Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Straf-, Strafprozeß- und Ordnungswidrigkeitenrecht sowie Kriminologie

Moderator: Verwaltung

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Zippocat
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Zippocat »

Mal wieder was zu der ja auch hier im Thread des Öfteren diskutierten BGH-Rechtsprechung zur Berechnung der Unterbrechungsfrist des § 229 StPO:

BGH, 6 StR 114/20
Der Senat schließt sich der Auffassung an, dass – von Fällen des § 229 Abs. 4 Satz 2 StPO abgesehen – zwischen dem Unterbrechungs- und dem Fortsetzungstermin nicht mehr als 21 Tage liegen dürfen (..)
- mit 4 StR 106/13, 3 StR 235/16, 2 StR 194/19, 5 StR 65/20, gegen 3 StR 409/13 und 1 StR 590/15 -

Man kann sich also (wieder oder weiterhin) merken: Wenn Montag unterbrochen wird, muss spätestens drei Wochen später am Dienstag fortgesetzt werden.
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Ara
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Ara »

Interessant... Ich hatte Ende letzten Jahres noch ne (nicht erfolgreiche) Revision mit ich meine 23 Tagen Unterbrechung ohne Wochenende.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Urs Blank
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Urs Blank »

Wäre das nicht mal ne Sache für eine Vorlage an den Großen Senat für Strafsachen gewesen? Vgl. § 132 GVG.

@zippocat: Danke für den Hinweis!
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Urs Blank
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Urs Blank »

BMJV jetzt völlig außer Kontrolle mit dem "Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder":

https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/DE/Bekaempfung_sex_Gewalt_Kinder.html (Verwaister Link automatisch entfernt)
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thh
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von thh »

Urs Blank hat geschrieben: Montag 31. August 2020, 23:17BMJV jetzt völlig außer Kontrolle mit dem "Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder":
Ja, daran macht wirklich nichts Sinn - und das geht schon mit der Bezeichnug des Gesetzes bzw. des Tatbestandes los: es geht in der Regel gerade nicht um "Gewalt", sexualisiert oder nicht. Die restlichen Vorschläge sind dann nicht besser.
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Sektnase »

U-Haft ist dringend nötig. Das Volk will wen eingesperrt sehen!
In einem Umfeld, in dem mittelschwere Hurensöhnigkeit häufig zum Stellenprofil gehört, muss einen nicht wundern, wenn man Scheiße behandelt wird. -Blaumann
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Ara
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Ara »

Weiß ich nicht was ihr habt... Ist doch toll? Jede Kipo-Sache richtig schön ne notwendige Verteidigung. Einstellung ist auch nicht mehr. Das ist ja quasi ein Konjunkturprogramm für Strafverteidiger. Ein kinderpornografisches Bild in ner WhatsApp-Gruppe gepostet und dann hat man gleich mal 100 notwendige Verteidigungen.

Als Student war ich ja auch noch von den immer weiteren Verschärfungen im Sexualstrafrecht schockiert... Mittlerweile erkenne ich den finanziellen Mehrwert!
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Swann »

thh hat geschrieben: Dienstag 1. September 2020, 00:15
Urs Blank hat geschrieben: Montag 31. August 2020, 23:17BMJV jetzt völlig außer Kontrolle mit dem "Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder":
Ja, daran macht wirklich nichts Sinn - und das geht schon mit der Bezeichnug des Gesetzes bzw. des Tatbestandes los: es geht in der Regel gerade nicht um "Gewalt", sexualisiert oder nicht. Die restlichen Vorschläge sind dann nicht besser.
Gibt es jemanden, der mir erklären kann, warum der Besitz von Aufnahmen, wie jemand sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt, mit einer höheren Mindeststrafe bedroht werden soll als die Vornahme sexueller Handlungen vor einem Kind?
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batman
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von batman »

Bestenfalls sollten das die Entwurfsverfasser erklären können.
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Zippocat
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Zippocat »

Das sagt der Entwurf mE schon: weil die KiPo-Industrie, zu der letztlich auch der KiPO-Konsument gehöre, mit der grenzen- und zeitlosen Verbreitung und Perpetuierung von Aufzeichnungen einer Missbrauchstat ein eigenes Unrecht verwirkliche, das grundsätzlich - im mildest möglichen Fall - bereits schwerer wiege als der Unrechtsgehalt der "Sexualisierten Gewalt gegen Kinder ohne Körperkontakt mit dem Kind". Überzeugend ist das freilich nicht.
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Toefting »

batman hat geschrieben: Donnerstag 3. September 2020, 09:00 Bestenfalls sollten das die Entwurfsverfasser erklären können.
Ja, schiebs dem armen Referenten, der das Erstellen musste in die Schuhe.
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batman
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von batman »

Die oder der ist nicht zu beneiden.
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Brainiac »

Passend dazu: Anklage erhoben im Fall Christoph M. - https://www1.wdr.de/nachrichten/rheinland/christoph-metzelder-kinderpornografie-100.html (Verwaister Link automatisch entfernt)
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Freedom »

Es mag eigentlich eher ins öffentliche Recht gehören, aber der Bezug zum Strafrecht ist auch da.

https://www.spiegel.de/panorama/justiz/ ... 8dd74fd210

Es bestehen Zweifel an der Eignung für den Polizeidienst, wenn ein Ermittlungsverfahren gegen den Bewerber läuft. Sollte sich herausstellen, dass die Vorwürfe haltlos sind, sei die Polizei dennoch nicht mehr an ihre Zusage gebunden.

Inwieweit darf denn die Polizei selbst strafrechtliche Bewertungen vornehmen für ihre Einstellungsentscheidung? Was ist ein "Begründeter Verdacht" rechtlich? Maßgeblich dürften ja Normen sein aus dem Arbeitsrecht des öffentlichen Dienstes.

Mein Strafprozessrecht ist jetzt eine Weile her, aber muss die Staatsanwaltschaft nicht eh immer ein Ermittlungsverfahren einleiten, schon von Gesetzes wegen? Das würde doch im Umkehrschluss bedeuten, dass ich durch Anzeige bei der Polizei einem jeden Bewerber seinen Ausbildungsplatz wegnehmen kann und damit erheblich in seine Berufsfreiheit eingreifen. Denn dass die Polizei bei erneuter Bewerbung nach einer möglichen Einstellung des Verfahrens den dann doch nochmal einstellt kann ich mir - nach allgemeiner Lebenserfahrung ("da war bestimmt doch was dran" nicht) nicht vorstellen.
Digiwas?
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von MainJur »

Hallo,
hilft mir jemand bei der Frage, wie mit Dokumenten im Selbslteseverfahren umzugehen ist.

Gelten diese direkt als in die Verhandlung eingeführt?
Was ist danach mit den Dokumenten, werden die eingezogen, vernichtet, bleiben bei den beteiligten?

Danke.
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