Geschwisterinzest - geschäftsmäßige Förderung der Selbstötung

Straf-, Strafprozeß- und Ordnungswidrigkeitenrecht sowie Kriminologie

Moderator: Verwaltung

OrangensaftEddy
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Geschwisterinzest - geschäftsmäßige Förderung der Selbstötung

Beitrag von OrangensaftEddy »

Hallo zusammen,

ich versuche gerade zu verstehen, wieso Geschwisterinzest verboten ist, § 217 StGB aber als nichtig und unvereinbar mit dem GG entschieden worden ist.
Das Oberthema ist mein Skript über Aufgaben und Zweck des Strafrechts bzw. ab wann etwas strafrechtlich verboten werden kann.
Dabei geht es um den Beschluss vom 26.2.2008 – 2 BvR 392/07 = NJW 2008, 1137 und BVerfGE 153, 182 = NJW 2020, 905.

Ich verstehe, dass der Gesetzgeber einen großen Spielraum hat zu entscheiden, welche Rechtsgüter mit Kriminalstrafe geschützt werden sollen, besonders dann, wenn das zu verbotene Verhalten sozial so schädlich ist und eine Gefahr für die gesellschaftliche Ordnung darstellen würde. Das BVerfG stützt sich bei seinem Urteil auf dieses Gutachten des Max-Planck Institut für ausländisches und internationales Strafrecht : https://csl.mpg.de/media/filer_public/68/6f/686f978c-fe51-4a45-849b-73f6f920374b/05-08-inzest_gutachten3.pdf (Verwaister Link automatisch entfernt)
Kurzfassung: Von Religion bis Biologie ist alles dabei.

Bei der geschäftsmäßigen Förderung der Selbstötung heisst es, dass durch das Verbot das Recht auf Selbsttötung ins Leere läuft. Weiter heisst es:
Suizidhilfe ausschließlich deshalb zu verbieten, weil die Selbsttötung und die Hilfe hierzu in Widerspruch zu der Mehrheitsauffassung in der Gesellschaft stehen, wie mit dem eigenen Leben, insbesondere im Alter und bei Krankheit, umzugehen ist, ist deshalb kein legitimes gesetzgeberisches Ziel
Für mich erscheint das als willkürlich. Einerseits werden bestimmte Verhalten (Geschwisterinzest) verboten auf Grund von zum Teil gesellschaftlichen Gründen und die "freie" Persönlichkeitsentfaltung behindert. Siehe Ursprung Inzestverbot Gutachten.
Das strafrechtliche Inzestverbot in Deutschland geht folglich auf die Eheverbote des kanonischen Rechts zurück, deren Wurzeln im mosaischen Recht zu finden sind. Im 18. Kapitel des 3. Buch Mose (Levitikus) wird die Heirat zwischen Bluts- verwandten und Verschwägerten – in gerader Linie unbegrenzt, in der Seitenlinie bis zum dritten Grade – als schwere Sünde untersagt.7

Etwas auf Grund von religiösen Geboten zu verbieten, erscheint mir in einem zumindest säkularem Staat sehr fragwürdig.

Andererseits wurde § 217 StGB als nichtig gewertet, gerade weil es die freie Persönlichkeitsentfaltung behindert und (mehrheits)gesellschaftliche Gründe nicht ausreichen.

Frei steht in Anführungszeichen, weil bei Inzest natürlich die Frage auftauchen kann, in wie weit es durch Missbrauch im Dreickecksverhältnis (Mutter-Vater-Kind) bzw. Vierecksverhältnis (Mutter-Vater-Kinder) nicht schon fast vorherbestimmt war. Die selbe Überlegung ergibt sich aber auch bei Selbstmord, der nicht das Ergebnis einer Brutto-Netto-Überlegung war sondern aus anderen Gründen erwogen werden kann.
Auch das Argument, dass bei Inzest und Fortplanzung Fehlbildungen entstehen können, scheint ins Leere zu laufen, weil der Koitus bei anderen Menschen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit eine "fehlentwickeltes" Kind auf die Welt setzen auch nicht verboten ist.
Da ebenfalls im Gutachten erwähnt wurde.

