Django hat geschrieben: ↑Mittwoch 29. April 2020, 13:51In einem Mordverfahren haben alle zu kooperieren.
Sagt wer? Und gilt das auch dann, wenn Staaten, deren politische Ordnung wir nicht für freiheitlich halten, entsprechende Rechtshilfeersuchen stellen?
Django hat geschrieben: ↑Mittwoch 29. April 2020, 13:51Man kann zumindest darlegen, weshalb man der Ansicht ist, nicht kooperieren zu müssen.
Freilich kann man. Man muss aber nicht. Und dass Google nicht kooperieren
muss, ist doch offensichtlich; was wäre da denn noch darzulegen? Und "der Schutz der Privatsphäre unserer Nutzer ist uns wichtig" wäre eine Begründung dafür, dass Google nicht kooperieren will.
Django hat geschrieben: ↑Mittwoch 29. April 2020, 13:51Deine Ausführungen bezüglich eines Angriffskrieges ziehen ein völlig berechtiges Anliegen ins lächerliche....
Nun ja, das mag daran liegen, dass aus Deiner Schilderung nicht so ganz klar war wird, worum es Dir denn überhaupt geht.
Geht es um ein Rechtshilfeersuchen, das dann an US-amerikanische Behörden gerichtet sein muss? Dann kann man nur das tun, was man immer tun kann, wenn ein anderer Staat nicht das tut, was man gerne hätte: auf diplomatischen Kanälen eskalieren, öffentlichen Druck ausüben, wirtschaftliche und andere Sanktionen verhängen, einmarschieren. All das hat natürlich auch Konsequenzen für denjenigen, der es tut, und in solchen Fällen gewinnt in der Regel der mit dem besseren Standing, den stärkeren Verbündeten oder der größeren wirtschaftlichen und militärischen Macht.
Geht es DIr um eine direkt an Google gerichtete Anfrage? Soweit das überhaupt zulässig ist - Staaten sind grundsätzlich nicht berechtigt, sich unmittelbar an Staatsbürger anderer Staaten zu wenden und sich so in deren innerstaatliche Verhältnisse einzumischen; die USA haben jedoch erklärt, dass keine Einwände gegen entsprechende direkte Anfragen bestehen -, dürfen solche Anfragen (aus den vorstehenden Gründen) keinerlei Androhung von Zwangsmitteln enthalten, und dann darf Google damit tun, was es möchte. Dabei wird man die politischen Konsequenzen, die öffentliche Reaktion und Aufwand und Kosten für die verschiedenen Reaktionsmöglichkeiten vergleichen. Wenn Google dabei zu dem Ergebnis kommt, dass jedenfalls bei dieser Anfrage - die ja auch eher vage zu sein scheint - die Abwägung gegen eine Beantwortung der Anfrage spricht, dann ist das eben so.
Man könnte das ändern, indem man beispielsweise innerdeutsche oder innereuropäische IT-Projekte fördert, damit diese - und nicht Google - genutzt werden; oder indem man Hürden für die Verwendung von Google und anderen Anbietern aufbaut, wie das bspw. indirekt durch die DSGVO geschieht (was aber bisher eher wenig Zustimmung findet); oder man schließt Abkommen mit den USA, die deutschen Behörden unmittelbaren Zugriff auf amerikanische Firmen erlauben, was allerdings nur möglich sein wird, wenn man das auch umgekehrt abzeptiert (und ich habe irgendwie den Eindruck, dass es keine große Zustimmung findet, wenn die USA in Fällen "nationaler Sicherheit" unmittelbar deutsche Provider zur Antwort zwingen können). So ist das eben im Leben - das ist der Nachteil der Grenzenlosigkeit des Internets. Das ist aber doch alles nicht neu.
Django hat geschrieben: ↑Mittwoch 29. April 2020, 14:43Mir ist klar, dass man Google nicht mit "hoheitlichen Maßnahmen" von deutscher Seite zu einer Kooperation zwingen kann. Allerdings erschließt sich mir nicht, weshalb Google die Zusammenarbeit verweigert. Wo ist denn das Problem?
