§ 823 als Schuldverhältnis i.S.d. § 280 I?
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§ 823 als Schuldverhältnis i.S.d. § 280 I?
Hallo zusammen,
ich habe ein Verständnisproblem im Schadensersatzrecht: Man prüft bekanntlich bei Ansprüchen aus § 280 I BGB (etc.) als erste Voraussetzung das Bestehen eines Schuldverhältnisses. Nun habe ich in einer Lösungsskizze der Uni-AG gelesen, dass dafür auch das gesetzliche Schuldverhältnis aus unerlaubter Handlung (§ 823 I BGB) in Betracht kommt.
Mir ist bekannt, dass auch gesetzliche Schuldverhältnisse (so die GoA gem. § 677 BGB) ggf. über § 280 I BGB laufen. Aber im Zusammenhang mit der deliktischen Haftung leuchtet mir das nicht so recht ein, sind doch das vertragliche und das deliktische Haftungsregime eigentlich zu trennen. Sonst käme ja auch der nicht vertraglich Gebundene etwa in den Genuss der Beweislastumkehr in § 280 I 2 BGB.
Ergo meine Frage: Lassen sich vertragliche und deliktische Regelungskomplexe überhaupt so vermischen und wird dies als Anspruchsgrundlage einmal relevant?
ich habe ein Verständnisproblem im Schadensersatzrecht: Man prüft bekanntlich bei Ansprüchen aus § 280 I BGB (etc.) als erste Voraussetzung das Bestehen eines Schuldverhältnisses. Nun habe ich in einer Lösungsskizze der Uni-AG gelesen, dass dafür auch das gesetzliche Schuldverhältnis aus unerlaubter Handlung (§ 823 I BGB) in Betracht kommt.
Mir ist bekannt, dass auch gesetzliche Schuldverhältnisse (so die GoA gem. § 677 BGB) ggf. über § 280 I BGB laufen. Aber im Zusammenhang mit der deliktischen Haftung leuchtet mir das nicht so recht ein, sind doch das vertragliche und das deliktische Haftungsregime eigentlich zu trennen. Sonst käme ja auch der nicht vertraglich Gebundene etwa in den Genuss der Beweislastumkehr in § 280 I 2 BGB.
Ergo meine Frage: Lassen sich vertragliche und deliktische Regelungskomplexe überhaupt so vermischen und wird dies als Anspruchsgrundlage einmal relevant?
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Re: § 823 als Schuldverhältnis i.S.d. § 280 I?
Wir haben das Thema hier im Forum schon einmal diskutiert:
http://forum.jurawelt.com/viewtopic.php?f=46&t=49119
Jedes Schuldverhältnis - auch ein gesetzliches - kann theoretisch zu Ansprüchen aus §§ 280 ff. BGB führen. Bei der GoA ist das, wie du selber anmerkst, ganz selbstverständlich. Aber auch bei § 823 I BGB ist es dem Grunde nach möglich. Es fällt aber wirklich schwer, Fälle zu finden, in denen das praktisch relevant wird. In aller Regel deckt § 823 I BGB "nachfolgende Pflichtverletzungen" über §§ 249 ff. BGB ohne weiteres ab. Deshalb braucht man §§ 280 ff. BGB nicht mehr.
http://forum.jurawelt.com/viewtopic.php?f=46&t=49119
Jedes Schuldverhältnis - auch ein gesetzliches - kann theoretisch zu Ansprüchen aus §§ 280 ff. BGB führen. Bei der GoA ist das, wie du selber anmerkst, ganz selbstverständlich. Aber auch bei § 823 I BGB ist es dem Grunde nach möglich. Es fällt aber wirklich schwer, Fälle zu finden, in denen das praktisch relevant wird. In aller Regel deckt § 823 I BGB "nachfolgende Pflichtverletzungen" über §§ 249 ff. BGB ohne weiteres ab. Deshalb braucht man §§ 280 ff. BGB nicht mehr.
Aber nur bei Pflichtverletzungen, die im Anschluss an das Entstehen des gesetzlichen Schuldverhältnisses eintreten. Insofern ist das m.E. einzig konsequent.Sonst käme ja auch der nicht vertraglich Gebundene etwa in den Genuss der Beweislastumkehr in § 280 I 2 BGB.
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Re: § 823 als Schuldverhältnis i.S.d. § 280 I?
Ein bereits bestehender Anspruch aus § 823 BGB kann ohne weiteres ein Schuldverhältnis iSd § 280 BGB darstellen - das heißt aber nicht, dass das Ereignis, das die Haftung nach § 823 BGB begründet, zugleich auch einen § 280er nach sich zieht, ganz im Gegenteil.
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Re: § 823 als Schuldverhältnis i.S.d. § 280 I?
Vielen Dank für die schnellen Antworten
Das heißt also für besagte §§ 280 I, 823 I-Kombination müssen zwei haftungsbegründende Ereignisse eintreten, von denen dann das zeitlich spätere als Pflichtverletzung im Rahmen der deliktsrechtlichen Sonderverbindung anzusehen ist.
Richtig so?
