Besonders schweren Fall im Obersatz benennen?

Straf-, Strafprozeß- und Ordnungswidrigkeitenrecht sowie Kriminologie

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Rudelfuchs
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Besonders schweren Fall im Obersatz benennen?

Beitrag von Rudelfuchs »

Hallo Forenmitglieder,

ich habe in einer Übungsklausur folgenden Obersatz und Ergebnissatz geschrieben:
Obersatz: "T könnte sich wegen eines Diebstahls in einem besonders schweren Fall gem §§ 242 I, 243 I 1, 2 Nr 1 StGB strafbar gemacht haben, indem er das Shampoo in seine Tasche steckte".
Ergebnis: "T hat sich wegen eines Diebstahls in einem besonders schweren Fall gem §§ 242 I, 243 I 1, 2 Nr 1 StGB strafbar gemacht, indem er das Shampoo in seine Tasche steckte".

In beiden Sätzen hat der Korrektor mit einem Bleistift die Worte "in einem besonders schweren Fall" eingeklammert. Ich verstehe diese Anmerkung dahingehend, dass der Korrektor mir folgendes sagen wollte: Besonders schwere Fälle dürfen weder in dem Obersatz noch in dem Ergebnissatz genannt werden.
Das widerspricht etwa https://www.juracademy.de/strafrecht-bt2/schwere-faelle-diebstahl.html (Verwaister Link automatisch entfernt). Dort heißt es: "Sofern ein besonders schwerer Fall in Betracht kommt, sollte dies schon im Obersatz deutlich gemacht werden, so zum Beispiel: „A könnte sich wegen Diebstahls in einem besonders schweren Fall gem. §§ 242, 243 Abs. 1 Nr. 1 strafbar gemacht haben, indem er durch das Kellerfenster in die Villa des B einstieg.“

Habe ich die Anmerkung des Korrektors falsch verstanden? Falls nein: Muss man in Betracht kommende bzw einschlägige besonders schwere Fälle im Obersatz und Ergebnissatz benennen oder nicht?
T0bi
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Re: Besonders schweren Fall im Obersatz benennen?

Beitrag von T0bi »

Ist doch ok, er hat es nur eingeklammert und gut.

In einem Urteilstenor wäre der Zusatz falsch (indes in der Praxis dennoch weit verbreitet), im Gutachtenobersatz finde ich ihn jedenfalls vertretbar.

Dein Zitat bietet kein Argument. Der kundige Leser weiß schon beim Blick auf die Paragraphenkette, was geprüft wird.
"die Bezeichnung Penner hat nicht...stets beleidigenden...Charakter. So werden etwa im Einzelhandel umgangssprachlich schlecht verkäufliche Artikel...im Gegensatz zum Renner auch als Penner bezeichnet (wikipedia.de)" (BayVGH NZA-RR 2012, 302)
Arva
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Re: Besonders schweren Fall im Obersatz benennen?

Beitrag von Arva »

Eventuell noch viel einfacher: Deine benannte Handlung gibt das Regelbeispiel nicht her.
Rudelfuchs
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Re: Besonders schweren Fall im Obersatz benennen?

Beitrag von Rudelfuchs »

Arva hat geschrieben: Donnerstag 8. April 2021, 13:14 Eventuell noch viel einfacher: Deine benannte Handlung gibt das Regelbeispiel nicht her.
Danke! Das macht Sinn.
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Strich
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Re: Besonders schweren Fall im Obersatz benennen?

Beitrag von Strich »

Rudelfuchs hat geschrieben: Donnerstag 8. April 2021, 14:04
Arva hat geschrieben: Donnerstag 8. April 2021, 13:14 Eventuell noch viel einfacher: Deine benannte Handlung gibt das Regelbeispiel nicht her.
Danke! Das macht Sinn.
Moment, dass macht keinen Sinn!

