Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Straf-, Strafprozeß- und Ordnungswidrigkeitenrecht sowie Kriminologie

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Swann
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Swann »

Ara hat geschrieben: Freitag 24. April 2020, 07:06 Wenn man natürlich aufhört nach "Aus präventiven Gesichtspunkten kann faktisch so niedrig gegangen werden wir das Tatgericht möchte" zu lesen, wirds schwierig mit der Diskussion.
Was soll denn das eigentlich heißen? Wenn die Strafe schon schuldangemessen sein muss, wie kannst du als Tatgericht zugleich so tief gehen wie du möchtest?


Dein Fehler den du hier immer machst ist, dass du nicht erkennst, dass die Untergrenze der Spielraumtheorie eine Angemessenheitsgrenze ist. Ich wiederhole mich: Der BGH bezeichnet sie als "schon schuldangemessen". Das was du als "freischwebende Angemessenheitskriterium" bezeichnest, ist einfach die Grenze des Spielraums... Dass solche Grenzen schwammig sind, liegt nunmal in der Natur von Angemessenheitsgrenzen.
Deinem Beitrag ist nicht ansatzweise zu entnehmen, dass du die "Angemessenheit" auf die Schuldangemessenheit beziehst.

1. Hast du einleitend behauptet, es gebe keine Untergrenze mehr und das Tatgericht dürfe aus Präventionsgesichtspunkten so weit hinunter gehen wie es möchte - ist es eine faire Lesart deiner Beiträge, dass diese Aussagen in den Folgesätzen ins Gegenteil verkehrt werden?

2. Ist dein "Angemessenheitskriterium" natürlich vor dem Hintergrund der Einleitung zu verstehen. Kein noch so wohlwollender Leser wird davon ausgehen, dass die "grundsätzlich angemessene" Strafe etwas mit der Schuldangemessenheit zu tun hat, wenn du einleitend eine solche Untergrenze explizit negierst.
Aber bei dir gehen auch "Schuldangemessen" und "Schuldausgleich" wild durcheinander. Wie aber schon vor einigen Posts erwähnt, sind das verschiedene Sachen. Ich wiederhole es aber noch einmal: Ein Ausgleich der Schuld muss schon denklogisch eine Punktstrafe sein. Ausgeglichen kann ein Waage nur an einem bestimmten Punkt sein. Eine Angemessenheit liegt aber vor, wenn die Waage "so in etwa" ausgeglichen ist.
Denklogisch ist da nichts für mich. Wenn ich mir überlege, was ein gerechter Lohn für eine Stunde Fensterputzen ist, muss ich dann denklogisch auf eine Zahl "14,32 €" kommen? Was wäre an meiner Wertung verkehrt, wenn ich als Ergebnis eine Spanne ausgäbe?
Kann doch nicht so schwer sein das einmal einzusehen.
Es kann doch auch nicht so schwer sein, dazu zu stehen, dass du deine Position in der Diskussion verändert hast. Ist ja kein Verbrechen oder jedenfalls keines, das nicht mit dieser Diskussion angemessen gesühnt wäre.
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Brainiac »

Ara hat geschrieben: Freitag 24. April 2020, 07:06
Das mag strittig sein. Ich sehe heutzutage faktisch keine Untergrenze mehr, weder in der Lehre (ich halte weiterhin die präventive Vereinigung als h.M.) noch in der Praxis. Aus präventiven Gesichtspunkten kann faktisch so niedrig gegangen werden wie das Tatgericht möchte, eine Aufhebung der Revisionsgerichte mit der Begründung, das sei zwar grundsätzlich eine angemessene Strafe, aber gleicht die Schuld nicht genügen aus, halte ich für praktisch nicht möglich.
Wenn man natürlich aufhört nach "Aus präventiven Gesichtspunkten kann faktisch so niedrig gegangen werden wir das Tatgericht möchte" zu lesen, wirds schwierig mit der Diskussion.
Ich habe die Diskussion praktisch nicht verfolgt. Zu der oben zitierten Aussage muss man aber einfachen sagen, dass sie zumindest missverständlich formuliert ist. Erst wird eine absolute Aussage aufgestellt. Und dann soll eine Beschränkung dieser Aussage durch eine Hintertür anhand eines Beispiels/iRd Schlussfolgerungen (!), in dem auf eine Einschränkung hingewiesen wird, vorgenommen werden?

Natürlich kann man Kritikern dann vorwerfen, dass sie nicht (mittels Induktion) die richtigen - und evtl. nicht zwingenden - Schlüsse gezogen haben.
Man kann das aber auch als Anreiz sehen, seinen Stil zu überdenken und Einschränkungen an prominenterer Stelle* anzubringen. Bspe.: "Ich sehe heutzutage innerhalb eines angemessenen Strafrahmens faktisch keine Untergrenze mehr, weder ..." oder "Ich sehe heutzutage faktisch keine Untergrenze mehr, weder in Lehre noch in Praxis. Dies gilt jedenfalls, soweit es sich um eine grundsätzlich angemessene Strafe handelt. Aus präventiven Gesichtspunkten ..."

