Anhörungsrüge (§ 321a ZPO) bei Zurückverweisung des Rechtsstreits durch das Revisionsgericht?

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

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Ant-Man
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Anhörungsrüge (§ 321a ZPO) bei Zurückverweisung des Rechtsstreits durch das Revisionsgericht?

Beitrag von Ant-Man »

Ist die Anhörungsrüge nach § 321a ZPO bei Zurückverweisung des Rechtsstreits durch das Revisionsgericht (§ 563 I ZPO) eröffnet? In den ZPO-Kommentaren konnte ich dazu irgendwie nichts finden, obwohl das ja eine Konstellation ist, die häufiger vorkommen dürfte. In den Kommentierungen zu der vergleichbaren Regelung in § 78a ArbGG habe ich zwei Stimmen gefunden, die eine Anwendung des § 78a ArbGG verneinen, da die Gehörsvetletzung durch das Berufungsgericht geheilt werden könne. Dies könnte doch dann aber zu einem Konflikt mit § 563 II ZPO führen? Wie seht Ihr das?
Zuletzt geändert von Ant-Man am Freitag 3. Februar 2023, 15:08, insgesamt 1-mal geändert.
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batman
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Re: Anhörungsrüge (§ 321a ZPO) bei Zurückverweisung des Rechtsstreits durch das Revisionsgericht?

Beitrag von batman »

Kurze Frage: Du meinst § 563 ZPO?
Liz
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Anhörungsrüge (§ 321a ZPO) bei Zurückverweisung des Rechtsstreits durch das Revisionsgericht?

Beitrag von Liz »

Wenn ich die Frage richtig verstehe, geht es um den Fall, dass das Berufungs- oder Revisionsgericht die Sache an die Vorinstanz zurückverweist und eine Partei meint, richtigerweise hätte das Berufungs- oder Revisionsgericht selbst das Verfahren ohne Rückverweisung beenden können, wenn es den Vortrag der Partei richtig zur Kenntnis genommen hätte?

Das scheint mir aber nicht der Anwendungsbereich des § 321a ZPO zu sein, weil es keine Endentscheidung ist, sondern weiter geht. Wenn das erstinstanzliche Gericht eine falsche, möglicherweise sogar noch überraschende Entscheidung trifft, geht es ja auch schlichtweg in der nächsten Instanz weiter, ohne dass der erstinstanzliche Richter nochmals im Rahmen einer Anhörungsrüge die Gelegenheit erhält, nochmals darüber nachzudenken. Etwas anderes könnte ich mir bei einer Zurückverweisung allenfalls vorstellen, soweit die Entscheidung für die Vorinstanz Bindungswirkung nach § 563 II ZPO hat. Den Fall wird man aber äußerst selten haben.
Ant-Man
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Re: Anhörungsrüge (§ 321a ZPO) bei Zurückverweisung des Rechtsstreits durch das Revisionsgericht?

Beitrag von Ant-Man »

batman hat geschrieben: Freitag 3. Februar 2023, 13:04 Kurze Frage: Du meinst § 563 ZPO?
Genau. § 563 ZPO und nicht § 522 ZPO. Habe mich oben vertippt.
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batman
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Re: Anhörungsrüge (§ 321a ZPO) bei Zurückverweisung des Rechtsstreits durch das Revisionsgericht?

Beitrag von batman »

Es kann ja nur um eine Gehörsverletzung bzgl. der Auswahl Zurückverweisung/Durchentscheiden gehen. Diese Entscheidung des Revisionsgerichts kann das Berufungsgericht im 2. Durchlauf nicht mehr korrigieren. Eine den Instanzenzug abschließende bindende Endentscheidung liegt m.E. auch vor. Das Revisionsverfahren ist beendet (bis auf die Kosten).

Für den umgekehrten Fall (Durchentscheidung statt der begehrten Zurückverweisung) hat der BGH eine Anhörungsrüge jedenfalls für zulässig gehalten (Beschluss vom 18.07.2019 – V ZR 77/18).
Liz
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Re: Anhörungsrüge (§ 321a ZPO) bei Zurückverweisung des Rechtsstreits durch das Revisionsgericht?

Beitrag von Liz »

Der umgekehrte Fall scheint mir eindeutig zu sein, weil in dem Moment, in dem der BGH durchentscheidet, das Verfahren an sich final beendet ist und nur noch die Anhörungsrüge bzw. Verfassungsbeschwerde bleibt, um doch noch zu seinem rechtlichen Gehör zu kommen.

Im hier diskutierten Fall geht es hingegen in der Sache weiter. Die Situation ist m. E. mit einer (rechtsmittelfähigen) erst- oder zweitinstanzlichen Entscheidung, die unter Verletzungen rechtlichen Gehörs ergeht, vergleichbar: Die Instanz ist verloren, aber das rechtliche Gehör kann im weiteren Verfahren inhaltlich noch gewährt werden. Wenn das erstinstanzliche Gericht die Klage unter Verletzung rechtlichen Gehörs abgewiesen hat, mag zwar das Berufungsgericht die Sache ggf. zurückverweisen, aber die erste Instanz ist trotzdem erstmal (und ggf. sogar endgültig) beendet, ohne dass ein Anspruch darauf besteht, dass sich der erstinstanzliche Richter nochmals überlegt, ob er da nicht vielleicht doch etwas vorschnell war. Warum sollte es dann bei einer zurückverweisenden Entscheidung anders sein, wenn sich an diese Entscheidung ggf. noch mehrere "Instanzen" anschließen können? Der Anwendungsbereich der Anhörungsrüge ist ja eher eng.
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Strich
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Re: Anhörungsrüge (§ 321a ZPO) bei Zurückverweisung des Rechtsstreits durch das Revisionsgericht?

Beitrag von Strich »

Sehe das wie Liz: Das rechtliche Gehör ist zentraler Telos. Das kann in der zurückverwiesenen Instanz gewährt werden. Gegen die Zurückverweisung dürfte § 321a ZPO nicht gehen.
Stehe zu deinen Überzeugungen soweit und solange Logik oder Erfahrung dich nicht widerlegen. Denk daran: Wenn der Kaiser nackt aussieht ist der Kaiser auch nackt ... .
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