Ich halte deinen Obersatz in einem Gutachten für vertretbar.
Die Handlung muss das Regelbeispiel nicht hergeben. Keine Handlung muss schon irgendwelche Tatbestandsmerkmale "hergeben".
Die Handlung ist in der folgenden Prüfung darauf zu untersuchen, ob sie die Tatbestandsmerkmale einer Norm erfüllt.

Folgenden Obersatz halte ich gerade für falsch:

T könnte sich wegen eines Diebstahls in einem besonders schweren Fall gem §§ 242 I, 243 I 1, 2 Nr 1 StGB strafbar gemacht haben, indem er das Shampoo in seine Tasche steckte, wobei er in ein Gebäude einstieg.

Der Obersatz nimmt die Prüfung schon vorweg. Wenn man jetzt nämlich das Regelbeispiel "in ein Gebäude einsteigen" prüft und zu dem Ergebnis kommen würde, dass T nicht in ein Gebäude (sondern bspw in ein Zelt) eingestiegen ist, würde es keinen Sinn ergeben, zu schreiben: T ist nicht in ein Gebäude eingestiegen ... errrr aber das steht so im Obersatz (und nicht im Konjunktiv).

Man würde ja auch keinen Obersatz wie folgt formulieren:

T könnte sich nach § 212 StGB strafbar gemacht haben, indem er den O durch einen Stich vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft getötet hat.
In dem Fall könnte er sich nicht nur strafbar gemacht haben, in dem Fall hat er sich strafbar gemacht.
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Re: Besonders schweren Fall im Obersatz benennen?

Beitrag von Arva »

Ich stimme Dir sogar zu, dass die von Dir gebildeten Obersätze falsch sind, allerdings aus einem anderen Grund - das Einsteigen in ein Gebäude ist ja gerade die gesetzliche Norm, nicht die zu prüfende Handlung, du benennst also aus meiner Sicht den falschen zu prüfenden Vorgang.

Aus meiner Sicht wäre Dein erster Obersatz:
T könnte sich wegen eines Diebstahls in einem besonders schweren Fall gem §§ 242 I, 243 I 1, 2 Nr 1 StGB strafbar gemacht haben, indem er das Shampoo in seine Tasche steckte, wobei er das Zelt des O betrat.
(übrigens fallen jedenfalls Ausstellungs- und Zirkuszelte unter die Norm, Sch/Sch, § 243 Rn. 7).

Insofern wäre auch der Obersatz im zweiten Beispiel: T könnte sich durch seinen wuchtigen Machetenschlag in den Hals des O, der dessen Kopf mehrere Meter durch die Fußgängerzone rollen ließ, gemäß § 212 StGB strafbar gemacht haben.

Nur die von Rudelfuchs benannte Handlung - wir kennen ja den Sachverhalt nicht - erfasst womöglich nicht den ganzen Vorgang, der zu bestrafen wäre; aus dieser Richtung könnte ich mir die Anmerkung erklären. Mithin war sein Bezugspunkt im Sachverhalt nicht ganz richtig.
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Re: Besonders schweren Fall im Obersatz benennen?

Beitrag von Strich »

Arva hat geschrieben: Donnerstag 8. April 2021, 17:51 Ich stimme Dir sogar zu, dass die von Dir gebildeten Obersätze falsch sind, allerdings aus einem anderen Grund - das Einsteigen in ein Gebäude ist ja gerade die gesetzliche Norm, nicht die zu prüfende Handlung, du benennst also aus meiner Sicht den falschen zu prüfenden Vorgang.

Aus meiner Sicht wäre Dein erster Obersatz:
T könnte sich wegen eines Diebstahls in einem besonders schweren Fall gem §§ 242 I, 243 I 1, 2 Nr 1 StGB strafbar gemacht haben, indem er das Shampoo in seine Tasche steckte, wobei er das Zelt des O betrat.
(übrigens fallen jedenfalls Ausstellungs- und Zirkuszelte unter die Norm, Sch/Sch, § 243 Rn. 7).

Insofern wäre auch der Obersatz im zweiten Beispiel: T könnte sich durch seinen wuchtigen Machetenschlag in den Hals des O, der dessen Kopf mehrere Meter durch die Fußgängerzone rollen ließ, gemäß § 212 StGB strafbar gemacht haben.

