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Hinbewegungsfreiheit durch welches Grundrecht geschützt?

Verfasst: Donnerstag 9. September 2021, 19:02
von rt1
Ich frage mich woraus sich das Recht, sich zu einem Ort hinzubewegen ergibt, z.B. zu einem Kiosk oder in ein Schwimmbad?

Meine Überlegungen:

1) Art. 2 II S. 2
Strittig:
a) Ja, auch Hinbewegungsfreiheit ist geschützt
b) Nur das Recht sich fortzubewegen und insb. nicht festgehalten zu werden wird geschützt
-> b) Scheint hier passender auch durch die Nähe zu Art. 104 (so auch Manssen Staatsrecht II §13 Rn. 317)

2) Art. 11
Strittig:
a) Nur wenn man wirklich "umzieht" also ganz ursprünglich auf die Bed. der Freizügigkeit abstellend
b) Jeder Ort welcher der persönlichen Entfaltung dient (angeblich H.M.)
c) Nur bei längerem Aufenthalt, meist über Nacht (also nicht schon beim Kippen holen)

3) Bleibt dann nur der Art. 2 I also die allgemeine Handlungsfreiheit. Aber die ist ja lediglich ein Auffangtatbestand... Das Recht, sich Kippen zu holen oder ins Schwimmbad zu gehen muss doch wohl besser geschützt sein als nur dadurch? :drinking:
Schließlich unterliegt Art. 2 I nur einem einfachen Gesetzesvorbehalt, dh. Ausgangssperren wären kein Problem?

Re: Hinbewegungsfreiheit durch welches Grundrecht geschützt?

Verfasst: Donnerstag 9. September 2021, 19:14
von thh

rt1 hat geschrieben:3) Bleibt dann nur der Art. 2 I also die allgemeine Handlungsfreiheit. Aber die ist ja lediglich ein Auffangtatbestand... Das Recht, sich Kippen zu holen oder ins Schwimmbad zu gehen muss doch wohl besser geschützt sein als nur dadurch?
Warum?
rt1 hat geschrieben:Schließlich unterliegt Art. 2 I nur einem einfachen Gesetzesvorbehalt, dh. Ausgangssperren wären kein Problem?
Ist das so?

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Re: Hinbewegungsfreiheit durch welches Grundrecht geschützt?

Verfasst: Freitag 10. September 2021, 11:15
von rt1
Warum?
Weil Art. 2 I ja bloß ein AuffangTB ist.
Ist das so?
Nun ja, de facto schon oder? Natürlich wird das ganze immer gerne als "Schrakentrias" bezeichnet aber im Endeffekt werden "Rechte anderer" und "Sittengesetz" in die "verfassungsmäßige Ordnung" reingelesen bzw. von dieser sowieso bereits abgedeckt weshalb es sich eig. bloß um einen einfachen Gesetzesvorbehalt handelt. So habe ich das jedenfalls mal gelernt.

Ansonsten habe ich zumindest einen Aufsatz gefunden der sich mit dem Thema beschäftigt:
Da Art 11 I nicht jede Fortbewegungsfreiheit schützt gibt es staatliche Eingriffe in die Fortbewegungsfreiheit, die keinem der beiden Grundrechte unterfallen. Insofern ist es missverständlich Art. 2 II S. 2 als lex specialis zu Art 11 I zu bezeichnen. Vielmehr stehen die beiden GR in einem Exklusivitätsverhältnis. Art. 2 II S. 2 verdrängt das Freizügigkeitsrecht insoweit tatbestandlich, als Freizügigkeitsbeschränkungen sich gerade als notwendige Begleiterscheinung von Freiheitsbeschränkungen bzw. - entziehungen ergeben.
(Aus Münch/Kunig GG Kommentar zu Art. 11 Rn. 65)

Heißt im Klartext: Es gibt tatsächlich einen ungeschützten Bereich wenn man nur kurz etwas holen geht. Hier kommt dann wahrscheinlich lediglich Art. 2 I in Betracht.

Re: Hinbewegungsfreiheit durch welches Grundrecht geschützt?

Verfasst: Freitag 10. September 2021, 13:04
von Theopa
Die Ausgangssperre betrifft je nach Ausgestaltung ja gerade nicht das "Nicht Hinbewegen", sondern vielmehr primär das "Nicht Wegbewegen".

Ab welcher Grenze das kippt dürfte eine Einzelfallfrage sein. Wenn z.B. nur Schwimmbäder oder der Kiosk zum Kippenholen gesperrt sind wird bei den potenziellen Besuchern zumeist tatsächlich nur die Allgemeine Handlungsfreiheit übrig bleiben, da spielt die Musik dann bei der Berufsfreiheit der Betreiber bzw. den Gleichheitsrechten.