*Dabei meine ich nicht einfach nur die räumliche Nähe, sondern die logische Reihenfolge.
"In a real sense, we are what we quote." - Geoffrey O'Brien
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Ara »

Brainiac hat geschrieben: Freitag 24. April 2020, 11:32
Ara hat geschrieben: Freitag 24. April 2020, 07:06
Das mag strittig sein. Ich sehe heutzutage faktisch keine Untergrenze mehr, weder in der Lehre (ich halte weiterhin die präventive Vereinigung als h.M.) noch in der Praxis. Aus präventiven Gesichtspunkten kann faktisch so niedrig gegangen werden wie das Tatgericht möchte, eine Aufhebung der Revisionsgerichte mit der Begründung, das sei zwar grundsätzlich eine angemessene Strafe, aber gleicht die Schuld nicht genügen aus, halte ich für praktisch nicht möglich.
Wenn man natürlich aufhört nach "Aus präventiven Gesichtspunkten kann faktisch so niedrig gegangen werden wir das Tatgericht möchte" zu lesen, wirds schwierig mit der Diskussion.
Ich habe die Diskussion praktisch nicht verfolgt. Zu der oben zitierten Aussage muss man aber einfachen sagen, dass sie zumindest missverständlich formuliert ist. Erst wird eine absolute Aussage aufgestellt. Und dann soll eine Beschränkung dieser Aussage durch eine Hintertür anhand eines Beispiels/iRd Schlussfolgerungen (!), in dem auf eine Einschränkung hingewiesen wird, vorgenommen werden?

Natürlich kann man Kritikern dann vorwerfen, dass sie nicht (mittels Induktion) die richtigen - und evtl. nicht zwingenden - Schlüsse gezogen haben.
Man kann das aber auch als Anreiz sehen, seinen Stil zu überdenken und Einschränkungen an prominenterer Stelle* anzubringen. Bspe.: "Ich sehe heutzutage innerhalb eines angemessenen Strafrahmens faktisch keine Untergrenze mehr, weder ..." oder "Ich sehe heutzutage faktisch keine Untergrenze mehr, weder in Lehre noch in Praxis. Dies gilt jedenfalls, soweit es sich um eine grundsätzlich angemessene Strafe handelt. Aus präventiven Gesichtspunkten ..."

*Dabei meine ich nicht einfach nur die räumliche Nähe, sondern die logische Reihenfolge.
Es wurde spätestens anschließend in der, wirklich umfassenden, Diskussion ja jegliche Möglichkeit des "Missverständnisses" klar gestellt. Es mag in dem Ausschnitt oben tatsächlich etwas versteckt wirken, das liegt aber auch daran, dass es zu dem Zeitpunkt noch eine Selbstverständlichkeit für mich war, dass eine Strafe "angemessen" sein muss. Man beachte dann zum Beispiel den darauf nur wenige Minute später folgenden konkretisierende Post:
Es gibt umfassende Diskussion WO im Spielraum der Schuldausgleich anzusehen ist (insbesondere, ob es die Mitte zwischen dem denkbar leichtesten und denkbar schwersten Fall ist oder ob es der mittlere durchschnittliche Fall ist).

Die Grenze des "noch schuldangemessenen" und "schon schuldangemessenen" zeichnen gerade nicht die Grenze der absoluten Straftheorie, sondern sind die Grenzen, unter Berücksichtigung der PRÄVENTIVEN Gesichtspunkte. Auch der BGH geht davon aus, dass es einen fixen Punkt gibt, wo die Schuld ausgeglichen ist und erlaubt hiervon ein Abweichung durch präventive Gesichtspunkte. Es gibt keine Punktstrafe, aber es gibt sehr wohl eine Punktschuldsühne.

Es ist schlicht quatsch so zu tun, als würde die Schuldtheorie in der Vereinigungstheorie irgendwie die Präventionsgesichtspunkte überwiegen.
Dort präzisierte ich die Grenze des "angemessenen" sogar nochmal klarstellende als "schuldangemessen".

Also selbst wenn man jetzt behaupten wollen würde, man hätte den ersten Satz einmal dahingehend missverstanden, dass mit "angemessen" nicht "schuldangemessen" gemeint war und man das "angemessen" generell überlesen hat, war es spätestens mit dem darauf folgenden Post doch eindeutig.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von UltimaSpes »

Die Verurteilung der beiden "Ku´damm-Raser" wegen Mordes steht erneut auf der Kippe vor dem BGH:
https://www.lto.de/recht/hintergruende/ ... rlin-mord/
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Django
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Django »

Ich habe gelesen, dass im Lübcke Mordfall in der Tatnacht Suchanfragen mit dem Wort "Kopfschuss" durchgeführt worden sind bei Google. Dies sei sehr ungewöhnlich.

