Ist Ritalin in Prüfungen an der Universität legal?

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Ara
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Re: Ist Ritalin in Prüfungen an der Universität legal?

Beitrag von Ara »

thh hat geschrieben: Donnerstag 26. Dezember 2019, 12:11 Wenn Ritalin zum "Prüfungsdoping" verschrieben wird, ist die Verschreibung nicht "begründet" im Sinne des § 13 Abs. 1 BtMG und damit unzulässig und strafbar; erwirbt der Prüfling unter Vorlage eines solchen Rezepts in - der dann wohl anzunehmenden - Kenntnis seiner Unbegründetheit Ritalin, macht er sich wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln strafbar (hM).
Ob das nun hM ist oder nicht lass ich mal dahingestellt, aber der BGH hat sich da noch nicht so eindeutig positioniert. Ritalin als Ersatzdroge lässt er nämlich zu (BGH NJW 1991, 2359) und lässt in der Entscheidung sogar offen, ob nicht sogar die Verschreibung begründet wäre, wenn dadurch die Beschaffungskriminalität verhindert werden soll. Gegenüber dem "Normalen" Doping gibt es bei Prüfungsdoping auch das rein praktische Problem, dass auch "Prüfungsangst" einen Krankheitswert haben kann, der nicht eindeutig zu diagnostizieren ist.

Aus meinem Uniumfeld hat man aber eh anderes Zeug genommen, was nicht unter das BtMG fällt.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Zippocat
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Re: Ist Ritalin in Prüfungen an der Universität legal?

Beitrag von Zippocat »

thh hat geschrieben: Donnerstag 26. Dezember 2019, 12:11 nach teilweise vertretener Auffassung (Weber und BeckOK/Hochstein)
:D =D>
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thh
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Re: Ist Ritalin in Prüfungen an der Universität legal?

Beitrag von thh »

Ara hat geschrieben: Donnerstag 26. Dezember 2019, 12:29
thh hat geschrieben: Donnerstag 26. Dezember 2019, 12:11 Wenn Ritalin zum "Prüfungsdoping" verschrieben wird, ist die Verschreibung nicht "begründet" im Sinne des § 13 Abs. 1 BtMG und damit unzulässig und strafbar; erwirbt der Prüfling unter Vorlage eines solchen Rezepts in - der dann wohl anzunehmenden - Kenntnis seiner Unbegründetheit Ritalin, macht er sich wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln strafbar (hM).
Ob das nun hM ist oder nicht lass ich mal dahingestellt, aber der BGH hat sich da noch nicht so eindeutig positioniert.
Soweit ich sehe, ist die Frage, ob der Erwerb von Btm auf ein - bekanntermaßen unzulässig ausgestelltes Rezept - für den Erwerber unerlaubt ist, in der Rechtsprechung noch nicht entschieden; die Kommentarliteratur ist sich da weitgehend einig (zweifelnd nur MüKo/Kotz/Oğlakcıoğlu); darauf bezog sich mein Klammervermerk.

Dass eine Verschreibung von Ritalin zum "Prüfungsdoping" unbegründet ist, ist - AFAIS - noch gar nicht entschieden; das wäre auch in erster Linie eine medizinische Frage. Für die Antwort darauf braucht es aber m.E. keine BGH-Entscheidung, die kann man sich selbst geben.
Ara hat geschrieben: Donnerstag 26. Dezember 2019, 12:29Ritalin als Ersatzdroge lässt er nämlich zu (BGH NJW 1991, 2359)
Ich denke nicht, dass man das aus der Entscheidung entnehmen kann.

Sie befasst sich nämlich mit der Verschreibung von L-Polamidon zur Substitution; zum Ritalin enthält sie ganz am Ende nur einen Satz ("Ausführungen dazu, warum bei dem Patienten K. das als selbständige Straftat gewertete Verschreiben von Ritalin gemäß § 13 Abs. 1 BtMG nicht begründet war (UA S. 6, 12, 15, 17/18), fehlen vollständig."). Aus diesem Satz kann man aber entnehmen, dass die vorausgehenden Ausführungen sich auf das L-Polamidon beziehen.

