Seite 1 von 1

Prozesskostenhilfe - wie funktioniert das?

Verfasst: Freitag 16. April 2021, 17:13
von bekky
Hallo,
ich habe mal eine Frage und hoffe mir kann hier vielleicht weitergeholfen werden..
Eine Bekannte von mir möchte/muss mit einem Anliegen vor Gericht gehen, hat aber nicht die finanziellen Mittel dafür weil diese Pandemie bei ihr sichtlich große finanzielle Spuren hinterlassen hat..

Ich habe von Prozesskostenhilfe gehört und ihr vorgeschlagen das vielleicht in Anspruch zu nehmen. Aber jetzt hab ich eben nochmal nachgelesen und mir sind ein paar Fragen gekommen. Auf https://www.prozesskostenfinanzierung.d ... stenhilfe/ steht, dass der "Staat für Menschen mit geringem Einkommen zumindest einen Teil der Kosten, welche bei einem Gerichtsprozess anfallen" übernimmt, "falls diese den Prozess verlieren." Das verstehe ich aber nicht ganz, was ist denn wenn sie gewinnt? Muss sie dann gar nichts bezahlen? Sie muss doch auch die Prozesskostenhilfe irgendwie bezahlen oder nicht? Also wie genau wird ihr entgegengekommen? Und habe ich das richtig verstanden, wenn sich bspw. ihre finanzielle Situation erst in 3 Jahren verbessert, müsste sie dann nachträglich die PKH abbezahlen?

Ich bin sichtlich verwirrt und will ihr zu nichts raten was sie noch mehr in den Schlamassel zieht.. Freue mich über jede Hilfe!

Re: Prozesskostenhilfe - wie funktioniert das?

Verfasst: Freitag 16. April 2021, 18:59
von stilzchenrumpel
Fällt mE nicht wirklich unter Rechtsberatung, daher eine kurze Erklärung:

- derjenige, der verliert (also gänzlich) trägt grundsätzlich die Gerichtskosten, die Kosten eines eigenen Anwalts und die gesetzlichen Vergütung des gegnerischen Anwalts
- im Umkehrschluss: der Gewinner zahlt im Zweifel nur, wenn er mit seinem eigenen Anwalt eine höhere Vergütung vereinbart hat
- die PKH, und das ist wichtig zu wissen, übernimmt die Gerichtskosten und die Kosten des eigenen Anwalts in Höhe der gesetzlichen Vergütung - aber NICHT die Vergütung des gegnerischen Anwalts
- bei bewilligter PKH bleibt also das Risiko, dass man gänzlich verliert und die Kosten des gegnerischen Anwalts tragen muss


Und ja, jemand, der nach 2 Jahren einen Lottogewinn hat oder einen Job annimmt, müsste nachträglich dann im Zweifel noch zahlen.

Zweck der PKH ist es allein, bedürftigen Menschen den Zugang zum Recht zu ermöglichen.

Re: Prozesskostenhilfe - wie funktioniert das?

Verfasst: Freitag 16. April 2021, 19:47
von Tibor
Zutreffend der Vergleich hier

https://www.prozesskostenfinanzierung.d ... rpruefung/

PKH ist ein Darlehen, kein Kostenerlass (Geschenk).

Re: Prozesskostenhilfe - wie funktioniert das?

Verfasst: Montag 19. April 2021, 16:55
von bekky
stilzchenrumpel hat geschrieben: Freitag 16. April 2021, 18:59 Fällt mE nicht wirklich unter Rechtsberatung, daher eine kurze Erklärung:

- derjenige, der verliert (also gänzlich) trägt grundsätzlich die Gerichtskosten, die Kosten eines eigenen Anwalts und die gesetzlichen Vergütung des gegnerischen Anwalts
- im Umkehrschluss: der Gewinner zahlt im Zweifel nur, wenn er mit seinem eigenen Anwalt eine höhere Vergütung vereinbart hat
- die PKH, und das ist wichtig zu wissen, übernimmt die Gerichtskosten und die Kosten des eigenen Anwalts in Höhe der gesetzlichen Vergütung - aber NICHT die Vergütung des gegnerischen Anwalts
- bei bewilligter PKH bleibt also das Risiko, dass man gänzlich verliert und die Kosten des gegnerischen Anwalts tragen muss


Und ja, jemand, der nach 2 Jahren einen Lottogewinn hat oder einen Job annimmt, müsste nachträglich dann im Zweifel noch zahlen.

Zweck der PKH ist es allein, bedürftigen Menschen den Zugang zum Recht zu ermöglichen.
Danke für die Antwort! Hat es mir auf jeden Fall nochmal deutlicher und verständlicher erklärt :)

Re: Prozesskostenhilfe - wie funktioniert das?

Verfasst: Montag 19. April 2021, 16:55
von bekky
Tibor hat geschrieben: Freitag 16. April 2021, 19:47 Zutreffend der Vergleich hier

https://www.prozesskostenfinanzierung.d ... rpruefung/

PKH ist ein Darlehen, kein Kostenerlass (Geschenk).
Danke :)

Re: Prozesskostenhilfe - wie funktioniert das?

Verfasst: Montag 19. April 2021, 17:21
von Liz
stilzchenrumpel hat geschrieben: Freitag 16. April 2021, 18:59
- bei bewilligter PKH bleibt also das Risiko, dass man gänzlich verliert und die Kosten des gegnerischen Anwalts tragen muss
Und da ist es wichtig hinzuzufügen: Das Gericht prüft bei der Bewilligung von PKH nur, ob die beabsichtigte Klage (bzw. Verteidigung gegen eine Klage) ausreichende Aussicht auf Erfolg hat, wobei ein eher großzügiger Maßstab gilt, weil auch jemand, der mittellos ist, Zugang zum Recht haben soll. D. h. man kann auch trotz Bewilligung von PKH den Prozess verlieren, weil man z. B. einen Beweis nicht führen konnte oder weil die Rechtsansicht, auf die man sich gestützt hat, zwar vertretbar war, aber sie das Gericht im Ergebnis nicht überzeugt hat. Es kann auch passieren, dass beide Parteien PKH zu bewilligen ist.

Im Übrigen ist es hinsichtlich der weiteren Prozesskosten nur so halb richtig, wenn PKH mit Ratenzahlung bewilligt worden ist. In dem Fall zahlt man die Prozesskosten (hierzu gehören z. B. auch die Kosten für ein Gutachten) ratenweise (wie ein Darlehen) ab und bekommt dann nach 48 Monaten den ggf. verbleibenden Rest "geschenkt", wenn man den Prozess verliert und nicht zwischenzeitlich im Lotto gewonnen hat.

Re: Prozesskostenhilfe - wie funktioniert das?

Verfasst: Montag 17. Mai 2021, 16:23
von quani89
Hallo, ich finde diesen Beitrag auch hilfreich für mich, da ein Freund von mir hat auch so ein Problem. Also er muss vor Gericht und ist pleite.