Daraufhin hat das BKA eine Rechtshilfeersuchen an die USA gestellt, mit der Bitte um Auskunft von Google. Die antworten einfach nicht. Wie kann das eig. sein habe ich mir gedacht? Es kann doch nicht sein, dass ein Unternehmen sich der Mitarbeit derart verweigert. Ich habe sowas schon öfters gelesen, besteht da eventuell Handlungsbedarf?

https://www.spiegel.de/panorama/justiz/ ... 0170604433
"... Ein übermüdeter Beamter, der während der Arbeitszeit einschläft, vom Stuhl fällt und sich dabei die Nase bricht, erleidet einen Arbeitsunfall.."

SG Dortmund, Urteil v. 23.09.1998, Az.: S 36 U 294/97
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von thh »

Django hat geschrieben: Dienstag 28. April 2020, 14:29Daraufhin hat das BKA eine Rechtshilfeersuchen an die USA gestellt, mit der Bitte um Auskunft von Google.
Ein Rechtshilfeersuchen richtet sich an die Regierung eines anderen Staates, also nicht an Google; Google ist auch nicht die Internetregierung.
Django hat geschrieben: Dienstag 28. April 2020, 14:29Die antworten einfach nicht. Wie kann das eig. sein habe ich mir gedacht?
Die USA sind ein souveräner Staat und können im Verkehr mit anderen Staaten im Wesentlichen tun und lassen, was sie wollen.
Django hat geschrieben: Dienstag 28. April 2020, 14:29Es kann doch nicht sein, dass ein Unternehmen sich der Mitarbeit derart verweigert.
Ein Unternehmen ist ausländischen Behörden gegenüber in keiner Weise zur Mitarbeit verpflichtet.
Django hat geschrieben: Dienstag 28. April 2020, 14:29Ich habe sowas schon öfters gelesen, besteht da eventuell Handlungsbedarf?
Man könnte in den USA einmarschieren und Google besetzen, aber das ist vermutlich wenig erfolgversprechend. Außerden dürfen wir, glaube ich, keine Angriffskriege führen.
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Blaumann »

thh hat geschrieben: Dienstag 28. April 2020, 18:54 Man könnte in den USA einmarschieren und Google besetzen, aber das ist vermutlich wenig erfolgversprechend. Außerden dürfen wir, glaube ich, keine Angriffskriege führen.
Ist Vorbereitung eines Angriffskriegs einer dieser ärgerlichen Fälle, wo der StA auch in der Freizeit zu Ermittlungen verpflichtet ist? Falls ja, nehme ich dich nicht in die Moodle-Gruppe auf. :-k
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Django
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Django »

thh hat geschrieben: Dienstag 28. April 2020, 18:54
Django hat geschrieben: Dienstag 28. April 2020, 14:29Daraufhin hat das BKA eine Rechtshilfeersuchen an die USA gestellt, mit der Bitte um Auskunft von Google.
Ein Rechtshilfeersuchen richtet sich an die Regierung eines anderen Staates, also nicht an Google; Google ist auch nicht die Internetregierung.
Django hat geschrieben: Dienstag 28. April 2020, 14:29Die antworten einfach nicht. Wie kann das eig. sein habe ich mir gedacht?
Die USA sind ein souveräner Staat und können im Verkehr mit anderen Staaten im Wesentlichen tun und lassen, was sie wollen.
Django hat geschrieben: Dienstag 28. April 2020, 14:29Es kann doch nicht sein, dass ein Unternehmen sich der Mitarbeit derart verweigert.
Ein Unternehmen ist ausländischen Behörden gegenüber in keiner Weise zur Mitarbeit verpflichtet.
Django hat geschrieben: Dienstag 28. April 2020, 14:29Ich habe sowas schon öfters gelesen, besteht da eventuell Handlungsbedarf?
Man könnte in den USA einmarschieren und Google besetzen, aber das ist vermutlich wenig erfolgversprechend. Außerden dürfen wir, glaube ich, keine Angriffskriege führen.
Vllt sollte die EU Kommission dort mal über Konsequenzen nachdenken. Es ist nur eines von vielen Beispielen, bei denen US Techgiganten meinen "Gott" spielen zu können. In einem Mordverfahren haben alle zu kooperieren. Man kann zumindest darlegen, weshalb man der Ansicht ist, nicht kooperieren zu müssen. Deine Ausführungen bezüglich eines Angriffskrieges ziehen ein völlig berechtiges Anliegen ins lächerliche....
"... Ein übermüdeter Beamter, der während der Arbeitszeit einschläft, vom Stuhl fällt und sich dabei die Nase bricht, erleidet einen Arbeitsunfall.."

