Gesetz zur Herstellung materieller Gerechtigkeit

Straf-, Strafprozeß- und Ordnungswidrigkeitenrecht sowie Kriminologie

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doohan
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Re: Gesetz zur Herstellung materieller Gerechtigkeit

Beitrag von doohan »

Theopa hat geschrieben: Freitag 16. Juli 2021, 08:03 Die Unverjährbarkeit des Mordes wurde aus historischen Gründen geschaffen, welche sich aktuell auf ganz natürliche Weise erledigen. Anschließend ist auch an dieser Stelle mE keine Ausnahme mehr nötig, da ich (die bekannte Ausnahme lassen wir außen vor) wenig Sinn darin sehe einen Täter der z.B. 40 Jahre nach der Tat unauffällig geblieben ist anschließend noch mit Ende 80 zu verurteilen.
Eine Verurteilung - die Feststellung, dass gegen Gesetze verstoßen wurde - halte ich sehr wohl auch nach 40 Jahren noch für sinnvoll. Wo ich dir recht gebe, ist, dass eine Bestrafung nach der Zeit sinnfrei ist. Der betroffene Straftäter hat sich mit Dusel eben schon 40 Jahre bewährt.

Es mag Juristen wie Blindleistung vorkommen, aber vom Gesichtspunkt des sozialen Friedens hat die reine Feststellung durchaus ihre Berechtigung (in meinen Augen...).

Nachtrag: Letztendlich muß ja dann auch der Staat dem "Opfer" erklären, warum er 40 Jahre zur Aufklärung der Tat gebraucht hat....
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Re: Gesetz zur Herstellung materieller Gerechtigkeit

Beitrag von Theopa »

Die Verurteilung per se hätte ggf. noch ihre Berechtigung. Die Frage dürfte aber sein, ob man ein aufwändiges und teures Verfahren aufziehen möchte, um dann zu einem "Schuldig aber straffrei da verjährt" zu kommen. Das dürfte dem Rechtsfrieden bzw. dem Interesse der Geschädigten auch weniger dienen.

Das lebenslange Damoklesschwert halte ich einfach für unötig, 30 Jahre sollten die Höchtgrenze sein. Wenn wir dann sogar von einer ewigen Wiederaufnahme - bisher nur bei Mord, mal sehen wie lange - sprechen grenzt das mE an psychischer Folter, die für mich durch die Blume nach "Gestehe einfach, egal ob du es warst oder nicht, sonst werden wir dich dein Leben lang nicht in Ruhe lassen" klingt.
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Re: Gesetz zur Herstellung materieller Gerechtigkeit

Beitrag von thh »

doohan hat geschrieben: Freitag 16. Juli 2021, 13:26Eine Verurteilung - die Feststellung, dass gegen Gesetze verstoßen wurde - halte ich sehr wohl auch nach 40 Jahren noch für sinnvoll. Wo ich dir recht gebe, ist, dass eine Bestrafung nach der Zeit sinnfrei ist. Der betroffene Straftäter hat sich mit Dusel eben schon 40 Jahre bewährt.
Davon profitiert er ja auch insofern, als die lebenslange Freiheitsstrafe 40 Jahre später beginnt und daher auch 40 Jahre kürzer ist.
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Ara
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Re: Gesetz zur Herstellung materieller Gerechtigkeit

Beitrag von Ara »

doohan hat geschrieben: Freitag 16. Juli 2021, 13:26
Theopa hat geschrieben: Freitag 16. Juli 2021, 08:03 Die Unverjährbarkeit des Mordes wurde aus historischen Gründen geschaffen, welche sich aktuell auf ganz natürliche Weise erledigen. Anschließend ist auch an dieser Stelle mE keine Ausnahme mehr nötig, da ich (die bekannte Ausnahme lassen wir außen vor) wenig Sinn darin sehe einen Täter der z.B. 40 Jahre nach der Tat unauffällig geblieben ist anschließend noch mit Ende 80 zu verurteilen.
Eine Verurteilung - die Feststellung, dass gegen Gesetze verstoßen wurde - halte ich sehr wohl auch nach 40 Jahren noch für sinnvoll. Wo ich dir recht gebe, ist, dass eine Bestrafung nach der Zeit sinnfrei ist. Der betroffene Straftäter hat sich mit Dusel eben schon 40 Jahre bewährt.

Es mag Juristen wie Blindleistung vorkommen, aber vom Gesichtspunkt des sozialen Friedens hat die reine Feststellung durchaus ihre Berechtigung (in meinen Augen...).

