdig, der nun damit rechnen darf, dass die WE auch gilt.
Es wäre mit dem Verkehrsschutz nicht zu vereinbaren, wenn der Empfänger jetzt noch bis zum nächsten Montag mit einem Widerruf rechnen müsste. Dagegen steht schon die Wertung des § 130 I 2.

Man kann doch eine Rechtsfigur nicht derart wortglauberisch anwenden und den dahinterstehenden völlig missachten.
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Beitrag von ProstG! »

Pokerface hat geschrieben:Ja, das weiss ich ja. Aber was haltet ihr denn von dieser Theorie meiens Profs.?

Vertretbar, nicht vertretbar?
Wenn du nur vertretbar/nicht vertretbar wissen willst: eindeutig vertretbar. Was Altmeister Flume noch heute vertritt ist vertretbar.

Zu Sinn und Unsinn dieser Ansicht wurde ja auch schon Stellung enommen.
"Der Stellvertreter hat nur dann die Rechte und Pflichten des Vorsitzenden, wenn dieser behindert ist" (§ 107 I 3 AktG)
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BuggerT
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Beitrag von BuggerT »

Ich hab diese Meinung auch schon gelesen. Frag jetzt aber bitte nicht, wo :wink2:. Flume war es jedenfalls nicht; den hab ich mir nur einmal während einer HA angesehen :wink2:. Könnte aber sein, dass es ein Fall war, wo dann auf Flume verwiesen wurde... ich weiß es nicht mehr.

Aber vertretbar ist es (mit entsprechender Begründung) allemal, auch wenn in einigen Büchern gar nicht mehr darauf eingegangen wird, zB im Köhler, in dem ich gerade nochmals nachgeblättert habe.


grtz
BuggerT
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pHr3d
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Beitrag von pHr3d »

Mein Prof. hat uns die Meinung damals (1. Semester) vorgestellt aber ich finde in keinem einzigen Buch mehr was dazu. Finde aber Alex011 Erklärung weshalb diese Meinung abzulehnen ist sehr schlüssig, hat also nen guten Grund das dieser Streit beigelegt wurde.
I'm not happy till you're not happy.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Mal ein anderes Problem.

Person A wirft am Samstagmittag um 15.00 Uhr ein Sxhreiben in den Briefkasten des B, um dessen Angebot anzunehmen. Am Sonntag überlegt es sich A anders und wirft am Sonntag einen Widerruf in den Briefkasten des B.

Wann ist nun die Annahme des Angebots und wann der Widerruf zugegangen? (Ist ein Fall aus 22 Probleme aus dem BGB AT, 10. Problem)

Verstehe nicht, wie der Autor dazu kommt, dass die Annahme am Samstagmittag um 15.00 Uhr, der Widerruf am Sonntag zugegangen ist.
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