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Ara
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Ara »

Django hat geschrieben: Mittwoch 29. April 2020, 13:51
thh hat geschrieben: Dienstag 28. April 2020, 18:54
Django hat geschrieben: Dienstag 28. April 2020, 14:29Daraufhin hat das BKA eine Rechtshilfeersuchen an die USA gestellt, mit der Bitte um Auskunft von Google.
Ein Rechtshilfeersuchen richtet sich an die Regierung eines anderen Staates, also nicht an Google; Google ist auch nicht die Internetregierung.
Django hat geschrieben: Dienstag 28. April 2020, 14:29Die antworten einfach nicht. Wie kann das eig. sein habe ich mir gedacht?
Die USA sind ein souveräner Staat und können im Verkehr mit anderen Staaten im Wesentlichen tun und lassen, was sie wollen.
Django hat geschrieben: Dienstag 28. April 2020, 14:29Es kann doch nicht sein, dass ein Unternehmen sich der Mitarbeit derart verweigert.
Ein Unternehmen ist ausländischen Behörden gegenüber in keiner Weise zur Mitarbeit verpflichtet.
Django hat geschrieben: Dienstag 28. April 2020, 14:29Ich habe sowas schon öfters gelesen, besteht da eventuell Handlungsbedarf?
Man könnte in den USA einmarschieren und Google besetzen, aber das ist vermutlich wenig erfolgversprechend. Außerden dürfen wir, glaube ich, keine Angriffskriege führen.
Vllt sollte die EU Kommission dort mal über Konsequenzen nachdenken. Es ist nur eines von vielen Beispielen, bei denen US Techgiganten meinen "Gott" spielen zu können. In einem Mordverfahren haben alle zu kooperieren. Man kann zumindest darlegen, weshalb man der Ansicht ist, nicht kooperieren zu müssen. Deine Ausführungen bezüglich eines Angriffskrieges ziehen ein völlig berechtiges Anliegen ins lächerliche....
Ähm? Dir ist schon bewusst, dass ganz viele Unternehmen und Privatpersonen ihre Daten gerade bei deutschen Unternehmen oder in ne deutsche Cloud packen, damit man sich dem Zugriff ausländischer Staaten entzieht? Ich möchte nicht, dass die deutschen Unternehmen die ich hier ausgewählt habe meine Daten einfach mal so nach Russland oder in die USA weiterleiten.

Und die Regel "in einem Mordverfahren haben alle zu kooperieren" steht so zumindest nicht in der StPO... Im Gegenteil gibt es da ganz viele Regeln die auch im Mordverfahren gelten... Zum Beispiel Zeugnisverweigerungsrechte. Auch alle abschaffen?
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Django »

Ara hat geschrieben: Mittwoch 29. April 2020, 14:07
Django hat geschrieben: Mittwoch 29. April 2020, 13:51
thh hat geschrieben: Dienstag 28. April 2020, 18:54
Django hat geschrieben: Dienstag 28. April 2020, 14:29Daraufhin hat das BKA eine Rechtshilfeersuchen an die USA gestellt, mit der Bitte um Auskunft von Google.
Ein Rechtshilfeersuchen richtet sich an die Regierung eines anderen Staates, also nicht an Google; Google ist auch nicht die Internetregierung.
Django hat geschrieben: Dienstag 28. April 2020, 14:29Die antworten einfach nicht. Wie kann das eig. sein habe ich mir gedacht?
Die USA sind ein souveräner Staat und können im Verkehr mit anderen Staaten im Wesentlichen tun und lassen, was sie wollen.
Django hat geschrieben: Dienstag 28. April 2020, 14:29Es kann doch nicht sein, dass ein Unternehmen sich der Mitarbeit derart verweigert.
Ein Unternehmen ist ausländischen Behörden gegenüber in keiner Weise zur Mitarbeit verpflichtet.
Django hat geschrieben: Dienstag 28. April 2020, 14:29Ich habe sowas schon öfters gelesen, besteht da eventuell Handlungsbedarf?
Man könnte in den USA einmarschieren und Google besetzen, aber das ist vermutlich wenig erfolgversprechend. Außerden dürfen wir, glaube ich, keine Angriffskriege führen.
Vllt sollte die EU Kommission dort mal über Konsequenzen nachdenken. Es ist nur eines von vielen Beispielen, bei denen US Techgiganten meinen "Gott" spielen zu können. In einem Mordverfahren haben alle zu kooperieren. Man kann zumindest darlegen, weshalb man der Ansicht ist, nicht kooperieren zu müssen. Deine Ausführungen bezüglich eines Angriffskrieges ziehen ein völlig berechtiges Anliegen ins lächerliche....
Ähm? Dir ist schon bewusst, dass ganz viele Unternehmen und Privatpersonen ihre Daten gerade bei deutschen Unternehmen oder in ne deutsche Cloud packen, damit man sich dem Zugriff ausländischer Staaten entzieht? Ich möchte nicht, dass die deutschen Unternehmen die ich hier ausgewählt habe meine Daten einfach mal so nach Russland oder in die USA weiterleiten.

