§ 40 I VwGO - Aufdrängende Sonderzuweisung durch Landesrecht möglich?

Staatsrecht, Allgemeines und Besonderes Verwaltungsrecht (Bau-, Kommunal-, Polizei- und Sicherheitsrecht, BImSchG etc.)

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Seb
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§ 40 I VwGO - Aufdrängende Sonderzuweisung durch Landesrecht möglich?

Beitrag von Seb »

Ein herzliches Habedere,

als Schleifenmodell höre ich mir gerne mal diverse Podcasts an.
Nun habe ich eine VL Aufzeichnung entdeckt, in welcher auch das Verwaltungsprozessrecht abgehandelt wird.

Dort wird im Rahmen der Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs darauf hingewiesen, dass die aufdrängende Sonderzuweisung zu den Verwaltungsgerichten nur aufgrund Bundesrecht erfolgen kann. Untermauert wird dies mit einem Vergleich zu § 40 I 2 VwGO und dem Zusatz, dass Landesgesetzliche Bestimmungen zu Verwaltungsgerichten folglich nur deklaratorisch sei.

Nun habe ich diverse eBooks durchforstet und nirgends eine explizite Erklärung zur aufdrängenden Sonderzuweisung durch Bundesrecht gefunden. (Warum dies so sei)

Schließlich bin ich im Lindner auf die Vorschriften im PAG Art. 73 II PAG a.F, heute Art. 90 II PAG und Art. 9 I BayUIG gestoßen. Habe die Normen dann mit dem allseits bekannten § 54 BeamtStG als Sonderzuweisung durch Bundesrecht abgeglichen und keine wesentlichen Unterschiede festgestellt.

Also: Warum erfolgt eine aufdrängende Sonderzuweisung nur durch Bundesrecht? Verhasple ich mich da möglicherweise in Kompetenzbereichen? So ganz einleuchtend ist mir die deklaratorischer Natur bspw. von Art. 73 II PAG ; Art. 9 I BayUIG nicht?


Besten Dank !

Viele Grüße
- Seb
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Tibor
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Re: § 40 I VwGO - Aufdrängende Sonderzuweisung durch Landesrecht möglich?

Beitrag von Tibor »

Ich vermute mal, dass das an der konkurrierenden Gesetzgebung liegt. Der Bundesgesetzgeber hat mit § 40 aufgrund konkurrierender K für Gerichtsverfahrensrecht (74 Abs 1 Nr 1 GG) umfassend seine Kompetenz ausgeübt. Damit kann ein Land nach 72 Abs 1 GG nicht mehr tätig werden.
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Ant-Man
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Re: § 40 I VwGO - Aufdrängende Sonderzuweisung durch Landesrecht möglich?

Beitrag von Ant-Man »

Die h.M. geht davon, dass eine landesrechtliche aufdrängende Sonderzuweisung (für Baden-Württemberg beispielsweise § 14 Abs. 1 KiStG) verfassungswidrig sei, da den Ländern die Gesetzgebungskompetenz fehle. Im Bereich des Verwaltungsprozessrechts sind die Länder nach Art. 72 I, 74 I Nr. 1 GG zur Regelung nur befugt, solange und soweit der Bund von seiner Konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat. Hinsichtlich aufdrängender Sonderzuweisungen habe der Bundesgesetzgeber aber eine abschließende Regelung getroffen, denn in § 40 I 2 VwGO lasse dieser nur abdrängende Sonderzuweisungen durch die Länder zu, woraus im Umkehrschluss gefolgert wird, dass er hinsichtlich der aufdrängenden Sonderzuweisungen eine Regelung durch die Länder nicht gestatte. Die Gegenansicht hält landesrechtliche aufdrängende Sonderzuweisungen hingegen für verfassungsgemäß, da es dem Bundesgesetzgeber mit Erlass des § 40 VwGO nur darauf angekommen sei, den Ländern entgegenstehende sowie identische generalklauselartige Regelungen zu untersagen. Daher seien norminterpretierende bzw. normenkonkretisierende landesrechtliche aufdrängende Sonderzuweisungen, durch die die Generalklausel des § 40 VwGO präzisiert werde, zulässig und mit Art. 72 I, 74 I Nr. 1 GG vereinbar.
Zuletzt geändert von Ant-Man am Donnerstag 29. Oktober 2020, 22:14, insgesamt 1-mal geändert.
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thh
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Re: § 40 I VwGO - Aufdrängende Sonderzuweisung durch Landesrecht möglich?

Beitrag von thh »

Ant-Man hat geschrieben: Donnerstag 29. Oktober 2020, 21:55(für Baden-Württemberg beispielsweise § 14 Abs. 1 KiTaG)
Das KiTaG BW hat nur 10 Paragraphen?
Ant-Man
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Re: § 40 I VwGO - Aufdrängende Sonderzuweisung durch Landesrecht möglich?

Beitrag von Ant-Man »

thh hat geschrieben: Donnerstag 29. Oktober 2020, 22:05
Ant-Man hat geschrieben: Donnerstag 29. Oktober 2020, 21:55(für Baden-Württemberg beispielsweise § 14 Abs. 1 KiTaG)
Das KiTaG BW hat nur 10 Paragraphen?
Gemeint war § 14 KiStG. Hab´s oben geändert.
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Seb
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Re: § 40 I VwGO - Aufdrängende Sonderzuweisung durch Landesrecht möglich?

Beitrag von Seb »

Jetzt ergibt es einen Sinn. Sehr schön :)
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