Nur die von Rudelfuchs benannte Handlung - wir kennen ja den Sachverhalt nicht - erfasst womöglich nicht den ganzen Vorgang, der zu bestrafen wäre; aus dieser Richtung könnte ich mir die Anmerkung erklären. Mithin war sein Bezugspunkt im Sachverhalt nicht ganz richtig.
Ok du hast insoweit recht, als dass ich gesetzliche Tatbestandsmerkmale benannt habe, die jedenfalls nicht in den Obersatz gehören. Gleichwohl, um im Zeltbeispiel zu bleiben (ich denke übrigens an kleine Festivalzelte ^^) halte ich auch diese Formulierung für schwierig. Die genaue Bezeichnung der Handlung dient der genauen Festlegung des Ortes und der Zeit der Tat. Man erkennt sofort, dass die Prüfung wahrscheinlich gegen den Baum geht, wenn das nicht korrekt gemacht wird. Wenn du also das Zelt oder den rollenden Kopf in den Obersatz aufnimmst bleibt unklar, auf welchen Zeitpunkt sich der Vorsatz beziehen soll. Wenn der Kopf durch die Fußgängerzone rollt? Möglicherwweise lag vorher kein Vorsatz vor, dann wäre der dolus subsequenz straflos (schwer in diesem Beispiel vorstellbar, ich weiß ^^). Was ist, wenn der Täter noch gar keinen Diebstahlsvorsatz gefasst hatte, als er das Zelt betrat?
Was ist, wenn er beim Betreten Vorsatz hatte, beim Einstecken der Shampooflasche aber nicht mehr?
Dein zweiter Obersatz nimmt im Übrigen die Prüfung der Kausalität vorweg.
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Re: Besonders schweren Fall im Obersatz benennen?

Beitrag von Arva »

Abgesehen von Zustimmung, dass der Obersatz bei § 212 nicht wirklich gut ist - ich bin kein guter Sachverhaltsausdenker, deshalb war dann auch der Obersatz im Hinblick auf die Kausalität nicht ganz astrein (wobei: Von "deshalb tot" steht da nichts) - verstehe ich ehrlich gesagt Dein Argument nicht.

Dass man die Frage, ob und Wann Vorsatz vorlag, bzw. beim Regelbeispiel Quasi-Vorsatz, prüfen muss, ist ja klar.

Ein Argument, warum man nicht auch den Handlungsteil, der das Regelbeispiel bezeichnet, in die geprüfte Handlung mit aufnehmen darf, sehe ich jetzt auf den ersten Blick nicht? Es erscheint mir bis zum 1. Examen sogar eher üblich (JuS 2001, 1194, Radtke, SS ABschlussklausur 2007, gefunden irgendwo in diesem Internet), wenngleich ich dazu neigen würde (m.E. so auch die von Rudelfuchs in Bezug genommene Fundstelle, ebenso etwa ZJS 2/2012, 219), die Prüfung von Grunddelikt und Regelbeispiel vollständig zu trennen und nacheinander vorzunehmen, um den Charakter von Regelbeispielen herauszustellen.
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Re: Besonders schweren Fall im Obersatz benennen?

Beitrag von Strich »

Arva hat geschrieben: Donnerstag 8. April 2021, 19:27 ...

Ein Argument, warum man nicht auch den Handlungsteil, der das Regelbeispiel bezeichnet, in die geprüfte Handlung mit aufnehmen darf, sehe ich jetzt auf den ersten Blick nicht?...
Ich hab doch eins genannt: Klare Benennung des zu prüfenden Zeitpunktes. Deine Varianten geben mehrere Zeitpunkte her. Bei Totschlagsbeispiel mag das noch irrelevant sein, beim Einbruchsdiebstahl aber schon nicht mehr.
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Re: Besonders schweren Fall im Obersatz benennen?