Mich frustriert die, zumindest mir so erscheinende, willkürliche erscheinende Argumentation der Rechtsprechung, aber auch die konservative Haltung der Rechtsauslegung. In 20, 50, 100 Jahren könnte die Diskussion um Inzestverbot ganz anders aussehen, geschweige die um die Möglichkeiten der Selbsttötung. (Stichwort Selbstmordzelle Futurama - sehr plakatives Beispiel einer freien Entfaltung der Persönlichkeit wenn es um die Selbsttötung geht)

Meiner Meinung nach, ist ein Inzest unter zumindest volljährigen Geschwistern ein Eingriff in die freie Entfaltung der Persönlichkeit, deren Verbotsgründe teilweise überholt sind, teils aber auch zumindest die möglichen negativen Folgen eines Beischlafs, die, unter anderem, durch das Verbot verhindert werden sollen, verhinderbar sind.
Ich weiss, dass es bei der Entscheidung des BVerfG eine 5 zu 1 Entscheidung war, bin somit beruhigt, dass ein anderer Jurist das ähnlich sieht, aber es frustriert dennoch. Wenn mir jemand erklären könnte, wie ich an dessen Begründung rankommen kann, würde ich mich auch sehr freuen.

Ich würde mich auch über andere Meinung freuen, die mir helfen das ganze ein bisschen verständlicher und klarer zu machen.
Gruß,
Eddy
Theopa
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Re: Geschwisterinzest - geschäftsmäßige Förderung der Selbstötung

Beitrag von Theopa »

Das ist in der Tat ein Thema, das eben schlicht nach dem Motto "Igitt, weg damit" behandelt wird.

Man könnte - trotz der Risiken bei solchen Vergleichen - den Vergleich zum aufgehobenen § 175 StGB anstellen: Auch dies war eine "das ist unnatürlich, weg damit" Norm, die wir überwunden haben.

Wie du richtig darstellst besteht der Unterschied zu § 173 StGB in der Theorie darin, dass in den 175er Fällen (Volljährigkeit und Freiwilligkeit natürlich jeweils wie immer vorausgesetzt) niemand auch nur hypothetisch zu Schaden kommen kann, während man bei § 173 StGB differenzieren muss:

- Wenn dort tatsächlich Kinder gezeugt werden besteht das erhöhte, meines Wissens aber nur bei der Habsburger-Variante über mehrere Generationen auch wirklich dratisch erhöhte, Risiko von Erbkrankheiten, Fehlbildungen etc. Hier landet man aber in der Tat wieder bei der Frage, ob man Menschen vorschreiben möchte/kann sich nur "genetisch ungefährlich" fortzupflanzen. Konsequenterweise wären Personen die trotz des Wissens über Erkrankungen wie Huntington (50% Risiko für eine massive Erbkrankheit beim Kind) Sex haben dann ja ähnlich zu behandeln. Was davon zu halten wäre dürfte klar sein.

- Wenn nun aber keine Kinder gezeugt werde sollen oder - um den Extremfall zu nehmen - mangels Fruchtbarkeit auch nicht einmal hypothetisch gezeugt werden könnten erübrigt sich diese Diskussion. Wenn also z.B. zwei 70-jährige Geschwister(dann sind die Argumente wie "Familienfrieden" etc. i.d.R auch aus dem Weg) oder gleichgeschlechtliche Geschwister klagen würden landen wir am Ende auf der gleichen Ebene wie bei § 175 und man müsste die Norm mE jedenfalls für diese speziellen Fälle kippen.
Zuletzt geändert von Theopa am Montag 26. Juli 2021, 14:35, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Geschwisterinzest - geschäftsmäßige Förderung der Selbstötung

Beitrag von Sektnase »

Da brauch man gar nicht den Extremfall von zeugungsunfähigen 70-jährigen, da reicht doch schon verhüteter Geschlechtsverkehr aus.
In einem Umfeld, in dem mittelschwere Hurensöhnigkeit häufig zum Stellenprofil gehört, muss einen nicht wundern, wenn man Scheiße behandelt wird. -Blaumann
Theopa
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Re: Geschwisterinzest - geschäftsmäßige Förderung der Selbstötung

Beitrag von Theopa »

Sektnase hat geschrieben: Montag 26. Juli 2021, 14:34 Da brauch man gar nicht den Extremfall von zeugungsunfähigen 70-jährigen, da reicht doch schon verhüteter Geschlechtsverkehr aus.
Dann kann man aber noch das Argument eines Restrisikos (je nach Methode 1% aufwärts) nennen. Kein starkes Argument, aber ein Punkt den man breitwalzen könnte um wieder beim möglicherweise erwünschten Ziel "Ich will das aber nicht, bäh" zu landen.
OrangensaftEddy
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Re: Geschwisterinzest - geschäftsmäßige Förderung der Selbstötung

Beitrag von OrangensaftEddy »

Danke für die Beiträge.

Mich irritiert weiterhin das Argument des BVerfG, dass ein Verbot wegen einem Widerspruch zur Mehrheitsauffassung der Gesellschaft, kein legitimes gesetzgeberisches Ziel sein kann. So zumindest heißt es in der Entscheidung zu § 217 StGB.

