Menschen, die ihre Post nicht öffnen können
Moderator: Verwaltung
Menschen, die ihre Post nicht öffnen können
Hallo,
manche Menschen lassen "böse" Post ungeöffnet liegen. Da stapeln sich dann Vollstreckungsbescheide, Versäumnisurteile, Mahnungen, Haftbefehle usw. Der rechtliche Umgang mit diesem Phänomen hängt vermutlich stark vom Kontext ab. Ich könnte mir z.B. vorstellen, dass dort, wo eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand möglich ist, das Verhalten des Betroffenen dann als diesem nicht zurechenbar gilt, wenn sein Verhalten pathologisch ist.
Gibt es ein bestimmtes Stichwort, unter dem das Phänomen, diese Krankheit rechtswissenschaftlich diskutiert wird? Ich habe schon öfter davon gehört, es dürfte so selten nicht sein. Eben darum würde ich gern recherchieren, doch mir fehlt ein Schlagwort.
iura
manche Menschen lassen "böse" Post ungeöffnet liegen. Da stapeln sich dann Vollstreckungsbescheide, Versäumnisurteile, Mahnungen, Haftbefehle usw. Der rechtliche Umgang mit diesem Phänomen hängt vermutlich stark vom Kontext ab. Ich könnte mir z.B. vorstellen, dass dort, wo eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand möglich ist, das Verhalten des Betroffenen dann als diesem nicht zurechenbar gilt, wenn sein Verhalten pathologisch ist.
Gibt es ein bestimmtes Stichwort, unter dem das Phänomen, diese Krankheit rechtswissenschaftlich diskutiert wird? Ich habe schon öfter davon gehört, es dürfte so selten nicht sein. Eben darum würde ich gern recherchieren, doch mir fehlt ein Schlagwort.
iura
- scndbesthand
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Re: Menschen, die ihre Post nicht öffnen können
Briefkastenphobie? Bringt bei Google wenigstens ein paar Treffer.iura hat geschrieben:Hallo,
Gibt es ein bestimmtes Stichwort, unter dem das Phänomen, diese Krankheit rechtswissenschaftlich diskutiert wird? Ich habe schon öfter davon gehört, es dürfte so selten nicht sein. Eben darum würde ich gern recherchieren, doch mir fehlt ein Schlagwort.
iura
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Re: Menschen, die ihre Post nicht öffnen können
...völlig unironisch: sehr interessanter Ansatz zum Umgang mit Mandanten, die Fristen versäumt haben.
Ich bezweifele, dass es sich beim Nichtöffnen der Post um ein eigenes Krankheitsbild handelt. Ich halte das eher für ein Symptom der Prokrastination (Aufschieberitis), die im Einzelfall durchaus pathologische Züge annehmen kann. Jedenfalls findest Du bei Google unter den Stichworten "Prokratination" und "ungeöffnete Post" eine Reihe von Treffern, die Dir vielleicht weiterhelfen.
Ich bezweifele, dass es sich beim Nichtöffnen der Post um ein eigenes Krankheitsbild handelt. Ich halte das eher für ein Symptom der Prokrastination (Aufschieberitis), die im Einzelfall durchaus pathologische Züge annehmen kann. Jedenfalls findest Du bei Google unter den Stichworten "Prokratination" und "ungeöffnete Post" eine Reihe von Treffern, die Dir vielleicht weiterhelfen.
Re: Menschen, die ihre Post nicht öffnen können
Nein, natürlich ist das Nichtöffnen der Post keine Krankheit. Ich frage mich aber, ob es nicht Ausdruck einer Krankheit sein kann. Zumindest scheint es sich um ein psychologisches Phänomen zu handeln, jedenfalls habe ich von solchen Fällen schon öfter gehört.
Den Ausdruck "Prokrastination" kann ich noch nicht. Scheint das zu sein, was ich gesucht habe. Klingt ja schon mal schön pathologisch...