Beitrag von Arva »

Ok, dann habe ich Dein Argument verstanden - es überzeugt mich aus drei Gründen nicht:
1. Die von Dir aufgeworfene Frage des Zeitpunktes für Vorsatz bzw. Quasivorsatz ist sowieso zu prüfen und dortige Fehler sind m.E. unabhängig zur Frage der benannten Tat im Obersatz (ich finde sogar, wenn Du hier die Handlung des Regelbeispiels nicht nennst, Fehler gerade wahrscheinlicher).
2. Du bildest ja auch bei vom reinen Tatbestand her mehraktigen Delikten (z.B. Raub, oder Meineid, dort beim Nacheid sogar ggf. mit zwei verschiedenen Tagen) nicht einen punktgenauen Zeitpunkt, sondern mehrere Zeitpunkte bzw. eine gewisse Zeitspanne ab. Bei Dauerdelikten ja sowieso. Warum soll es dort ohne Weiteres möglich (und richtig) sein, beim Regelbeispiel aber falsch?
3. Die Frage der unterschiedlichen Zeitpunkt bekommst Du zugegeben bei § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB, bei Nr. 2 oder Nr. 3 oder Nr. 7 stellt sich das Problem ja gar nicht. Bei Nr. 7 finde ich es sogar schwierig, einen Obersatz zu formulieren, in dem das Regelbeispiel nicht benannt ist. Würdest Du dann die Regel aufstellen: Bei Nr. 7 kommt das Regelbeispiel in den Obersatz, bei Nr. 2 oder Nr. 3 vielleicht, bei Nr. 1 nicht?
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Re: Besonders schweren Fall im Obersatz benennen?

Beitrag von Strich »

Arva hat geschrieben: Freitag 9. April 2021, 15:39 Ok, dann habe ich Dein Argument verstanden - es überzeugt mich aus drei Gründen nicht:
1. Die von Dir aufgeworfene Frage des Zeitpunktes für Vorsatz bzw. Quasivorsatz ist sowieso zu prüfen und dortige Fehler sind m.E. unabhängig zur Frage der benannten Tat im Obersatz (ich finde sogar, wenn Du hier die Handlung des Regelbeispiels nicht nennst, Fehler gerade wahrscheinlicher).
2. Du bildest ja auch bei vom reinen Tatbestand her mehraktigen Delikten (z.B. Raub, oder Meineid, dort beim Nacheid sogar ggf. mit zwei verschiedenen Tagen) nicht einen punktgenauen Zeitpunkt, sondern mehrere Zeitpunkte bzw. eine gewisse Zeitspanne ab. Bei Dauerdelikten ja sowieso. Warum soll es dort ohne Weiteres möglich (und richtig) sein, beim Regelbeispiel aber falsch?
3. Die Frage der unterschiedlichen Zeitpunkt bekommst Du zugegeben bei § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB, bei Nr. 2 oder Nr. 3 oder Nr. 7 stellt sich das Problem ja gar nicht. Bei Nr. 7 finde ich es sogar schwierig, einen Obersatz zu formulieren, in dem das Regelbeispiel nicht benannt ist. Würdest Du dann die Regel aufstellen: Bei Nr. 7 kommt das Regelbeispiel in den Obersatz, bei Nr. 2 oder Nr. 3 vielleicht, bei Nr. 1 nicht?
1. Eine Prüfung, die im Obersatz iene Handlung benennt, dann aber bei Vorsatz auf einen ganz anderen Zeitpunkt abstellt, ist irgendwie schwer nachvollziehbar:

A könnte sich des Totschlags strafbar gemacht haben, indem er auf B schoss.

...

A müsste vorsätlich gehandelt haben. Als A auf B schoss, dachte er sich, der will mich bestimmt zuerst erschießen, dem muss ich zuvorkommen. Als A den blutenden B liegen sah, dachte er sich, verreck doch.

Warum prüft man hier nicht gleich das Liegenlassen als Handlung (in Form des Unterlassens)?

