Flaschenwurf aus fahrendem Zug

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

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Jerome01
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Flaschenwurf aus fahrendem Zug

Beitrag von Jerome01 »

Hallo Zusammen,

ich beginne am Montag mit dem Examen und habe letzte Woche noch eine Probeklausur geschrieben, deren Lösung ich aber nicht mehr rechtzeitig erhalte. Da ich bei der Bearbeitung sehr unsicher war und ich auch im Netz keine Lösung des Falls finden konnte, (es gab zwar ein medienwirksames Urteil für einen Flaschenwurf aus einem Partyzug, das bezog sich aber nur auf die strafrechtlichen Folgen) lässt mir da Thema jetzt keine Ruhe mehr. Daher hoffe ich, dass jemand zumindest eine ungefähre EInschätzung abgeben kann.

Sachverhalt:

Fünf Arbeitskollegen fahren mit dem Zug zu einem Auswärtsspiel und kaufen vorher alle zusammen eine Flasche Korn, die im Zug reihum leergetrunken wird. Daraufhin schmeißt einer die Flasche aus dem fahrenden Zug und trifft einen Passanten am Kopf. Dieser will Schadensersatz von allen fünf Mitfahrern.

Meine Frage ist jetzt, wie ich das Verhalten des Werfers den anderen zurechnen kann.

Zunächst habe ich an eine Bruchteilsgemeinschaft gedacht, da die Flasche zusammen gekauft wurde. Allerdings habe ich da keine Ahnung, ob und wie deliktisches Verhalten zugerechnet wird.

Daher habe ich eine GbR konstruiert mit dem über den Kauf der Flasche hinausgehenden Zweck des gemeinsamen Besuchs des Spiels und der Fahrgemeinschaft dorthin. Dann habe ich das deliktische Verhalten des Werfers gem. 823 I der GbR gem. 31 I analog zugerechnet, den Streit, ob 128 HGB analog auf die GbR anwendbar ist, bejaht und dann den Streit, ob 128 HGB auch deliktische Verbindlichkeiten erfasst, ebenfalls bejaht. Demnach hat der Geschädigte einen Anspruch gegen die anderen Gesellschafter aka Mitfahrer gem. 823 I, 128 HGB analog.

Meint ihr, diese Lösung wäre vertretbar oder bin ich total auf dem Holzweg?

Vielen Dank im Voraus für die Hilfe
TedRemptation
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Re: Flaschenwurf aus fahrendem Zug

Beitrag von TedRemptation »

Ich meine, du bist total auf dem Holzweg und solltest dich mit §830 auseinandersetzen.
Jerome01
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Re: Flaschenwurf aus fahrendem Zug

Beitrag von Jerome01 »

Hab ich getan.

Sehe aber für 830 I 1 keine gemeinschaftliche Handlung, wenn einer völlig unvermittelt eine Flasche aus dem Fenster wirft und für 830 I 2 auch keine Grundlage, da ja erwiesen ist, welche konkrete Person die Flasche geworfen hat. Außerdem würde 830 I 2 doch nur greifen, wenn jeder eine Flasche geworfen hat und nicht geklärt werden kann, wessen Flasche das Opfer getroffen hat.
TedRemptation
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Re: Flaschenwurf aus fahrendem Zug

Beitrag von TedRemptation »

Jerome01 hat geschrieben: Freitag 15. Oktober 2021, 14:06 Hab ich getan.

Sehe aber für 830 I 1 keine gemeinschaftliche Handlung, wenn einer völlig unvermittelt eine Flasche aus dem Fenster wirft und für 830 I 2 auch keine Grundlage, da ja erwiesen ist, welche konkrete Person die Flasche geworfen hat. Außerdem würde 830 I 2 doch nur greifen, wenn jeder eine Flasche geworfen hat und nicht geklärt werden kann, wessen Flasche das Opfer getroffen hat.
Das mag ja im Ergebnis alles zutreffen, man muss sich eben damit (und mit einer möglicherweise analogen Anwendung, ich meine mich da dunkel an etwas zu erinnern) auseinandersetzen. Für eine GbR sehe ich aber wirklich gar keine Anhaltspunkte und auch die Prüfung einer Bruchteilsgemeinschaft ist aus meiner Sicht wenig zielführend.

Edit: Ich glaube, ich habe den Sachverhalt missverstanden. Wenn klar ist, wer die Flasche geworfen hat, ist natürlich für §830 kein Raum. Ich sehe aber auch keinen Grund, warum die Mitfahrer dann haften sollten.
Jerome01
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Re: Flaschenwurf aus fahrendem Zug

Beitrag von Jerome01 »

Ja, es gab noch eine Abwandlung in der nicht geklärt werden konnte, wer die Flasche geworfen hat. Da bin ich natürlich ausführlich auf 830 I 2 eingegangen. Meine Frage bezog sich aber auf den Ausgangsfall. Dieser kann sich aber doch nicht darin erschöpfen, 830 I 1 anzusprechen und abzulehnen, da für die gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung kein Tatplan vorlliegt.

Woran scheitert denn deiner Meinung nach die Annahme einer Gesellschaft?
TedRemptation
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Re: Flaschenwurf aus fahrendem Zug

Beitrag von TedRemptation »

Eigentlich an so ziemlich jedem Tatbestandsmerkmal, insbesondere am Rechtsbindungswillen.

Mal abgesehen von dem Ausgangsfall und praktisch gedacht - wo liegt dein Störgefühl, dass die Kumpels nicht für eine Dummheit eines Einzelnen (die sie nicht abwenden können) haften? Also, abgesehen von dem Störgefühl "Ich habe hier eine Klausurfrage, die ich austreten muss" ;)
Jerome01
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Re: Flaschenwurf aus fahrendem Zug

Beitrag von Jerome01 »

Ja, du hast Recht. Das Störgefühl erschöpft sich darin, dass ich die Klausurfrage gerne ausschlachten würde. Kann mir nämlich nicht vorstellen, dass die Teilaufgabe in einem Zweizeiler zu 830 I 1 und die gesamte Klausur aus zwei Seiten besteht. Deswegen ja auch meine Aussage, dass ich die GbR "konstruiert" habe und deswegen auch meine Unsicherheit und Nachfrage, ob euch noch irgendwelche anderen prüfbaren Möglichkeiten einfallen, die ich übersehen haben könnte.
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