Demokratische Tragödie in Sachsen?

Staatsrecht, Allgemeines und Besonderes Verwaltungsrecht (Bau-, Kommunal-, Polizei- und Sicherheitsrecht, BImSchG etc.)

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Blaumann
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Re: Demokratische Tragödie in Sachsen?

Beitrag von Blaumann »

PM des Gerichts: https://www.verfassungsgerichtshof.sach ... t/1660.htm
In dem hier zu entscheidenden besonderen Ausnahmefall sind die Verfassungsbeschwerden zulässig, soweit sich die Entscheidung des Landeswahlausschusses als mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig erweist und einen voraussichtlichen Wahlfehler von außerordentlichem Gewicht begründete, der erst nach der Wahl beseitigt werden könnte. Dies ist bei dem vom Landeswahlausschuss angenommenen Verstoß gegen einen etwa geltenden Grundsatz der Einheitlichkeit der Aufstellungsversammlung im Ergebnis der Fall.
:-w
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famulus
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Re: Demokratische Tragödie in Sachsen?

Beitrag von famulus »

Ja, und hinsichtlich der Umstellung des Wahlmodus eben nicht.

:-w
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Blaumann
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Re: Demokratische Tragödie in Sachsen?

Beitrag von Blaumann »

famulus hat geschrieben: Donnerstag 25. Juli 2019, 22:13 Ja, und hinsichtlich der Umstellung des Wahlmodus eben nicht.

:-w
Was auch niemand hier behauptet hat.
Herr Schraeg
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Re: Demokratische Tragödie in Sachsen?

Beitrag von Herr Schraeg »

Blaumann hat geschrieben: Donnerstag 25. Juli 2019, 22:25
famulus hat geschrieben: Donnerstag 25. Juli 2019, 22:13 Ja, und hinsichtlich der Umstellung des Wahlmodus eben nicht.

:-w
Was auch niemand hier behauptet hat.
Was es aber nicht ausschließt, dass das Gericht die Umstellung des Wahlmodus als rechtmäßig ansieht und entsprechend entscheidet, dann allerdings wegen der Sperrwirkung des Wahlprüfungsverfahrens erst nach der Wahl (außer das Gericht ändert im Hauptsacheverfahren Mitte August seine Rechtsauffassung der summarischen Prüfung). Im Ergebnis sehr gut gelaufen für die AfD: Sie tritt zur Wahl mit 30 Kandidaten an und kann sich wegen der Nichtzulassung der anderen 30 Kandidaten in der Opferrolle suhlen, verbunden mit der Chance, dass die Wahl nachträglich für ungültig erklärt wird.
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famulus
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Re: Demokratische Tragödie in Sachsen?

Beitrag von famulus »

Herr Schraeg hat geschrieben: Freitag 26. Juli 2019, 10:48
Blaumann hat geschrieben: Donnerstag 25. Juli 2019, 22:25
famulus hat geschrieben: Donnerstag 25. Juli 2019, 22:13 Ja, und hinsichtlich der Umstellung des Wahlmodus eben nicht.

:-w
Was auch niemand hier behauptet hat.
Was es aber nicht ausschließt, dass das Gericht die Umstellung des Wahlmodus als rechtmäßig ansieht und entsprechend entscheidet
Was auch niemand hier behauptet hat.
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Urs Blank
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Re: Demokratische Tragödie in Sachsen?

Beitrag von Urs Blank »

Herr Schraeg hat geschrieben: Freitag 26. Juli 2019, 10:48 Im Ergebnis sehr gut gelaufen für die AfD: Sie tritt zur Wahl mit 30 Kandidaten an und kann sich wegen der Nichtzulassung der anderen 30 Kandidaten in der Opferrolle suhlen, verbunden mit der Chance, dass die Wahl nachträglich für ungültig erklärt wird.
Das könnte man auch umgekehrt sehen: Die Opferrolle passt nicht mehr, da das Verfassungsgericht der AfD Rechtsschutz sogar contra legem (und entgegen aller Vorhersagen von Wahlrechts-Experten) gewährt hat. Und die Chance, dass die Wahl nachträglich noch für ungültig erklärt wird, dürfte eher gering sein.
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Re: Demokratische Tragödie in Sachsen?

Beitrag von Blaumann »

Urs Blank hat geschrieben: Freitag 26. Juli 2019, 16:47
Herr Schraeg hat geschrieben: Freitag 26. Juli 2019, 10:48 Im Ergebnis sehr gut gelaufen für die AfD: Sie tritt zur Wahl mit 30 Kandidaten an und kann sich wegen der Nichtzulassung der anderen 30 Kandidaten in der Opferrolle suhlen, verbunden mit der Chance, dass die Wahl nachträglich für ungültig erklärt wird.
Das könnte man auch umgekehrt sehen: Die Opferrolle passt nicht mehr, da das Verfassungsgericht der AfD Rechtsschutz sogar contra legem (und entgegen aller Vorhersagen von Wahlrechts-Experten) gewährt hat. Und die Chance, dass die Wahl nachträglich noch für ungültig erklärt wird, dürfte eher gering sein.
Für contra legem halte ich die Entscheidung nicht. Der vom SächsVerfGH (bisher) vertretene Grundsatz, dass eine Rechtsverletzung im Zusammenhang mit dem Wahlverfahren nur im Wege der Wahlprüfung geltend gemacht werden kann und die Verfassungsbeschwerde und die ihr vorgelagerte einstweilige Anordnung deshalb ausgeschlossen sind, ist eine Auslegung von Art. 45 SächsVerf, § 32 SächsVerfGHG, die nicht zwingend ist.

