Kindsname bei nachträglicher gemeinsamer Sorge

Staatsrecht, Allgemeines und Besonderes Verwaltungsrecht (Bau-, Kommunal-, Polizei- und Sicherheitsrecht, BImSchG etc.)

Moderator: Verwaltung

Antworten
Olli1970
Newbie
Newbie
Beiträge: 5
Registriert: Dienstag 20. Oktober 2020, 09:46
Ausbildungslevel: Anderes

Kindsname bei nachträglicher gemeinsamer Sorge

Beitrag von Olli1970 »

Hallo, benötigt man eine Anschlusserklärung gemäß §1617b Abs.1 Satz 3 auch dann für das zweite Kind (Ü5), wenn für das erste Kind bereits eine gemeinsame Sorgeerklärung besteht und somit das zweite Kind an den Namen des ersten gebunden wäre (§1617 Abs.1 Satz3). Die Eltern hätten somit nachweislich Ihr Bestimmungsrecht verwirkt, das 2. Kind hätte aber noch eins? Wurde in BGH XII ZB 118/17 leider nicht abschließend geklärt, da Kinder dort unter 5.
Omnimodofacturus
Fleissige(r) Schreiber(in)
Fleissige(r) Schreiber(in)
Beiträge: 263
Registriert: Mittwoch 26. September 2018, 20:42
Ausbildungslevel: Ass. iur.

Re: Kindsname bei nachträglicher gemeinsamer Sorge

Beitrag von Omnimodofacturus »

Ohne vertiefte Recherche:

Auch wenn das Kind beim Wechsel an den neuen Namen gebunden ist, hat es ja immer noch die Option, ob es tatsächlich den neuen Namen haben will oder schlicht den bisherigen Namen behalten will.

Zu dieser Frage erscheint es mir daher grds. geboten, dass es der zustimmenden Erklärung des Kindes bedarf, wenn es den Namen wechseln will.
Olli1970
Newbie
Newbie
Beiträge: 5
Registriert: Dienstag 20. Oktober 2020, 09:46
Ausbildungslevel: Anderes

Re: Kindsname bei nachträglicher gemeinsamer Sorge

Beitrag von Olli1970 »

Genau hierin sehe ich ja den Widerspruch, denn "dran gebunden" und "kraft Gesetzes" schließen den Begriff "Option" aus. Desweiteren würden bei einem 6-jährigen zweitgeborenden Kind dennoch die Eltern entscheiden; genau DAS wollte man aber verhindern.
Omnimodofacturus
Fleissige(r) Schreiber(in)
Fleissige(r) Schreiber(in)
Beiträge: 263
Registriert: Mittwoch 26. September 2018, 20:42
Ausbildungslevel: Ass. iur.

Re: Kindsname bei nachträglicher gemeinsamer Sorge

Beitrag von Omnimodofacturus »

Olli1970 hat geschrieben: Donnerstag 4. Februar 2021, 13:19 Genau hierin sehe ich ja den Widerspruch, denn "dran gebunden" und "kraft Gesetzes" schließen den Begriff "Option" aus. Desweiteren würden bei einem 6-jährigen zweitgeborenden Kind dennoch die Eltern entscheiden; genau DAS wollte man aber verhindern.
Du scheinst mich nicht verstanden zu haben: Es gibt doch immer die Option, dass das Kind seinen bisherigen Namen beibehalten. Es gibt ausdrücklich keinen Zwang, dass alle Geschwisterkinder denselben Familiennamen tragen müssen.
Olli1970
Newbie
Newbie
Beiträge: 5
Registriert: Dienstag 20. Oktober 2020, 09:46
Ausbildungslevel: Anderes

Re: Kindsname bei nachträglicher gemeinsamer Sorge

Beitrag von Olli1970 »

Hierzu bitte das zitierte BGH-Urteil lesen. Mehr "Zwang" geht nicht.
Omnimodofacturus
Fleissige(r) Schreiber(in)
Fleissige(r) Schreiber(in)
Beiträge: 263
Registriert: Mittwoch 26. September 2018, 20:42
Ausbildungslevel: Ass. iur.

Re: Kindsname bei nachträglicher gemeinsamer Sorge

Beitrag von Omnimodofacturus »

Olli1970 hat geschrieben: Freitag 5. Februar 2021, 00:28 Hierzu bitte das zitierte BGH-Urteil lesen. Mehr "Zwang" geht nicht.
Das habe ich, auch wenn es sich um einen Beschluss und kein Urteil handelt.

Und im vierten Leitsatz ist das Problem doch vom BGH recht ausdrücklich angesprochen zu werden:

"Sind die Eltern nach der Begründung der gemeinsamen Sorge für weitere Kinder gemäß
§§ 1617 b Abs. 1 Satz 4, 1617 Abs. 1 Satz 3 BGB an den Namen des ersten Kindes gebunden, erwerben die weiteren Kinder mit einem bislang abweichenden Namen - vorbehaltlich
etwaiger Anschließungserfordernisse nach §§ 1617 b Abs. 1 Satz 4, 1617 c Abs. 1 BGB - im
Moment der Begründung des gemeinsamen Sorgerechts den Geburtsnamen des ersten Geschwisterkinds kraft Gesetzes."


