Klimawandel Leugnung

Staatsrecht, Allgemeines und Besonderes Verwaltungsrecht (Bau-, Kommunal-, Polizei- und Sicherheitsrecht, BImSchG etc.)

Moderator: Verwaltung

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XDmint
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Klimawandel Leugnung

Beitrag von XDmint »

Guten Abend zusammen,
in der Schule bereiten wir momentan eine kleine Debatte vor. Die Streitfrage lautet "Soll das öffentliche Leugnen des menschengemachten Klimawandels verboten werden?". Mir stellt sich hier die Frage nach der generellen Umsetzung. Soweit ich weiß gibt es doch momentan noch kein Beispielhaftes Gesetzt wo etwas vergleichbares verboten wurde. Es gibt zwar den Absatz 3 des §130 StGB dieser bezieht sich allerdings auf die Holocaust Leugnung, die ich eigentlich nicht vergleichbar finde.
Bin ich einfach nur zu blöd google zu benutzen oder gibt es tatsächlich nichts Vergleichbares?
Das einzige was mir eingefallen wäre, ist über GG Artikel 5 Absatz 2 zu Argumentieren. Sinngemäß bedeutet dieser Absatz doch das sog. Allgemeine Gesetze die Rechte der Meinungsfreiheit einschränken können. Dieses Allgemeinen Gesetze wiederum dienen dem Schutz eines "zu schützenden Rechtsgutes". Dies könnte doch der GG Artikel 20a sein, der schütz der Umwelt für zukünftige Generationen. Allerdings stellt sich hier wieder die Frage nach der Verhältnismäßigkeit.
Mir geht es auch um einen Maßnahmenvorschlag, sprich wo bringt man ein solches Verbot unter?
Sorry falls das hier den Rahmen sprengt oder im falschen Unterforum gelandet ist, ich freue mich dennoch über jegliche Anregungen und Denkanstöße.

LG
Sektnase
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Re: Klimawandel Leugnung

Beitrag von Sektnase »

Fällt eine leugnende Aussage denn unter Art. 5 GG? Falls ja: wäre ein Verbot der Leugnung denn ein allgemeines Gesetz?

Coole Sache aber. Glaub lieber nicht alles, was der Lehrer dazu zu wissen meint :D
In einem Umfeld, in dem mittelschwere Hurensöhnigkeit häufig zum Stellenprofil gehört, muss einen nicht wundern, wenn man Scheiße behandelt wird. -Blaumann
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Urs Blank
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Re: Klimawandel Leugnung

Beitrag von Urs Blank »

Sehr vereinfacht: Das Verbot bestimmter Meinungen ("Der Kommunismus ist eine tolle Sache" oder "Die Toten Hosen sind eine Scheiß-Band") ist in aller Regel verfassungswidrig. Das dürfte auch für das Leugnen des menschengemachten Klimawandels gelten. Eine Ausnahme macht das Bundesverfassungsgericht lediglich für die Billigung, Verherrlichung oder Rechtfertigung der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft, so dass § 130 Abs. 4 StGB verfassungsgemäß ist. Unter dem Stichwort "Wunsiedel-Entscheidung" wirst du fündig.
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Urs Blank
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Re: Klimawandel Leugnung

Beitrag von Urs Blank »

Ach so: Zum Verständnis dürfte es sinnvoll sein, sich in groben Zügen mit der Grundrechtsdogmatik vertraut zu machen, nämlich dem Dreischritt: Was schützt das Grundrecht (hier: die Meinungsfreiheit)? Wird durch staatliche Maßnahme (hier: Verbot des Leugnen des menschengemachten Klimawandels) in das Grundrecht eingegriffen? Ist - gegebenenfalls - der Eingriff gerechtfertigt?
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thh
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Re: Klimawandel Leugnung

Beitrag von thh »

XDmint hat geschrieben: Montag 17. Januar 2022, 18:35in der Schule bereiten wir momentan eine kleine Debatte vor. Die Streitfrage lautet "Soll das öffentliche Leugnen des menschengemachten Klimawandels verboten werden?". Mir stellt sich hier die Frage nach der generellen Umsetzung. Soweit ich weiß gibt es doch momentan noch kein Beispielhaftes Gesetzt wo etwas vergleichbares verboten wurde.
Mit Grund. Ein solches Verbot wäre offenkundig verfassungswidrig. - Aber das muss beim Debattieren ja nicht stören. :)
XDmint hat geschrieben: Montag 17. Januar 2022, 18:35Es gibt zwar den Absatz 3 des §130 StGB dieser bezieht sich allerdings auf die Holocaust Leugnung, die ich eigentlich nicht vergleichbar finde.
Das ist auch die einzige verfassungsrechtlich denkbare Ausnahme.

