Abgrenzung 256 I und II ZPO
Moderator: Verwaltung
-
- Häufiger hier
- Beiträge: 81
- Registriert: Montag 10. Juli 2017, 08:37
Abgrenzung 256 I und II ZPO
Hi,
wie grenze ich bei 256 ZPO Abs. 1 und Abs. 2 ab? Insbesondere in den Fällen, wo der Beklagte gegen eine Teilklage widerklagend festgestellt haben will, dass der ganze Anspruch nicht besteht.
wie grenze ich bei 256 ZPO Abs. 1 und Abs. 2 ab? Insbesondere in den Fällen, wo der Beklagte gegen eine Teilklage widerklagend festgestellt haben will, dass der ganze Anspruch nicht besteht.
-
- Mega Power User
- Beiträge: 3246
- Registriert: Sonntag 22. Oktober 2017, 17:03
- Ausbildungslevel: Anderes
Re: Abgrenzung 256 I und II ZPO
§ 256 Abs. 2 ZPO betrifft den Fall, dass abstrakt festgestellt werden soll, dass z. B. ein Mietvertrag ungekündigt fortbesteht oder eine bestimmte Person Eigentümer oder Erbe ist. Hierbei handelt es sich um Rechtsfragen, die das Gericht zwar z. B. bei einer Räumungsklage oder einer Herausgabeklage prüfen muss, ohne dass die Entscheidung insoweit in Rechtskraft erwächst.
In Deinem Fall handelt es sich um eine (negative) Feststellungsklage im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO, weil das Nichtbestehen des gesamten Anspruchs festgestellt werden soll, dessen sich der Kläger berühmt. Ein Fall des § 256 Abs. 2 ZPO wäre es hingegen, wenn der Beklagte nur festgestellt haben wollte, dass der Vertrag, aus dem der Kläger seine Ansprüche herleitet, überhaupt nicht besteht.
In Deinem Fall handelt es sich um eine (negative) Feststellungsklage im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO, weil das Nichtbestehen des gesamten Anspruchs festgestellt werden soll, dessen sich der Kläger berühmt. Ein Fall des § 256 Abs. 2 ZPO wäre es hingegen, wenn der Beklagte nur festgestellt haben wollte, dass der Vertrag, aus dem der Kläger seine Ansprüche herleitet, überhaupt nicht besteht.
-
- Häufiger hier
- Beiträge: 81
- Registriert: Montag 10. Juli 2017, 08:37
Re: Abgrenzung 256 I und II ZPO
Hmm, bei Teilklagen soll es 256 II sein, wenn die gesamte Forderung bestritten wird (Assmann in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl. 2012, § 256, rn. 356 (juris)); Huber, Jus 2003, 490).Liz hat geschrieben: ↑Samstag 11. September 2021, 10:30 § 256 Abs. 2 ZPO betrifft den Fall, dass abstrakt festgestellt werden soll, dass z. B. ein Mietvertrag ungekündigt fortbesteht oder eine bestimmte Person Eigentümer oder Erbe ist. Hierbei handelt es sich um Rechtsfragen, die das Gericht zwar z. B. bei einer Räumungsklage oder einer Herausgabeklage prüfen muss, ohne dass die Entscheidung insoweit in Rechtskraft erwächst.
In Deinem Fall handelt es sich um eine (negative) Feststellungsklage im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO, weil das Nichtbestehen des gesamten Anspruchs festgestellt werden soll, dessen sich der Kläger berühmt. Ein Fall des § 256 Abs. 2 ZPO wäre es hingegen, wenn der Beklagte nur festgestellt haben wollte, dass der Vertrag, aus dem der Kläger seine Ansprüche herleitet überhaupt nicht besteht.
Daher bin ich verwirrt.
-
- Mega Power User
- Beiträge: 3246
- Registriert: Sonntag 22. Oktober 2017, 17:03
- Ausbildungslevel: Anderes
Abgrenzung 256 I und II ZPO
Das überzeugt mich ehrlich gesagt nicht. Bei Huber lautet das Beispiel für eine angebliche Zwischenfeststellung des Beklagten (der Kläger hat von einer Kaufpreisforderung in Höhe von 6.000 € nur 2.000 € eingeklagt): „Es wird festgestellt, dass dem Kl. aus dem angeblichen Kaufvertrag vom … über … auch kein über die Klageforderung hinausgehender Kaufpreisanspruch i.H. von weiteren 4000 Euro zusteht.”
