Fahrradunfall

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

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FinFlo2015
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Fahrradunfall

Beitrag von FinFlo2015 »

Ich verzweifle an folgendem Fall:
O gerät mit seinem Fahrrad in einen Unfall mit V. Um die Unfallschäden beseitigen zu lassen, bringt O sein Fahrrad zum K, der eine Reparaturwerkstatt für Fahrräder betreibt. Dieser tauscht die Kette des Fahrrads aus, die allerdings bereits vor dem Unfall defekt war. Zudem übersieht er, dass die Kettenschaltung aufgrund des Unfalls beschädigt worden ist. Dies hätte er als Fachmann ohne Weiteres erkennen können.
Ca. einen Monat nach dem Unfall verhakt sich die Kettenschaltung aufgrund des Defekts durch den Unfall derart, dass die Kette zerreißt.
Welche Ansprüche kann O ggü. K geltend machen?
Ich weiß nicht genau, wie ich den Vorschaden mit dem Weiterfresserschaden kombinieren soll. Ich wäre sehr dankbar über Hilfe!
Zuletzt geändert von FinFlo2015 am Freitag 11. Februar 2022, 14:43, insgesamt 1-mal geändert.
Brainiac
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Re: Vorschäden - Weiterfresserschäden

Beitrag von Brainiac »

Was sind bisher deine Lösungsansätze?
"In a real sense, we are what we quote." - Geoffrey O'Brien
FinFlo2015
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Re: Fahrradunfall

Beitrag von FinFlo2015 »

Folgende Ansprüche habe ich zunächst in Betracht gezogen:
§§ 631, 280 I
§§ 677, 280 I
§§ 823 I
§§ 823 II i.V.m. § 303 I, 13 StGB
§§ 812 I 2 Alt 2

Grundsätzlich bin ich mir unsicher, wie das Austauschen der ersten Kette zu bewerten ist beziehungsweise insbesondere wo dies relevant wird. In den Sinn kam selbstverständlich die GoA (s.o.)
Zuletzt geändert von FinFlo2015 am Freitag 11. Februar 2022, 14:44, insgesamt 1-mal geändert.
FinFlo2015
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Re: Fahrradunfall

Beitrag von FinFlo2015 »

Vielleicht sollte ich dazu sagen, dass die Versicherung von V die Hälfte der durch den Unfall entstandenen Schäden am Fahrrad an O zahlt (also dann ja die Hälfte der Kosten bzgl. Ersetzung der zweiten Kette) aufgrund Verschulden 50-50, O daraufhin alle Ansprüche gegen K an die V abtritt und die Fallfrage darauf gerichtet ist, welche Ansprüche die V gegen den K hinsichtlich der Erstattung der Hälfte der durch den Unfall entstandenen Schäden hat.
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scndbesthand
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Re: Fahrradunfall

Beitrag von scndbesthand »

In erster Linie werden Gewährleistungsansprüche aus abgetretenem Recht wegen der mangelhaft durchgeführten Reparatur zu prüfen sein (§§ 634 Nr.1, 635 oder 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 bzw. 281 Abs. 1 S. 1 BGB).

Die Werkleistung (Auftragsinhalt wird wohl die Reparatur des Fahrrades gewesen sein, so dass es gefahrlos wieder benutzt werden konnte) wurde mangelhaft ausgeführt, weil die defekte Schaltung übersehen und nicht repariert wurde. Dies führte dann zu einem Verhaken der Schaltung. Die Abnahme dürfe Ansprüchen nicht entgegenstehen, weil man von einem für technische Laien erkennbaren Mangel der Schaltung wohl nicht ausgehen kann.

Die Frage ist, ob sogleich Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 gefordert werden kann oder zunächst Gelegenheit zur Nacherfüllung gegeben werden muss (§ 281 Abs. 1 BGB). Dies hängt davon ab, ob der Defekt der Kette einen Mangel der Leistung selbst darstellt (dann ist §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1, 281 Abs. 1 S.1 BGB die richtige Anspruchsgrundlage und es ist zunächst eine Frist zur Nacherfüllung zu setzen) oder lediglich ein (Folge-)Schaden neben der Leistung gegeben ist (dann ist §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB die richtige AGL und eine Fristsetzung zur Nacherfüllung ist nicht erforderlich).

Da die Kette schon vorher defekt war und diese im Zuge der Reparaturleistung ausgetauscht worden ist, dürfte einiges für einen Schaden statt der Leistung sprechen, so dass K zunächst Nacherfüllung zu leisten hätte, bevor V zum Schadensersatz übergehen kann.

Ansprüche aus GoA dürften dagegen nicht vorliegen, weil K kein fremdes Geschäft geführt hat.