Die Anschließungserfordernisse nach den §§ 1617b Abs. 1 S. 4 u. 1617c Abs. 1 BGB bleiben also ausdrücklich unberührt.
Das wird in Tz. 32 des Beschlusses auch aufgenommen, dass diese Anschließungserfordernisse gerade das verfassungsrechtliche Interesse des Kindes an der Namensidentität sichern sollen, denn es besteht gerade ein verfassungsrechtlich geschütztes Vertrauen auf die Beständigkeit der Namensführung als Teil der sozialen Identität des Kindes.

Das Kind soll und darf gerade nicht zu einem Namenswechsel gegen seinen Willen gezwungen werden.

Nur für Kinder, für deren soziale Identität der Nachname typischerweise keine Rolle spielt - und dieses Alter hat der Gesetzgeber auf die Zeit vor Vollendung des 5. Lebensjahres zulässig typisiert - kann dieses Vertrauen ausnahmsweise zurücktreten.
Olli1970
Newbie
Newbie
Beiträge: 5
Registriert: Dienstag 20. Oktober 2020, 09:46
Ausbildungslevel: Anderes

Re: Kindsname bei nachträglicher gemeinsamer Sorge

Beitrag von Olli1970 »

Nun ja - gut zitiert und immer noch nicht ins BGB nachgeschaut! Gehen wir mal die Punkte durch:
§1617b Abs.1 Satz 4 verweist auf §1617 Abs.1 und §1617c Abs. 1 Satz 2 und 3. Das steht nichts über 5-jährige drin. Erst §1617c Abs.1 Satz 2 erzählt was von 14-jährigen... Satz 1 wäre der relevante, der wird aber mit keiner Silbe erwähnt - komisch!
Auch § 1617c Abs.3 enthält keine Klausel für 5-jährige. §1617c beinhaltet die Namensänderung der Eltern durch Bestimmung eines Ehenamens - ist hier nicht der Fall.
Bleibt generell noch §1617b Abs. 1 Satz 3: „Hat das Kind das fünfte Lebensjahr vollendet, so ist die Bestimmung nur wirksam, wenn es sich der Bestimmung anschließt.“
Jedoch ist mit der Namensbestimmung des ersten Kindes das Recht auf Bestimmung des zweiten Kindes durch die Eltern verwirkt - siehe BGH-Urteil (Kap. II,Pkt. 8): „Das Wahlrecht nach § 1617 b Abs. 1 BGB könne für das zweite Kind nicht mehr ausgeübt werden, wenn nach der Begründung der gemeinsamen Sorge für das erste Kind dessen Geburtsname im Sinne von § 1617 Abs. 1 Satz 3 BGB bestimmt worden sei.“
Da hier also keine Bestimmung durch die Eltern stattfindet bzw. stattfinden darf, kann sich das Kind per se auch nicht nach seinem vollendeten 5. Lebensjahr dieser anschließen.
Omnimodofacturus
Fleissige(r) Schreiber(in)
Fleissige(r) Schreiber(in)
Beiträge: 263
Registriert: Mittwoch 26. September 2018, 20:42
Ausbildungslevel: Ass. iur.

Re: Kindsname bei nachträglicher gemeinsamer Sorge

Beitrag von Omnimodofacturus »

Olli1970 hat geschrieben: Mittwoch 10. Februar 2021, 14:56 Nun ja - gut zitiert und immer noch nicht ins BGB nachgeschaut! Gehen wir mal die Punkte durch:
§1617b Abs.1 Satz 4 verweist auf §1617 Abs.1 und §1617c Abs. 1 Satz 2 und 3. Das steht nichts über 5-jährige drin. Erst §1617c Abs.1 Satz 2 erzählt was von 14-jährigen... Satz 1 wäre der relevante, der wird aber mit keiner Silbe erwähnt - komisch!
Auch § 1617c Abs.3 enthält keine Klausel für 5-jährige. §1617c beinhaltet die Namensänderung der Eltern durch Bestimmung eines Ehenamens - ist hier nicht der Fall.
Bleibt generell noch §1617b Abs. 1 Satz 3: „Hat das Kind das fünfte Lebensjahr vollendet, so ist die Bestimmung nur wirksam, wenn es sich der Bestimmung anschließt.“
Jedoch ist mit der Namensbestimmung des ersten Kindes das Recht auf Bestimmung des zweiten Kindes durch die Eltern verwirkt - siehe BGH-Urteil (Kap. II,Pkt. 8): „Das Wahlrecht nach § 1617 b Abs. 1 BGB könne für das zweite Kind nicht mehr ausgeübt werden, wenn nach der Begründung der gemeinsamen Sorge für das erste Kind dessen Geburtsname im Sinne von § 1617 Abs. 1 Satz 3 BGB bestimmt worden sei.“
Da hier also keine Bestimmung durch die Eltern stattfindet bzw. stattfinden darf, kann sich das Kind per se auch nicht nach seinem vollendeten 5. Lebensjahr dieser anschließen.
Die von dir angeführte Stelle gibt aber nicht die Auffassung des BGH, sondern die von diesem im Beschluss (immer noch kein Urteil!) zitierte Auffassung der Oberlandesgerichts wieder, was dem aufmerksamen Leser durch den Gebrauch des Konjunktivs auffallen dürfte.