Das Strafrecht hat aber als Aufgabe den Schutz der Rechtsgüter, kollektive und individuelle. Der Zweck der Kriminalstrafe ist hingegen einerseits den Ausgleich der Gerechtigkeit, aber auch das Gemeinwohl zu fördern.
Die Mehrheitsauffassung einer Gesellschaft hat also im Strafrecht grundsätzlich einen großen Wert, die gestützt durch das Demokratieprinzip und Rechtsstaatsprinzip ihren Manifestation in den vom Bundestag beschlossenen Gesetzen erlangt, die eben auch nach einem Mehrheitsprinzip beschlossen werden, siehe Art. 42 II GG, nachdem die Abgeordneten mehrheitlich gewählt worden.
Die Auffassung einer Mehrheit(Gesellschaft) scheint also ein wesentlicher Bestandteil unseres Rechtssystems zu sein.
Wenn das gesetzgeberische Ziel nicht die Vertretung der Interessen der Mehrheitsauffassung ist, was solle es denn dann sein?
Alle weiteren Gründe, sind doch nur Ausfluss dieser Mehrheitsauffassung.

Wenn es aber laut dem BVerfG nicht um die Mehrheitsauffassung gehen kann, dann muss es im Umkehrschluss um die individuelle Auffassung gehen, woraus folgen würde, dass eine persönliche Legitimierung eines Gesetzes durch das Individuum erfolgen muss.
Das würde konsequenterweise zu einem Schrankenlosen Art. 2 I GG führen müssen.
Theopa
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Re: Geschwisterinzest - geschäftsmäßige Förderung der Selbstötung

Beitrag von Theopa »

OrangensaftEddy hat geschrieben: Montag 26. Juli 2021, 15:08 Mich irritiert weiterhin das Argument des BVerfG, dass ein Verbot wegen einem Widerspruch zur Mehrheitsauffassung der Gesellschaft, kein legitimes gesetzgeberisches Ziel sein kann. So zumindest heißt es in der Entscheidung zu § 217 StGB.
Kannst du dazu mal die einschlägige Randnummer (https://www.bundesverfassungsgericht.de ... 39207.html) benennen?
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Re: Geschwisterinzest - geschäftsmäßige Förderung der Selbstötung

Beitrag von OrangensaftEddy »

Theopa hat geschrieben: Montag 26. Juli 2021, 15:21
OrangensaftEddy hat geschrieben: Montag 26. Juli 2021, 15:08 Mich irritiert weiterhin das Argument des BVerfG, dass ein Verbot wegen einem Widerspruch zur Mehrheitsauffassung der Gesellschaft, kein legitimes gesetzgeberisches Ziel sein kann. So zumindest heißt es in der Entscheidung zu § 217 StGB.
Kannst du dazu mal die einschlägige Randnummer (https://www.bundesverfassungsgericht.de ... 39207.html) benennen?
Das Argument kommt aus dem Urteil über die Nichtigkeit von § 217 StGB.
BVerfGE 153, 182 = NJW 2020, 905 (Suizidassistenz – Nichtigkeit von § 217 StGB aF)
Randnummer 234.

Weiter heisst es:
Allerdings kann der Erhalt eines tatsächlich bestehenden oder mutmaßlichen Konsenses über Werte- oder Moralvorstellungen nicht unmittelbares Ziel strafgesetzgeberischer Tätigkeit sein
Diese Argumentation führt meiner Meinung nach zu einer Kastration des Strafrechts.
Wenn das Mordverbot, nicht Ausfluss dieser Moral- und Wertvorstellung ist, was dann?
Auch hier lässt es sich doch auf das Werk Moses zurückführen, ähnlich wie beim Verbots des Inzests:
Du sollst nicht töten.
Wieso nicht, wenn nicht nur aus Wert- oder Moralvorstellungen ?
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Re: Geschwisterinzest - geschäftsmäßige Förderung der Selbstötung

Beitrag von Sektnase »

Grundgesetz, Brudi. Art. 2 GG stammt eben nicht von Moses.
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Re: Geschwisterinzest - geschäftsmäßige Förderung der Selbstötung

Beitrag von OrangensaftEddy »

Sektnase hat geschrieben: Montag 26. Juli 2021, 16:38 Grundgesetz, Brudi. Art. 2 GG stammt eben nicht von Moses.
Ich versteh nicht, was du mir damit sagen willst. Kannst du das bitte erläutern?
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Re: Geschwisterinzest - geschäftsmäßige Förderung der Selbstötung

Beitrag von Sektnase »

Das GG gibt dem Staat auf, Leben (grundsätzlich) zu schützen. Es gibt dem Staat aber nicht auf, irgendwen vor Inzest zu schützen.
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Re: Geschwisterinzest - geschäftsmäßige Förderung der Selbstötung

Beitrag von OrangensaftEddy »

Sektnase hat geschrieben: Montag 26. Juli 2021, 23:15 Das GG gibt dem Staat auf, Leben (grundsätzlich) zu schützen. Es gibt dem Staat aber nicht auf, irgendwen vor Inzest zu schützen.
Das ist mir klar. Ich verstehe aber nicht worauf du hinauf willst, weil es meiner Meinung nicht, nichts mit dem zu tun hat worum es mir geht.