2. Verstehe das Problem nicht: Beispiel § 170 StGB
A könnte sich durch das Nichtzahlen von x € an Y (seit dem ...) wegen § 170 StGB strafbar gemacht haben.
Klar bilde ich hier eine Zeitspanne ab. Die Handlung aktualisiert sich ja auch ggf. jeden Monat. Was das mit erst noch zu prüfenden Tatbestandsmerkmalen zu tun hat, weiß ich nicht.

Beispiel Raub: Der Vorsatz muss im Zeitpunkt der Wegnahme vorliegen. Die Wegnahme vollendet den Raub, nicht etwa die Nötigung oder gar die KV. Der Obersatz heißt also:
A könnte sich wegen Raubes gemäß § 249 StGB strafbar gemacht haben, indem er das Handy des B einsteckte.

Warum da in den Oberstaz ein "Schlagen" mit reinsoll, sehe ich nicht. Möglicherweise gibt es mehrere Nötigungshandlungen von denen nur ein paar im Finalzusammenhang. Wenn ich aber das "Schlagen" mit in den Obersatz aufnehme, dann feststelle, dass das gar nicht im Finalzusammenhang steht und dann versuche die anschließend ausgesprochene Drohung, die im Finalzusammenhang steht, zu prüfen, passt der Obersatz wieder nicht. Wenn du jetzt meinst, das sei kein Problem, man müsse schon vor der Formulierung des Obersatzes schauen, was letztlich passt, nimmst du die erst noch vorzunehmende Prüfung vorwerg.

3. Warum sollte es bei § 243 Abs. Nr. 7 StGB ein Problem geben?
A könnte sich wegen Diebstahls (in besonders schwerem Fall) gem. § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 StGB strafbar gemacht haben, indem er die AK 47 aus dem Tresor in seinen Rucksack steckte.

Die Prüfung, ob es sich bei der AK 47 um eine Kriegswaffe handelt folgt ja noch, sie kennzeichnet aber keine weitere Handlung. Bei Einbrechen in ein Gebäude oder auch beim Raub hast du aber mehrere Handlungen von denen es aber für den Vorsatz und die Strafbarkeit nur auf eine "ankommt" (hins. Zeit und Ort der Tat, natürlich kommt es bei Raub auch auf die Nötigungshandlung tatbestandlich an, aber eben nicht für Zeit und Ort der Tat, sie spielt auch keine Rolle für die Verjährung).

Ich habe nicht gesagt, dass Tatsachen, die ein Regelbeispiel begründen, nie in den Obersatz gehören. Ich habe nur gesagt, dass Tatsachen, die nicht die Handlung des Täters sind, nicht in den Obersatz gehören.

Selbstverständlich kann man bei § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB formulieren:
A könnte sich wegen gefährlicher Körperverletzung nach §§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB strafbar gemacht haben, indem er mit dem Küchenmesser auf B einstach.

Man kann aber nicht formulieren:
A könnte sich wegen gefährlicher Körperverletzung nach §§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB strafbar gemacht haben, indem er das Küchenmesser aus der Schublade nahm und mit diesem auf B einstach.

Der Obersatz erfüllt nicht die Funktion einer schönen Gliederungsüberschrift.
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Re: Besonders schweren Fall im Obersatz benennen?

Beitrag von Strich »

Der Obersatz ist vertretbar, weil er nur die Handlung benennt, die geprüft wird. Die Angabe der Regelbeispielnorm im OS halte ich aus den selben Gründen für vertretbar, wie auch im Zivilrecht die Angabe allerlei überflüssiger Normen wie §§ 434, 437, 288 etc. vertretbar ist: Es ist Gewohnheit und notwendig zu sein. Es führt nur dann zu Fehlern, wenn der Obersatz nicht mehr zum Ergebnis passt. Wenn das Regelbeispiel also im OS genannt wird, im Ergebnis aber nur eine Strafbarkeit wegen § 242 StGB festgestellt wird. Wenn ich das absehe, würde ich die Regelbeispielsnorm lieber aus dem OS rauslassen und die Prüfung an das Ergebnis ranhängen.
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