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- showbee
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Re: Menschen, die ihre Post nicht öffnen können
Angst, Resignation, Teilnahmslosigkeit, Vogel Strauß, Kopf in den Sand, Schuldenpanik ... Das meine Suchvorschläge.
"I suspect that if a million monkeys were put in front of a million typewriters, by Wednesday one of them would have come up with an improved version of the Income Tax Assessment Act" CASE P132 [1982] ATC 660, 662, AUSTRALIA
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Re: Menschen, die ihre Post nicht öffnen können
Naja, stelle Dir mal vor, jeden Tag flattern Dir böse Briefe ins Haus, die Dir verdeutlichen, wie blöd Deine Lage eigentlich ist. Dass dann dort eine gewisse Angst vor der Realität entsteht, ist m. E. nicht verwunderlich. In den typischen Schuldnerszenarien dürfte es wohl auch leicht ins Depressive gehen.iura hat geschrieben:Nein, natürlich ist das Nichtöffnen der Post keine Krankheit. Ich frage mich aber, ob es nicht Ausdruck einer Krankheit sein kann. Zumindest scheint es sich um ein psychologisches Phänomen zu handeln, jedenfalls habe ich von solchen Fällen schon öfter gehört.
"Krankhaft" im Sinne von "Entschuldigungsgrund" dürfte das aber wohl erst sein, wenn ein allgemeines Krankheitsbild vorliegt, dass den Betroffenen daran hindert seine Angelegenheiten verantwortlich zu regeln. Insofern könnte auch ein Blick ins Betreuungsrecht sinnvoll sein (arg: wer seine Angelegenheiten nicht mehr selbst ordnen kann, bekommt einen (rechtlichen) Betreuer - da müssten irgendwo entsprechende Kriterien genannt werden.)
Vor diesem Hintergrund könnte der Vortrag, man könne seine Post krankheitsbedingt nicht öffnen, böse nach hinten losgehen
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Re: Menschen, die ihre Post nicht öffnen können
iura, warum ist das eigentlich im ÖffR-Forum? Kommt da noch was Rechtliches oder kann das in den Treffpunkt?
In Bayern ist prinzipiell alles schwerer als im Rest der Republik, auch das Kilo Mehl. (Ara, 24.01.2012)
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Re: Menschen, die ihre Post nicht öffnen können
Nicht als Primär-Krankheit. Das Ganze kann ein Verhalten im Rahmen einer primären psychischen Symptomatiksein, etwas Depression, Überlastungssymptom, Borderline oder Schizophrenie. Ob dadurch das Verschulden des Betroffenen entfällt, wäre eine anderem Frage. Aber ganz ehrlich, nur um den Mandanten rauszuhauenist das eine schwierige Sache.
"(...) Der Kläger hat nicht näher dargelegt, welche besonderen Beischlafgewohnheiten er hat, die festverbundene Doppelbetten voraussetzen."
Snape: "...do you take pride in being such an insufferable know-it-all?"
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Re: Menschen, die ihre Post nicht öffnen können
Soweit ich weiß lässt die Rspr dieses Argument nicht oder nur eingeschränkt zu: wer aus psychischen Gründen "böse Briefe" nicht öffnen könne, habe eine dritte Person damit zu betrauen.
Re: Menschen, die ihre Post nicht öffnen können
Seit 2003 wurde bei mir ein PTBS festgestellt und anerkannt. Nach einigen Jahren EU-Rente beziehe ich inzwischen Altersrente. Inzwischen geht es mir erheblich besser. Ich klinke mich hier aber ein, weil mir das Phänomen des Briefe nicht öffnen könnens sehr gut bekannt ist, weil ich daran in extremer Weise gelitten habe. So ging ich beispielsweise in die Psychiatrie, weil ich nicht imstande war, einen Brief mit möglicher Hiobsbotschaftz zu öffnen und bat um Hilfe. Natürlich hat die Dame an der Pforte mich nicht ernst genommen. "Sie können den Brief nicht öffnen? Na, das ist doch einfach!" Und obwohl ich ihr noch zurief, dass eine unvorhersehbar, vielleicht gefährlich somatische Reaktion bei mir erfolgen könnte, riss die Dame den Brief auf und reichte ihn mir. Reaktion: Ich erlitt einen langen, gefährlichen Stimmritzenkrampf (Glottiskrampf, Laryngospasmus).
