Klausuraufbau bei Prüfung v. Art. 12 I GG

Staatsrecht, Allgemeines und Besonderes Verwaltungsrecht (Bau-, Kommunal-, Polizei- und Sicherheitsrecht, BImSchG etc.)

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Duana
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Klausuraufbau bei Prüfung v. Art. 12 I GG

Beitrag von Duana »

Hallo zusammen,

ich befasse mich gerade mit Art. 12 I GG und bin unsicher, wie man die Eingriffs-Prüfung in offensichtlichen Fällen darstellen soll.

Konkret geht es mir um die Frage, inwieweit ein Korrektor erwartet, dass auf die Drei-Stufen-Theorie in diesen Punkten eingegangen wird bzw. ab wann hier eine Definition als vom Sachverhalt losgelöst betrachtet wird und sich negativ auf die Bewertung auswirkt.

Wenn offensichtlich ist, dass ein Eingriff auf der Stufe der Berufsausübungsregelung erfolgt und man diese sauber definiert und subsumiert, ist es dann trotzdem gewollt, dass die anderen Stufen zur Abgrenzung genau definiert (nicht nur oberflächlich erwähnt) werden?

Ich hätte jetzt vermutet, dass eine kurze Darstellung der Drei-Stufen-Theorie, eine genaue Definition der Berufsausübungsregelung und die entsprechende Subsumtion genügen.
Nachdem mir aber auch beigebracht wurde, dass die Drei-Stufen-Theorie "herausragend" wichtig für eine Prüfung des Art. 12 I GG ist, kann ich nicht einschätzen, inwieweit ein Korrektor trotzdem genauere Ausführungen zur zweiten und dritten Stufe erwartet.

Wie seht ihr das?
heiterkeit
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Re: Klausuraufbau bei Prüfung v. Art. 12 I GG

Beitrag von heiterkeit »

Ich würde beim Eingriff noch nichts zur Drei-Stufen-Theorie sagen. Sie besagt nur, welche Zwecke legitim sind, um Eingriffe auf bestimmter "Stufe" zu rechtfertigen.

Ich würde so aufbauen:

A. Schutzbereich

I. Persönlich

II. Sachlich
hier erwähnen, dass ein einheitliches Grundrecht der Berufsfreiheit und nicht etwa separate Grundrechte der Berufswahl-/-ausübungsfreiheit vorliegen

B. Eingriff

I. Klassischer Eingriff
Bei Art. 12 I GG muss die sog. subjektiv berufsregelnde Tendenz gegeben sein, d. h. es muss final das Ob, Wie, Wann, Warum, Womit, etc. der Berufsausübung geregelt werden.

II. Falls kein klassischer Eingriff bzw. Maßnahme mit subjektivsberufsregelnder Tenzenz: Moderner Eingriff
Bei Art. 12 I GG muss dies wiederum "modifiziert" werden, indem die sog. objektiv berufsregelnde Tendenz gegeben sein muss. Letztlich ist es aber nur ein zu nennendes Stichwort, welches letztlich besagt, dass der mittelbar-faktische Eingriff wesentlich und erheblich sein muss.

+++ Drei-Stufen-Theorie spielt bei B. also KEINE Rolle. +++

C. Rechtfertigung

I. Beschränkbarkeit der Berufsfreiheit
Zwar "Regelungsvorbehalt" und dem Wortlaut nach nur bezogen auf die Ausübung des Berufs, doch - weil ja ein einheitliches Grundrecht vorliegt, s. o. - gilt dieser "Regelungsvorbehalt", welcher der Sache nach ein einfacher Gesetzesvorbehalt ist, für das ganze Grundrecht, also Beschränkbarkeit (+)

II. Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des formellen Gesetzes
(im Folgenden nur Verhältnismäßigkeit, es kann aber nach Elfes-Rspr. auch alles andere geprüft werden)

1. Legitimes Ziel
+++ HIER würde ich die Drei-Stufen-Theorie einbauen +++ denn: diese besagt, dass Eingriffe bezüglich bestimmter Stufen nur dann gerechtfertigt werden können, wenn sie zur Erreichung bestimmter Ziele (1. Stufe: Schutz vernünftige Belange des Gemeinwohls; 2. Stufe: Schutz wichtiger Gründe des Allgemeinwohls; 3. Stufe: Schutz konkret gefährdeter elementare Güter des Gemeinwohls) geeignet, erforderlich und angemessen sind.

Das heißt: Bei "legitimes Ziel" stellst Du letztlich nur fest, welche "Stufe" i. S. d. Drei-Stufen-Theorie vorliegt, und dann prüfst Du, ob ein solches Ziel wie die Drei-Stufen-Theorie es besagt, geschützt werden soll.

2. Weitere Prüfung der Verhältnismäßigkeit
Sodann prüfst Du, ob die Maßnahme zur Erreichung dieses als legitim befundenen Zwecks geeignet, erforderlich (hier könntest Du insb. Eingriffe, welche in eine niedrigere "Stufe" klassifiziert würden, untersuchen) und angemessen sind.

III. Ggf. Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines materiellen Gesetzes oder des Einzelakts
Ggf. verschiebt sich die Prüfung der Drei-Stufen-Theorie hierhin, falls die Verfassungsmäßigkeit des formellen Gesetzes komplett unproblematisch ist (etwa § 35 GewO).
Duana
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Re: Klausuraufbau bei Prüfung v. Art. 12 I GG

Beitrag von Duana »

Hallo heiterkeit,

der von dir dargestellte Prüfungsaufbau wirkt deutlich sinnvoller. Mir ging die Prüfung der 3-Stufen-Theorie in einem Übungsfall auf der Rechtfertigungsebene jetzt auch deutlich leichter von der Hand :)

Merk ich mir, vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast!
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