Das Problem ist vermutlich zum einen, dass Google Hintergrund und Berechtigung der Anfragen irgendwelcher Behörden aus Deutschland, China, Togo oder von sonstwoher weder prüfen kann noch unbedingt prüfen will. Das ist ja auch ein nachvollziehbares Anliegen. Wenn die Anfrage berechtigt ist, dann wird sie auf dem offiziellen Rechtshilfe erfolgen, und dann befolgt Google die Anordnungen amerikanischer Behörden.
Hinzukommen dürfte, dass man öffentlichen Beifall nicht dafür bekommt, dass man mit Strafverfolgungsbehörden, Gerichten oder Geheimdiensten - noch viel weniger mit denen fremder Staaten - kooperiert, sondern im Gegenteil, je mehr man diese abblockt; das ist in Deutschland im Übrigen nicht anders. Der Schutz der Privatsphäre gegen Zugriffe staatlicher Behörden, indem diese im Rahmen des rechtlich und tatsächlich möglichen abgeblockt werden - auch dadurch, dass die Daten gar nicht erst vorgehalten werden -, ist für nicht wenige Anbieter ein wichtiger Punkt in der Werbung.
Wie sähe denn im Übrigen die Rechtslage aus, wenn sich die USA an einen deutschen Provider wenden dürfen und um freiwillige Kooperation bitten? Wäre aus datenschutzrechtlicher Sicht eine Datenübermittlung zulässig, und wenn ja, auf welcher Grundlage?
Django hat geschrieben: ↑Mittwoch 29. April 2020, 13:51Fast nie im Monat wird in Deutschland Kopfschuss gegoogelt, dann aber in der Tatnacht, bzw unmittelbar danach und sogar noch in Tatortnähe.
Wenn man das schon weiß (woher auch immer), was soll Google dann noch entscheidendes beitragen?
Django hat geschrieben: ↑Mittwoch 29. April 2020, 13:51Der Witz daran ist doch, wäre der Fall andersrum, also ein US Beamter wäre auf der gleichen Rangstufe wie Lübcke einem solchen Verbrechen zum Opfer gefallen, dann hätten die US Behörden schon sicher Wege gefunden, an die notwendigen Informationen auch aus Deutschland zu kommen.
Nun, das würde dann nur bedeuten, dass wir bessere Geheimdienste brauchen, nicht wahr?
Ara hat geschrieben: ↑Mittwoch 29. April 2020, 15:54Wenn ein E-Mail-Account von Googlemail "beschlagnahmt" werden soll, findest du in der Regel den Hinweis der IT-Spezialisten in der Akte, dass ein Rechtshilfegesuch erfahrungsgemäß nichts bringt, weil Google sich weigert.
Das ist so nicht ganz richtig. Zum einen muss man, wie schon erwähnt, zwischen Rechtshilfeersuchen und formlosen Anfragen an Google trennen. Google ist (oder war?) durchaus kooperativ, insbesondere im präventiven Bereich, wenn im Wesentlichen Bestandsdaten erfragt werden. Und ein begründetes Rechtshilfeersuchen ist in der Regel durchaus erfolgversprechend; das Problem liegt eher im Zeitrahmen. Die zeitnahe Sicherung der Daten im Wege eines Ersuchens über das 24/7-Netzwerk der Cybercrime-Konvention ist das eine; die Aushändigung der Daten in Beantwortung eines förmlichen justiziellen Ersuchens ist das andere. Der Zeitrahmen für letzteres ist nicht immer mit dem zeitlichen Druck einer Haftsache kompatibel.
Letztenendes erschließt sich mir aber auch nicht, was denn die nähere Aufklärung der Frage, wer nach Kopfschüssen gegoogelt hat, zur Überführung der Angeschuldigten beitragen soll.