Du hast es leider immer noch nicht verstanden, und langsam frage ich mich, ob du es nicht verstehen willst oder mangels geistiger Fähigkeit nicht verstehen kannst, den eigentlich ist es nicht besonders schwierig.

Daher nochmal:
Normalerweise bestehen nach § 1617b Abs. 1 i.V.m. § 1617 Abs. 1 S. 1 BGB drei Optionen für die Eltern mit nachträglicher gemeinsamer Sorge für Kinder, die verschiedene Familiennamen haben:

a) Jedes Kind behält den Namen, den es hat - das ist die Grundlage, die automatisch weiter gilt, wenn niemand etwas erklärt
b) Ein Kind bekommt den Namen des Vaters durch Erklärung der Eltern, der sich zur Wirksamkeit das Kind anschließen muss, wenn es 5 oder älter ist
c) Ein Kind bekommt den Namen der Mutter, der sich zur Wirksamkeit das Kind anschließen muss, wenn es 5 oder älter ist

§ 1617 Abs. 1 S. 3 BGB schränkt diese Optionen ein: Wenn aber von eines von mehreren Geschwistern bereits eine Wahl entweder nach b) oder c) getroffen wurde, es also auf den Familiennamen entweder des Vaters oder der Mutter umbenannt wurde, dann fällt die nicht gewählte Option b) oder c) auch für die weiteren Geschwister weg, es bestehen also nur noch zwei Optionen: a) und entweder b) oder c).

Die Option a) besteht aber immer weiter und diese Lage läuft auch immer weiter, wenn niemand etwas erklärt: Wir haben also dann also ein umbenanntes Geschwisterkind und ein nicht umbenanntes. Da besteht kein Zwang, diese Lage zu ändern.

Wenn aber eine Änderung durch die Eltern doch gewünscht ist und auch das zweite Kind nach dem freien Willen der Eltern namentlich angepasst werden soll, dann geht das nur mit einer neuen Erklärung der Eltern, die aber (und das ist die einzige Bindung) an die Auswahl von entweder b) oder c), die sie beim ersten Kind getroffen haben, gebunden sind.
Diese neuen Erklärung bedarf dann - das sagt der BGH ganz eindeutig - zur Wirksamkeit auch der Anschlusserklärung des Kindes, wenn es 5 oder älter ist, nur ausnahmsweise nicht (so der konkret entschiedene Fall) wenn es jünger als 5 ist. Das macht gerade Sinn, um dem Kind zu ermöglichen, weiter nach Option a) zu leben, wenn dies seinen Interessen entspricht.
Olli1970
Newbie
Newbie
Beiträge: 5
Registriert: Dienstag 20. Oktober 2020, 09:46
Ausbildungslevel: Anderes

Re: Kindsname bei nachträglicher gemeinsamer Sorge

Beitrag von Olli1970 »

..."Die Option a) besteht aber immer weiter und diese Lage läuft auch immer weiter, wenn niemand etwas erklärt: Wir haben also dann also ein umbenanntes Geschwisterkind und ein nicht umbenanntes. Da besteht kein Zwang, diese Lage zu ändern." Genau, wenn niemand etwas erklärt - auch nicht das Sorgerecht. Denn das brachte den Stein ja überhaupt erst ins Rollen. Die Eltern in dem speziellen Fall wollten ja gar nicht den Namen ändern, sie wollten lediglich das gemeinsame Sorgerecht. Hier liegt also der Zwang!
"Diese neuen Erklärung bedarf dann - das sagt der BGH ganz eindeutig - zur Wirksamkeit auch der Anschlusserklärung des Kindes" - hier fehlt mir der konkrete Verweis auf das BGB, z.B. §1617b Abs.1 Satz 3. Warum wurde dieser hier explizit weggelassen? Man sollte immer beachten, WER letztlich von 5 bis 13 diese Anschlusserklärung unterschreibt - es sind letztlich die Eltern, das Kind wird gar nicht gefragt. Somit würde letztlich der Gestaltungsspielraum, den man eliminieren wollte, bleiben.
Egal, wie rum: Der BGH wird's irgendwann klären...
Antworten