Das ist die Formulierung einer negativen Feststellungsklage im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO. Es handelt sich bei der Frage, ob der Kläger aus dem (angeblichen) Kaufvertrag mehr als 2.000 € verlangen kann, auch um keine vorgreifliche Frage. Das Gericht prüft bei der Entscheidung über die Klage nur "1. Kaufvertrag; 2. Kaufpreisanspruch in Höhe von min. 2.000 €". Mit der Frage, ob ggf. ein höherer Kaufpreisanspruch besteht, beschäftigt sich das Gericht überhaupt nicht (denkbar: Es ist zwischen den Parteien unstrittig, dass ein Kaufvertrag über 2.000 € zustandegekommen ist; der Kläger klagt auch zunächst nur diesen Betrag ein, meint aber in Wahrheit sei ein höherer Kaufpreis vereinbart worden, dessen Geltendmachung er sich noch vorbehält). Möglicher Gegenstand einer Zwischenfeststellungsklage wäre m. E. hingegen die folgende Feststellung: "Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien kein Kaufvertrag über (...) besteht." Das Bestehen des Kaufvertrags muss das Gericht auch bei der Teilklage prüfen und wenn der Beklagte mit dieser Zwischenfeststellungswiderklage obsiegt, steht für alle künftigen Klagen des Klägers bereits fest, dass der Kaufvertrag gar nicht besteht.
BeckOK ZPO/Bacher, 41. Ed. 1.7.2021, ZPO § 256 Rn. 44.1 sieht es übrigens unter Verweis auf Stein/Jonas/Roth, Rn. 11 genauso.
Das ist die Formulierung einer negativen Feststellungsklage im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO. Es handelt sich bei der Frage, ob der Kläger aus dem (angeblichen) Kaufvertrag mehr als 2.000 € verlangen kann, auch um keine vorgreifliche Frage. Das Gericht prüft bei der Entscheidung über die Klage nur "1. Kaufvertrag; 2. Kaufpreisanspruch in Höhe von min. 2.000 €". Mit der Frage, ob ggf. ein höherer Kaufpreisanspruch besteht, beschäftigt sich das Gericht überhaupt nicht (denkbar: Es ist zwischen den Parteien unstrittig, dass ein Kaufvertrag über 2.000 € zustandegekommen ist; der Kläger klagt auch zunächst nur diesen Betrag ein, meint aber in Wahrheit sei ein höherer Kaufpreis vereinbart worden, dessen Geltendmachung er sich noch vorbehält). Möglicher Gegenstand einer Zwischenfeststellungsklage wäre m. E. hingegen die folgende Feststellung: "Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien kein Kaufvertrag über (...) besteht." Das Bestehen des Kaufvertrags muss das Gericht auch bei der Teilklage prüfen und wenn der Beklagte mit dieser Zwischenfeststellungswiderklage obsiegt, steht für alle künftigen Klagen des Klägers bereits fest, dass der Kaufvertrag gar nicht besteht.
BeckOK ZPO/Bacher, 41. Ed. 1.7.2021, ZPO § 256 Rn. 44.1 sieht es übrigens unter Verweis auf Stein/Jonas/Roth, Rn. 11 genauso.
- batman
- Urgestein
- Beiträge: 8287
- Registriert: Donnerstag 29. April 2010, 12:06
- Ausbildungslevel: Anderes
Re: Abgrenzung 256 I und II ZPO
Die Frage ist auch, ob ein praktischer Unterschied besteht. Wenn es sich um eine offene Teilklage handelt, dann "berühmt" sich der Kläger einer höheren Forderung und man wird ein Feststellungsinteresse wohl nicht verneinen können, wenn man eine solche negative Feststellungswiderklage unter § 256 I ZPO verorten will.
-
- Mega Power User
- Beiträge: 3246
- Registriert: Sonntag 22. Oktober 2017, 17:03
- Ausbildungslevel: Anderes
Re: Abgrenzung 256 I und II ZPO
Aus Praktikersicht ist das natürlich richtig. Aber im Rahmen der Ausbildung würde ich doch eine genauere Differenzierung als "nach § 256 ZPO zulässig" erwarten.
- batman
- Urgestein
- Beiträge: 8287
- Registriert: Donnerstag 29. April 2010, 12:06
- Ausbildungslevel: Anderes
Re: Abgrenzung 256 I und II ZPO
Sicher, ein Absatz darf es schon sein. Und dazu ein Zitat aus dem jeweils passenden Kommentar.
- Torquemada
- Super Power User
- Beiträge: 1495
- Registriert: Mittwoch 1. Februar 2006, 03:11
- Ausbildungslevel: Interessierter Laie
-
- Mega Power User
- Beiträge: 3246
- Registriert: Sonntag 22. Oktober 2017, 17:03
- Ausbildungslevel: Anderes
Re: Abgrenzung 256 I und II ZPO
Auch bei einer Zwischenfeststellungsklage ist zu prüfen, inwieweit ihr neben dem Hauptantrag eine selbstständige Bedeutung zukommt (vgl. BGH, NJW-RR 1992, 698). Huber geht etwa auch davon aus, dass der Gebührenstreitwert in seinem Beispielsfall bei 6.000 € liegt.