Und die Regel "in einem Mordverfahren haben alle zu kooperieren" steht so zumindest nicht in der StPO... Im Gegenteil gibt es da ganz viele Regeln die auch im Mordverfahren gelten... Zum Beispiel Zeugnisverweigerungsrechte. Auch alle abschaffen?
Mir ist klar, dass man Google nicht mit "hoheitlichen Maßnahmen" von deutscher Seite zu einer Kooperation zwingen kann. Allerdings erschließt sich mir nicht, weshalb Google die Zusammenarbeit verweigert. Wo ist denn das Problem? Fast nie im Monat wird in Deutschland Kopfschuss gegoogelt, dann aber in der Tatnacht, bzw unmittelbar danach und sogar noch in Tatortnähe.

Der Witz daran ist doch, wäre der Fall andersrum, also ein US Beamter wäre auf der gleichen Rangstufe wie Lübcke einem solchen Verbrechen zum Opfer gefallen, dann hätten die US Behörden schon sicher Wege gefunden, an die notwendigen Informationen auch aus Deutschland zu kommen.
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Ara »

Django hat geschrieben: Mittwoch 29. April 2020, 14:43 Mir ist klar, dass man Google nicht mit "hoheitlichen Maßnahmen" von deutscher Seite zu einer Kooperation zwingen kann. Allerdings erschließt sich mir nicht, weshalb Google die Zusammenarbeit verweigert. Wo ist denn das Problem? Fast nie im Monat wird in Deutschland Kopfschuss gegoogelt, dann aber in der Tatnacht, bzw unmittelbar danach und sogar noch in Tatortnähe.

Der Witz daran ist doch, wäre der Fall andersrum, also ein US Beamter wäre auf der gleichen Rangstufe wie Lübcke einem solchen Verbrechen zum Opfer gefallen, dann hätten die US Behörden schon sicher Wege gefunden, an die notwendigen Informationen auch aus Deutschland zu kommen.
Wie kommste auf die steile Annahme? Die US-Behörde hat nämlich bei vielen deutschen Anbietern ein noch ganz anderes Problem: Die deutschen Anbieter sind meist gar nicht auf dem US-Markt aktiv und scheren sich n Dreck um US-Behörden. Schau dir nur den Streit zwischen Russland und Mailbox.org an. Da beißen sich die Russen auch die Zähne dran aus.

Es ziehen immer mehr Unternehmen ihre Clouds in deutsche Rechenzentren. Microsoft ist zum Beispiel jüngst mit der Office 365 Cloud nach Deutschland gezogen, um die Datenschutzbestimmungen zu erfüllen. Die Daten werden bei der Telekom treuhänderisch verwahrt. Das heißt auch Microsoft hat keinen Zugriff auf die Daten, damit die US-Behörden Microsoft nicht zur Herausgabe zwingen können.

Und der Grund warum Google nicht kooperiert? Datenschutz? Marketing? Es kommt nicht gut an, wenn du auf Zuruf Daten an Behörden rausgibst. Das ist eins der Hauptverkaufsargumente von Apple heutzutage. Die Daten liegen in der Regel vollverschlüsselt beim Nutzer. Google ist zwar eine Datenkrake, mag die Daten aber gerne bei sich haben und nicht bei US-Behörden. Es gibt halt auch keinen Vorteil für ein Unternehmen seine Kunden an ausländische Behörden auszuliefern? Da kannste ja nur verlieren.

thh kann dir ja aus der staatsanwaltschaftlichen Praxis mal berichten. Wenn ein E-Mail-Account von Googlemail "beschlagnahmt" werden soll, findest du in der Regel den Hinweis der IT-Spezialisten in der Akte, dass ein Rechtshilfegesuch erfahrungsgemäß nichts bringt, weil Google sich weigert.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von thh »

Django hat geschrieben: Mittwoch 29. April 2020, 13:51In einem Mordverfahren haben alle zu kooperieren.
Sagt wer? Und gilt das auch dann, wenn Staaten, deren politische Ordnung wir nicht für freiheitlich halten, entsprechende Rechtshilfeersuchen stellen?
Django hat geschrieben: Mittwoch 29. April 2020, 13:51Man kann zumindest darlegen, weshalb man der Ansicht ist, nicht kooperieren zu müssen.
Freilich kann man. Man muss aber nicht. Und dass Google nicht kooperieren muss, ist doch offensichtlich; was wäre da denn noch darzulegen? Und "der Schutz der Privatsphäre unserer Nutzer ist uns wichtig" wäre eine Begründung dafür, dass Google nicht kooperieren will.
Django hat geschrieben: Mittwoch 29. April 2020, 13:51Deine Ausführungen bezüglich eines Angriffskrieges ziehen ein völlig berechtiges Anliegen ins lächerliche....
Nun ja, das mag daran liegen, dass aus Deiner Schilderung nicht so ganz klar war wird, worum es Dir denn überhaupt geht.

