Betriebsverfassungsrecht

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Effi
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Betriebsverfassungsrecht

Beitrag von Effi »

Hallo zusammen,

eine Frage zum 13 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG.

Danach hat der Betriebsrat ja unverzüglich einen Wahlvorstand zu bestellen, wenn die Gesamtzahl der Betriebsratsmitglieder nach Eintreten sämtlicher Ersatzmitglieder unter die vorgeschriebene Zahl der Betriebsratsmitglieder gesunken ist.

Gibt es irgendwelche Ausnahmen weshalb ein BR sagen könnte, dass er keine Neuwahlen ausruft? Mir wäre nichts bekannt. Übersehe ich etwas?

Und wenn der BR gesetzeswidrig keine Neuwahlen ausruft, was wäre hier die Rechtsfolge?

Weiß jemand mehr? Bin nicht mehr so firm im BetrVG :-$
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Effi
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Re: Betriebsverfassungsrecht

Beitrag von Effi »

keiner? :-(

Zur den Rechtsfolgen habe ich bei BeckO was gefunden.

Mich interessiert, ob es irgendwelche (ungeschriebenen) Ausnahmen geben kann, weshalb der BR doch keine Neuwahlen ausrufen muss. Denn so wie ich das gelesen habe, ist es eine grobe Pflichtverletzung, wenn er es nicht tut, obwohl der Tatbestand erfüllt ist. Anyone?
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Tikka
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Re: Betriebsverfassungsrecht

Beitrag von Tikka »

Ahoi,

wer guckt denn schon regelmäßig in die Fachforen... :)

So richtig viel mehr Input habe ich aber nicht. Wie Du schon sagtest: An sich hat der alte BR die Pflicht die Neuwahl einzuleiten. Tut er es nicht ist das zumindest (wie Du schon gefunden hast) nach Richardi eine grobe Pflichtverletzung. Rechtsprechungsbelege nennt er dazu aber nicht. Ich kenne auch keine. Fitting und GK habe ich gerade nicht zur Hand. Würde mich aber wundern wenn da erheblich mehr drin stände.

In der Praxis habe ich bisher nur einmal die Konstellation gehabt. Da wollte der BR aber bis zur nächsten regulären Wahl auf dem Restmandat weiterarbeiten und der ArbG wollte das auch.

Eine Art Rechtfertigungstatbestand des BR, die Neuwahl NICHT einleiten zu müssen, kann ich mir nicht recht vorstellen. Ich weiß, das ist genau Deine Frage... aber was soll das sein? Das sind ja in § 13 II mit Ausnahme der Nr.6 schon alles Tatbestände die eine Neuwahl außerhalb der regulären Wahlperiode erforderlich machen.
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Effi
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Re: Betriebsverfassungsrecht

Beitrag von Effi »

Tikka hat geschrieben: Donnerstag 7. Oktober 2021, 17:26 Ahoi,



In der Praxis habe ich bisher nur einmal die Konstellation gehabt. Da wollte der BR aber bis zur nächsten regulären Wahl auf dem Restmandat weiterarbeiten und der ArbG wollte das auch.

...
genau das ist hier die Konstellation! Aber auf welcher Rechtsgrundlage soll das denn gehen? Nur weil der AG einverstanden ist bis zu den regulären Wahlen nächstes Jahr zu warten und der aktuelle BR das auch will, heisst das ja nicht, dass das einfach so möglich ist und der 13 Abs. 2 Nr.2 einfach passè ist?!
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Re: Betriebsverfassungsrecht

Beitrag von Ant-Man »

Effi hat geschrieben: Dienstag 5. Oktober 2021, 14:50 Hallo zusammen,

eine Frage zum 13 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG.

Danach hat der Betriebsrat ja unverzüglich einen Wahlvorstand zu bestellen, wenn die Gesamtzahl der Betriebsratsmitglieder nach Eintreten sämtlicher Ersatzmitglieder unter die vorgeschriebene Zahl der Betriebsratsmitglieder gesunken ist.