Obwohl es mir heute gut geht, benötige ich Wochen und Monate, bis ich bestimmte Post öffne, selbst wenn "keine Gefahr" von der Post ausgeht. Ich schiebe also ständig das Öffnen auf, und somit subsummiere ich dieses Verhalten unter Prokrastination.
Obwohl ich nach inzwischen mehreren veröffentlichten Büchern das PTBS als ausgestanden bezeichne, muss ich mich vor Laryngospasmus in Acht nehmen. Er hat sich verselbständigt und kann auch durch Verschlucken ausgelöst werden.
Ich bitte, es unbedingt ernst zu nehmen, wenn Menschen ihre Post nicht öffnen können. Es kann tatsächlich eine Unfähigkeit sein, die nichts mit Schluderigkeit oder bösem Willen oder Disziplinlosigkeit zu tun hat. Das Aufschieben bringt den Betroffenen allmählich zur Ruhe, bis er/sie imstande ist, irgendwann locker die Post zu öffnen und dann meistens festzustellen: "War doch gar nicht so schlimm. Warum habe ich das nicht längst gemacht?"
Obwohl es mir heute gut geht, benötige ich Wochen und Monate, bis ich bestimmte Post öffne, selbst wenn "keine Gefahr" von der Post ausgeht. Ich schiebe also ständig das Öffnen auf, und somit subsummiere ich dieses Verhalten unter Prokrastination.
Obwohl ich nach inzwischen mehreren veröffentlichten Büchern das PTBS als ausgestanden bezeichne, muss ich mich vor Laryngospasmus in Acht nehmen. Er hat sich verselbständigt und kann auch durch Verschlucken ausgelöst werden.
Ich bitte, es unbedingt ernst zu nehmen, wenn Menschen ihre Post nicht öffnen können. Es kann tatsächlich eine Unfähigkeit sein, die nichts mit Schluderigkeit oder bösem Willen oder Disziplinlosigkeit zu tun hat. Das Aufschieben bringt den Betroffenen allmählich zur Ruhe, bis er/sie imstande ist, irgendwann locker die Post zu öffnen und dann meistens festzustellen: "War doch gar nicht so schlimm. Warum habe ich das nicht längst gemacht?"
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Re: Menschen, die ihre Post nicht öffnen können
@ Elbestrand... wie bist du denn auf dieses Forum aufmerksam geworden?!
"Die „Seehunde in der Nordsee“ sind im Verwaltungsstreitverfahren nicht beteiligungsfähig."
VG Hamburg, Beschluß vom 22.09.1988 - 7 VG 2499/88
VG Hamburg, Beschluß vom 22.09.1988 - 7 VG 2499/88
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Re: Menschen, die ihre Post nicht öffnen können
Schöner Troll Post, weiter soElbestrand hat geschrieben:Seit 2003 wurde bei mir ein PTBS festgestellt und anerkannt. Nach einigen Jahren EU-Rente beziehe ich inzwischen Altersrente. Inzwischen geht es mir erheblich besser. Ich klinke mich hier aber ein, weil mir das Phänomen des Briefe nicht öffnen könnens sehr gut bekannt ist, weil ich daran in extremer Weise gelitten habe. So ging ich beispielsweise in die Psychiatrie, weil ich nicht imstande war, einen Brief mit möglicher Hiobsbotschaftz zu öffnen und bat um Hilfe. Natürlich hat die Dame an der Pforte mich nicht ernst genommen. "Sie können den Brief nicht öffnen? Na, das ist doch einfach!" Und obwohl ich ihr noch zurief, dass eine unvorhersehbar, vielleicht gefährlich somatische Reaktion bei mir erfolgen könnte, riss die Dame den Brief auf und reichte ihn mir. Reaktion: Ich erlitt einen langen, gefährlichen Stimmritzenkrampf (Glottiskrampf, Laryngospasmus).