Geht es um ein Rechtshilfeersuchen, das dann an US-amerikanische Behörden gerichtet sein muss? Dann kann man nur das tun, was man immer tun kann, wenn ein anderer Staat nicht das tut, was man gerne hätte: auf diplomatischen Kanälen eskalieren, öffentlichen Druck ausüben, wirtschaftliche und andere Sanktionen verhängen, einmarschieren. All das hat natürlich auch Konsequenzen für denjenigen, der es tut, und in solchen Fällen gewinnt in der Regel der mit dem besseren Standing, den stärkeren Verbündeten oder der größeren wirtschaftlichen und militärischen Macht.

Geht es DIr um eine direkt an Google gerichtete Anfrage? Soweit das überhaupt zulässig ist - Staaten sind grundsätzlich nicht berechtigt, sich unmittelbar an Staatsbürger anderer Staaten zu wenden und sich so in deren innerstaatliche Verhältnisse einzumischen; die USA haben jedoch erklärt, dass keine Einwände gegen entsprechende direkte Anfragen bestehen -, dürfen solche Anfragen (aus den vorstehenden Gründen) keinerlei Androhung von Zwangsmitteln enthalten, und dann darf Google damit tun, was es möchte. Dabei wird man die politischen Konsequenzen, die öffentliche Reaktion und Aufwand und Kosten für die verschiedenen Reaktionsmöglichkeiten vergleichen. Wenn Google dabei zu dem Ergebnis kommt, dass jedenfalls bei dieser Anfrage - die ja auch eher vage zu sein scheint - die Abwägung gegen eine Beantwortung der Anfrage spricht, dann ist das eben so.

Man könnte das ändern, indem man beispielsweise innerdeutsche oder innereuropäische IT-Projekte fördert, damit diese - und nicht Google - genutzt werden; oder indem man Hürden für die Verwendung von Google und anderen Anbietern aufbaut, wie das bspw. indirekt durch die DSGVO geschieht (was aber bisher eher wenig Zustimmung findet); oder man schließt Abkommen mit den USA, die deutschen Behörden unmittelbaren Zugriff auf amerikanische Firmen erlauben, was allerdings nur möglich sein wird, wenn man das auch umgekehrt abzeptiert (und ich habe irgendwie den Eindruck, dass es keine große Zustimmung findet, wenn die USA in Fällen "nationaler Sicherheit" unmittelbar deutsche Provider zur Antwort zwingen können). So ist das eben im Leben - das ist der Nachteil der Grenzenlosigkeit des Internets. Das ist aber doch alles nicht neu.
Django hat geschrieben: Mittwoch 29. April 2020, 14:43Mir ist klar, dass man Google nicht mit "hoheitlichen Maßnahmen" von deutscher Seite zu einer Kooperation zwingen kann. Allerdings erschließt sich mir nicht, weshalb Google die Zusammenarbeit verweigert. Wo ist denn das Problem?
Das Problem ist vermutlich zum einen, dass Google Hintergrund und Berechtigung der Anfragen irgendwelcher Behörden aus Deutschland, China, Togo oder von sonstwoher weder prüfen kann noch unbedingt prüfen will. Das ist ja auch ein nachvollziehbares Anliegen. Wenn die Anfrage berechtigt ist, dann wird sie auf dem offiziellen Rechtshilfe erfolgen, und dann befolgt Google die Anordnungen amerikanischer Behörden.

Hinzukommen dürfte, dass man öffentlichen Beifall nicht dafür bekommt, dass man mit Strafverfolgungsbehörden, Gerichten oder Geheimdiensten - noch viel weniger mit denen fremder Staaten - kooperiert, sondern im Gegenteil, je mehr man diese abblockt; das ist in Deutschland im Übrigen nicht anders. Der Schutz der Privatsphäre gegen Zugriffe staatlicher Behörden, indem diese im Rahmen des rechtlich und tatsächlich möglichen abgeblockt werden - auch dadurch, dass die Daten gar nicht erst vorgehalten werden -, ist für nicht wenige Anbieter ein wichtiger Punkt in der Werbung.