Im Gegenteil könnte man gerade im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG argumentieren, dass die Wahlprüfung in erster Linie ein objektives Verfahren ist (der Antragsteller muss keine Beschwer behaupten), neben dem auch eine Verfassungsbeschwerde zum Individualrechtsschutz statthaft sein muss.
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Tibor
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Re: Demokratische Tragödie in Sachsen?

Beitrag von Tibor »

19/4?
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Re: Demokratische Tragödie in Sachsen?

Beitrag von Blaumann »

Tibor hat geschrieben: Freitag 26. Juli 2019, 19:4319/4?
Ja, großes Problem am Wahlprüfungsverfahren ist, dass es ewig dauert. Der Landtag lässt sich ein paar Jährchen mit der Beschlussfassung Zeit und bis dann die Wahlprüfung entscheidungsreif ist, sind 3/4 der Legislaturperiode durch.

Mag man bei einem objektiven Verfahren verschmerzbar finden können ("War der Landtag halt falsch besetzt, wen kümmert's?" ::roll: ), im Hinblick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes aber nicht ganz unproblematisch, wenn mir aufgrund eines Verfahrensfehlers das Mandat flöten gegangen ist.
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Re: Demokratische Tragödie in Sachsen?

Beitrag von Tibor »

Ich meinte die Frage, ob das konkrete Verfahren überhaupt von Art 19 Abs 4 GG erfasst ist.
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Re: Demokratische Tragödie in Sachsen?

Beitrag von Blaumann »

Art. 19 Abs. 4 GG bindet alle staatliche Gewalt. Warum sollte das im Anwendungsbereich des Wahlprüfungsverfahrens nach Art. 45 SächsVerf, § 32 SächsVerfGHG nicht der Fall sein?
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Tibor
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Re: Demokratische Tragödie in Sachsen?

Beitrag von Tibor »

Weil Parteien und Wahlprüfungsausschuss auf den ersten Blick weder klassischer „Jeder“ noch „öffentliche Gewalt“ sind.
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Re: Demokratische Tragödie in Sachsen?

Beitrag von Strich »

Tibor hat geschrieben: Samstag 27. Juli 2019, 11:10 Weil Parteien und Wahlprüfungsausschuss auf den ersten Blick weder klassischer „Jeder“ noch „öffentliche Gewalt“ sind.
Das kriegen nur Juristen hin: "Jeder" einschränkend auszulegen, so dass nicht jeder "jeder" ist ^^
Mich erheitert das jedes Mal ^^
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Re: Demokratische Tragödie in Sachsen?

Beitrag von Tibor »

Strich hat geschrieben: Donnerstag 15. August 2019, 13:53 Das kriegen nur Juristen hin: "Jeder" einschränkend auszulegen, so dass nicht jeder "jeder" ist ^^
Mich erheitert das jedes Mal ^^
Schön, wenn es dich erheitert. Die Grundrechte sollen nun aber mal Abwehrrechte des Bürgers gegenüber dem Staat darstellen (Unter gegen Ober; kleiner Mann gegen die da Oben ...). Insoweit ist es gerade nicht trivial, wenn sich Streitereien innerhalb des Staats (i.w.S.) auf eben jene Rechte berufen. Das insbesondere vor dem Hintergrund, dass gerade Parteien, Parlament etc. ganz besondere Verfahren vor dem BVerfG offen stehen.
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Re: Demokratische Tragödie in Sachsen?

Beitrag von Strich »

Tibor hat geschrieben: Donnerstag 15. August 2019, 14:05
Strich hat geschrieben: Donnerstag 15. August 2019, 13:53 Das kriegen nur Juristen hin: "Jeder" einschränkend auszulegen, so dass nicht jeder "jeder" ist ^^
Mich erheitert das jedes Mal ^^
Schön, wenn es dich erheitert. Die Grundrechte sollen nun aber mal Abwehrrechte des Bürgers gegenüber dem Staat darstellen (Unter gegen Ober; kleiner Mann gegen die da Oben ...). Insoweit ist es gerade nicht trivial, wenn sich Streitereien innerhalb des Staats (i.w.S.) auf eben jene Rechte berufen. Das insbesondere vor dem Hintergrund, dass gerade Parteien, Parlament etc. ganz besondere Verfahren vor dem BVerfG offen stehen.
Was hat dich denn gebissen ^^. Ich muss dabei halt schmunzeln, auch und gerade weil mir die Gründe für die Einschränkung sehr wohl bewusst sind. Ich halte das auch juristisch für sinnvoll. Ich muss aber auch schmunzeln, wenn ich den Namen eines niederländischen Flugzeugherstellers lese und dabei weiß ich auch, dass die sich nicht in Anspielung auf ein englisches Wort der Vulgärsprache so genannt haben. Es ist einfach eine Kuriosität der Sprache, wenn man da unbefangen rangeht.

Wenn man mit unbefangenem Blick an "aus kontrolliertem Anbau" rangeht, stellt man sich doch auch die Frage, was damit eigentlich gemeint sein soll :D Dass die das nicht am Straßenrand gepflückt haben ist ja klar.
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