Oder in den Worten des BVerfG:
Angesichts des sich allgemeinen Kategorien entziehenden Unrechts und des Schreckens, die die nationalsozialistische Herrschaft über Europa und weite Teile der Welt gebracht hat, und der als Gegenentwurf hierzu verstandenen Entstehung der Bundesrepublik Deutschland ist Art. 5 Abs. 1 und 2 GG für Bestimmungen, die der propagandistischen Gutheißung der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft Grenzen setzen, eine Ausnahme vom Verbot des Sonderrechts für meinungsbezogene Gesetze immanent.
XDmint hat geschrieben: Montag 17. Januar 2022, 18:35Das einzige was mir eingefallen wäre, ist über GG Artikel 5 Absatz 2 zu Argumentieren. Sinngemäß bedeutet dieser Absatz doch das sog. Allgemeine Gesetze die Rechte der Meinungsfreiheit einschränken können.
Ein Gesetz, das die Äußerung einer bestimmten Auffassung verbietet, ist allerdings nicht allgemein, sondern im Gegensatz sehr speziell.

-thh
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Re: Klimawandel Leugnung

Beitrag von Sektnase »

thh hat geschrieben: Montag 17. Januar 2022, 20:36 Das ist auch die einzige verfassungsrechtlich denkbare Ausnahme.
Man könnte auch sagen, dass nichtmal die denkbar ist. Oder war, bevor sie gedacht wurde.. Aber das würde ich in der Schule lieber nicht diskutieren.
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XDmint
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Re: Klimawandel Leugnung

Beitrag von XDmint »

thh hat geschrieben: Montag 17. Januar 2022, 20:36 Mit Grund. Ein solches Verbot wäre offenkundig verfassungswidrig.
Ja okay danke für die Einschätzung, umso spannender wird ja dann der Vorschlag der Pro Seite werden.
thh hat geschrieben: Montag 17. Januar 2022, 20:36 Aber das muss beim Debattieren ja nicht stören.
Stimmt, die Debatte wird wahrscheinlich eh hauptsächlich über moralische Argumente laufen. Trotzdem wollte und will ich den juristischen Teil so gut wie möglich beleuchten.
thh hat geschrieben: Montag 17. Januar 2022, 20:36 Ein Gesetz, das die Äußerung einer bestimmten Auffassung verbietet, ist allerdings nicht allgemein, sondern im Gegensatz sehr speziell.
Klingt einleuchtend, ich dachte dabei auch mehr an den Schutz von Artikel 20a GG. Dann werde ich mir falls ich doch Pro 1 einen anderen Vorschlag überlegen müssen.
Urs Blank hat geschrieben: Montag 17. Januar 2022, 20:32 Ach so: Zum Verständnis dürfte es sinnvoll sein, sich in groben Zügen mit der Grundrechtsdogmatik vertraut zu machen, nämlich dem Dreischritt: Was schützt das Grundrecht (hier: die Meinungsfreiheit)? Wird durch staatliche Maßnahme (hier: Verbot des Leugnen des menschengemachten Klimawandels) in das Grundrecht eingegriffen? Ist - gegebenenfalls - der Eingriff gerechtfertigt?
Das hört sich doch interessant an, Danke. Das kann ich mir gleich durchlesen und ein Argument für die Eröffnungsrede basteln.
Sektnase hat geschrieben: Montag 17. Januar 2022, 23:26 Aber das würde ich in der Schule lieber nicht diskutieren.
Sprengt wahrscheinlich auf einfach den Rahmen der Debatte, 12min freie Aussprache sind nicht viel. Es interessiert mich außerhalb der Schule dennoch.

Danke für die ganzen Antworten, ich denk und schreibb dann mal weiter an meinen Argumenten ;)
Philosophikus
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Re: Klimawandel Leugnung

Beitrag von Philosophikus »

Es stellt sich eher eine andere Frage: Sollte man Leuten, die anderen die Meinung verbieten wollen, das öffentliche Debattieren darüber, anderen die Meinung verbieten zu wollen, verbieten?
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