Wie sähe denn im Übrigen die Rechtslage aus, wenn sich die USA an einen deutschen Provider wenden dürfen und um freiwillige Kooperation bitten? Wäre aus datenschutzrechtlicher Sicht eine Datenübermittlung zulässig, und wenn ja, auf welcher Grundlage?
Django hat geschrieben: Mittwoch 29. April 2020, 13:51Fast nie im Monat wird in Deutschland Kopfschuss gegoogelt, dann aber in der Tatnacht, bzw unmittelbar danach und sogar noch in Tatortnähe.
Wenn man das schon weiß (woher auch immer), was soll Google dann noch entscheidendes beitragen?
Django hat geschrieben: Mittwoch 29. April 2020, 13:51Der Witz daran ist doch, wäre der Fall andersrum, also ein US Beamter wäre auf der gleichen Rangstufe wie Lübcke einem solchen Verbrechen zum Opfer gefallen, dann hätten die US Behörden schon sicher Wege gefunden, an die notwendigen Informationen auch aus Deutschland zu kommen.
Nun, das würde dann nur bedeuten, dass wir bessere Geheimdienste brauchen, nicht wahr?
Ara hat geschrieben: Mittwoch 29. April 2020, 15:54Wenn ein E-Mail-Account von Googlemail "beschlagnahmt" werden soll, findest du in der Regel den Hinweis der IT-Spezialisten in der Akte, dass ein Rechtshilfegesuch erfahrungsgemäß nichts bringt, weil Google sich weigert.
Das ist so nicht ganz richtig. Zum einen muss man, wie schon erwähnt, zwischen Rechtshilfeersuchen und formlosen Anfragen an Google trennen. Google ist (oder war?) durchaus kooperativ, insbesondere im präventiven Bereich, wenn im Wesentlichen Bestandsdaten erfragt werden. Und ein begründetes Rechtshilfeersuchen ist in der Regel durchaus erfolgversprechend; das Problem liegt eher im Zeitrahmen. Die zeitnahe Sicherung der Daten im Wege eines Ersuchens über das 24/7-Netzwerk der Cybercrime-Konvention ist das eine; die Aushändigung der Daten in Beantwortung eines förmlichen justiziellen Ersuchens ist das andere. Der Zeitrahmen für letzteres ist nicht immer mit dem zeitlichen Druck einer Haftsache kompatibel.

Letztenendes erschließt sich mir aber auch nicht, was denn die nähere Aufklärung der Frage, wer nach Kopfschüssen gegoogelt hat, zur Überführung der Angeschuldigten beitragen soll.
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Django »

Zunächst mal möchte ich mich für eure Ausführlichkeit bedanken. Ich muss zugeben, an diesen Sachverhalt viel zu unjuristisch herangegangen zu sein. Durch eure Erklärungen habe ich dieses komplexe Thema viel besser verstanden.

Ich habe es eher durch die "politische" Brille gesehen. Man liest immer wieder in den gängigen Medien, dass die US Tech Giganten sich hier in der EU aufführen, als "würde ihnen der Laden gehören". Und aus der Perspektive war es wieder mal eine nicht nachvollziehbare Aktion von Google, in einem Mordfall einfach die Kooperation zu verweigern, zumindest wenn das nicht begründet wird. Ich hab mir eher gedacht, es wäre doch ein positiver PR Effekt, wenn Google dazu beiträgt, sachdienliche Hinweise in einem Mordfall zu liefern. Es ist immerhin ein Mordfall, bei dem auch der deutsche Staat angegriffen worden ist. Jeder Mordfall ist schlimm und einer zuviel. Aber wenn einfach so ein Regierungspräsident abgeknallt wird, dann muss mit aller Kraft die Aufklärung betrieben werden. Ich hätte mir da ehrlich gesagt mehr diplomatischen Druck von der Bundesregierung gewünscht, dass wenn hilfreiche Beweise in den USA zu finden sind, diese auch bereitgestellt werden bzw. man seitens der USA dies versucht. Wenn es aber heißt das Rechtshilfeersuchen wurde nicht beantwortet, klingt es für mich so, als wenn ein US Beamter es gelesen hat und sich danach dann keiner mehr dafür interessiert hat. So als wenn man bezüglich eines Fahrraddiebstahl eine Anfrage gestellt hätte.

Soweit ich weiß ging es nicht nur um die Suche "Kopfschuss", sondern auch um die Suchanfragen bezüglich Lübckes Haus, ob er Hunde hat etc pp. Es liegt doch Nahe, dass solches Wissen nah an "Täterwissen" kommt, weswegen es zumindest auch im Hinblick auf einen möglichen noch unbekannten Mittäter hilfreich gewesen wäre. So wie es der Presse zu entnehmen war, erhofften sich die Ermittler von der Anfrage auch Hinweise über einen möglichen Mittäter.

Und @Ara ich meinte das US Behörden viel einfacher an EU Daten kommen, was natürlich an den besseren Geheimdiensten liegt. Laut Edward Snowden kann alles was elektronisch verarbeitet wurde im Internet von den dortigen Behörden über interne System aufgerufen werden. Auch eine Cloud in Deutschland. Man weiß natürlich nie, wieviel Wahrheit in solchen Publikationen steckt, deswegen ist das auch immer mit Vorsicht zu genießen. Im Übrigen behauptet Snowden aber auch, dass die US Behörden direkte Zugriffe auf Apple, Google und Co. haben, was die Unternehmen natürlich vehement bestreiten.
"... Ein übermüdeter Beamter, der während der Arbeitszeit einschläft, vom Stuhl fällt und sich dabei die Nase bricht, erleidet einen Arbeitsunfall.."