Gibt es irgendwelche Ausnahmen weshalb ein BR sagen könnte, dass er keine Neuwahlen ausruft? Mir wäre nichts bekannt. Übersehe ich etwas?
Es könnte angeführt werden, dass keine dauernd unbesetzte Lücke bestehe, weil ein Betriebsratsmitglied nur zeitweilig verhindert sei. Zu weiteren Fällen Fitting, BetrVG, 30. Aufl. 2020, § 13 Rn. 34.
Effi hat geschrieben: Dienstag 5. Oktober 2021, 14:50Und wenn der BR gesetzeswidrig keine Neuwahlen ausruft, was wäre hier die Rechtsfolge?
BAG, Beschluss vom 23.11.2016 – 7 ABR 13/15: "Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, kann das Arbeitsgericht auf Antrag von mindestens drei Wahlberechtigten oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft einen Wahlvorstand bestellen. Aus der gesetzlichen Wertung des § 16 BetrVG ergibt sich, dass die gerichtliche Bestellung frühestens zwei Wochen nach dem Tag erfolgen kann, an dem der Betriebsrat den Wahlvorstand bei unverzüglichem Handeln spätestens hätte bestellen müssen."
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Re: Betriebsverfassungsrecht

Beitrag von thh »


Effi hat geschrieben:
Tikka hat geschrieben: Donnerstag 7. Oktober 2021, 17:26 Ahoi,



In der Praxis habe ich bisher nur einmal die Konstellation gehabt. Da wollte der BR aber bis zur nächsten regulären Wahl auf dem Restmandat weiterarbeiten und der ArbG wollte das auch.

...
genau das ist hier die Konstellation! Aber auf welcher Rechtsgrundlage soll das denn gehen?
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Deutsches Bundesrecht? https://www.buzer.de/ - tagesaktuell, samt Änderungsgesetzen und Synopsen
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Re: Betriebsverfassungsrecht

Beitrag von Effi »

ja gut. Dann gibt es keinen Ausnahmetatbestand, sondern BR und AG machen gemeinsame Sache und die AN werden hinters Licht geführt.
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Tikka
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Re: Betriebsverfassungsrecht

Beitrag von Tikka »

Naja wenn es die ArbN wirklich interessiert (in der Praxis meistens nicht - kommt aber sehr auf den Betrieb an) haben Sie ja die Möglichkeit einen Wahlvorstand zu bestellen (siehe Ant-Man's Entscheidung).
Es dürfte aber schon regelmäßig daran scheitern dass die Arbeitnehmer die Vorschrift des § 13 vom Inhalt her nicht kennen. Vom Interesse für die Mitbestimmung mal abgesehen. Und wer machts ansonsten, wenn nicht die verbliebenen Rest-Betriebsräte?

Du darfst nicht vergessen dass die Zeiten sich gewandelt haben. Ich haben nun in zwei recht großen Konzernen mit vielen Betrieben die Erfahrung gemacht, dass es in den meisten Betrieben schwierig ist überhaupt noch jemanden zu finden, der dieses Ehrenamt übernimmt. Von engagiert mal ganz zu schweigen. Das Interesse sich hier für die Belegschaft einzusetzen ist bei vielen nicht ausgeprägt, auch weil das durchaus anstrengend sein kann, wenn man es "richtig" macht.

Den "hinter das Licht" geführten Arbeitnehmern ist das im Regelbetrieb häufig ziemlich Wurst. Und keine Angst, wenn doch mal die nächste Betriebsänderung anstehen sollte, wird auch blitzschnell ein Wahlvorstand bestellt. :)
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Re: Betriebsverfassungsrecht

Beitrag von Effi »

ja da hast du Recht.


Vielen Dank für euren Input. Hat super weitergeholfen. \:D/
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