Folgender Fall:
A bemerkt, dass sein neues Auto gestohlen wurde und verständigt die Polizei. Diese beabsichtigt, da sie schon seit geraumer Zeit einer Autoklaubande auf den Fersen ist und sich die Spurenlage bei A wie in all den anderen Fällen der Beteiligung der Bande darstellt, nach § 100g StPO die Autos "orten" zu lassen. Hierfür benötigt die Polizei/wie auch die StA jedoch neben einem Beschluss des Ermittlungsrichters auch die IMEI der Fahrzeuge. Fahrzeughersteller X ist zur Herausgabe der IMEI bereit, will jedoch seinen Rechenschaftspflichten aus Art 5 Abs. 2 DSGVO nachkommen und fordert nun neben einer Bestätigung, dass Strafanzeige erstattet wurde auch an, dass der Anzeigende (hier also A) entsprechende Eigentumsnachweise für das Fahrzeug erbracht hat.
Wenn ich das richtig sehe, ist Art 5 Abs. 2 DSGVO auf diesen Fall anwendbar, da die DSGVO zwar nicht für die Polizei/StA gilt, jedoch für den Privaten, auch wenn dieser Daten an die Polizei/StA herausgeben soll, so verstehe ich jedenfalls BeckOK DatenschutzR/Bäcker, 33. Ed. 1.8.2020, DS-GVO Art. 2 Rn. 30a.1a.1.
Das würde aber dazu führen, dass in Fällen wie dargestellt, allein die Rechenschaftspflicht aus Art 5 Abs. 2 DSGVO eine zügige Ermittlungsarbeit verhindert.
Übersehe ich etwas?
Datenschutz vs StPO
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Re: Datenschutz vs StPO
Fahrzeughersteller X ist (hier wohl nach § 100j Abs. 1 StPO und ansonsten als Zeuge) zur Auskunft verpflichtet; er ist weder verpflichtet noch berechtigt, darüber hinausgehende Überprüfungen der Ermittlungshandelungen vorzunehmen.Strich hat geschrieben: ↑Freitag 30. Oktober 2020, 15:09Fahrzeughersteller X ist zur Herausgabe der IMEI bereit, will jedoch seinen Rechenschaftspflichten aus Art 5 Abs. 2 DSGVO nachkommen und fordert nun neben einer Bestätigung, dass Strafanzeige erstattet wurde auch an, dass der Anzeigende (hier also A) entsprechende Eigentumsnachweise für das Fahrzeug erbracht hat.
Schon, aber was hat das damit zu tun, dass der Auskunftsverpflichtete prüfen zu dürfen/müssen glaubt, aufgrund welchen Grundsachverhalts von ihm Auskünfte verlangt werden?Strich hat geschrieben: ↑Freitag 30. Oktober 2020, 15:09Wenn ich das richtig sehe, ist Art 5 Abs. 2 DSGVO auf diesen Fall anwendbar, da die DSGVO zwar nicht für die Polizei/StA gilt, jedoch für den Privaten, auch wenn dieser Daten an die Polizei/StA herausgeben soll, so verstehe ich jedenfalls BeckOK DatenschutzR/Bäcker, 33. Ed. 1.8.2020, DS-GVO Art. 2 Rn. 30a.1a.1.
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Re: Datenschutz vs StPO
Nach Art. 2 II lit. d) DSGVO findet die Verordnung keine Anwendung auf die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung, einschließlich des Schutzes vor und der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit. Die Voraussetzung "durch die zuständige Behörde" ist bei einer Datenübermittlung des Herstellers an die Strafverfolgungsbehörden nicht erfüllt. Da auch keine anderen Bereichsausnahmen eingreifen, findet die DSGVO Anwendung. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus der Öffnungsklausel des Art. 23 I lit. d) DSGVO, von der der deutsche Gesetzgeber mit § 24 I Nr. 1 BDSG Gebrauch gemacht hat. Diese wäre nämlich überflüssig, wenn die DSGVODatenübermittlungen an Strafverfolgungsbehörden nicht mitumfassen würde. Der § 24 I Nr. 1 BDSG begründet aber - so wie die nahezu identische Regelung in § 28 II Nr. 2 lit. b) BDSG a.F. - keine Verpflichtung zur Datenverarbeitung, sondern nur eine Berechtigung zur Datenverarbeitung.Strich hat geschrieben: ↑Freitag 30. Oktober 2020, 15:09Wenn ich das richtig sehe, ist Art 5 Abs. 2 DSGVO auf diesen Fall anwendbar, da die DSGVO zwar nicht für die Polizei/StA gilt, jedoch für den Privaten, auch wenn dieser Daten an die Polizei/StA herausgeben soll, so verstehe ich jedenfalls BeckOK DatenschutzR/Bäcker, 33. Ed. 1.8.2020, DS-GVO Art. 2 Rn. 30a.1a.1.
Und das darf nicht sein?
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Re: Datenschutz vs StPO
Die Verordnung ist anwendbar, die entscheidende Frage ist die nach dem genauen Gegenstand der Rechenschaftspflicht. Diese lässt sich nur mit Rücksicht darauf beantworten, welche (sonstigen) datenschutzrechtlichen Pflichten der Hersteller hat, über die er dann auch Rechenschaft ablegen muss. Da er gemäß § 100j Abs. 5 Satz 1 StPO auf Verlangen die Auskunft erteilen muss (und sie nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. c DSGVO i.V.m. § 100j Abs. 5 Satz 1 StPO sowie Art. 6 Abs. 4 DSGVO i.V.m. § 24 Abs. 1 Nr. 1 BDSG auch erteilen darf), umfasst seine Rechenschaftspflicht m.E. nur, dass er ein formell ordnungsgemäßes Auskunftsverlangen erhalten hat. Das Datenschutzrecht verhindert also nichts, sondern nur seine überschießende Interpretation durch den Hersteller.
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Re: Datenschutz vs StPO
Ja Danke! So habe ich mir das auch gedacht. Aber ich habe nichts Konkretes dazu gefunden.Flanke hat geschrieben: ↑Montag 2. November 2020, 18:51 Die Verordnung ist anwendbar, die entscheidende Frage ist die nach dem genauen Gegenstand der Rechenschaftspflicht. Diese lässt sich nur mit Rücksicht darauf beantworten, welche (sonstigen) datenschutzrechtlichen Pflichten der Hersteller hat, über die er dann auch Rechenschaft ablegen muss. Da er gemäß § 100j Abs. 5 Satz 1 StPO auf Verlangen die Auskunft erteilen muss (und sie nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. c DSGVO i.V.m. § 100j Abs. 5 Satz 1 StPO sowie Art. 6 Abs. 4 DSGVO i.V.m. § 24 Abs. 1 Nr. 1 BDSG auch erteilen darf), umfasst seine Rechenschaftspflicht m.E. nur, dass er ein formell ordnungsgemäßes Auskunftsverlangen erhalten hat. Das Datenschutzrecht verhindert also nichts, sondern nur seine überschießende Interpretation durch den Hersteller.
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