Die deliktischen Ansprüche (wobei mangels Vorsatz ein Anspruch wegen Sachbeschädigung von vornherein nicht gegeben ist) dürften (wohl) an einer Beschädigung des Eigentums des O durch die Reparatur scheitern. Eine Eigentumsverletzung setzt voraus, dass sich der Mangelunwert der unzureichenden Reparatur auf einen Bereich der Sache „weitergefressen“ hat, der zuvor mangelfrei war. Dies dürfte wohl hier nicht der Fall sein, da die Kette schon vor der Reparatur mangelhaft war und O insoweit nie mangelfreies Eigentum besessen hatte (das kann man ggf. mit der Begründung anders sehen, dass mit Einbau der neuen Kette Eigentum an einer mangelfreien Kette erworben wurde). Wenn man dagegen meint, dass der Mangelunwert sich auf mangelfreies Eigentum weitergefressen hätte, müsste man sich näher zu der Frage äußern, ob deliktische Schadensersatzsprüche in diesem Fall wegen des Rechts zur ersten Andienung zurücktreten müssten. Wie dies nun aktuell gesehen wird, kann ich mangels Datenbankzugriff im Moment nicht sagen.
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Re: Fahrradunfall

Beitrag von FinFlo2015 »

Vielen Dank für die ausführliche Antwort!

Hinsichtlich der Nachfristsetzung dachte ich mir, dass diese eventuell entbehrlich sein könnte. Nachdem der ursprüngliche Reparaturvertrag nur mangelhaft durchgeführt wurde, könnte man denke ich argumentieren, dass Os Vertrauen hinsichtlich der Fachkompetenzen des K geschwächt ist und er eine Nacherfüllung durch K letztlich nicht "hinnehmen" muss. Hier dürfte m.E. grds. beides vertretbar sein.

In den Sinn kam hier heute auch eine Drittschadensliquidation der Versicherung gegen K. Nimmt man nämlich an, dass K nur die Unfallschäden beheben sollte und daher fälschlicherweise die erste Kette ausgetauscht hat, hätte sich der Fehler der Schaltung zwar auch auf die erste Kette ausgewirkt, allerdings wäre diese ja ohnehin defekt gewesen, so dass die Versicherung der V nicht hätte für eine neue Kette zahlen müssen. Bestehen hier Bedenken, die ich übersehe?
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scndbesthand
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Re: Fahrradunfall

Beitrag von scndbesthand »

FinFlo2015 hat geschrieben: Dienstag 15. Februar 2022, 15:59 Vielen Dank für die ausführliche Antwort!

Hinsichtlich der Nachfristsetzung dachte ich mir, dass diese eventuell entbehrlich sein könnte. Nachdem der ursprüngliche Reparaturvertrag nur mangelhaft durchgeführt wurde, könnte man denke ich argumentieren, dass Os Vertrauen hinsichtlich der Fachkompetenzen des K geschwächt ist und er eine Nacherfüllung durch K letztlich nicht "hinnehmen" muss. Hier dürfte m.E. grds. beides vertretbar sein.

In den Sinn kam hier heute auch eine Drittschadensliquidation der Versicherung gegen K. Nimmt man nämlich an, dass K nur die Unfallschäden beheben sollte und daher fälschlicherweise die erste Kette ausgetauscht hat, hätte sich der Fehler der Schaltung zwar auch auf die erste Kette ausgewirkt, allerdings wäre diese ja ohnehin defekt gewesen, so dass die Versicherung der V nicht hätte für eine neue Kette zahlen müssen. Bestehen hier Bedenken, die ich übersehe?
Ich halte beide Gedanken nicht für richtig. Eine schuldhaft mangelhafte Werkleistung genügt allein für die Entbehrlichkeit der Nachfristsetzung sicher nicht. Dann würde das Recht zur zweiten Andienung in einem Großteil der Fälle leerlaufen.

Eine Drittschadensliquidation wird hier nicht helfen. Es sind Ansprüche von O gegen K zu prüfen. Da O abgetreten hat, genügt es, wenn der Schaden in der Person des O eingetreten ist. Ob V einen eigenen Schaden hat, ist unerheblich.

Das „Problem“, dass die Beschädigung der Kette keine unmittelbare Unfallfolge darstellt, dürfte eigentlich keine Rolle spielen. O hat lt. Sachverhaltsschilderung alle Ansprüche gegen K abgetreten, so dass Ansprüche gegen K auch unabhängig vom Einfluss des Unfalls bestehen können. Andererseits wäre der Kettenschaden eine mittelbare Unfallfolge (Unfall, Beschädigung der Schaltung, dann der Kette) und dem Unfallereignis zuzurechnen, da der Schädiger das sog. Werkstattrisiko trägt.
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