Das Verbot des Geschwisterinzest ist hier nur der Aufhänger, mir geht es um die Frage, wieso es Gesetze geben darf.
Nochmal: Wenn das BVerfG argumentiert, dass das Ziel der Gesetzgebung keine Erhaltung von Moral-/Wertevorstellung sein kann und auch nicht dass es Ziel sein kann, etwas zu verbieten, nur weil es gegen die Mehrheitsauffassung der Gesellschaft ist, was kann dann ein legitimer Zweck um Verhalten zu normieren?
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Re: Geschwisterinzest - geschäftsmäßige Förderung der Selbstötung

Beitrag von Sektnase »

Na eben das Grundgesetz. Es behauptet ja keiner, Gesetze dürften nicht Moral- oder Wertvorstellungen dienen, sie dürfen eben nicht ausschließlich diesen dienen. Dass man andere Menschen nicht tötet, ist natürlich (auch) eine Moralvorstellung, aber eben eine, auf deren Durchsetzung der Einzelne gem. Art. 2 II 1 GG einen Anspruch hat.

In der Praxis verschwimmt das freilich. Grade für ein Verbot des Geschwisterinzests gibt es eben keine grundrechtliche Rechtfertigung. Ähnlich z.B. bei der Gefahrenabwehr zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, die von den Gerichten aber ja schon stark eingeschränkt wurde.
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Re: Geschwisterinzest - geschäftsmäßige Förderung der Selbstötung

Beitrag von OrangensaftEddy »

Sektnase hat geschrieben: Dienstag 27. Juli 2021, 11:26 Na eben das Grundgesetz. Es behauptet ja keiner, Gesetze dürften nicht Moral- oder Wertvorstellungen dienen, sie dürfen eben nicht ausschließlich diesen dienen. Dass man andere Menschen nicht tötet, ist natürlich (auch) eine Moralvorstellung, aber eben eine, auf deren Durchsetzung der Einzelne gem. Art. 2 II 1 GG einen Anspruch hat.

In der Praxis verschwimmt das freilich. Grade für ein Verbot des Geschwisterinzests gibt es eben keine grundrechtliche Rechtfertigung. Ähnlich z.B. bei der Gefahrenabwehr zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, die von den Gerichten aber ja schon stark eingeschränkt wurde.
Danke fürs Erläutern, jetzt ist es mir klarer und ich versteh dein Argument, ist aber nicht überzeugend, denn wenn die Grundgesetze die weiteren Gesetze legitimieren, was legitimiert das Grundgesetz, welches auf der Auffassung einer Mehrheit und Moral- und Wertvorstellungen basiert (sieh unter anderem Präambel), also eben dem legitimen Zweck dient, welches das BVerfG verneint?

Konsequenterweise müsste das BVerfG die Verfassung als nichtig werten, wenn nicht ein anderer legitimer Zweck herausgearbeitet werden kann, der nicht Ausfluss der Aufrechterhaltung der Widerspruchssfreiheit der Auffassung einer Mehrheitsgesellschaft bzw. eines Konsens über Wert- und Moralvorstellungen ist.
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Re: Geschwisterinzest - geschäftsmäßige Förderung der Selbstötung

Beitrag von thh »

OrangensaftEddy hat geschrieben: Dienstag 27. Juli 2021, 12:36Danke fürs Erläutern, jetzt ist es mir klarer und ich versteh dein Argument, ist aber nicht überzeugend, denn wenn die Grundgesetze die weiteren Gesetze legitimieren, was legitimiert das Grundgesetz
Die Verfassung wird durch den Beschluss des Verfassungsgebers legitimiert.
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Re: Geschwisterinzest - geschäftsmäßige Förderung der Selbstötung

Beitrag von Sektnase »

Nein, weil das BVerfG Gesetze und Einzelakte an der Verfassung zu messen hat, nicht an irgendwelchen Meta-Prinzipien. Ob und welche Legitimation die Verfassung selbst - außer der in ihr selbst festgelegten (Verfahrens-)Voraussetzungen natürlich - hat, ist dem BVerfG egal. Es steht ja nicht außerhalb des grundgesetzlichen Systems und beurteilt dieses von außen, sondern ist Teil davon.
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