Das heißt also für besagte §§ 280 I, 823 I-Kombination müssen zwei haftungsbegründende Ereignisse eintreten, von denen dann das zeitlich spätere als Pflichtverletzung im Rahmen der deliktsrechtlichen Sonderverbindung anzusehen ist.
Richtig so?
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Re: § 823 als Schuldverhältnis i.S.d. § 280 I?
Ja, das kann man so ausdrücken. Aber zur Sicherheit noch einmal anders formuliert: Es muss erst einmal ein Schuldverhältnis nach § 823 I BGB entstanden sein, und im Zuge dieses Schuldverhältnisses muss es dann zu einer weiteren Pflichtverletzung kommen. Daraus - und allein daraus - können sich dann theoretisch Ansprüche gem. §§ 280 ff. BGB ergeben.
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Re: § 823 als Schuldverhältnis i.S.d. § 280 I?
Ein Fall, wo dies relevant werden könnte, wäre beispielsweise:
A beschädigt das Auto von B. Er wird zur Zahlung von 5000 € Schadenersatz verurteilt.
Die Summe kommt aber nie bei B an, B verklagt A.
Es ist nicht mehr nachzuweisen, ob A die Überweisung nie abgeschickt hat, ob ein Formfehler vorlag, oder ob die Bank des A, die P, die eingeworfene Überweisung nicht ausgeführt hat.
Vorteil des B, wenn er aus §280 I klagt, ist hier, dass dann Vertretenmüssen des A vermutet wird. Gelingt dem A der Entlastungsbeweis nicht, muss er blechen!
A beschädigt das Auto von B. Er wird zur Zahlung von 5000 € Schadenersatz verurteilt.
Die Summe kommt aber nie bei B an, B verklagt A.
Es ist nicht mehr nachzuweisen, ob A die Überweisung nie abgeschickt hat, ob ein Formfehler vorlag, oder ob die Bank des A, die P, die eingeworfene Überweisung nicht ausgeführt hat.
Vorteil des B, wenn er aus §280 I klagt, ist hier, dass dann Vertretenmüssen des A vermutet wird. Gelingt dem A der Entlastungsbeweis nicht, muss er blechen!
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Re: § 823 als Schuldverhältnis i.S.d. § 280 I?
Das ist kein sinnvolles Beispiel. Wenn A zur Zahlung verurteilt worden ist, muss B nicht noch einmal Klage erheben, sondern kann auf der Grundlage des ursprünglichen Leistungsurteils, das auch Verzugszinsen zuspricht, die Zwangsvollstreckung in die Wege leiten.StudiVader315226 hat geschrieben:Ein Fall, wo dies relevant werden könnte, wäre beispielsweise:
A beschädigt das Auto von B. Er wird zur Zahlung von 5000 € Schadenersatz verurteilt.
Die Summe kommt aber nie bei B an, B verklagt A.
Es ist nicht mehr nachzuweisen, ob A die Überweisung nie abgeschickt hat, ob ein Formfehler vorlag, oder ob die Bank des A, die P, die eingeworfene Überweisung nicht ausgeführt hat.
Vorteil des B, wenn er aus §280 I klagt, ist hier, dass dann Vertretenmüssen des A vermutet wird. Gelingt dem A der Entlastungsbeweis nicht, muss er blechen!
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Re: § 823 als Schuldverhältnis i.S.d. § 280 I?
Ein praxistaugliches Beispiel ist wohl der Fall der außergerichtlichen Anwaltskosten. Sofern eine unerlaubte Handlung vorliegt, die ein Schuldverhältnis gem. 823 I BGB begründet und der Schädiger trotz Mahnung nicht zahlt, entstehen dem Geschädigten Rechtsverfolgungskosten, die nach § 280 II, § 286 BGB ersatzfähig sind, sofern sie erforderlich waren.
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Re: § 823 als Schuldverhältnis i.S.d. § 280 I?
Das ist nun gerade kein sinnvolles Beispiel, um einen 6 Jahre alten Thread hervorzukramen.
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Re: § 823 als Schuldverhältnis i.S.d. § 280 I?
Erklärung? Und welche Rolle spielt es, dass der Thread älter ist?
- batman
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Re: § 823 als Schuldverhältnis i.S.d. § 280 I?
In dieser Konstellation ist der Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten nicht vom Verzug abhängig. Da braucht man §§ 280, 286 BGB nicht.
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Re: § 823 als Schuldverhältnis i.S.d. § 280 I?
D.h. er ergibt sich direkt aus § 823 BGB als Schadensposten? Vielen Dank!
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Re: § 823 als Schuldverhältnis i.S.d. § 280 I?
bgh versr 1970, 41
der 1983 geborene klaeger studiert seit dem wintersemester 2003/2004 biologie (diplom) an der beklagten (vg goettingen, urteil vom 2.3.2010 - 4 a 39/07)
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Re: § 823 als Schuldverhältnis i.S.d. § 280 I?
Ja da ja nach §§ 823, 349 so zu stellen ist wie ohne Schadenseintritt und (angemessene) RA Kosten/ Rechtsverfolgungskosten (bspw. auch Detektiv) wären ohne den Schaden ja gerade nicht eingetreten.