Zudem ist die Substitution seitdem umfassend geregelt (und mehrfach umfänglich neu geregelt worden); die Entscheidung stammt aus einer Zeit, in der das ein Graubereich war, der ärztlich und juristisch bestenfalls stirnrunzelnd beäugt wurde. Mittlerweile hat man dazugelernt; damit verbunden ist aber auch ein enges Regelungskorsett für die zulässige Vorgehensweise. Die zulässigerweise zur Substitution verschreibbaren Btm sind in § 5 Abs. 6 S. 1 BtMVV aufgeführt; Ritalin gehört nicht dazu. Die Verschreibung von Ritalin zur Substitution wäre daher bereits nach § 16 Nr. 2 lit. a) BtMVV iVm § 29 Abs. 1 Nr. 14 BtMG strafbar.
Ara hat geschrieben: Donnerstag 26. Dezember 2019, 12:29und lässt in der Entscheidung sogar offen, ob nicht sogar die Verschreibung begründet wäre, wenn dadurch die Beschaffungskriminalität verhindert werden soll.
Das war lange nicht möglich, ist aber - inzwischen - durchaus ein vertretbarer Ansatz für die Substitution; nach der Richtlinie der BÄK ist "Reduktion des Konsums unerlaubt erworbener oder erlangter Opioide" ein denkbares Therapieziel (für eine Substitution mit erlaubten Substitutionspräparaten).

(Bevor Du auf die alte BGH-Entscheidung verweist, die der BÄK eine Richtlinienkompetenz abspricht: das ist mittlerweile gesetzlich anders geregelt. Man hat mit der letzten durchgreifenden Änderung der Substitutionsvorschriften fast alle - letztlich ja medizinischen - Vorgaben zu den Einzelheiten der Substitution aus § 5 BtMVV gestrichen und verweist auf den Stand der ärztlichen Wissenschaft, der einzuhalten sei und den die BÄK mit ihren Richtlinien verbindlich feststellt (§ 5 Abs. 12 BtMVV). Daher sind die Richtlinien jetzt auch durch das BMG zu genehmigen.)
Ara hat geschrieben: Donnerstag 26. Dezember 2019, 12:29Gegenüber dem "Normalen" Doping gibt es bei Prüfungsdoping auch das rein praktische Problem, dass auch "Prüfungsangst" einen Krankheitswert haben kann, der nicht eindeutig zu diagnostizieren ist.
Ich möchte ausschließen, dass die "Behandlung" von Prüfungsangst durch Verabreichung leistungssteigender Btm - und sei es als Außenseitermethode - vertretbar ist. Jedenfalls würde ich im Rahmen der defensiven Beratung jedem Arzt dringend von dieser Idee abraten.
Ara hat geschrieben: Donnerstag 26. Dezember 2019, 12:29Aus meinem Uniumfeld hat man aber eh anderes Zeug genommen, was nicht unter das BtMG fällt.
Dein Umfeld war eben klug. Das verwundert nicht. =D>
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Re: Ist Ritalin in Prüfungen an der Universität legal?

Beitrag von Sektnase »

In meinem Umfeld wurde trotz BtmG Leistung gebracht, nicht wegen ;P
In einem Umfeld, in dem mittelschwere Hurensöhnigkeit häufig zum Stellenprofil gehört, muss einen nicht wundern, wenn man Scheiße behandelt wird. -Blaumann
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Re: Ist Ritalin in Prüfungen an der Universität legal?

Beitrag von Kasimir »

Sektnase hat geschrieben:In meinem Umfeld wurde trotz BtmG Leistung gebracht, nicht wegen ;P
Das ist meines Erachtens kein Thema, das sich für Witze eignet.
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