Nachtrag: Letztendlich muß ja dann auch der Staat dem "Opfer" erklären, warum er 40 Jahre zur Aufklärung der Tat gebraucht hat....
Also mein Bedürfnis heute noch damals 17-Jährige KZ-Aufseher oder Sekretärinnen vor Jugendgerichte zu zerren, hält sich sehr in Grenzen. Auch aus meinem Umfeld hab ich keinen gehört der gesagt hat "Toll, endlich lernt der das nun nach 70 Jahren"
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Re: Gesetz zur Herstellung materieller Gerechtigkeit

Beitrag von thh »

Ara hat geschrieben: Freitag 16. Juli 2021, 20:06Also mein Bedürfnis heute noch damals 17-Jährige KZ-Aufseher oder Sekretärinnen vor Jugendgerichte zu zerren, hält sich sehr in Grenzen.
Das stimmt. Es gibt ohnehin keinen erkennbaren Sinn, längst Erwachsene nach Jugendstrafrecht vor Jugendgerichten abzuurteilen. Da gibt es noch reichlich Material für das ein Gesetz zur Herstellung prozessualer Gerechtigkeit.
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Re: Gesetz zur Herstellung materieller Gerechtigkeit

Beitrag von Ara »

Die Frage ist ja eh warum überhaupt noch ein Gerichtsverfahren. Man kann ja gleich ne Strafe einfach aussprechen, die Leben ja eh nicht mehr lange! Beweisaufnahme ist ja nur teuer und kostspielig, die StA hat je eh schon alles ermittelt!
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Re: Gesetz zur Herstellung materieller Gerechtigkeit

Beitrag von doohan »

Theopa hat geschrieben: Freitag 16. Juli 2021, 13:52 Die Verurteilung per se hätte ggf. noch ihre Berechtigung. Die Frage dürfte aber sein, ob man ein aufwändiges und teures Verfahren aufziehen möchte, um dann zu einem "Schuldig aber straffrei da verjährt" zu kommen. Das dürfte dem Rechtsfrieden bzw. dem Interesse der Geschädigten auch weniger dienen.
Das ist jetzt eher ein Argument für die Verjährung von Mord. Solange eine Tat noch nicht verjährt ist, spricht in meinen Augen grundsätzlich nichts dagegen, die Tat auch zu verfolgen.

Nachtrag: Im übrigen ist auch die Frage der Verjährung nicht so einfach zu beantworten. Hierüber haben sich bekanntermaßen schon etliche Fälle - durchaus auch spannend - gedreht ;-).
Theopa hat geschrieben: Freitag 16. Juli 2021, 13:52 Das lebenslange Damoklesschwert halte ich einfach für unötig, 30 Jahre sollten die Höchtgrenze sein. Wenn wir dann sogar von einer ewigen Wiederaufnahme - bisher nur bei Mord, mal sehen wie lange - sprechen grenzt das mE an psychischer Folter, die für mich durch die Blume nach "Gestehe einfach, egal ob du es warst oder nicht, sonst werden wir dich dein Leben lang nicht in Ruhe lassen" klingt.
Psychische Folter ist es auch für den Angehörigen, der zusehen darf, wie ihm die Gesellschaft in Form der Justiz schulterzuckend ein "zu spät" entgegenschleudert....
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Re: Gesetz zur Herstellung materieller Gerechtigkeit

Beitrag von doohan »

Ara hat geschrieben: Freitag 16. Juli 2021, 20:06 Also mein Bedürfnis heute noch damals 17-Jährige KZ-Aufseher oder Sekretärinnen vor Jugendgerichte zu zerren, hält sich sehr in Grenzen. Auch aus meinem Umfeld hab ich keinen gehört der gesagt hat "Toll, endlich lernt der das nun nach 70 Jahren"
Hast du denn eine Person in deinem Umfeld, die als 17jähriger KZ-Aufseher war? Oder davon betroffen war?