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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Ara »

Django hat geschrieben: Donnerstag 30. April 2020, 09:43 Und @Ara ich meinte das US Behörden viel einfacher an EU Daten kommen, was natürlich an den besseren Geheimdiensten liegt. Laut Edward Snowden kann alles was elektronisch verarbeitet wurde im Internet von den dortigen Behörden über interne System aufgerufen werden. Auch eine Cloud in Deutschland. Man weiß natürlich nie, wieviel Wahrheit in solchen Publikationen steckt, deswegen ist das auch immer mit Vorsicht zu genießen. Im Übrigen behauptet Snowden aber auch, dass die US Behörden direkte Zugriffe auf Apple, Google und Co. haben, was die Unternehmen natürlich vehement bestreiten.
Man muss natürlich unterscheiden zwischen Geheimdienste und Strafverfolgungsbehörden. Selbst wenn zB ein Geheimdienst einen Zero-Day-Exploit für ein aktuelles iOS hätte, würden sie diesen sicherlich nicht für nen Mord an die Strafverfolgungsbehörden herausgeben. Auch die Daten die die CIA oder NSA von den Internetknoten abschnörkeln haben die Strafverfolgungsbehörden erst einmal nicht.

In Deutschland siehst du es ja am NSU-Prozess oder auch am Breitscheidplatz-Fall: Da waren Verfassungsschützer unmittelbar dran beteiligt. Eine Aufklärungshilfe betreiben die aber nicht... Im Gegenteil. Man darf also nicht die "Macht" von den Strafverfolgungsbehörden mit denen der Geheimdienste vergleichen. Es gibt ja das alte plakative Sprichwort: Der Geheimdienst darf zwar alles Wissen, aber nicht alles machen. Die Polizei darf alles machen, aber nicht alles wissen.

Aber auch der US-Geheimdienst beißt sich die Zähne aus, wenn eine sichere end-to-end-Verschlüsselung verwendet wird. An die Daten kommt er nämlich nicht. Der Beweis übrigens, dass es funktioniert ist, dass die Geheimdienste sich ja doch mal dabei erwischen lassen, dass sie Verschlüsselungsprogramme kapern (Vgl. https://www.heise.de/newsticker/meldung ... 58033.html). Den Aufwand würden die nicht betreiben, wenn sie einfach so backdoors hätten.

Bei deutschen Serverstandorten von deutschen Unternehmen kann man sich schon relativ sicher sein, dass da nicht einfach die US-Behörden reinmaschieren und die Platten beschlagnahmen und die meisten deutschen Unternehmen geben auch nicht "einfach so" Daten raus, sondern beachten schon das deutsche Datenschutzgesetz. Dagegen verliert man dann natürlich etwas den Schutz vor deutschen Behörden. Wenn du also Angst hast vor den deutschen Staatsanwaltschaften, dann würde ich meine Daten irgendwo im Ausland parken und hoffen, dass die nicht kooperieren. Wenn ich aber Angst vor internationalen Geheimdiensten habe, würde ich schon nen deutschen oder schweizerischen Serverstandort wählen.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Strich »

thh hat geschrieben: Dienstag 28. April 2020, 18:54 ...
Man könnte in den USA einmarschieren und Google besetzen, aber das ist vermutlich wenig erfolgversprechend. Außerden dürfen wir, glaube ich, keine Angriffskriege führen.
nanana nur weil meine Ermittlungsbeamten grün tragen und ein G36 bei sich führen, Teile deiner Bevölkerung, die sich ebenso kleiden, erschießen, mit schwerem Gerät zur Durchsuchung bei Google vorfahren, auf dem Weg dahin die ein oder andere Frau vergewaltigen und das ein oder andere Haus plündern, kurzzeitig in einigen Teilbereichen deines Landes faktisch die Regierungsgewalt übernehmen und dann, nach erfolgreicher Beschlagnahme sowie ettlichen "Zufallsfunden" wieder abrücken, ist das noch lange kein Angriffskrieg. Niemand hat hier die Absicht dauerhaft Territorium in das Staatsgebiet der (extra für Tibor) BRD einzuverleiben. Und nur weil sich die Polizei der Amtshilfe anderer stinknormaler Behörden bedient, ändert das auch nichts am Nichtvorliegen eines Angriffskrieges. Für die Rechtmäßigkeit der Maßnahme ist nämlich die ersuchende Behörde zuständig. Der Rechtscharakter richtet sich also ebenfalls danach. Thh du kanns tes drehen und wenden wie du willst, aber es bleibt ne Durchsuchung.
Stehe zu deinen Überzeugungen soweit und solange Logik oder Erfahrung dich nicht widerlegen. Denk daran: Wenn der Kaiser nackt aussieht ist der Kaiser auch nackt ... .
- Daria -

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