Obwohl es mir heute gut geht, benötige ich Wochen und Monate, bis ich bestimmte Post öffne, selbst wenn "keine Gefahr" von der Post ausgeht. Ich schiebe also ständig das Öffnen auf, und somit subsummiere ich dieses Verhalten unter Prokrastination.
Obwohl ich nach inzwischen mehreren veröffentlichten Büchern das PTBS als ausgestanden bezeichne, muss ich mich vor Laryngospasmus in Acht nehmen. Er hat sich verselbständigt und kann auch durch Verschlucken ausgelöst werden.
Ich bitte, es unbedingt ernst zu nehmen, wenn Menschen ihre Post nicht öffnen können. Es kann tatsächlich eine Unfähigkeit sein, die nichts mit Schluderigkeit oder bösem Willen oder Disziplinlosigkeit zu tun hat. Das Aufschieben bringt den Betroffenen allmählich zur Ruhe, bis er/sie imstande ist, irgendwann locker die Post zu öffnen und dann meistens festzustellen: "War doch gar nicht so schlimm. Warum habe ich das nicht längst gemacht?"
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Re: Menschen, die ihre Post nicht öffnen können
@Nemesis63 nicht alles, was den eigenen Horizont übersteigt ist ein Trollpost.
Ich habe keine Ahnung von den Symptomen, die Elbestrand hatte, halte es aber nicht für unmöglich.
Auf diesen Thread bin ich übrigens aufmerksam geworden, weil die Eltern eines Freundes von mir ebenfalls ihre Post nicht öffnen können.
Er erledigt das seit vielen Jahren für seine Eltern, weil sich bei ihnen sonst Rechnungen und Mahnungen auftürmen, obwohl Geld da ist. Der Vater ist Hochschullehrer, die Mutter Krankenschwester. Beide hochfunktional in ihren jeweiligen Berufen, aber zu so etwas einfach nicht fähig.
Wer jetzt nicht den Luxus hat erwachsene Kinder zu haben, die auch noch ihre Zeit für so etwas opfern, an wen sollen sich Menschen mit diesem Problem wenden? In solchen Briefen sind ja auch oft sensible Daten enthalten, die man nicht jedem Hinz und Kunz zeigen möchte.
Das dürfte mit Sicherheit ein ernstes Problem sein, das nur noch nicht hinreichend berücksichtigt wird.
Ich habe keine Ahnung von den Symptomen, die Elbestrand hatte, halte es aber nicht für unmöglich.
Auf diesen Thread bin ich übrigens aufmerksam geworden, weil die Eltern eines Freundes von mir ebenfalls ihre Post nicht öffnen können.
Er erledigt das seit vielen Jahren für seine Eltern, weil sich bei ihnen sonst Rechnungen und Mahnungen auftürmen, obwohl Geld da ist. Der Vater ist Hochschullehrer, die Mutter Krankenschwester. Beide hochfunktional in ihren jeweiligen Berufen, aber zu so etwas einfach nicht fähig.
Wer jetzt nicht den Luxus hat erwachsene Kinder zu haben, die auch noch ihre Zeit für so etwas opfern, an wen sollen sich Menschen mit diesem Problem wenden? In solchen Briefen sind ja auch oft sensible Daten enthalten, die man nicht jedem Hinz und Kunz zeigen möchte.
Das dürfte mit Sicherheit ein ernstes Problem sein, das nur noch nicht hinreichend berücksichtigt wird.