Nein? Dann ist es nur die Ansicht von außen und nicht von Betroffenenseite (egal ob Täter oder Opfer)...
Zuletzt geändert von doohan am Montag 19. Juli 2021, 22:02, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Gesetz zur Herstellung materieller Gerechtigkeit

Beitrag von doohan »

thh hat geschrieben: Samstag 17. Juli 2021, 01:09 Das stimmt. Es gibt ohnehin keinen erkennbaren Sinn, längst Erwachsene nach Jugendstrafrecht vor Jugendgerichten abzuurteilen. Da gibt es noch reichlich Material für das ein Gesetz zur Herstellung prozessualer Gerechtigkeit.
Dieser Kritik an der praktischen Umsetzung ist nichts entgegen zu setzen... :D
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Re: Gesetz zur Herstellung materieller Gerechtigkeit

Beitrag von Theopa »

doohan hat geschrieben: Montag 19. Juli 2021, 21:54
Theopa hat geschrieben: Freitag 16. Juli 2021, 13:52 Das lebenslange Damoklesschwert halte ich einfach für unötig, 30 Jahre sollten die Höchtgrenze sein. Wenn wir dann sogar von einer ewigen Wiederaufnahme - bisher nur bei Mord, mal sehen wie lange - sprechen grenzt das mE an psychischer Folter, die für mich durch die Blume nach "Gestehe einfach, egal ob du es warst oder nicht, sonst werden wir dich dein Leben lang nicht in Ruhe lassen" klingt.
Psychische Folter ist es auch für den Angehörigen, der zusehen darf, wie ihm die Gesellschaft in Form der Justiz schulterzuckend ein "zu spät" entgegenschleudert....
Das Schulterzucken wird eher mit "Ein potentieller Täter gibt eben nicht sämtliche Grundrechte ab" begleitet, zumal auch zu diesem Zeitpunkt immer noch kein Beweis der Täterschaft vorliegt.

Bei Mord gibt es zudem die Besonderheit, da das Opfer dort eben tot ist. Man wägt das Recht, jemanden der einem Angehörigen/Freund vor 45 Jahren vielleicht etwas angetan hat nun leiden zu sehen gegen die Rechte eines nur mutmaßlichen Täters ab. Auch wenn solche Rachegedanken natürlich primitive Instinkte ansprechen und daher jedem bekannt sind muss man diesen kein besonders hohes Gewicht zumessen.

Gegebenenfalls gibt es auch überhaupt keine Menschen mehr die das Opfer persönlich kannten, welches gewichtige Argument hat dann die andere Seite der Waagschale nach so langer Zeit (>30 Jahre) noch?
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Ara
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Re: Gesetz zur Herstellung materieller Gerechtigkeit

Beitrag von Ara »

Ich mag auch nur einmal anmerken, dass primäres Schutzgut der Tötungsdelikte das menschliche Leben ist und nicht der Verlust für die Angehörigen. Das mag manchesmal wegen der Nebenklagestellung der Angehörigen vergessen werden.

Aber davon ab: Das Strafverfahren ist trotz Nebenklage kein Parteienprozess. Ankläger ist und bleibt die Gesellschaft und diese muss nach so langer Zeit noch ein Interesse haben.
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Re: Gesetz zur Herstellung materieller Gerechtigkeit

Beitrag von doohan »

Theopa hat geschrieben: Dienstag 20. Juli 2021, 07:55 Das Schulterzucken wird eher mit "Ein potentieller Täter gibt eben nicht sämtliche Grundrechte ab" begleitet, zumal auch zu diesem Zeitpunkt immer noch kein Beweis der Täterschaft vorliegt.
Ähm... ist ein Gerichtsverfahren nicht genau dazu da, Beweis zu erheben, die Wahrheit aufzuklären, die Schuld festzustellen und dementsprechend dann zu urteilen?

Du hattest die Gefahr, zur Rechenschaft gezogen zu werden, als "psychische Folter" angesehen. Dieser Gefahr kann per Definition nur der wahre Täter ausgesetzt sein.

