ArbeitsR: Teilweiser Wegfall des Sachgrunds

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Kurt Kettenfett
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ArbeitsR: Teilweiser Wegfall des Sachgrunds

Beitrag von Kurt Kettenfett »

Bekanntlich ist der Wegfall eines Arbeitnehmers durch Elternzeit ein klassischer Sachgrund für eine Befristung.

Wie verhält es sich, wenn der ursprüngliche Vollzeitarbeitnehmer, der zunächst 100 % in Elternzeit geht, dann aber während seiner Elternzeit wieder Teilzeitarbeit erbringt? Entfällt dann der Sachgrund sofort oder besteht er - ggf. teilweise - weiter?

Zur Verdeutlichung ein Beispiel:

AN1 hat einen Vollzeitarbeitsvertrag mit einer 40 Stundenwoche. Er geht zu 100 % in Elternzeit. Für AN1 wird AN2 befristet mit Sachgrund eingestellt. Sachgrundbefristung: "Elternzeit AN1". Nach zwei Jahren kehrt AN1, noch während seiner Elternzeit, zurück an den Arbeitsplatz. Seine Arbeitszeit wird jedoch reduziert auf 10 Stunden/Woche.

Letztlich gibt es jetzt drei Lösungsvarianten:

1. Mit Rückkehr von AN1 entfällt der Sachgrund bezüglich AN2 insgesamt, auch dann, wenn AN1 nur mit 10 Stunden/Woche wieder einsteigt?

2. Mit Rückkehr von AN1 enfällt der Sachgrund mit 10 Stunden. AN2 kann also mit Sachgrund 30 Stunden weiter befristet beschäftigt werden?

3. Der Sachgrund entfällt überhaupt nicht. Er entfällt erst dann, wenn AN1 wieder 40 Stunden/Woche arbeitet?

1, 2 oder 3? Ob ihr wirklich richtig steht...

Vielen Dank im Vorraus für Euren Input!
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Tikka
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Re: ArbeitsR: Teilweiser Wegfall des Sachgrunds

Beitrag von Tikka »

Ich kaufe ein "E" und möchte lösen:

4. Der Sachgrund entfällt aus keiner der genannten Gründe. Die Befristung mit Sachgrund erfolgt auf Grund einer Prognoseentscheidung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Änderungen nach Vertragsschluss haben auf ihre Wirksamkeit daher regelmäßig keinen Einfluss.
War zum Vertragsschluss die Prognose richtig, weil der Arbeitgeber davon ausgehen durfte, dass der zu vertretende Arbeitnehmer die zunächst beantragte Elternzeit auch in dem beantragten Umfang (100%) für die beantragte Zeit durchführt, dann ist die Befristung wirksam.
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Kurt Kettenfett
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Re: ArbeitsR: Teilweiser Wegfall des Sachgrunds

Beitrag von Kurt Kettenfett »

Tikka hat geschrieben: Montag 24. Januar 2022, 19:55 Ich kaufe ein "E" und möchte lösen:

4. Der Sachgrund entfällt aus keiner der genannten Gründe. Die Befristung mit Sachgrund erfolgt auf Grund einer Prognoseentscheidung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Änderungen nach Vertragsschluss haben auf ihre Wirksamkeit daher regelmäßig keinen Einfluss.
War zum Vertragsschluss die Prognose richtig, weil der Arbeitgeber davon ausgehen durfte, dass der zu vertretende Arbeitnehmer die zunächst beantragte Elternzeit auch in dem beantragten Umfang (100%) für die beantragte Zeit durchführt, dann ist die Befristung wirksam.
Vielen Dank! Das macht Sinn...

Man gestatte mir, dass ich den Fall noch ein klein wenig abwandle:

Angenommen die Befristung AN2 ende zu einem Zeitpunkt, zu dem AN1 schon wieder "zurückgekehrt ist" und wieder 10 Stunden/Woche arbeitet. Ist dann eine Verlängerung der Befristung AN2 möglich? Ich vermute, dass es dann eben in Richtung Ziffer 2 geht. Korrekt?
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Tikka
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Re: ArbeitsR: Teilweiser Wegfall des Sachgrunds

Beitrag von Tikka »

Man gestatte mir, dass ich den Fall noch ein klein wenig abwandle:
Wegen mir gerne. Bei solchen Urgesteinen wie Dir wird vielleicht auch die Anti-Rechtsberatungskeule von den Mods stecken gelassen. ;)

Ich bin mir nicht sicher ob ich den Sachverhalt richtig verstanden habe. Deshalb versuche ich das erstmal noch zur Klarstellung:

AN1 beantragt Elternzeit (zu 100%). Zum Zwecke der Veranschaulichung sagen wir mal 3 Jahre. Für diese Zeit stellt der AG AN2 befristet für die 3 Jahre als Elternzeitvertretung ein. Nach 2 Jahren kommt AN1 schon wieder und arbeitet entweder 10 Stunden/Woche Teilzeit in der noch laufenden Elternzeit (lebensnah) oder hat die Elternzeit vorzeitig beendet und arbeitet "einfach so" 10 Std./Woche in Teilzeit (eher ungewöhnlich).

Im letzten Jahr der Befristungszeit arbeiten AN1 und AN2 also parallel.

Mit Ablauf der Befristung (nach 3 Jahren) ist es so wie von Dir beschrieben. AN1 ist zurück und arbeitet 10 Std/W und die Befristung von AN2 würde an sich enden.
Ich hoffe ich habe es richtig verstanden?

Die Frage ob jetzt AN2 nochmals mit Sachgrund befristet werden kann hängt von den Umständen ab. Kurz gesagt (um nicht zu sehr ins Fahrwasser der Rechtsberatung zu kommen) ist nicht entscheidend, dass AN1 nun in Teilzeit ist. Sondern entscheidender ist, ob eben ein befristeter(!) Bedarf an einer Ersatzkraft besteht.
Stünde also -beispielhaft- fest, dass AN1 nur noch 1 Jahr Teilzeit macht und dann in Vollzeit weiterarbeitet, könnte man über eine weitere Vertretungsbefristung mit Sachgrund (Im Falle des Ablaufs der Elternzeit dann eben nicht mehr über § 21 BEEG sondern normal über 14 I Nr.3 TzBfG) nachdenken. (Dann im entsprechend verringertem Umfang)
Ist die Teilzeit von AN1 aber erst mal permanent besteht eigentlich kein Spielraum für eine weitere Befristung.

Wenn ich jetzt wg. verbotener Rechtsberatung gesperrt werde, kriege ich ne halbe Flasche gutes Bier! :drinking: :D
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Kurt Kettenfett
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Re: ArbeitsR: Teilweiser Wegfall des Sachgrunds

Beitrag von Kurt Kettenfett »

Nochmals vielen Dank!

Alles selbstverständlich rein fiktiv! Ich träume einfach des nachts immer wieder von solch aufregenden Fällen und wache dann morgens mit großen ??? in den Augen auf:-).
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