Sämtliche falschen Angeschuldigten haben das Problem schon heute. Was weiß denn ich, warum ich jetzt am Tod von Nachbar X plötzlich schuld sein soll? Da brauch ich keine Wiederaufnahme und keine Verjährung, das kann jeden zu jeder Zeit treffen.
Theopa hat geschrieben: Dienstag 20. Juli 2021, 07:55 Bei Mord gibt es zudem die Besonderheit, da das Opfer dort eben tot ist. Man wägt das Recht, jemanden der einem Angehörigen/Freund vor 45 Jahren vielleicht etwas angetan hat nun leiden zu sehen gegen die Rechte eines nur mutmaßlichen Täters ab. Auch wenn solche Rachegedanken natürlich primitive Instinkte ansprechen und daher jedem bekannt sind muss man diesen kein besonders hohes Gewicht zumessen.
Wenn Gerichtsverhandlungen nur Rachegelüste befriedigen (ich bin Laie), dann kann ich dankend auf jede Gerichtsverhandlung verzichten. Das erachte ich aber auch für die Aufgabe eines fähigen Richters, solche Machenschaften gar nicht erst aufkommen zu lassen.
Theopa hat geschrieben: Dienstag 20. Juli 2021, 07:55 Gegebenenfalls gibt es auch überhaupt keine Menschen mehr die das Opfer persönlich kannten, welches gewichtige Argument hat dann die andere Seite der Waagschale nach so langer Zeit (>30 Jahre) noch?
Die Frage - von Ara bereits aufgeworfen - ist: warum ein Strafrechtsprozeß? Für die "Opferseite" (sofern vorhanden) geht es um die neutrale, aber verbindliche Sicht von außen, um nicht zu sagen: der Gesellschaft. Für die Täterseite geht es um die Feststellung von Schuld oder Unschuld. Zugegebenermaßen hat das auch was von Brandmarkung.

Für die Gesellschaft bzw. den Staat geht es in meinen Augen um die Durchsetzung und Verteidigung ihrer Werte. Wenn diese ihr im Einzelfall nach 30 Jahren egal sind: okay, aber dann können wir uns das ganze Rechtsgebiet "Strafrecht" sparen. Denn dann steht die Gesellschaft für keine Werte, sondern für Belieben, Lust und Laune.

Wie gesagt, das ist nur meine persönliche Meinung - ich bin ja kein Jurist....
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Re: Gesetz zur Herstellung materieller Gerechtigkeit

Beitrag von doohan »

Ara hat geschrieben: Dienstag 20. Juli 2021, 09:18 Ich mag auch nur einmal anmerken, dass primäres Schutzgut der Tötungsdelikte das menschliche Leben ist und nicht der Verlust für die Angehörigen. Das mag manchesmal wegen der Nebenklagestellung der Angehörigen vergessen werden.

Aber davon ab: Das Strafverfahren ist trotz Nebenklage kein Parteienprozess. Ankläger ist und bleibt die Gesellschaft und diese muss nach so langer Zeit noch ein Interesse haben.
Du sagst (zutreffend), das primäre Schutzgut der Tötungsdelikte ist das menschliche Leben. Eine Verjährung könnte man ja theoretisch noch diskutieren (war ja bereits mal so), aber die Schutzfunktion am gesellschaftlichen Interesse aufzuhängen hat nichts mehr von einem Rechtsstaat, sondern eher etwas von einem autoritären Regime.
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Re: Gesetz zur Herstellung materieller Gerechtigkeit

Beitrag von Ara »

doohan hat geschrieben: Dienstag 20. Juli 2021, 21:28
Ara hat geschrieben: Dienstag 20. Juli 2021, 09:18 Ich mag auch nur einmal anmerken, dass primäres Schutzgut der Tötungsdelikte das menschliche Leben ist und nicht der Verlust für die Angehörigen. Das mag manchesmal wegen der Nebenklagestellung der Angehörigen vergessen werden.

Aber davon ab: Das Strafverfahren ist trotz Nebenklage kein Parteienprozess. Ankläger ist und bleibt die Gesellschaft und diese muss nach so langer Zeit noch ein Interesse haben.
Du sagst (zutreffend), das primäre Schutzgut der Tötungsdelikte ist das menschliche Leben. Eine Verjährung könnte man ja theoretisch noch diskutieren (war ja bereits mal so), aber die Schutzfunktion am gesellschaftlichen Interesse aufzuhängen hat nichts mehr von einem Rechtsstaat, sondern eher etwas von einem autoritären Regime.
Denkfehler (Der schon vorher im Thread erklärt wurde): Schützen tut die materielle Strafrechtsnorm durch die Androhung von Strafe, nicht die Durchsetzung in einem Strafverfahren. Die Durchsetzung dient nur der Glaubhaftmachung der Drohung. Sofern kein Strafverfolgungsinteresse der Gesellschaft mehr besteht, gibts auch keinen Grund mehr für ein Strafverfahren. Das ist der Prüfungsmaßstab und daran kann man nun sicherlich streiten und diskutieren, wann ein Strafverfolgungsinteresse der Gesellschaft noch besteht oder nicht.
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Re: Gesetz zur Herstellung materieller Gerechtigkeit

Beitrag von batman »

Der Bundespräsident hat ausgefertigt, aber unter "erheblichen Bedenken".
https://www.sueddeutsche.de/politik/bun ... -1.5493966
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